Sonntag, 21. Februar 2016
Bagatelle 278 - Geheimschrift
In den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hatte ich, als Mitglied einer internationalen Delegation, die Gelegenheit drei Wochen in Iran, offiziell The Islamic Republic of Iran zu verbleiben. Wir waren da auf Einladung des Bildungsministers und verbrachten die meisten Tage auf dem Bildungsministerium in Teheran. Das Verhältnis mit den USA war noch immer sehr gespannt, aber Skandinavier, Deutsche und Niederländer waren herzlich willkommen.
Ziel war den iranischen Kollegen behilflich zu sein beim nachdenken über und aufstellen von Kernzielen für die Primarstufe. Das Beantworten der Frage also: was sollen die Kinder im Primarbereich, in der Grundschule, lernen und was sollen die Lehrer(innen) ihnen in jedem Fall lehren? Ein Thema das damals ziemlich aktuell war.

Ich schreibe: die meiste Zeit im Ministerium. Das ist schon wahr, aber so oft wie möglich besuchten wir Schulen in Stadt und Land um die wirkliche Schulpraxis zu sehen. Wir sahen große Grundschulen in den Städten und kleinere in ländlichen Gebieten wie in Zahedan, im Osten des Landes. Vielmals mit überfüllten Klassen wo in schwarz gekleideten Leherinnen mit wenig Mitteln und viel Liebe und Geduld den Kindern einiges Wichtiges beizubringen versuchten.

Bei einer dieser Besuchen - diesmal war ein Arts Teacher Training Center an der Reihe - eine Lehrerausbildung für die Kunstfächer (Musik, Malen, Zeichnen usw.) Beim Abschied kam ein junger Student zu mir und offerierte mir quasi als Erinnerung und Souvenir eine offenbar von ihm gemalte Zeichnung die ich selbstverständlich dankend in Empfang nahm.

Seit jenen Tagen ist die Zeichnung immer bei mir. Bis auf den heutigen Tag ziert sie mein Studier- und Arbeitszimmer. (Und auch nach dem Umzug wird das so sein.)
Unten auf der vielfarbigen Zeichnung [siehe unten] steht ein in arabischer oder iranischer (Farsi) Sprache geschriebener Text den ich weder lesen kann noch verstehe. Seit fünfundzwanzig Jahre ist das so. Ich hatte immer die Vermutung gehegt, dass es ein Koran-Zitat sein mochte. Jetzt aber war die Zeit gekommen da ich Gewissheit wollte.

Eine kurze E-Mail nach der iranischer Ambassade in Den Haag genügte. Ein freundlicher Mitarbeiter reagierte prompt und schrieb: Lieber Herr Doktor Terra, nein es ist kein Koran-Zitat, es ist der Name des Studenten und dessen Begleiters (Lehrer). Der Student damals hieß Ali Quasemi und sein Lehrer war Master Farzanehpour.

Es ist also eine Unterschrift, eine Signatur. Aber im Gegensatz zu den Signaturen auf westlichen Malereien ist dieser sehr schön, fast so schön wie die Zeichnung selbst.

Bei den Bildern:
*1) Die betreffende Zeichnung
*2) Eine Klasse in einer Zahedanischer Mädchenschule



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