Freitag, 19. Januar 2018
Bagatelle 309 - Nationalhymne
Dann und wann, ab und zu, aber unvermeidlich jedes so vielte Jahr, bricht in meinen Niederlanden eine Diskussion aus über die Meinung, dass es höchste Zeit für eine Erneuerung unserer alten Nationalhymne sei, vielleicht besser noch eine definitive und komplette Abschaffung und Ersetzung durch eine zeitgerechtes, modernes Nationallied. Wieso und weshalb?

Unsere Nationalhymne, (im Übrigen und nebenbei die älteste der Welt,) vor vierhundert Jahren gedichtet von einem gewissen Marnix von Sint Aldegonde, ist quasi ein Loblied auf Willem von Nassau, später Willem von Oranje-Nassau genannt. Dieser Willem, geboren 1533 auf der Dillenburg in Hessen, ist einer der Gründer der späteren Niederlande. Er war der Vertreter und Anführer der Holländer welche den Aufstand gegen den spanischen König Philipp probten. Was, wie wir heute wissen, nach 80 Jahren voller Kriege, mit dem Frieden von Münster 1648, wie auch der 30-Jährige Krieg, zu einem guten Ende kam.

Der Dichter erfand zu Ehren Willems ein Namensgedicht: sein Loblied umfasst gleich viel Strophen als Willems Namen Buchstaben hat, nämlich fünfzehn. Es entstand das Wilhelmus, seit eh und je unsere Nationalhymne, oder wie wir sagen und singen unser ꞌVolksꞌlied. Von den fünfzehn Strophen wird meistens nur die erste und selten auch noch die sechste gesungen. Die Melodie ist vielleicht noch älter als der Text: es ist ein uraltes volkstümliches Lied wovon die profanen Worte verloren gegangen sind. Anders als wie bei anderen Nationalhymnen, wie die Spanische, wird das Wilhelmus Lied, wenn es dann mal gespielt wird, im allgemeinen laut und deutlich mitgesungen. Jedenfalls von Leuten die den Text noch kennen.

Bis vor nicht allzu langer Zeit war es bei uns die Gewohnheit sogar ein profanes Hochzeitsfest mit dem Wilhelmus zu schließen. Wenn es abends zwölf hieß im Festsaal und die Musik den letzten Tanz beendete, blieben alle Anwesende auf der Tanzfläche stehen, wendeten sich noch einmal dem Brautpaar zu und als die Musik anfing die Nationalhymne zu spielen sangen all frisch und fröhlich mit. Auch die weniger Tanzlustigen erhoben sich von ihren Sitzen und taten ihr Bestes. Manche Leute waren um diese Uhrzeit nicht mehr im Stande richtig sauber und maßgerecht zu singen. Aber keiner meldete einiges Missfallen und alles im allen ging alles seinen ordentlichen Gang. Vor allem weil man wusste dass nach der Hymne die traditionelle Kaffee-mit-Brötchen Mahlzeit wartete.

Ich war selber nicht dabei, aber bei uns erzählt man heute noch die Geschichte von den Hochzeitsgästen die eine halbe Stunde vor Mitternacht an einem Hochzeitsfest beim Nachbarn eine Ziege aus dem Stall holten. Man wollte sie (die Ziege also) in orangenfarbigem Papier - orange ist die Nationalfarbe - einwickeln. Weil aber kein orange Papier vorhanden war, begnügte man sich mit kristallweißem Toilettenpapier. Beim Spielen der Nationalhymne um zwölf Uhr stellte man die Ziege mitten im Saal. Alle umringten die köstlich eingepackte Ziege und brüllten laut mit. Manche konnten vor Lachen gar nicht singen. Aber das schmälerte die feierliche Vorstellung keinesfalls.


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