Freitag, 11. Januar 2019
Bagatelle 328 - Hoch- und niedrig Wasser
Vor kaum Monaten, so kurz ist’s her, war das Rheinwasser so niedrig, dass die Schifffahrt Mühe hatte – auch halbwegs geladen – ihr Heimziel zu erreichen. Die Pegelstände waren so niedrig wie nie zuvor. Ich sah es, als ich während einer Radtour die Rheinbrücke bei Rees überquerte, mitten auf der Brücke anhielt, die Tiefebene fotografierte und mich sehr verwunderte.

Ein wunderbarer Herbsttag war es, dieser goldener Oktobernachmittag. Mitten auf der Brücke sah ich Richtung Ost die Kleinstadt Rees; in die andere Richtung, nach Westen, floss der Rhein leise und ruhig dahin. Das heißt: das noch im Flussbett verbleibende Restwasser. Ich merkte auch sofort, dass je weniger das Wasser, je kürzer die Bagatellsätze werden.

Jetzt, Anfang des neuen Jahres, hat sich die Rheinwasserlage ziemlich normalisiert. Und auch die Sätze haben wieder ihre gewöhnliche Länge. Jetzt aber sehe ich, wenn die ARD uns benachrichtigt, wie sich die Schneemassen in Bayern und sonstigen Alpenregionen häufen. Der örtliche Bürgermeister meldet, dass in seinem Salzburger Land in einigen Tagen so viel Schneekristalle eingetroffen sind wie sonst in drei Monaten. Wie soll das enden?
So fragen sich auch die Urlauber die notwendigerweise Ihre Ferien um einige Tage verlängern müssen weil sie das Dorf nicht verlassen können. Und wir, die wir auf einer Rheinbrücke stehen, fragen besorgt was demnächst geschieht wenn all dieser Schnee zu uns an den Unterrhein kommt.

Der Klimawandel, so spricht der Experte, besorgt uns übergroße Schwankungen in der Wetterlage. Die eine Woche klagen die Schiffer über die niedrigen Wasserpegelstände und einige Wochen später sorgt der Schneeschmelz vielleicht für rheinisches Hochwasser.





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Mittwoch, 19. Dezember 2018
Bagatelle 327 - Lied ohne Worte

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Samstag, 24. November 2018
Bagatelle 326 - Goodbye Bach revisited
Was ist wahr? Wem kann man überhaupt heute noch trauen? Was bedeuten uns Begriffe wie Ehrlichkeit und Wahrheit? Fragen über Fragen. In einer Zeit wo uns von allen Seiten fake-news bedroht.

Heute vor fast zehn Jahren, im Oktober 2009 schrieb ich eine Bagatelle unter dem Titel Goodby Bach. (Es waren die Zeiten von Goodbye Lenin … Wenn Sie denn unbedingt wollen, können Sie die originelle Bagatelle suchen und lesen.) Aber, um Ihnen die Suchmühe zu ersparen und Ihnen die nachfolgende Geschichte zu erläutern lass ich sie hier noch einmal folgen.


Bagatelle XXI - Goodbye Bach

Allmählich erfahren wir hier im Ausland von den Normalitäten in der früheren DDR. Die meisten schroffen Unterschiede waren uns schon bekannt, aber jetzt hören wir auch wie sich drüben das übliche, normale Alltagsleben abspielte. So erzählt man uns, dass in Leipzig und weite Umgebung das Interesse für die menschliche Physiologie, und insbesondere für die Physiognomie, groß ist. Man interessiere sich sehr für die plastische Chirurgie und alle andere Möglichkeiten den menschlichen Körper im positiven Sinne zu beeinflussen.

So ist es kein Wunder dass das Auge von Dr. Rosemarie Wassehichhier auf den Eisenacher Ziegelleger Josef Kubitschka traf. Dr. Rosemarie ist von Hause aus Anatom Pathologe. Sie weiß alles vom menschlichen Gesicht, kennt alle Gesichtsknochen, Gesichtsmuskeln und Gesichtsnerven bei ihren Namen. Ihr fällt auf das der Ziegelleger Josef sich dem großen Eisenacher Johann Sebastian Bach sehr ähnelt. Unglaublich, wie sich die Bilder gleichen!



Hier oben sehen wir Josef, den Ziegelleger. Das Bild ist aus den 70er Jahren des vorigen, 20. Jahrhunderts. Auffallend ist der damals schon moderne, westliche Haarschnitt, auch jetzt noch, zwanzig Jahre nach der Wende. Daraus geht mal wieder hervor wie fortschrittlich die Ziegelleger drüben waren. Dr. Rosemarie bittet Josef um Erlaubnis von seinem noch lebenden Gesicht eine Todesmaske anzufertigen: sie ist Experte auf diesem Gebiet. So gesagt und getan. Und sobald wir Josef von einer Bachschen Perücke versehen, sehen wir den großen Musiker in lebendigen Leibe vor uns. So hat er denn ausgesehen. Bilder auf Leinwand hatten wir schon. Jetzt erscheint und der große Komponist Bach dreidimensional!






Hunderte haben die Ausstellung am forensischen Institut der Eisenacher Universität besucht, wo sie sich staunend um Bach versammelten. Manche Besucher waren außer sich und sangen spontan: Jauchzet, frohlocket! Andere sagten schmunzelnd: Aber, ist das nicht Josef der Ziegelleger? Sind wir alle blind oder was? Sie fingen an zu weinen und sangen betrübt: Wir setzen uns mit Tränen nieder.
Ich selber der alles sah, fühlte ihren Schmerz und summte leise: Blute nur du liebes Herz. Worauf alle sich in dem Schlusschor vereinigten: Ruhe sanfte, sanfte Ruh’.


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Soweit die alte Geschichte. Und was lese ich heute in meiner treuen Morgenzeitung? (Trouw, 23 November 2018)
Die Geschichte war frei erfunden! Tatsache ist dass es die Dr. Wassehichhier gar nicht gegeben hat. Und der sogenannte Ziegelleger Josef ist ein freimütiger Einfall. Tatsache ist auch dass eine gewisse Dr. Caroline Wilkinson (aus Liverpool, von woher auch die Beatles stammen, also muss es wohl wahr sein) mit digitalen und andersgearteten Mitteln von Bach’s Scheitel ein richtiges Gesicht hergestellt hat. So hat der berühmte Bach also ausgesehen.
Sehen Sie die Metamorphose hier unten.





Aber sagen Sie bitte selbst: das ist doch der Josef, der Ziegelleger den wir dort schließlich sehen? Oder irre ich mich? Wieder ein Fall von fake-news? Kann man dann niemandem mehr trauen?

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Freitag, 26. Oktober 2018
Bagatelle 325 - Orden
Hier, in den Niederlanden, bekommen Leute die sich der Gesellschaft gegenüber verdienstvoll benommen haben manchmal einen Orden. Man wird zum Beispiel Mitglied in dem Orden von Oranje-Nassau. Oder Ritter, sogar Offizier und in seltenen Fällen Commandeur. Wenn das noch nicht genügen sollte, gibt es einen noch höheren Orden: den Orden des Niederländischen Löwen zum Beispiel. Oft frage ich mich was man überhaupt geleistet haben muss um solch eine Ehre zu erlangen.

Denn eine Ehre ist es, zweifelsfrei. Verdient oder nicht verdient: der zukünftige Träger selbst und seine oder ihre Familie betrachtet es immer als eine Ehre die man nicht verachten soll. In einigen Fällen kommt es zwar vor dass der Betroffene die Ehrung mittels eines Ordens verweigert, aber das ist selten der Fall.

Eine Ordensverleihung geschieht am Königstag, den 27. April. Im Namen des Königs verleiht ein hoher Amtsträger – meistens der Bürgermeister – feierlich den Orden. Ein Ordenszeichen wird auf den Sonntagsanzug befestigt und von heute an kann jedermann sehen: diese Frau, dieser Mann, ist Mitglied eines ehrenhaften Orden. Die Familie, nahe Verwandten und Kollegen, welche meistens im Voraus benachrichtigt waren dass so etwas passieren würde, im Gegensatz zu dem Betroffenen der von nichts weiß, klatschen Beifall und gratulieren herzlich.

Wie bekommt man so einen Orden? Auf Anfrage, auf Gesuchen? Nein, man muss vorgeschlagen werden. Von einer Behörde, von einer der Gesellschaft nützlichen Vereinigung, von einer Gruppe einflussreichen Gönnern, von irgendwem. Selber kann man nichts machen; nur gelassen und geduldig abwarten ob je etwas kommt.

Weil keiner auf dieser Welt auch mal je die Neigung hat mich persönlich für einen Orden vorzuschlagen – und ich ihn ehrlich gesagt auch nicht verdiene – habe ich mir selbst, nun vor fast neun Jahren schon, ein Zeugnis zusammengestellt. Denn jede(r) verdient es mindestens einmal im Leben zu erfahren, dass man ihr oder ihm für alles Getane Respekt bezeugt. Finden Sie nicht auch?

Ein laut ausgesprochener Lob oder eine Lobhudelei verflüchtigt in der Zeit; ein munteres Schulterklopfen wird auf Dauer nicht mehr gefühlt; der Kuss als Zeichen für Dank und Anerkennung trocknet aus: man braucht etwas dauerhaftes Festes. Daher das hier unten abgebildete Zeugnis in Form einer richtigen Urkunde. Zwar ist die Ordensmitgliedschaft vorläufig und provisorisch, also mit vielen Vorbehalten bedacht, aber dennoch.
Der Text lautet:


K A B I N E T T D E S K Ö N I G S


U R K U N D E

wegen seiner großen Verdienste für das gesamte Leservolk und gleichfalls wegen seiner zahllosen sympathischen, tiefdurchdachten, semi- und quasi-intellektuellen, frei-erfundenen, krankhaften, mit unzähligen Fehlern behafteten, heimatverbundenen, schlecht geschriebenen, weder langweilig noch spannenden, geschmackslosen, amüsanten und tiefsinnigen Bagatellen haben Seine Majestät

GERUHT

den Herrn Dr. Dr.h.c. T(erra) Acidus zu ernennen als vorläufiges und provisorisches Mitglied des Oranje Schriftstellers Orden

ꞌs-Gravenhage, den 29. Februar 2012



Sie werden verstehen, dass diese Urkunde einen Ehrenplatz bei mir an der Wand bekommen hat. Was man auch von dieser Ehrung halten mag, man kann sie mir niemals nehmen!


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Freitag, 19. Oktober 2018
Bagatelle 324 - Nachlese
Es gibt offenbar, sogar in alles was wir essen, zeitlich und inhaltlich gesehen, Unterschiede und Gradierungen. Ich meine, nach diesem ersten fast unverständlichen Anfangssatz, die Verteilung in Vor-, Haupt- und Nachspeise. Vorspeisen dienen dazu die Geschmackssinne in eine gute Stimmung zu versetzen, während die Nachspeise versucht die genannten Sinne nach allen Strapazen in der Hauptspeise wieder einigermaßen zu Ruhe kommen zu lassen.

Lasst uns, so schlage ich vor, heute mal den Scheinwerfer auf die Nachspeise richten. Nicht auf das Hauptgericht (bekommt so-wie-so zu viel Aufmerksamkeit) und auch nicht auf die Vorspeise welche nicht zu Unrecht von Fernsehköchen mit komisch/weißen Mützen Amüsen genannt werden. Höchste Zeit um der Frage nachzugehen warum wohl für uns und vor allem für junge Esser die Nachspeise, und besonders der Pudding, Höhepunkt eines Festessens ist.

Der schmackhafteste Pudding ist zweifellos der Selbstgemachte. Nicht die in Plastik gehüllte schwabbelige, ekel riechende Masse welche uns die Edeka und andere Supermärkte anbieten. Mit all diesen kleingedruckten Zutaten und Beigaben welche offenbar den Geschmack vertiefen sollen, in Wirklichkeit aber das Nachspeisefest verderben. Selber die Zutaten wählen, präparieren, vorbereiten und kochen, das ist die wahre Kunst.

Kehren wir zurück zu den Zeiten wo der Sonntagspudding eigenhändig von der Mutter bereitet wurde. In meinem Fall waren das zwei Sorten: der Schokoladenpudding und der Gelatinepudding.
Der erste, aus reinem Kakao und nicht aus zerquetschten Schokoladentafeln, schmolz auf der Zunge. Stunden lang blieb der herrliche Geschmack im Gaumen hängen.
Dann der Gelatinepudding, laut eigener Aussage meiner Mutter die Krone auf ihrer Nachspeisebereitungsleistung. Dieser Pudding hatte zwei Grundzüge. Er war erstens glasig (man konnte förmlich durch den Pudding hindurch auf der gegenüber an der Wand hängenden Uhr sehen wie spät die Stunde geschlagen hatte) und zweitens sehr feste. Man konnte, wenn man wollte, ihn mit Gabel und Messer essen. Er schmeckte wie er aussah: flach und durchsichtig.

Sprechend über Pudding möchte ich nicht versäumen Ihnen mitzuteilen welchen Pudding ein lieber Kollege aus Wien bevorzugte wenn er in die Niederlande kam. Das war der Himmel-und Erde-Pudding, (auf Holländisch: dubbelvla): Schokolade + Vanille. Es gibt ihn in éinem Karton, aber besser ist es wenn man zwei Kartons (einer Schokolade und einer Vanille) zusammen und gleichzeitig in den Teller strömen lässt. Wenn der Kollege zurück nach Hause in Österreich fuhr, hatte er immer einige Kartons mit Doppelpudding dabei.

Meine Auswahl, wollen Sie wissen? Auch ich liebe den Doppelpudding. Weil man darin mit einem Löffel solche fantastischen Figuren drehen kann. Sowohl positiv als auch negativ. Sehen Sie selbst.




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Dienstag, 18. September 2018
Bagatelle 323 - Lebendige Grabsteine (II)
Vorab: Für ein besseres Verständnis lohnt es sich auch die vorherige Bagatelle 322 gelesen zu haben.


Wo waren wir geblieben? Richtig, auf dem Friedhof hinter der Grabkapelle, wo die frühere Fürsten von Schloss Anholt ihre letzte Ruhestätte fanden. Wir sahen einen Grabstein dessen Aufschrift uns verriet dass hier – alleine und etwas zur Seite – eine Erzherzogin begraben war.

Isabelle Marie heißt sie. Die Frau mit dem wunderschönen Namen ist, so lesen wir auf dem Grabstein, nicht nur Erzherzogin von Österreich, sondern auch Prinzessin von Ungarn. Geboren im Jahre 1888 in was damals Preßburg und jetzt Bratislava heißt. Heute also in der Slowakei. Die Frage drängt sich auf: warum liegt sie hier so alleine? Und was ist ihre Beziehung zu der fürstlichen Adelsfamilie auf Schloss Anholt? Wer war diese Isabelle überhaupt?

Im Internet-Zeitalter lässt sich, nach einigem Suchen allerdings, vieles herausfinden. Die Geburt der jungen Prinzessin 1888 war laut Presseberichten ein großes Fest. Vier Tage nach ihrer Geburt wurde die Isabelle im weißen Saal des herzoglichen Palastes zu Preßburg feierlich getauft.
Die wichtigste Nachricht stammt aus 1912. Dann heiratete die Isabelle Marie einen Enkel des großen Kaisers Franz Josef. Der Enkel hieß Prinz Georg. Das Fest fand statt im Wiener Schloss Schönbrunn. Anscheinend eine richtige high-society Hochzeit. Die Presse meldete, dass der Kaiser den ganzen Tag anwesend gewesen sei, und das wollte, auch damals, was heißen.

Doch was schreibt die Wiener Presse ein Jahr später? Nicht auf der Frontpagina zwar, aber unübersehbar auf Seite so-und-soviel und kleingedruckt? Die Ehe zwischen Erbprinz Georg und der Prinzessin Isabelle Marie sei offiziell, laut Gesetz und auch laut kirchlichem Recht, für Null und Nichtig erklärt worden. Die Ehe war niemals um sozusagen in praxis vollzogen worden, und dann wissen wir schon was eigentlich gemeint ist. Der Prinz Georg wurde später Priester, zog in den Vatikan und wurde dort Bibliothekar und Domherr von Sankt Peter.

Die Isabelle Marie blieb ihr ganzes Leben unverheiratet und kinderlos. Man schreibt, dass sie Krankenpflegerin wurde und verwundete Soldaten im ersten Weltkrieg betreute. Dort scheint sie für eine kurze Zeit mit einem Oberarzt verlobt gewesen zu sein; nur war dieser kommende Gatte dem Kaiser nicht gut genug, worauf er (der Kaiser) die Verbindung ablehnte. Im Alter von 85 Jahren verstarb die Isabelle Marie irgendwo in der Schweiz. Ihr letzter Wunsch war in der Nähe ihrer Schwester Marie Christina, die mit dem Fürsten zu Salm-Salm verheiratet war, in Anholt beigesetzt zu werden.

Außerhalb der Krypta an der Regniet kann man also die Gräber sehen und die Aufschriften auf den Grabsteinen lesen. Die beiden Schwestern sind beide dort begraben. Nicht neben einander: die Marie Christina neben ihrem Gatten, dem Fürsten Emmanuel Alfred zu Salm-Salm, 1916 gefallen im ersten Weltkrieg; die Schwester Isabelle Marie, zehn Meter davon entfernt, alleine.

R.I.P. steht am Ende: requiescat in pace. Mögen sie in Frieden ruhen








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Mittwoch, 12. September 2018
Bagatelle 322 - Lebendige Grabsteine (I)
Wie Sie vielleicht wissen, wohne und lebe ich an der Grenze. Gerade an der holländischen Seite. Weil die staatliche Trennung in Form einer offizielle Grenze heute im vereinten Europa keine Rolle mehr spielt, ist es kein Wunder, dass ich bei einer Radtour leicht in die Bundesrepublik gerate. So überrascht es auch nicht, dass ich unlängst die Regniet erreichte, ein Flecken auf der Landkarte nahe der grünen Grenze. Dort steht eine Grabkapelle wo die Mitglieder der hochadligen Familie zu Salm-Salm, wohnhaft in Anholt, beigesetzt werden.

Normal ist die Kapelle hermetisch abgeschlossen. Aber wie ich da vorbei radelte stand das Tor offen. ꞌWegen Putzarbeiten und sonstigen Arbeiten,ꞌ sagte mir der diensthabende Vorarbeiter der mir erlaubte rundum die Kapelle zu gehen und einige Bilder zu machen. Wie gerne hätte ich auch das Innere gesehen, was mir aber freundlicherweise verweigert wurde. Wegen Regeln der privacy versteht sich, und selbstverständlich habe ich mich daran gehalten.

Friedhöfe im Allgemeinen und auch solche rundum eine Grabkapelle sind Orte wo ich, komisch genug, gerne verweile. Nirgends wo anders singen die Vögel schöner und nirgends anders blühen die Feldblumen schöner. Auch und vor allem in der Stadt sind Friedhöfe stille Orte wo man angenehm zur Besinnung kommt.

Gerne sehe ich mir die alten Grabsteine an. Auch solche wo der Zahn der Zeit kaum Lesbares hinterlassen hat. Heute lese ich, wenn ich denn kann, die Namen und bei den Grabsteinen hinter der Grabkapelle die ich besuchte, waren diese alle versehen von prächtigen Beschreibungen und Titel. Die früher auf Schloss Anholt wohnhafte deutsche Hochadel wiederspiegelte sich in Stein geschnittenen Titel wie ꞌSeine Durchlaut Erbprinz zu So und Soꞌ, oder ꞌK. und K. Erzherzogin von Hier und Daꞌ.

Von einem dieser hochadligen Namen den ich auf einem Grabstein las, möchte ich Ihnen berichten. Es handelt sich um Isabelle Marie. Hier unten sehen Sie sie, ihn meine ich natürlich, den Grabstein. Die Geschichte dahinter ist so überraschend interessant dass ich dafür die nächste Bagatelle benutzen werde. So habe ich inzwischen Zeit mich zu beraten wie ich Ihnen das alles erzähle.





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Donnerstag, 23. August 2018
Bagatelle 321 - Niedersächsisch
Unlängst verstarb mein Buch-Freund Jan Navis. Er wohnte auf einem Bauernhof in unserer Nachbarschaft. Wir kannten uns vor allem wegen der Bücher. Jan sammelte und liebte das Buch, vor allem wenn es Prosa in der Volkssprache betraf. Nach seinem Tode fragte mich einer seiner Söhne ob ich etwas aus seiner großen Büchersammlung haben möchte. Natürlich mochte ich: ich wählte u.a. die gesammelten Werke in einem Band von Ernst Reuter. Das heißt: die erste Übersetzung in der niederländischen Sprache aus dem Jahre 1891.

Ich merkte sofort dass die plattdeutsche Sprache aus Mecklenburg um 1848, zu lesen auf Internet, und mein Dialekt aus 2018 immer noch viel Ähnlichkeit besitzen. Beide zwar Varianten der niedersächsischen Volkssprache, aber sehr entfernt durch Zeit und Raum. Als Beispiel der Anfang des ersten Kapitels in das Platt-düütsche von Reuter und meine Übersetzung in die niederländische ꞌnedersaksischeꞌ Fassung anno 2018. Wie sich die Gedanken und Worte gleichen!


Wo ok en starken Mann an 'ne Aukschon un en Gräfniß binah tau Grunn' gahn kann; un dat de Hunn' aewer 'n siden Tun springen. Dat en ihrlich Mann sin Letzt hengiwwt un nich vertwifelt, wenn hei sin Kind up den Arm nimmt un mit en Witten Stock in de Welt geiht.

Hoe ook een starken man an een boelhuus en an een begreffenisse bi-jnao te gronde kann gaon; en dat de hunde aover d’n laege hegge springt. Hoe een eerleken man ꞌt letste wat e hef weggef en niet vertwiefelt at e zien kind op d’n arm nemt en met een witten stok (baedelstaf) de welt intrök.

Dat was in dat Johr 1829 up den Jehann'sdag, dunn satt en Mann in de deipste Trurigkeit in 'ne Eschenlauw' in en ganz verkamenen Goren. Dat Gaud, wotau de Goren hürte, was en Pachtgaud un lagg an de Peen tüschen Anclam un Demmin, un de Mann, de in den käuhlen Schatten von de Lauw' satt, was de Pächter – dat heit, hei was 't bet dorhen west; denn nu was hei afmeiert, un up sine Haw'städ' was hüt Aukschon, un sin Haw' un Gaud gung in alle vir Winn'.

ꞌt Was op d’n 24sten juni 1829, op Sint Jan, toen een man in de diepste treuregheid in een prieeltjen van essenloof in een gans verkommen häöfken zat. ꞌt Landgoed waor ꞌt häöfken bi-j heuren was een pachtgoed en lag an de Peene tussen Anclam en Demmin. De man den in de koele schemme van ꞌt prieeltjen zat was de pachter – dat heit: hie was ꞌt tut now toe ewest – want hie was now failliet en op ziene boerderi-je was vandage boedeldag en zien have en goed ging now alle vier windrichtingen op.


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Sonntag, 19. August 2018
Bagatelle 320 - G-Rituale
Dann und wann, so hab’ ich mir sagen lassen, bricht im Berliner Bundeskanzleramt die Rage aus. Wohlverstanden: die G-Rage. Einer oder eine, meistens aus Brüssel, hat verordnet dass es wieder Zeit für ein G-Treffen, für ein G-Ritual, sei. Wenn drei oder mehr Weltmächte sich zusammen tun, spricht man von einem G-Treffen. Vor solch einem Treffen ist es meist unklar wie viele und welche Länder/Staaten sich zusammen tun; immer spricht man aber von einem G-Treffen. Die anschließende Zahl, so hofft man, verdeutlicht wie viele Länder sich an diesem Treffen beteiligen werden. Sind es drei, so kommt ein G-3, sind es acht dann ein G-8, sind es fünfundzwanzig, dann nennt sich das Treffen halt eine G-25.

Solch ein G-Treffen verursacht überall die gleichen Rituale und Bei-erscheinungen. Ob in Berlin, Moskau, Washington oder Paris. Wegen der kommenden Brexit sind die Erscheinungen in London etwas milder, so erklärt die Mrs. May. In Den Haag ist es sehr stille: der Erste Minister Mark Rutte wartet zwei Tage um danach zu erfahren dass er wiederum nicht eingeladen ist.

Anfangs gab es nur eine G-6. Das waren die Länder der Kohlen- und Stahlgemeinschaft: Deutschland, Frankreich, Italien und die drei Benelux Staaten. Jetzt aber, wo alle sich respektierende Länder um Eintritt bitten, gibt es eine G-12, eine G-20 und sogar eine G-37. Nächstes Jahr, so ist die allgemeine Erwartung, entsteht de NVB, der Neue Völker Bund. Mit Sitz in Genf (Genève sagen wir).

Doch, am schönsten sind die Rituale beim traditionellen Fototermin am Ende der Begegnung. (Von den abschließenden Trink- und Essgelagen wo die Zeche bezahlt werden muss, wird hier wegen Zeit- und Platzmangels abgesehen.) Wir sehen unsere Landesvertreter/innen in den Foto Saal kommen, wo ein Zeremonienmeister die größte Mühe hat sie in drei Reihen auf dem Podest einzureihen. Jeder möchte auf der ersten Reihe stehen, selbstverständlich. Findet auch die österreichische Außenministerin Klara Vonsinnen die sich einen Platz neben Monsieur Macron und vor Genosse Poetin erobert hat. Auf der zweiten und dritten Reihe stehen die minderen Götter und Minister. Man muss eben seinen Platze wissen und kennen.

Dann ergreift der Zeremonienmeister das Wort. In Esperanto (damit alle ihn verstehen) bittet er um Ruhe und um ein Minimum an Bewegung. Damit die versammelte Pressefotografen ihre Arbeit tun können. Es folgt ein vehementes Geblitzte, sei es ohne Donnerhall. Nach drei Wochen, wenn die Fotos fertig sind und auf die diversen Botschaften verteilt, wird in allen Amtswohnungen und Regierungsvierteln das neue G-Foto der Reihe bestehenden G-Fotos hinzugefügt. Die oder der Gatte/Gattin des Landesvertreters hängt, nach dem Staub abnehmen, vorsichtig die Bilder noch eben gerade. Recht muss sein.

Hier unten sehen Sie die Regierungsvertreter wie sie sich vereinigt zeigen auf der letzten G-13 in Bern (CH). Als Zugabe eine zufällige Begegnung der respektive Ministerpräsidenten aus dem Vereinigten Königreich (UK) und Austria (A).





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Mittwoch, 1. August 2018
Bagatelle 319 - Verkühlung
Was soll man machen? In dieser jetzt schon so lange anhaltender Dauerhitze? Tagsüber mehr als dreißig Grad im Schatten und auch nachts bleiben die Temperaturen deutlich über zwanzig. Grad Celsius, versteht sich. Nicht dass Sie denken: ich meinte Fahrenheit. Bei Ihnen in Deutschland, meldet mir die ARD, sei es noch schlimmer.

Die Bewegungen werden immer langsamer. Man kommt zu nichts mehr. Nachts werden Türen und Fenster geöffnet damit der sparsame Wind einiges an Verkühlung bringt. Am Radio (WDR 3) singt Haydns Jahreszeitentenor wie schön doch der Sommer wohl sei, aber von einer Hitzewelle hört man nichts.

Doch, alles wird einem zu viel, auch der geringste Aufwand. Sogar das Schreiben einer simpelen Bagatelle wird einem zu viel. Was zu tun?

Jetzt, das heißt vorgestern, habe ich die Lösung gefunden. Und zwar folgendermaßen. (Sie werden aufgemerkt haben, dass wegen der Hitze auch die Sätze kürzer werden.)

Ich suchte aus meiner ausgebreiteten digitalen Fotosammlung das kälteste Foto das ich finden konnte. (Das Suchen kostete mir fast zu viele Schweißtropfen.) Dieses Bild wird von nun an ständig auf meinem Monitor projiziert. So groß und deutlich wie nur möglich. Dann setze ich mich hin, zwei Meter vom Schirm entfernt und schaue gebannt zu.

Nach einer Viertelstunde geschieht es. Dann überfällt mir ein herrliches, laukühles Gefühl: es fängt im Nacken an, irgendwo nahe dem Kleinhirn wo das Temperaturempfinden seinen Platz hat, und breitet sich über den Rücken langsam nach unten aus. Unglaublich! Und unwiderstehlich!

Hier unten sehen Sie mein Kältefoto. Ich zeige es Ihnen damit Sie es verwenden können. Wenn Sie denn mögen. Vielleicht hilft es Ihnen auch. Aber, bitte, seien Sie vorsichtig und verkühlen Sie sich nicht!








Nachrede: Das Bild zeigt eine Winterlandschaft (unser Bauernhof im Hintergrund) wo ein eisiger Frost herrscht und der Holzwall im Vordergrund von einer schützenden Schneedecke bedeckt wird.

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Freitag, 20. Juli 2018
Bagatelle 318 - Hitze und Durst
Ganz Europa leidet jetzt unter der trocknenden Hitze. Und das schon so lange! Was schlimmer ist: das Ende, sagen die allwissenden Meteorologen, ist noch nicht in Sicht.


Wir denken schon an den heißen und dürren Sommer 1976. Sie wissen es vielleicht noch: Wochen lange konnten unsere beiden Söhne, damals noch jung und unbesorgt, unbekleidet rundum unseren Bauernhof umher laufen und spielen was das Zeug hielt. Und die Wetterfahne drehte sich erst als die Schulferien zu Ende waren.


Heute sieht’s ähnlich aus. Die Natur rings herum smachtet nach Wasser (so singt Haydns Jahreszeiten Tenor), die Wiesen verdürren zunehmend, der Mais versäumt zu wachsen, die Kartoffel- und Rübenernte droht zu misslingen, die Kühe kehren am liebsten zurück in den Schatten bringenden Stall, wo sie von ihren Landwirten mit Futter versorgt werden das eigentlich für den Winter gedacht war.


Aber es sind nicht alles Bekümmernisse und Qualen. Die Urlauber und Schwimmbadbetreiber freuen sich übers Wetter und Recht haben sie. Aber für uns zurückgebliebene Nicht-urlauber, die wir zu Hause vergebens eine kühles Plätzchen suchen, bleibt die Frage und Bitte: wie lange dauert das alles noch? Wir freuen uns schon auf den ersten Regentag der bestimmt kommt und hoffen zugleich dass es dann auch nicht wieder zu viel vom Guten ist.


Bis es so weit ist, müssen wir uns mit Worten und gutem Rat helfen. Wir können uns natürlich zurückziehen in die nahe gelegenen schattigen Laubwälder. Wir können auch, was ich uns raten würde, uns hinsetzen und eine verkühlende Bagatelle schreiben. Zusammen mit Bildern von Wasserfluten Babylons welche von Wasserkanonen abgefeuert werden. Wir schauen so lange hin bis wir uns verkühlt haben.



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Dienstag, 26. Juni 2018
Bagatelle 317 - Hochspannung
Günther, der Vorarbeiter, auch wohl neudeutsch Boss genannt, bittet seinen Kollegen Hans in den Hochspannungsmast in Anbau zu klettern um dort oben notwendige Arbeiten zu verrichten. So soll er dort oben die Daumenschrauben anziehen und mittels einigen Blätter Sandpapier einige jetzt schon sichtbaren Rostfleckchen entfernen. Sein Kollege und Kumpel Bernd wird ihm dabei begleitend unterstützen.

Beide Männer setzen ihre Sicherheitshelme gerade, gürten sich den Sicherheitsgurt um und schnallen sich mit der Sicherheitsleine fest. Nein, Sicherheit geht vor allem.
Dann klettern sie hinauf und auf vierzig Meter Höhe entspinnt sich der folgende Dialog.


Hans: "Bernd, bring mir bitte mal deinen Kreuzschlitzschraubenzieher. Meinen hab‘ ich unten liegen lassen."

Bernd: "Wie oft soll ich es dir sagen: denk an dein wichtigstes Instrumentarium; vergiss es nicht! Die Wasserpumpenzange hast sicherlich auch vergessen! Das sieht dir ähnlich!"

Hans: "Das musst du mir sagen! Du bist selber zu blöd daran zu denken! Mach mal tüchtig voran mit deiner scheisse Schleiferei. Ich möchte heute früh nach Hause."

Bernd: "Man hat dich wohl befohlen auf dem Heimweg zuerst bei der Lidl Einkäufe zu machen? Erdnüsse und Spaghetti vielleicht?"

Hans: "Heut Abend auf der WM spielt die Mannschaft wieder. Diesmal gegen Albanien, glaub ich. Oder gegen die Shetland Insel, aber auch da bin ich mir nicht sicher. Jedenfalls will ich die Fahne draußen aufhängen. Nein, ich möchte das Spiel nicht verpassen, wir heben keine Zeit zu verlieren. Mach mal voran mit deinem Schleifgetue."

Bernd: "Da geb ich dir recht. Nichts schöneres als so ein Tor in der vierten Spielminute der Nachspielzeit! Mensch, was haben wir uns gefreut! Jetzt also gegen Albanien. Und dann schließlich am Schluss die Finale gegen die Holländer. Ich freue mich schon im Voraus!
Doch, wir werden Flagge zeigen. Wenn nichts anderes vorhanden: wo nötig nehmen wir die alte Kriegsfahne! Doch, das wird schon klappen!"




Dieser Dialog wurde von mir gehört, gesehen, ausgezeichnet aufgezeichnet, notiert und interpretiert. Zu Isselburg (NRW) bei der Hochspannungsleitung i. A. (im Anbau) am 27. Juni 2018 gegen 16.30 Uhr.


Nachschrift: Einen Tag später schied die Mannschaft in der Vorrunde ruhmlos aus. Das hat man davon.








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Montag, 28. Mai 2018
Bagatelle 316 - Wasserohr (mit nur éinem r)
Als kleiner, fünfjähriger Junge wird man (ich jedenfalls) oft mit Ausdrücken und Wörtern konfrontiert deren Bedeutung ganz und gar unklar bleibt. Entweder weil man (der erwachsene Sprecher) nicht so freundlich ist sie dir zu erklären, oder weil man selber so dumm und ungeschickt ist das nicht zu fragen. Folge: bis Lebensende läuft man mit Gefühlen von Bedauern, Verdruss, Leid und Ärger umher. Manchmal erwacht man (ich jedenfalls wiederum) mitten in der Nacht weil einem die Frage quält: was, um Himmelwillen, ist ein PLARK?

Wasserohr (mit éinem r) ist auch solch ein Fall. Das kommt so:
Mein Vater hatte seit Lebens immer Schwierigkeiten mit den Beinen. Sie taten ihm weh und er mochte auch nicht gerne über die Straße gehen. Nachts konnte er oft nicht schlafen und der befreundete Arzt sagte dass es eine Form von Thrombose sei. Was das Problem jedoch auch nicht löste. Bis ein ebenfalls befreundeter Bekannter eines Tages zu ihm sagte: Es ist ein Wasserohr, dás ist es! Ehrlich, ich stand daneben und hörte es ihm sagen, aber mir fehlte der Mut um zu fragen: was, bitte schön, ist ein Wasserohr? Weil niemand antwortete fuhr der Bekannte weiter: Weißt du, was hilft? Ich weiß es. Es ist ein Kästchen, eine Art pappkartonfarbige geschossene Kiste, welches du unter deinem Bett schiebst. Du wirst sehen: nach einigen Wochen ist das Problem aufgehoben und sind die Qualen und Schmerzen vorbei.

So gesagt, so überlegt, so getan. "Hilft’s nicht," sagte der Vater, "schaden tut’s auch nicht. Wir probieren ’s mal aus." Ein geheimnisvolles Kistchen kam unters eheliche Bett. Nach vier Wochen in denen die Schmerzen keineswegs minderten, nahm mein Vater das Kistchen, brachte es dem Bekannten zurück. "Erzähl mir bitte keine Märchen. Das Ding ist zu nichts Gute imstande."

Viel später, nach vielen Jahren, habe ich endlich zwei Sachen entdeckt. Erstens die Bedeutung des rätselhaftes Wortes. Jemand erläuterte mir: gemeint wird nicht ein Ohr (zum Hören also) voller Wasser (oder so etwas), sondern eine Wasserader. Ein Wasserstrom, ein Bach, ein Fluss, so etwas. Ader wie Blutader. In diesem Fall mit Wasser gefüllt. Es gäbe tiefe, unterirdische Wasserströme, umgeben von magnetischen Strahlungen welche manchmal an die Erdoberfläche auftauchen und dort ihren Einfluss ausüben. Zum Beispiel in der Form von Beinschmerzen.
Zweitens weiß ich nun auch warum der Schwiegervater, wenn auf dem Hof, irgendwo im Gemüsegarten zum Beispiel, eine neue Wasserpumpe geschlagen werden sollte, immer einen Wechselrutenläufer kommen ließ, der mit einem gebogenen Weidenzweig rund ums Haus lief um zu erfahren wo sich Wasser unter der Erde befindet, und wo nicht.

Doch, es gibt einiges auf der Erde was wir nicht verstehen. Obwohl uns die Bedeutung des Wortes endlich klar ist.


Nachschrift 1: In unserem Dialekt wird das niederländische Wort ader immer gesprochen und geschrieben als oor. (Auf Deutsch klingt das wie ohr).
Nachschrift 2: der Plark, von dem hier oben die Rede war, ist ein fürchterliches, niemals gesehenes, Ungeheuer, das sich im Wasser aufhält um Kinder davon abzuhalten zu nahe am Wasser zu kommen.
Nachschrift 3: Das pappkartonfarbiges Kistchen enthielt laut mehreren Aussagen nur eine Rolle Draht. Sonst nichts als Luft.


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Donnerstag, 10. Mai 2018
Bagatelle 315 - Montagmorgen Vers
Jede Religion braucht ihre Rituale; ohne die kommt man offenbar nicht aus. Ich meine nicht nur die offiziellen kirchlichen Rituale und Sakramente wie die Eucharistie oder die Taufe, entweder Kindes- oder Erwachsene, ich meine auch die weniger oder mehr christlichen häuslichen Gewohn- und Gepflogenheiten. Wie zum Beispiel die Tradition bei uns früher im Elternhaus um bei jeder Mahlzeit, welcher von allen Mitgliedern der Familie beigewohnt wurde, vor und nach dem Essen ein Gebet zu sprechen.

Das nun machte bei uns meistens der Vater. Der sprach ein selbst angefertigtes passendes kurzes (etwa eine halbe Minute dauerndes) Gebet das er schnell, halblaut und ziemlich unverständlich aussprach. Das war überhaupt nicht schlimm, denn wir übrige, Mutter und Geschwister, kannten das Gebet schon. Auch jetzt, nach so vielen Jahren, könnte ich Ihnen Teile meines Vaters Gebet laut aufsagen. Die Worte sind feste in meinem Gedächtnis verankert.

Wenn alle das Essen beendet hatten, satt waren und sogar méin Teller beinahe leer war, wurde gelesen aus dem Buch der Bücher, aus der Bibel. Wir hatten zwei davon: der Vater benutzte ein dünneres Exemplar (nur das Neue Testament) und las eine spannende Kurzgeschichte von Jesus der auf dem Wasser lief. Wenn die Mutter las, nahm sie vorzugsweise den alten, dicken Bibel und las mit ihrer sanften Stimme einen Psalm von David, zum Beispiel den 23. Psalm. Von dem Herrn der mein Hirte ist. (Siehe unten.) Ich schließe die Augen und höre gleichsam ihre Worte. Auch jetzt noch kenne ich den Wortlaut.

Manchmal, an Sonntagabenden nach dem Essen, fragte die Mama mich ob ich denn wohl den Vers für Morgen kannte. Sie meinte den Gesang Vers aus dem kirchlichen Liederbuch. Jede Woche ließ uns der gnädige Herr Dorfschullehrer einen Vers aus dem Liederbuch auswendig lernen. "Etwas auswendig lernen," sagte er munter, "sei nichts verkehrtes. Es schärft das Gedächtnis und hilft auch bei anderen Schularbeiten." Sagte er.

So kam es, dass ich, ein zehnjähriger Knabe aus der vierten Grundschulklasse, dazu dringend aufgefordert vom Lehrer, mit lauter Stimme, und weit weg von jedem Verständnis, monoton aber laut, Ihnen den folgenden Montagmorgen Vers anbiete, das, in einer selbstgemachten Übersetzung, da lautet:


Ruhet meine Seele, dein Gott ist König,
die ganze Welt ist Sein Gebiet;
Alles ändert sich wenn Er’s befiehlt,
aber selber ändert Er sich nicht.

Gesang 179 (Altes Liederbuch)

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