Donnerstag, 5. März 2015
Bagatelle 255 - Freiwillig unfrei
Einmal in so und soviel Zeit verzichte ich auf das schönste und teuerste was ich besitze und begebe mich wissentlich in die Unfreiheit. Ich meine den Gang zum Frisör. Meistens so um die fünf Wochen überwinde ich mich selbst, verabrede einen Termin bei meinem festen Haareschneider und fahre anschließend zu der Damen- und Herrenfrisörsalon in A. um meiner haarigen Kopfbedeckung - oder was davon noch übrig ist - die gewünschte Fasson verleihen zu lassen. "Wieder mal wie das vorige Mal?" fragt mich der Frisör. Und wie immer nicke ich zustimmend.

An dem Augenblick wo du dich in den Frisörstuhl setzt, fängt das Elend an. Der Frisörmeister tritt den Stuhl auf die angemessene Höhe, bindet dir ein weißes Betttuch um den Hals, und öffnet danach seine Tasche mit den Haarschneide- und Rasierattributen. Mit Schere und Kamm, mit Haarschneidemaschine und Rasiermesser werden überflüssige Haare fachmännisch entfernt. Nur ich, unter dem weißen Betttuch, mit den Frisörhänden und Haarschneidegeräten auf meinem Kopf, leide schwer unter der Einsicht, dass ich meine Freiheit, auf die ich so stolz bin, dem Frisör ausgeliehen habe. Jedenfalls für zehn Minuten.

Wenn dir die Haare geschnitten werden, sollst du dich nicht bewegen, so lautet die Redensart. So ist es: du bist zu einer festen Sitzposition verdammt. Weder nach links noch nach rechts kannst du dich bewegen. Du bist quasi festgenagelt. Um dir eine Haltung zu verleihen besprichst du mit dem Frisör das Wetter und andere unwichtige Ereignisse. Die Tatsache ist, dass du nur an eines denkst: an den glückseligen Augenblick wo der Frisör seine Utensilien in seine Tasche steckt, deinen Stuhl erlaubt sich zu senken, das Betttuch zur Seite schwingt, einige lose Haare von deinem Mantel fegt und sagt: "So, das reicht wieder für einige Wochen."
Ich habe meine Freiheit wieder gewonnen. Ich bin mein eigener Meister. Und das für lausige 15 Euro. Kein Geld selbstverständlich für so etwas wertvolles wie die Freiheit.


Zugleich mit der Woche des Buches (Boekenweek) die nächste Woche anfängt, gibt es bei uns eine Woche des Dialektbuches. Für das niedersächsische Sprachgebiet erscheint dann 'Flonkergood', ein Büchlein mit 24 Kurzbeiträgen, dieses Jahr alle unter dem Thema: Freiheit. Auch der obige Beitrag über die Unfreiheit beim Frisör lässt sich in diesem Buch wiederfinden. Die Version in meinem Dialekt können Sie hier unten lesen.



Vri-jwillig onvri-j

Ens in de zovölle tied geef ik ’t mooiste en dierbaorste wa’k hebbe op en begeve mi-j willens en wettens in onvri-jheid. Ik bedoele mienen gang naor de kapper. Meestal zo elke vief waeke aoverwin ik mi-jzelf, maak een afspraak met mienen vasten kapper en fietse naor de dames- en herenkapsalon in A. um mienen haordos - of wat daor nog van aover is - te laoten fatsoeneren. ‘Maor weer net zo knippen as altied?’ vrug de kapper. En zoas altied knikke ik in- en toestemmend.

Op ’t moment da’j in de kapstoel plaats nemt begunt de ellende. De kapper trapt de stoel op de goeie heugte, bundt ow een wit laken um d’n hals en krig zien tasjen met knip- en scheerattributen. Met schere en kam, met tondeuze en scheermes wordt aovertollige heurkes vakkundig verwijderd. Maor ik, onder ’t witte laken, met de kappershande en knipspullen op mien heufd, liede zwaor onder ’t besef mien vri-jheid, waor’k zo trots op bunne, te hebben uut-eleend an de kapper. Veur een tiental minuten in elk geval.

A’j eknipt wordt, mo’j stille zitten, is ’t gezegde. Zo is ‘t: i-j könt gin kante meer uut. I’j zit kwasi vaste an de stoel. Um ow een holding te geven praot i-j met de kapper aover ’t weer en aover andere luchtige zaken die gebeurd bunt. In feite denk ik maor an één ding: an ’t gelukzalige moment dat de kapper zien gereedschap in zien tasjen opbörg, owwen stoel löt zakken, ’t laken verwijdert, wat loslopende heurkes van ow jas strik en zeg: now köj d’r weer een hötjen tegen. I’j hebt owwen vri-jheid herwonnen. I-j bunt weer ow eigen baas. En dat veur 15 euro. Gin geld natuurlek veur ziets weerdevols as ow vri-jheid.

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