Mittwoch, 25. Januar 2017
Bagatelle 292 - Spione und Schubser
Nachdem er uns mit dem geheimen Leben der Bäume bekannt gemacht hat, versucht der Autor Peter Wohlleben – übrigens ein schöner Name für jemand der sich als Oberförster täglich im deutschen Wald aufhalten darf – seine Leser jetzt auf Niederländisch davon zu überzeugen wie tiefgrabend und tiefgreifend das Seelenleben der Tiere ist. Sein neuestes Buch heißt bei uns: Het innerlijke leven van dieren. Und in der ARD-sendung Hart oder/und Fair versuchte er neulich gegen den Willen der anwesenden Forstwildschafter Werbung für den Naturwald zu machen. Aber das nur beiseite.




Endlich einer der sagt was ich schon seit Ewigkeit behaupte: Bäume die reden, Gewächse welche Gefühle zeigen, Tiere mit Emotionen, kluge Insekten die in ihrem Verhalten Formen von Intelligenz zeigen. Ein schönes Beispiel, das beschreibt wie intelligent einige Insektenarten sind, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Sie bekommen die Geschichte aus erster Hand: selber erlebt und ungeschönt weiter erzählt.

Es war um die Jahrhundertwende. Mit einigen Kollegen war ich berufshalber wieder einmal in Süd-Afrika. An einem Wochenende machten wir einen Ausstecher in den Paul Krüger Wildpark. Weil einige vor uns behaupteten, dass die wilden Tiere, die famosen Großen Fünf, sich in der Dämmerung am besten beobachten ließen, machten wir auf einem offenen Lastwagen eine Abend/Nachttour durch die Gegend. Geführt von einem jungen Naturforscher der die Kunst des Schweigens verstand und uns lehrte seinem Vorbild zu folgen.

Es war als hätten die Tiere unter sich verabredet sich an diesem Abend nicht zu zeigen. Kein Zebra oder Springbok ließ sich sehen. (Was mich übrigens gar nicht störte: ich genoss vollends der abendlichen Stille und bewunderte den unglaublich schönen Sternenhimmel.)
Auf einmal hielt der Lastwagen an und der Führer bat uns lautlos auszusteigen. Da sahen wir im Scheinwerferlicht des Wagens auf dem Landweg etwas außerordentliches.

Ein Ameisenvolk machte sich auf den Weg zu überqueren. Seht ihr, sagte der Führer leise, was sie machen! Sie schicken einige größere Ameisen voraus welche die Strecke freimachen und die beurteilen ob die Überquerung ohne Schwierigkeiten vonstattengehen kann. Wie Spione!
Offenbar fanden die Spione die Lichter des Lastwagens kein Grund von ihrem Plan abzuweichen. Das Volk – hinter einander, ruhig und dennoch zügig – überquerte den Weg. Aber am Ende der Zuges gab es offenbar, wie bei Menschen, Trödler und Zauderer. Ameisen die still standen und sich immer wieder umsahen und sich wunderten wie schön die Welt doch ist. Auch hier haben die Ameisen eine Antwort, sagte der Führer, seht nur! Einige Ameisen fungieren als Anschieber. Schubser sozusagen. Indem sie stechen fordern sie zaudernde Ameisen dringend auf sich weiter zu bewegen. Sie sorgen dafür dass der Weg frei wird; sie erreichen als letzte die Überseite.

Wir die wir es mit eigenen Augen sahen, staunten nicht schlecht. Und das alles ohne Lärm oder Befehl! Davon kann die Menschheit noch vieles lernen, so dachten wir. Und der Herr Wohlleben wird das sicherlich bejahen.


Nachschrift: Die Ameisen hierunter stammen von Maurits Escher


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