Samstag, 10. April 2021
Bagatelle 359 - Abschied und Ende
Ein Mal ist es aus und vorbei: dies hier ist meine letzte Bagatelle. Ich war - immer mit viel Freude und Vergnügen - ihr Gast, aber jetzt kommt das Ende. Mehr als 4300 Tage dauerte mein Verbleib bei Ihnen, sehr lange also.

Ich danke Ihnen allen sehr: die Urheber und Betreiber dieser angenehmen Blog-Gemeinde welche so freundlich waren mich, Aussenstehender und Ausländer, zuzulassen; die Leser und Leserinnen dieser unwichtigen kleinen Bagatellgeschichten, und schließlich die treuen Besucher, welche mir manchmal sogar kommentierten. Vielen Dank!
Ihr Terra.

Zum Schluss folgt hier meine erste Bagatelle aus dem Jahre 2009, lang ist 's her..


Donnerstag, 25. Juni 2009
Bagatelle I : der Bussard
terra40, 12:32h

Früher ? so wollen es jedenfalls die Knabenbücher aus meiner schönen Jugendzeit ? kamen bei strenger Frost und anhaltender Kälte die Wölfe aus dem Wald um nachzusehen ob die Bauern in ihren Höfen noch etwas an Nahrung zurückgelassen hatten.
Hier bei uns, rundum unserem alten Bauernhof, bemühen wir uns seit Jahrhunderten umsonst um den Anblick der Wölfe. Es gibt sie hier nicht mehr, weder bei anhaltendem, noch bei gelegentlichem Frost. Rehe sehen wir schon und manchmal auch ein Hermelinchen das gegen den guten Rat der Mutter vergessen hat nicht von den üblichen und vertrauten Wegen abzuweichen. Auch hatten wir eines Tages das Vergnügen die erstaunlichen Gerüche des Steinmarders kennenzulernen.

Seit einiger Zeit können wir rundums Haus Kreaturen bewundern die wir früher nur aus Bilderbüchern kannten. (Ich wechsele fürs erste jetzt von den tierischen Vierfüßlern zu den gefiederten Zweibeinern.) Die Vogelpopulation ändert sich schlagartig. Hörten wir in den alten Zeiten noch den Kiebitz, den Grutto (die schwarzschwänzige Uferschnepfe) und die wunderbare Lerche, von diesen dreien sind die letzteren zwei fast völlig verschwunden. Im Widerspruch dazu steht die Tatsache dass der ordinäre Haussperling und ruhender Stubenhocker nach Jahren von Abwesenheit wieder in Erscheinung getreten sind, was uns alle natürlich sehr freut. Dasselbe gilt seiner Nichte, der lieben Heckenbraunelle (heggenmus).
Die am meisten Aufsehen erregendsten Besucher sind die Bussarde. Mit ihren traurigen piew-piew Lauten und ihren unhörbaren Art zu fliegen gelingt es ihnen die anderen Vögel zu imponieren und erschrecken.

Unlängst war es wieder soweit. In einer unbesorgten Ecke unseres Gartens kam plötzlich ein Bussard hinnieder um eine leckere Maus zu schlagen. Kurze Zeit später saß er vergnügt auf einem Holzhaufen um die Beute herunter zu schlucken. Als ich zurückkam mit meiner Kamera hatte er sich auf einen Pfahl gesetzt um von der schönen Aussicht zu genießen.

Gerade an dieser Stelle in der Zeitgeschichte ist dieses Bild entstanden. Wenn Sie gut hinschauen, - wonötig benutzen Sie Omas Lupe die sich in der alten Schublade aufhält - sehen Sie ihn im Mitten des Bildes. Eine sehr leichte Schneedecke liegt über Land und Flur. Aber es ist zu wenig um über strenger, anhaltender Frost reden zu können.

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Freitag, 5. März 2021
Bagatelle 358 - Impfgeschichte
Gestern war es dann soweit: ich bin gegen Covid-19 geimpft worden. Weil ich im Ausland wohne, und zwar in den Niederlanden, könnte meine schlichte Impfgeschichte auch für Sie, die Sie in Deutschland wohnhaft sind, einigermaßen interessant sein. Vergleichsweise, meine ich.

Wie bei Ihnen verläuft auch bei uns die Impfstrategie der diversen Behörden ziemlich chaotisch. Die politisch Verantwortlichen betrachten die Sachverständigen aus der Medizin als seien diese verantwortlich, und diese achten sich dazu nicht befugt und schieben die Last auf die Politiker. So kommt man nicht weiter. Impfen und Testen sind zwar Corona bedingte Schlüsselkonzepte, aber es fehlt an praktisch ausführbaren Ratschlägen.

Lassen wir diese strategischen (Miss)Überlegungen beiseite und wenden uns der Impfpraxis zu. Weil ich schon etwas älter als Sie sind, und früher mal kleine Herzprobleme hatte, befand ich mich in der Gruppe der sogenannten Erstimflingen, also Leute die zuerst geimpft werden sollen. Nur unter der Bedingung, dass ein Impfstoff, ein Vaccin, bereit steht, was bei uns jedenfalls gar nicht selbstverständlich ist.

Bei der schriftlichen Einladung war eine Papierladung Vorschriften, Hinweise und Informationen hinzugefügt worden, woraus sich zeigte, dass in meinem Fall das Vaccin BioNTech/Pfizer benutzt werden sollte. (Andere Möglichkeiten waren Marken mit Namen wie Moderna und Astra/Zenica.) Warum sich man für Pfizer entschieden hat, hat man mir nicht sagen können.)

Gestern dann war es soweit. Mein jüngster Sohn der sich als Impftaxifahrer verfügbar gestellt hatte, brachte mich in die Impfstation in einer Kleinstadt irgendwo in der Nähe. Das Gesundheitsamt hatte vorsorglich eine große Sporthalle samt Parkplatz gemietet. Von Fernsehberichten waren mir lange Menschenschlangen bekannt die sich gerne hätten lassen impfen wollen.

Hier war alles ganz anders. Der Parkplatz war halb voll; keine Reihen Impflustigen zu sehen. Im Gegenteil: die Atmosphäre war locker und gelassen. Sehr viele Professionals, ehrenamtlichen Helfer und Freiwillige sorgten für ein reibungsloser Verlauf der Dinge. Wie als in einem Stromdiagram wurde man quasi die verschiedenen Impfstufen entlang geführt.
Das ganze dauerte kaum eine halbe Stunde, wobei man berücksichtigen muss, dass die letzte Viertelstunde des Impfprozesses verbracht werden musste in einer Basketballhalle um dort von den Strapazen auszuruhen.

Früher als erwartet traten wir die Rückreise an. Zu Hause konnten wir, unter dem Genuss einer Teetrinksession, uns schon vorbereiten auf die zweite Impfung von der das Datum auch schon feststeht: der 7. April.

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Montag, 3. August 2020
Bagatelle 350 - Hundertjaehriges Abitur
Vorigen Monat – Juli 2020 – war es hundert Jahre her, daβ mein Vater sein Abitur gemacht hat. Und zwar an drei sich folgenden Tagen, zwischen dem 21. Und 22. Juli 1920. Und wo? An der Rijks Höhere Bürger Schule (RHBS) in Winterswijk, eine Kleinstadt irgendwo in den östlichen Niederlanden. Er war der einzige Bauerssohn in der weiten Umgebung der diese Schule besuchen durfte. Nach fünf Jahren endlich ein Abschluss.

Aus den Unterlagen, die er sich damals und wir uns heute glücklicherweise aufbewahrt haben, kann man Interessantes ableiten. Zum Beispiel: wie sah die schriftliche Deutschprüfung aus?

Phase 1. Der Vorsitzende begrüβt die Kandidaten; er meldet dass die Zeit welche ihnen zusteht 2½ Stunden beträgt.
Phase 2. Jede(r) Abiturient(in) bekommt einen Text in niederländischer Sprache, mit der Bitte sich diesen Text gut zu merken. Das Aufschreiben von wichtigen Notizen ist strengstens verboten. Nach zwanzig Minuten wird der Text eingenommen.
Phase 3. Die wirkliche Aufgabe der Abiturienten ist nun die gelesene Geschichte schriftlich nachzuerzählen und zwar in fehlerfreiem Deutsch. Wenn möglich zu vollständigen. (Dafür gibt es wahrscheinlich Bonuspunkte.)

Mein Vater liest die Geschichte eines Krimiautors – Titel: der Schriftsteller und der Dieb - dem es an wirkliche Horrorideen mangelt. Gerade rechtzeitig tritt ein Dieb in die Wohnung. Dieser gibt dem Schriftsteller brauchbare, realitätskonforme Ratschläge.
Er, mein Vater, schreibt eine Art Zusammenfassung der Geschichte. Ich weiß nicht, ob er die vollen 2½ Stunden dafür benötigte. Ich weiβ wohl aber, dass die Examen Kommission sehr zufrieden war. Auf einer Skala von 1 bis 10 (10 = hervorragend, ausgezeichnet) bekam er die Note 9.

Sein Sohn (ich selber also) hat Dutzende von Prüfungen und Examina bestanden. Auch Deutschprüfungen. Aber niemals mit einem so hervorragenden Resultat.




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Freitag, 12. Juni 2020
Bagatelle 347 - Glück im Unglück
Das Bild hier unten ist vor einigen Tagen gemacht worden. Sehr wahrscheinlich war ein Blitz die Ursache dass dieses Haus in Feuer geriet. Der Bewohner war nicht zu Hause und auβer Sachschaden gab es keine Verwundete oder sogar Tote. So weit das Glück im Unglück.

Nein, so weit ist die Geschichte noch nicht. Den die weiteren Umstände sind sehr interessant. Das brennende Haus steht in der Ortschaft Suderwick, einem Teil der Stadt Bocholt (i.W./NRW) die zehn Kilometer weiter liegt. Suderwick ist gleichsam ein Ort mitten auf der Landesgrenze zu den Niederlanden. Der niederländische Ort an der anderen Straβenseite heißt Dinxperlo. Der Hellweg trennt beide Länder. Seit eh und je bestehen zwischen beiden Ortsteilen die besten Beziehungen. So auch bei der Bekämpfung eines Feuers.

Als der Blitz einschlug und das Haus zu brennen anfing, war die Feuerwehr aus Dinxperlo zu erst an der Unglücksstelle. Sie fing sofort mit den Löscharbeiten an. Kurz danach arrivierte auch die Suderwicker Feuerwehrbrigade und zusammen kāmpten sie gegen die Flammen. Nach einiger Zeit wurde auch die Bocholter Feuerwehr hinzugerufen.

Ein Glück, diese landesübergreifende Zusammenarbeit, finden Sie nicht auch? Nicht nur in schweren Coronazeiten. Die sonstigen Obrigkeiten sollten sich daran ein Beispiel nehmen.


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Montag, 9. März 2020
Bagatelle 344 - Denken, nachdenken, gedenken, feiern
Bei uns in den Niederlanden wird an zwei Tagen gedacht und nachgedacht. Am 4. Mai werden die Opfer des Zweiten Weltkrieges gedacht und am nächsten Tag, dem 5. Mai, wird die Befreiung, das Ende des Zweiten Weltkrieges gedacht und gefeiert.

Wenn wir gut rechnen ist das dieses Jahr zum 75. Male der Fall. So lange ist’s schon her, dass wir, wohnhaft in einem Dorf wo die Landesgrenze quer hindurch läuft, feiern und gedenken.

Aber die Zeiten haben sich geändert. Wie sonst ist es möglich, dass jetzt an beiden Seiten erinnert, gedacht und gefeiert wird.
In meinem Dorf ist im örtlichen Heimatmuseum eine Ausstellung eingerichtet worden mit Bildern und Geschichten aus früheren Kriegszeiten wo die beiden Länder durch einen schwer bewachten Stacheldrahtzaun von einander getrennt waren.
Die Kommission welche alles geregelt und vorbereitet hat besteht aus Personen beider Länder. Und wissen Sie wo die Ausstellung feierlich eröffnet wird? In der katholischen Michaelskirche an der deutschen Seite der Grenze.

Dem Bagatellen Titel muss ein Beiwort hinzugefögt werden, nämlich das Wort ꞌzusammenꞌ. So ist es. Zusammen denken, nachdenken, gedenken und feiern. Wir feiern zusammen die Freiheit.





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Mittwoch, 12. Februar 2020
Bagatelle 343 - Grenzüberschreitender Chorgesang
Bagatelle 343 - Grenzüberschreitender Chorgesang


Nicht nur politische Parteien kennen einen doppelten Vorsitz: zwei gleichwertige Vorstandsmitglieder die sich die Präsidentschaft teilen.
Auch Gesangsvereine kennen das Phänomen. Sehen Sie sich nur das Bild unten an. Sie sind beide Vorsitzende(r) eines Gesangvereins mit Namen "Vision".

Einige Fragen tun sich auf. Zum Beispiel: Wieso hat ein Gesangsverein einen englischen Namen und wieso heißt er ꞌVisionꞌ das eher auf etwas visuelles als auf etwas auditives ansteuert? Kann man überhaupt grenzüberschreitend singen?
Wie auch immer, der Chor hat etwas sehr Besonderes. Nämlich: die Mitglieder kommen aus zwei Ländern: Deutschland und die Niederlande. Und der Chorrepertoire besteht aus Liedern in verschiedenen Sprachen.

Hier unten sehen Sie auch das Namenschild des Ortes von woher die Chormitglieder stammen: Dinxperwick. Das ist aber ein nicht bestehender Ortsname. Dinxperwick ist quasi eine Zusammenführung der tatsächlich bestehenden Ortsnamen Dinxperlo (NL) und Suderwick (D). Die Landesgrenze verläuft quer durchs Dorf und die Bewohner beider Seiten haben sich immer gut verstanden. Daher ist es kein Wunder dass Vision ein grenzüberschreitender Gesangsverein ist. Mehr noch, ein Beispiel für gelungene inter-europäische Zusammenarbeit.

Es geht eben doch: Nicole (NL) und Edmund (D) teilen sich den Vorsitz. Edmund vertritt den Chor nach Außen und Nicole bemüht sich um den inneren Zusammenhalt. Grenzübergreifende Zusammenarbeit mit schönem, grenzüberschreitendem Chorgesang.





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Freitag, 10. Januar 2020
Bagatelle 342 - Doppelte Identität
Wir wissen, dass es früher mal das doppelte Lottchen gab. Und heutzutage gibt es Leute mit einer doppelten Staatsbürgerschaft. Aber, wie ich erfuhr beim nachstöbern in einer alten Truhe, es gibt auch Leute mit einer doppelten Identität.

Der Identitätsbeweis den ich fand zeigt nämlich zwei vollkommene Unterschriften, sowohl der des Herausgebers und der des Empfängers. Wie ist das sonst zu verstehen? Welche Form von Defraudation sind wir hier auf der Spur? Wer hat hier versucht die ganze Obrigkeit zu verführen?

Das Rätsel ist auf schneller und deutlicher Weise zu erklären. Es ist die Identitätskarte meines Vaters. Herausgegeben im Jahre 1940, im Krieg also, in dem Grenzdorf Dinxperlo, gerade an der niederländischer Seite der Grenze, wo mein Vater auf dem Gemeindeamt tätig war.

Die damalige Besatzungsmacht hatte es für ratsam gehalten allen Niederländern zu verpflichten einen Identitätskarte bei sich zu tragen.
Daher auch die Anweisungen bei den Angaben in zwei Sprachen.
Die Dinxperloer Einwohner konnten sich im Rathaus so eine Karte besorgen, wobei sowohl der diensthabende Beamte als der mehr oder weniger glückliche Empfänger seine/ihre Unterschrift an der richtigen Stelle platzierte.
Weil mein Vater selber auch so eine Karte benötigte, sehen wir zwei identische Unterschriften. Er gab sich selber die Karte.

Im der alten Truhe fanden wir auch noch eine Brille. Seine Brille? So eine mit dunklen, schwarzen Rändern? Offenbar nicht, sagte mir meine Frau später, es sei die Brille ihrer Großmutter gewesen. Ihre Identität steht zweifelsfrei fest. Auch ohne Karte.





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Sonntag, 15. Dezember 2019
Weihnachtsgruß

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Montag, 2. Dezember 2019
Bagatelle 341 - Radeltax
Doch, die Obrigkeit versucht auf aller Art uns Geld aus der Tasche zu entwenden. Das ist in meinem Lande so, und wahrscheinlich bei Ihnen ebenso. Wenn nicht durch ein fälliges Bußgeld bei irgendeinem geringen Verstoß gegen die Gesetze, dann durch die Lohnsteuer oder durch die Erbschaftssteuer. Nur in Wahljahren verspricht uns die Behörde die Steuern diesmal nicht zu erhöhen, aber wer‘s glaubt ist selig.

Früher war das nicht anders. Bei uns gab es sogar einst eine Hundesteuer. Jeder der ein sonstiges Haustier besaß wurde aufgefordert Hundesteuer zu zahlen. Ich weiß noch dass Gemeindebeamte von Haus zu Haus gingen um zu erfahren wer solch ein braves Tierchen sein Eigenes nennen konnte. Als der Beamte bei uns auf den Hof kam und mich um Hundesteuer bat, antwortete ich wahrheitsgetreu: "Nein, lieber Herr Hundesteuerbeamte, einen Hund hab’ ich nicht. Keinen kleinen Dachshund und auch keinen großen Schäferhund." Da kam plötzlich unser Fokkie um die Ecke, ein fröhlicher Vielrassenhund, um sich zu erkundigen wer das wohl war der da so laut schrie. "Nein," sagte ich zu dem Beamten, "dieser Hund gehört meinen Schwiegereltern. Fragen Sie sie doch selber!"

Die Neigung aus allem menschlichen Treiben Steuern zu fordern kann sich noch steigern. So gab es bei uns vor vielen Jahren, ungelogen, eine Fahrradsteuer. Jeder der sich eines Fahrrades bediente um sich von einem zum anderen Ort zu begeben musste die Fahrradsteuer zahlen.
Ein Beweis dass man die Steuer bezahlt hatte gab es auch. Es war ein metallenes Plätzchen das man um die Fahrradstange biegen konnte.
Zu Hause haben wir noch solch einen Streifen aufbewahrt - mit Aufschrift Rijwielbelasting (= Fahrradsteuer) - so dass ich es Ihnen zeigen kann. Hierdurch war es möglich dass mein Schwieger(groß)vater ohne sich Sorgen machen zu müssen sich radelnd ins Dorf begeben konnte um dort Besorgungen zu erledigen. Lange ist’s her; es war im Jahr 1934/35.


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Donnerstag, 16. Mai 2019
Bagatelle 334 - Geteiltes Doppelbild
"Doch," sagte mir meine katholische Nachbarin, zu deren Geburtstagsfeier ich gekommen war, "wir gingen im Wonnemonat Mai oft zur Wallfahrt, zu der Schmerzhaften Muttergottes zu A. Die Bildnis hängt in der Kirche zu S." (Sie müssen wissen: S. und A. sind verschiedene Orte.) Nach vielem Nachdenken und Hinterfragen über die Frage wieso die Schmerzhafte Mutter Gottes sowohl zu A. als auch zu S. gehören konnte, erfuhr ich, dass es um dieses Problem sehr viele wahre Geschichten, bedenkliche Aussagen und phantasievollen Erzählungen gibt. Die Sache ist ungefähr so.

Das Bild, von dem die Nachbarsfrau spricht, ist die Hälfte eines sogenanntes Marianums, eines Doppelbildnisses von Maria-mit-dem-Kinde. Im Mittelalter aus feinem Holz geschnitzt und deshalb uralt. In späteren Jahrhunderten frisch und fröhlich bemalt. Zwei Marienbildnisse mit, um es einmal unehrfurchtsvoll zu sagen, flachen Rücken. Die Gestalten hängen - rückwärts zu einander verbunden; es ist ein Doppelbildnis – meistens im Chor einer Kirche, so dass sie von allen Seiten gesehen und bewundert werden können. Die Nachbarsfrau kannte aber nur den éinen Teil dieser Zwiegestalt; meine Frage daher: wo ist aber die andere Hälfte?

So wie oft fängt es an mit Glaubensstreitereien. Das Doppelbild hat Jahrhunderte in der Kirche zu A. gehangen. Nach der Reformation hat es dort, wie auch in vielen anderen Orten, einen Bildersturm gegeben: alle Gegenstände die an den früheren katholischen Glauben erinnerten, wurden entfernt. So auch das Marianum, das Doppelbild. Wohin es kam, ungeteilt oder in zwei Teilen, ist ziemlich ungewiss. Die einen sagen dorthin, die anderen behaupten das Gegenteil. Sicher ist aber, dass beide Teile des Doppelbildes sich an einem bestimmten Moment im Besitz des Fürsten zu S. und S. kamen. Der Fürst (oder einer seiner Nachfolger) streicht über sein Herz und gibt éinen Teil des Doppelbildes dem Pfarrer aus S. der ihm freundlich aber streng darum bittet – es sei immer in seinem Besitz gewesen -. Den anderen Teil schenkt der Fürst den Nonnen im Kloster seiner Stadt, die sich so gut und treu um die Nöten und Sorgen der armen und kranken Mitschwestern und Mitbrüdern kümmern. Dort bekommt der Teil einen festen Platz im Klosterhospital.

Beide Teile werden umgeben von Erzählungen über Wunder und angebliche Wunder. Kranke die spontan genesen und ähnliche Sachen. Bemerkenswert ist die Geschichte aus 1955, also noch nicht so lange her. Damals habe sich ein grausames Gewitter über der Stadt entwickelt, sagen Augenzeugen. Im Hospital haben sich die Nonnen und das Pflegepersonal im Vorraum aufgehalten. Dann sei ein Kugelblitz durch die offene Außentür hereingeflogen und als er sich dem Bild der Schmerzhaften Mutter näherte sei er plötzlich umgekehrt, und demselben Weg zurück verfolgend, entwichen. Das ist doch was wunderbares, finden Sie auch nicht.

Heute kann man beide Teile sehen, bestaunen und, wenn man will, anbeten und eine Bitte hinterlegen. Der eine Teil in Deutschland im Hospital zu X; der andere Teil in den Niederlanden in der Kirche zu S. In Deutschland nennt man sie die Schmerzhafte Muttergottes; in Holland de Bedrukte Moeder Gods. Schmerzhaft und bedrückend, weil man im Laufe der Zeit so schlecht mit Ihr umgegangen ist. Sagt man.


Nachschrift: Hier die beiden Teile. Oben die Schmerzhafte Muttergottes im deutschen Hospital; darunter die niederländische Bedrukte Moeder Gods.





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