Donnerstag, 17. September 2009
Bagatelle XVI - Stilles Beileid
Über Gefühle welche mit Schmerz und Trauer verbunden sind, ist unsagbar vieles geschrieben worden. Man könnte sogar der These beipflichten dass fast alles Geschriebene im weitesten Sinne über das menschliche Unglück handelt. Über unglückliche Ereignisse lässt es sich scheinbar und merkwürdigerweise leichter reden und schreiben als über Glück und Freude. Vorläufig nehmen wir an dass es was mit den unerklärlichen Neigungen des Menschen zu tun hat das Negative stärker zu betonen als das Positive. Der Mensch ist im Grunde ein ziemlicher Pessimist. (Oder sind Sie anderer Meinung?)

Immerhin, in bestimmten Fällen ist es gebräuchlich und gute Sitte seinen Schmerz und sein Mitgefühl schriftlich zu bekunden. Zum Beispiel bei einem Sterbefall, wenn man nicht in der Lage ist persönlich bei der Beerdigung anwesend zu sein. Ich meine nicht die Anzeigen in den Zeitungen, welche mit einem Strom an Worten die vielen guten Eigenschaften eines Verstorbenen hervorheben. Ich meine ihre und meine schlichten Versuche in einem kleinen Brief an die Hinterbliebenen deutlich zu machen wie sehr uns dieser Tod getroffen und betroffen gemacht hat. Außerdem möchten wir den Verwandten mitteilen, dass wir an sie denken und mit ihnen mitleiden und mitfühlen. Aber wie finden wir die richtigen Worte?

Als Hanna, die erste Ehefrau meines Schwiegervaters, starb, befand sich unter den schriftlichen Zeugnissen des Beileids und Mitgefühls, welche vom Postboten ins Haus gebracht wurden, eine sehr besonderes Exemplar. Es war ein sehr kleines gelbweißes Kärtchen (Maßen: 10 * 5 Cm., Gewicht: 3,5 Gramm) in einem ebenso weißen und kleinen Umschlag. Die Karte ist gelbweiß, aber das Gelbe kommt vom Alter. Alles weiße vergilbt einmal. Die Beileidskarte ist von 1936. Damals genügte eine Briefmarke von 1½ Cents.





Nur der Name des Absenders steht auf der Karte. Es ist die Witwe te Kampe, so lesen wir. Nur ihr Name schreibt sie, sonst nichts. Keine großen Worte die von Schmerz und Reue zeugen. Keine Silbe die Trauer ausdrückt. Vielleicht war die Trauer so groß dass der Witwe te Kampe einfach die Worte fehlten. So etwas kommt vor.

Nachschrift: Über Hanna, die Verstorbene, können Sie mehr lesen in der 10. Bagatelle.

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