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Sonntag, 17. April 2011
Bagatelle C - Kabinett der Nutzlosigkeit
terra40, 00:07h
Jeder, der etwas auf sich hält, sammelt. Manche suchen allerwegen nach Briefmarken aus subtropischen Ländern, manche andere bauen sich ein speziales Zimmer an der Wohnung, wo sie ihre Bierdeckelsammlung ausstellen. Ein beliebtes Sammelobjekt ist die hindenburgsche Streichholzschachtel oder, wenn man genug Geld und Muße hat, ein rembrandtesker Stich. Es gibt nichts auf der Welt was nicht gesammelt wird. Es seien denn die hochgiftigen Pilze aus den ostpolnischen Wäldern die man vorzugsweise aus dem Wege geht.
Ichselber sammle seit meiner Kindheit. Es fing damit an, daß ein Schüler der sechsten Klasse verbreiten ließ, daß es eine Belohnung gäbe für jeden der eine Liste von tausend Automobilnummernschildern aufweisen konnte. Darauf setzten wir uns an der Straßenecke und notierten fleißig die Nummer der vorbeirasenden Fahrzeuge. Später, als sich zeigte, daß die angekündigte Belohnung eine Ente war, fing ich an kleine Sachen zu sammeln. Zum Beispiel Briefmarken aus den Niederlanden und Niederländisch-Indien (das es damals nicht mehr gab, aber trotzdem eigene Briefmarken kleben ließ.) Oder Zigarrenkistenaufkleber und Bilder von Fußballspielern oder Filmstars. (Zehn Fußballer für eine Ava Gardner.)
Heute sammle ich nur noch nutzlose Sachen. Das heißt: ich sammle nicht strategisch und wissenschaftlich verantwortet, sondern beiläufig. Wenn ein nutzloser Gegenstand mir auf den Weg kommt, wird er mein. Koste es was es wolle, aber umsonst oder für höchstens zehn Euro.
Es gibt drei Bedingungen:
- erstens soll der betreffende Gegenstand zu etwas in der Lage sein, etwas können also, was andere Gegenstände viel besser können. Eine Uhr die schätzungsweise angibt daß es etwas nach sieben Uhr ist, statt zu sagen: es ist genau 7.12 Uhr und 24 Sekunden, ist ein Beispiel und Vorbild.
- zweitens soll der Gegenstand zu irgendeiner Leistung imstande sein. Das lautere Dasein in Schönheit genügt nicht. Er muß den Anschein wecken das Leben des Erwerbers bereichern zu können. Einen Hauch von Nutzen verbreiten.
- Der Gegenstand muß seine Funktionstüchtigkeit mindestens einmal unter Beweis stellen. (Beispiel: wenn ein Apparat behauptet er würde um Hilfe schreien können, muß er mindestens einmal laut und von allen hörbar HILFE gerufen haben.)
Jetzt sind wir soweit daß wir für all unsere nutzlosen Sachen eine passende Bleibe bereitet haben. Es ist eine Art Vitrine, das wir stolz auf den Namen: das Kabinett der Nutzlosigkeit getauft haben.
Einige bewahren in ihrer Vitrine kostbares Meißen auf. Wir dagegen freuen uns auf den Anblick nutzloser Gegenstände. Wie der kleine keramik Rundfunkempfänger der höchstens einen Regionalsender empfangen kann – zwar bewiesen hat daß er es kann! – und außerdem von einem Kompaß versehen ist, womit man ungefähr den Weg gen Osten finden kann. Ersteigert für einen Preis von sage und schreibe 4 euro 95. Er kann eigentlich nichts: keinen Radiosender finden, keinen guten Ton von sich geben, keine Richtung angeben, er ist sehr unschön und völlig nutz- und sinnlos. Außer natürlich für uns die ihn sammeln.
PS: Auf dem Bild eine nutzlose Auswahl unserer nutzlosen vitrinären Gegenstände.
Ichselber sammle seit meiner Kindheit. Es fing damit an, daß ein Schüler der sechsten Klasse verbreiten ließ, daß es eine Belohnung gäbe für jeden der eine Liste von tausend Automobilnummernschildern aufweisen konnte. Darauf setzten wir uns an der Straßenecke und notierten fleißig die Nummer der vorbeirasenden Fahrzeuge. Später, als sich zeigte, daß die angekündigte Belohnung eine Ente war, fing ich an kleine Sachen zu sammeln. Zum Beispiel Briefmarken aus den Niederlanden und Niederländisch-Indien (das es damals nicht mehr gab, aber trotzdem eigene Briefmarken kleben ließ.) Oder Zigarrenkistenaufkleber und Bilder von Fußballspielern oder Filmstars. (Zehn Fußballer für eine Ava Gardner.)
Heute sammle ich nur noch nutzlose Sachen. Das heißt: ich sammle nicht strategisch und wissenschaftlich verantwortet, sondern beiläufig. Wenn ein nutzloser Gegenstand mir auf den Weg kommt, wird er mein. Koste es was es wolle, aber umsonst oder für höchstens zehn Euro.
Es gibt drei Bedingungen:
- erstens soll der betreffende Gegenstand zu etwas in der Lage sein, etwas können also, was andere Gegenstände viel besser können. Eine Uhr die schätzungsweise angibt daß es etwas nach sieben Uhr ist, statt zu sagen: es ist genau 7.12 Uhr und 24 Sekunden, ist ein Beispiel und Vorbild.
- zweitens soll der Gegenstand zu irgendeiner Leistung imstande sein. Das lautere Dasein in Schönheit genügt nicht. Er muß den Anschein wecken das Leben des Erwerbers bereichern zu können. Einen Hauch von Nutzen verbreiten.
- Der Gegenstand muß seine Funktionstüchtigkeit mindestens einmal unter Beweis stellen. (Beispiel: wenn ein Apparat behauptet er würde um Hilfe schreien können, muß er mindestens einmal laut und von allen hörbar HILFE gerufen haben.)
Jetzt sind wir soweit daß wir für all unsere nutzlosen Sachen eine passende Bleibe bereitet haben. Es ist eine Art Vitrine, das wir stolz auf den Namen: das Kabinett der Nutzlosigkeit getauft haben.
Einige bewahren in ihrer Vitrine kostbares Meißen auf. Wir dagegen freuen uns auf den Anblick nutzloser Gegenstände. Wie der kleine keramik Rundfunkempfänger der höchstens einen Regionalsender empfangen kann – zwar bewiesen hat daß er es kann! – und außerdem von einem Kompaß versehen ist, womit man ungefähr den Weg gen Osten finden kann. Ersteigert für einen Preis von sage und schreibe 4 euro 95. Er kann eigentlich nichts: keinen Radiosender finden, keinen guten Ton von sich geben, keine Richtung angeben, er ist sehr unschön und völlig nutz- und sinnlos. Außer natürlich für uns die ihn sammeln.
PS: Auf dem Bild eine nutzlose Auswahl unserer nutzlosen vitrinären Gegenstände.
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