Mittwoch, 20. März 2013
Bagatelle 181. Mißgeschick
Unter diesem Titel schrieb mir mein Pfau, den Sie unter dem Namen Jeroen kennen, (Siehe Bagatelle 160), heute diesen offenen Brief, den ich mit seinem Einverständnis die Ehre habe Ihnen hier vorzulesen.



Lieber Terra,
Doch, man kann es so nennen. Die Geschicke welche mir dieser Tage widerfahren kann man nicht ohne weiteres als pures Pech bezeichnen. Dafür sind die Ereignisse zú wichtig, zú gravierend und zú eingreifend als daß man sie als negative Zufälligkeiten bezeichnen könnte.

Du kennst die Geschichte. Natürlich kennst du sie, denn du bist ja eine der Hauptpersonen. Heute vor zehn Monaten kam ich auf meiner Weltreise - durch die Wälder, durch die Auen - zufälligerweise auf deinen Hof. Dort gefiel es mir so gut, daß ich beschloß dein Angebot hier zu bleiben anzunehmen. Dabei hatte ich das Glück, daß dein einziges noch lebende Haustier, der Hahn-ohne-Namen (HON), mich in seiner Gesellschaft duldete. Stärker noch: wir tranken Brüderschaft und wurden Freunde. Seitdem gingen wir unsere tägliche Runde um den Hof herum, wärmten uns zusammen in der Mittagssonne und verblieben beide in der schützenden Scheune wenn es draußen mal wieder blitzte und donnerte. Das Leben war gut. So weit.

Vorige Woche ist daran ein Ende gekommen. Plötzlich, aber nicht ganz unerwartet, ist unser gemeinsamer Freund HON - aus Altersgründen wohl - gestorben. Du weißt das, denn ich hab' mit meinen eigenen Augen gesehen wie du ihn vorsichtig und sorgsam der wartenden Erde anvertraut hast. Von diesem Zeitpunkt an war ich alleine und habe mich solo durchschlagen müssen.

Nein, ich beklage mich nicht. Du kannst nichts dafür. Aber was mir heute passierte brachte mich fast in Verzweiflung.
Heute ist der 20 März. Das weiß ich denn morgen ist es der 21. und das ist zugleich mit Frühlingsanfang dein Geburtstag. Ich wiederhole es noch einmal: heute ist der zwanzigste dritter anno 2013. In dieser Jahreszeit sollte die ganze Welt voll neues Leben sein. Üppige Frühlingsblumen sollten einen Hauch vom kommenden Sommer verbreiten; manche Vögel haben schon ihren Partner gewählt und das Nest vorbereitet. Ich gebe zu: auch ein Pfau ist nicht aus Eisen und im Frühling juckt es mich schon. So sehr daß ich dir vorige Woche schon mal meine wunderbare empor gerichtete Federpracht gezeigt habe.

Aber was geschah heute? Morgens um elf fing es an zu schneien. Das Wetter wurde so unangenehm, daß ich fast die ganze Zeit alleine im stillen Hühnerstall verbringen mußte. Und abends, als es kühle wurde und ich meinen Schlafsitz: die an deinem Hause angebaute hölzerne Pergola - aufsuchte, schneite es noch immer.
Da wurde es mir fast zu viel. Frühlingsanfang und dann fast zehn Zentimeter Neuschnee mit angemessener Kälte! Das kann ich mit gutem Willen nicht länger zufalliges Pech nennen. Oder?

Wie gut daß du mit deiner Digitalkamera kamst und alles für immer und ewig festgelegt hast. Jetzt kann ich beweisen daß am 20. März im Jahre 2013 der Winter Eintritt hielt.

herzlichst,
dein Jeroen

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