Montag, 13. Juli 2015
Bagatelle 264 - Leicht verdient
Ein guter Nachbar ist besser als ein Freund in ferner Liefen, so lautet sinngemäß ein niederländisches Sprichwort. Es ist wahr: die Bedeutung einer guten Nachbarschaft hat, auch hier bei uns auf dem platten Lande, nachgelassen. Aber wir bemühen uns gut mit einander auszukommen. Wie ehꞌ und je. So erschrak ich als mein Nachbar Joost (sprich: Jost mit langem /o/) neulich bei mir vorbei kam mit einer Beschwerde. Es handelte um folgendes.

Sie wissen inzwischen alles über unsere Pfauenschar. Es betrifft Godfather Jeroen, seine zwei Söhne Sokke und Fukke, ein zweijähriges Zwillingspaar, und eine einjährige liebe Pfauenhenne ohne Namen. Die Klage vom Nachbar Joost galt vor allem das Benehmen Sokke und Fukkes. Sie seien, laut Joost, was ich schon beobachtet hatte, dann und wann in die Nachbarschaft gezogen und verblieben dann gerne in Joostens großem Waldstück Annex Garten. Auch das junge Hennchen hatte diesen Weg entdeckt. Oft verblieben die drei Sünder dort einige Tage und Nächte. Vorige Woche war es dann passiert dass die jungen Pfauen mitten in der Nacht anfingen zu schreien. So schlimm dass die kleinen Kinder aufwachten und nicht mehr schlafen konnten. Auch ein anderer Nachbar hatte sich schon bei Joost beschwert.
(Vielleicht wissen Sie wie Pfauen schreien: manchmal schroff und wütend, manchmal klagend und jammernd. Aber immer sehr laut. So schön die Pfauen äußerlich sind, so unschön ist ihr Geschrei.)

Wie gesagt: wir leben seit Jahrhunderten in pais und Frieden mit unseren Nachbarn und ich möchte das so beibehalten. Deshalb sagte ich zu Joost: Wenn du Ärger mit den Pfauen hast, tue mit ihnen was du willst. (Weil ich weiß dass Joost und Familie Tierfreunde sind, mache ich mich über das Los meiner Pfauen keine Sorgen.) Jost schlug dann vor sie (die Pfauen) zu fangen und zu verkaufen. Ich ließ ihm die freie Hand.

Nach einigen Tagen – die Jungpfauen waren immer noch nicht wieder zurück bei mir auf dem Hof – kam abends an einem Sonntag (dem 21. Juni, bei uns Vatertag) Joost zu mir mit der erfreulichen Nachricht dass die Pfauenplage ein Ende gefunden hatte. An diesem Morgen sei nämlich eine junge Frau aus L., eine Kleinstadt 15 Km entfernt, angefahren gekommen, welche die drei Pfauen, die inzwischen offenbar gefangen worden waren, gerne kaufen wollte um sie dem Vater als Vatertags Geschenk überreichen zu können. Joost brachte mir den Ertrag, einige 20-Euroscheine, weil es schließlich meine Pfauen waren. Weil er sich so viel Mühe gegeben hatte, beschloss ich dass wir uns das Geld teilen. So gesagt, so getan.
Die Sache war nachbarlich gut abgeschlossen und der (nächtliche) Friede wieder hergestellt.

Dann kam der darauffolgende Montag, der 22. Juni. Abends machte ich wie gewöhnlich meine Runde um den Hof um nach dem Rechten zu sehen und meinem Altpfau Jeroen mit ein paar Maiskörnern zu versorgen. Da hörte ich plötzlich ein bekanntes Geräusch: zwei Jungpfauen flogen aus den umringenden Bäumen auf das Scheunendach und von da aus auf den Steinpfad wo sie immer ihre Nahrung bekamen. Ich staunte nicht schlecht. Gestern verkauft und jetzt wieder zu Hause?

Da fuhr ich sofort zum Nachbar Joost und sprach Worte die höchstwahrscheinlich Ewigkeitsruhm erhalten werden: "Was auch du gestern der lieben Frau aus L. verkauft haben will, es waren sicher nicht meine Jungpfauen Sokke und Fukke." Und ich kann selbstverständlich kein Geld annehmen für etwas Verkauftes das nicht mein Eigentum war. Und gab Joost den Rest des Geldes. Nachher verständigten wir uns darüber dass das Geld einem guten Zweck dienen soll. Und das ist gut so.

Das ist jetzt drei Wochen her. Sokke und Fukke ziehen ihre Kreise um den Hof herum, dabei vom Vater Jeroen beobachtet. Manchmal sind sie ein Tag auf Reisen, manchmal auch zwei. Das nächtliche Pfauenschreien aber hat ein Ende gefunden und der Ärger darüber ist vorbei. Bis heute, denn man weiß nie.



Bei dem Bild hier unten: Sokke (vorne links) und Fukke bei Vater Jeroens (Hintergrund) Lektion 1: Imponiergehabe.

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