Freitag, 2. Oktober 2009
Bagatelle XX - Ediths Wiederauferstehung
Das Ende der vorigen, 19. Bagatelle warf einen düsteren Schatten über uns alle, die zusehen mussten wie es der Edith zumute gewesen sein muss in ihrer schwersten Stunde. Aber wir irren uns. Wir unterschätzen ihre Spannkraft und ihr Durchhaltevermögen. Die letzen Berichte über sie, die wir von der bildfreien Papparazzopresse aus Köln und München erhalten, verleihen Mut und Zuversicht. Edith ist wieder im Kommen.

Wenn der Fußballverein FC Königsklöpse 1923 ein Freundschaftsspiel antritt gegen den 1. FC Gräulichbünden (CH) sehen wir wie am Anfang die beiden Spielführer oder Kapitäne auf einander zugehen und sich gegenseitig schöne Fähnchen überreichen. Als Andenken an diesem gedenkwürdigen Tag. Jeder sich respektierende Verein (Sport- oder sonstiger) hat so eine Sammlung geschenkt bekommenen Fähnchen, die oft in einer imposanten Vitrine oder immensen Schaukasten aufbewahrt werden. Nicht nur Sportvereine, sondern auch Kreise, Gemeinden, Städte und Dörfer im In- und Ausland beschenken sich gegenseitig mit Fähnchen. Zum Beispiel die Kreisstadt Gauall im Allgäu oder die läppische Stadt Lepsovaarraström im finnischen Baltikum. Und jetzt kommt die Edith wieder auf die Bühne. Wie ein menschlicher Phoenix entsteigt sie ihrer Asche und verlässt ihren Zustand völliger Mittellosigkeit. Ihr Selbstvertrauen wächst und ihr Temperament erinnert wieder an früheren, wonnevollen Tagen. Was ist geschehen?



Es begann mit der holsteinischen Stadt Groß-Kleinmund. In der Person von Bürgermeister Karl Kleinmaul bat die Stadt Edith nach der Möglichkeit ihre städtische Fähnchensammlung an Ediths Robe zu befestigen und auf diese Weise zur Schau zu stellen. Nicht für umsonst, sondern gegen ein angemessenes Honorar. Die Stadt als Ediths Hauptsponsor sozusagen. Und Edith als lebendiger Schaukasten.



Nach Groß-Kleinmund folgten Navranto (in Toscane), Huddersplay (UK), Biciclette (F) und Klein-Großmund (Sachsen-Anhalt). An öffentlichen Feiertagen kann man dort Edith samt Fähnchen bewundern. Ein Hauch von früherer Schönheit und Übermut schwebt dann durch die Gassen. Die Leute bestaunen Edith. Wegen der farbigen Fähnchen, das ist klar, aber vielmehr wegen ihrer ungebrochenen Schönheit und der befremdenden Haarlosigkeit. Ediths Konto bei der hiesigen Sparkasse steigt täglich. Von ihrem zuerst verdienten Geld hat sie sich jetzt eine Perücke besorgen lassen.



Nein, glauben Sie mir. Die Edith wird noch vieles von sich hören lassen.

Zugabe: Sind Sie ganz und gar in Verwirrung weil Sie vom Anfang dieser Geschichte nichts verstehen? Dann könnten Sie besser zuvor die Bagatelle XIX lesen. Eine ganz neue Welt wird sich für Sie öffnen!

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 30. September 2009
Bagatelle XIX - Edith am Boden
Edith kennen Sie nicht? Veilleicht momentan nicht, aber nachdem Sie diese Bagatelle gelesen haben, wird sie sich für ewig in ihrem Gedächtnis aufhalten. Edith hat alles was eine Frau begehrt: sie hat die Beine von Marlene Dietrich, die mysteriösen Augen der Catherine Deneuve, die Figur von Marilyn Monroe und die unglaubliche Charme der Mona Lisa. Sie hat auch etwas nicht. An keiner Stelle an ihrem himmlischen Körper finden Sie ein einziges, kleines Haar. Nicht an ihrer zierlichen, wohlgeformten Schädeldecke, weder am Gesicht, an Armen oder Beinen. Sogar nicht an Körperteilen die meistens in der Verborgenheit bleiben. Nirgendwo auch nur ein Schimmer eines Haares. Die Augenwimper die Sie sehen, sind aus Kunststoff, aber das hatten Sie als Kenner der Materie sicher schon längst gemerkt. Nein, der zauberhaften Edith fehlt jedes Haar.



Edith ist weltberühmt wegen ihrer verschwenderischen Schönheit und ebenso um ihre verschwenderische Art und Weise mit der sie ihr Geld zum Fenster hinauswirft. Das schmälert aber keineswegs ihre Popularität beim Volk. Sie genießt vor allem die Gunst der politisch veranlagten Liebhaber und Gönner aus dem Süden unseres Landes. Ins besondere die mitte-rechts-Skala ist betroffen. Manche CDAFP-Politiker (und sogar einige aus der Ampelkoalition) berühmen sich anwesend gewesen zu sein bei einer ihrer Partys, aber nur wenige sind gerufen. Edith ist sehr wählerisch.



Nein, es konnte nicht gut gehen. Einmal musste es so kommen. Es geschah an einem schwarzen Freitag, als der Gerichtsvollzieher kam und ihr gesamtes Eigentum und ihren kompletten Besitz beschlagnahmte und ankündigte es zu Gunsten der hiesigen Steuerzahler versteigern zu wollen. Gesamt, sage ich, und davon ist kein Wort gelogen. Alles, ja buchstäblich alles verschwand in die sieben Lastfuhrwerke der Steuerbehörde die da angefahren kamen. Kein nichts wurde Edith gelassen, nicht einmal ihre Zahnbürste oder ihre schöne silberne Seifendose.
Nur ein einziges Kleidungsstück durfte die Edith behalten. Es war das metallene Gerüst an ihrem Körper womit sie ihre famosen Kleider die richtige Form gibt. Ein eiserner Reifrock sozusagen. Wie lieb von Edith dass sie mich als einziger gestattete ein Bild von ihr zu machen, wo wir sie sehen in ihrer endlosen, in Eisen umschlungener, nackten Schönheit. Sogar in der tiefsten Not strahlt sie Zuversicht und Souveränität aus.



Wird die haarlose Edith dies alles überstehen? Wird sie überleben und der Welt zeigen wie – auf Neudeutsch gesagt - ein wirkliches come-back aussieht? Wer Lust hat, kann es in der nächsten Bagatelle lesen.

... link (1 Kommentar)   ... comment


Dienstag, 22. September 2009
Bagatelle XVIII - Abschied vom Konjunktiv
Ihnen, die von klein auf mit der deutschen Sprache vertraut sind, sag’ ich nichts Neues. Für Sie ist es der sprachliche Alltag, sozusagen. Wie von selbst strömen Ihnen die Sätze, Wörter und Silben aus der Feder, wonach sie, die Silben und Sätze meine ich, ohne Fehl und Tadel, grammatisch und idiomatisch korrekt auf dem Monitorbildschirm erscheinen. Zum Beispiel dieser Satz:

„ Wie gerne wäre ich gekommen, aber die Zeit reichte nicht aus.“

Für uns, denen mit Mühe und Not und durch langjähriges Studium die Schwierigkeiten der deutschen Sprache allmählig einigermaßen bewusst geworden sind, liegt die Sache komplizierter. Wir kennen in unserer eigenen Sprache unter anderem den Präsens, das Imperfekt und das Perfekt. Etwas geschieht oder ist geschehen und dabei gehören deutliche und unverwechselbare Sprachformen. So auch bei Ihnen: der Mann geht an die Arbeit, während er gestern an die Arbeit ging und vorige Woche an die Arbeit gegangen ist. So ungefähr.



Da kommt plötzlich auf einmal eine neue, für uns unbekannte Sprachform auf die Bühne, nämlich der Konjunktiv. Oft bedient er sich der Frau Umlaut, die ihm stets begleitet, und man kann dann Sätze hören wie:

’Wie gerne wäre ich an die Arbeit gegangen, wenn die Zeit gepasst hätte.’

Oder der Satz:

’Er sagt, er habe keine Zeit um an die Arbeit zu gehen. Die passe ihm obendrein nicht.’

Verstehen Sie jetzt, dass diese Sprachäußerungen für Nicht-Deutsche so schwer verständlich sind, dass sie oftmals zu Missverständnissen führen? Geht dieser Mann nun endlich an die Arbeit oder zögert er noch immer? Versucht er uns reinzulegen oder wie? Dieser Konjunktiv? Entfernen sollte man ihn aus der deutschen Grammatik. Endgültig, für alle Jahre und ewig.

-----------

Natürlich ist dies alles nicht ernst gemeint. Der Konjunktiv soll ruhig seinen angestammten Platz behalten können. Er lebe hoch!
Aber, um zu zeigen wie viele Lehrbücher man braucht um einiges vom Konjunktiv zu verstehen, zeige ich Ihnen hier einen Teil meiner Deutschlehrbücher. Wie gesagt, es ist nur ein Teil.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 21. September 2009
Bagatelle XVII - Wäschevorschrift
Wenn Sie mich fragen: ich bin kein Liebhaber von Vorschriften. Hand aufs Herz: Schriften lese ich gerne, nur lasse ich mich ungern vorschreiben was zu tun oder zu lassen. Das nämlich bestimme ich am liebsten selber. Alles natürlich innerhalb der geltenden Gesetze, alles innerhalb moralischer Grenzen, aber alles mit Maßen.

Es scheint dass der heute lebende Mensch nicht mehr ohne Vorschriften auskommt. Die Welt ist zwar komplex und schwierig zu verstehen, aber wir können uns gerne ein Beispiel nehmen an unsere Vorfahren aus früheren Zeiten, die sich gut zurecht fanden in einer Welt ohne an der Wand gemalten schriftlichen Vorschriften. Auch die Wäschefrauen verstanden ihr Handwerk, und sogar ohne Anleitung, Vorschrift oder Gebrauchsanweisung.

Apropos, Wäschefrauen und Waschen von Kleidung: ein gutes Beispiel für die ungebremste Zahl an Vorschriften. Kaufe ich mir einen neuen Pyjama, so kaufe ich auch ein Vorschrift wie dieser Pyjama zu waschen sei. Und die erste und wichtigste Waschvorschrift heißt: beachten Sie bitte die beiliegende Wäschevorschrift!!

Zuerst kommt die Länderbezeichnung, gefolgt von den Vorschriften in den betreffenden Sprachen. Zum Beispiel bei meinem Pyjama:

D (Deutschland) – AT (Österreich) – CH (die Schweiz) :
100% Baumwolle / separat waschen / von links waschen und bügeln / nach dem Waschen in Form ziehen /

Danach folgt dasselbe in anderer Sprache.



Selber benütze ich die Wäschevorschriften gerne um meine Kenntnisse von Fremdsprachen zu verbessern und zu erweitern. Fragt mich einer aus Jutland (DK) was denn vrangsiden heiße, so antworte ich sofort: von links, von der falschen Seite. Und ich bilde mir ein, dass ein unsichtbarer Lehrer mir zufügt: sehr gut!, ausgezeichnete Antwort!

Im Grunde ist es einfach. Man spricht die Wörter der verschiedenen Sprachen laut vor sich her (so klangvoll dass der Nachtbar nebenan auch noch was lernen kann) und lernt so viel möglich auswendig. Wie früher in der Grund- und Volksschule, damals als in der Schule noch gepaukt, gelehrt und gelernt wurde. Ein kleines Beispiel lehrt uns dass ich inzwischen sage und schreibe mindestens elf (11) Bezeichnungen für Baumwolle in meinen Wortschatz habe aufnehmen können.

Baumwolle, cotton, coton, pamuk, bavina, bombaz, puuvilla, algodão, cotone, katoen, bawelna

Wie man etwas lernen kann! Und das alles bei 37 Grad Körpertemperatur, trocken, ohne Wasser und Seife, ohne zu waschen. Man glaubt es kaum. Und alles ohne Vorschrift.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 17. September 2009
Bagatelle XVI - Stilles Beileid
Über Gefühle welche mit Schmerz und Trauer verbunden sind, ist unsagbar vieles geschrieben worden. Man könnte sogar der These beipflichten dass fast alles Geschriebene im weitesten Sinne über das menschliche Unglück handelt. Über unglückliche Ereignisse lässt es sich scheinbar und merkwürdigerweise leichter reden und schreiben als über Glück und Freude. Vorläufig nehmen wir an dass es was mit den unerklärlichen Neigungen des Menschen zu tun hat das Negative stärker zu betonen als das Positive. Der Mensch ist im Grunde ein ziemlicher Pessimist. (Oder sind Sie anderer Meinung?)

Immerhin, in bestimmten Fällen ist es gebräuchlich und gute Sitte seinen Schmerz und sein Mitgefühl schriftlich zu bekunden. Zum Beispiel bei einem Sterbefall, wenn man nicht in der Lage ist persönlich bei der Beerdigung anwesend zu sein. Ich meine nicht die Anzeigen in den Zeitungen, welche mit einem Strom an Worten die vielen guten Eigenschaften eines Verstorbenen hervorheben. Ich meine ihre und meine schlichten Versuche in einem kleinen Brief an die Hinterbliebenen deutlich zu machen wie sehr uns dieser Tod getroffen und betroffen gemacht hat. Außerdem möchten wir den Verwandten mitteilen, dass wir an sie denken und mit ihnen mitleiden und mitfühlen. Aber wie finden wir die richtigen Worte?

Als Hanna, die erste Ehefrau meines Schwiegervaters, starb, befand sich unter den schriftlichen Zeugnissen des Beileids und Mitgefühls, welche vom Postboten ins Haus gebracht wurden, eine sehr besonderes Exemplar. Es war ein sehr kleines gelbweißes Kärtchen (Maßen: 10 * 5 Cm., Gewicht: 3,5 Gramm) in einem ebenso weißen und kleinen Umschlag. Die Karte ist gelbweiß, aber das Gelbe kommt vom Alter. Alles weiße vergilbt einmal. Die Beileidskarte ist von 1936. Damals genügte eine Briefmarke von 1½ Cents.





Nur der Name des Absenders steht auf der Karte. Es ist die Witwe te Kampe, so lesen wir. Nur ihr Name schreibt sie, sonst nichts. Keine großen Worte die von Schmerz und Reue zeugen. Keine Silbe die Trauer ausdrückt. Vielleicht war die Trauer so groß dass der Witwe te Kampe einfach die Worte fehlten. So etwas kommt vor.

Nachschrift: Über Hanna, die Verstorbene, können Sie mehr lesen in der 10. Bagatelle.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 13. September 2009
Bagatelle XV - Doktor im Angebot
Die Sache ist, dass es wieder saure-Gurkenzeit ist. Es ist Urlaub und die wenigen Journalisten die noch da sind, auf der dortigen Redaktion meine ich, bemühen sich schwer um die Seiten ihres Barmherzigerode Tagesanzeigers oder wie die Zeitung auch heißen mag, zu füllen. Denn Zeitungen wollen mit aller Gewalt voll und gefüllt sein: mit Anzeigen, mit Geschichten, mit Klatsch und Tratsch, mit gefundenem Fressen, oder mit was weiß ich. Als einmal Die Bocholter Mittagspost Mitte August 1985 eines Tages erschien mit einer Seite 8 (Auslandsberichte) die völlig leer und glänzend weiß blieb, (es geschah an diesem Tage im gesamten Ausland nichts bedeutsames,) war die Welt zu klein. Die komplette Bocholter Leserschaft forderte sofort den Rücktritt der gesamten Aus- und Inlandsredaktion. (Man bezahle nicht für unbeschriebene Blätter, hieß es.)

Hier bei uns werden dieser Tage hunderte von Spalten vollgeschrieben mit Berichten aus Deutschland über gekaufte Doktoren. Die Rede ist von einer geheimnisvollen Instanz welche jahrelang mit ebenso geheimnisvollen Anzeigen warb, worin man einen Doktortitel anbot, der für einen Apfel und ein Ei zu bekommen sei. Kaufen! Einen Doktortitel kaufen! Man stelle sich vor! Statt jahrelanger, mühevoller wissenschaftlicher Arbeit in kleinen, dunklen Universitätskammern jetzt die Übergabe von 3456,78 Euro und schon hat man die Urkunde, das Doktordiplom, inklusive aller benötigter Unterschriften ins Haus. Die Mafia (oder ist es Maffia?) scheint eingedrungen zu sein in die einst so unabhängige deutsche Wissenschaft, wie soll ich mir das vorstellen?

Die Sache ist, dass ein Doktortitel Ansehen, Ruhm und Ehre verschafft. Und warum eigentlich? Ist ein Herr Doktor es wert dass man ihn auf der Straße mit mehr Ehrfurcht grüßt als andere Menschen die still und schweigend ihre tägliche Arbeit nachgehen? Ist die Frau Doktor Greifvogel attraktiver als Frau Brennholz nebenan, deren Gatte zufälligerweise keinen Doktor gemacht hat und der trotzdem bei der freiwilligen Feuerwehr ausgezeichnete Arbeit leistet? Ist der Herr Dr. Dr. Dr. Flensburg qua Charakter ein besserer Mensch als Herr Karl-Friedrich Ohnetitel?

Und Sie? Ja, Sie selber? werden Sie fragen. Wieso bilden Sie sich ein über eine Sache ein Urteil fällen zu können die ihr Vorstellungsvermögen total übersteigt? Nun, sage ich dazu bescheiden, ich weiß bescheid. Ich bin nämlich selber einer von denen. Aber meinen Doktor (keinen Deutschen übrigens) habe ich mir mit viel Schweiß, Blut und Tränen (das hat es mir gekostet, sonst kein Euro) irgendwo im fremden Ausland redlich verdient. Meinen ziemlich freundlichen Charakter hat er hoffentlich nicht verdorben, dieser unkäufliche Doktor.

Auf dem Bild sehen Sie einen Teil meines Arbeitszimmers. An der Wand hängen einige meine sauer verdienten Zeugnisse, u. a. mein Schwimmdiplom und daneben ein Beweis dass die Universität Nimwegen mir den Doktortitel in den Sozialwissenschaften erteilt hat (das übergroße Plakat).

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 7. September 2009
Bagatelle XIV - Verlorene Sprache
Auf Seite 5 der Sommerausgabe des “Kampioen”, einer Herausgabe des niederländischen ADAC, steht eine große Anzeige des deutschen Verkehrsvereins. Gefördert, so lesen wir unten in sehr kleinen Buchstaben, durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Na also, was will man noch mehr?



Die Anzeige wirbt für Ferienreisen in und nach Deutschland. Wir sehen eine vierköpfige Schweinefamilie am Nord- oder Ostseestrand. Nach den fragenden Blicken in ihren Augen zu urteilen sind es Ausländer (Mann, Frau, Junge, Mädchen: stereotypischer geht es wohl nicht..) die eigentlich lieber nicht in einer Anzeige auftreten wollten. Über das Bild liest man: herrliche Reisen für sommerliche Preise. Nein, die Schweinefamilie besteht nicht aus Sparschweinen, sonst hätten sie wohl den Riss in ihren Rücken gezeigt.

Man könnte sehr vieles über diese Anzeige sagen, positives und negatives. Darum geht es mir nicht. Links oben lese ich gelb auf rot die zwei Wörter Affordable Hospitality. Man meint wohl damit, dass jeder, der Deutschland in den Ferien besuchen möchte, sich die deutsche Gastfreundlichkeit (finanziell) leisten kann. Das mag schon stimmen.



Aber warum immer auch in English? Hat die deutsche Öffentlichkeit ihr Vertrauen in die Aussagekraft der eigenen Sprache ganz und gar verloren? Oder ist es eine populäre Art sich in Europa und weltweit zu profilieren als ein Land das sich die Englische Sprache mehr und mehr zu Herzen nimmt? Seht wie aufgeschlossen wir sind!

Nichts gegen die Sprache von Shakespeare, Dickens und Jane Austen. Im Gegenteil. Nichts gegen Versuche auf lockerer Weise zu werben für Reisen nach Deutschland. Aber bitte keine Angst für Verlust von – ja von was – wenn man nicht mindestens ein Englisches Wort in drei Sätzen verwendet hat. Sagt ein Ausländer der früher keinen Job hatte und dennoch seine Arbeit nachging und der sich keine BahnCard aber schon eine Fahrkarte leisten konnte. Das übertrieben und unnötige Verwenden des englischen überlassen Sie besser uns, den Holländern. Darin sind wir – auch in der Werbung für Ferienziele - Weltmeister.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 2. September 2009
Bagatelle XIII - Köstliche Begegnung
Vor einigen Tagen begegnete ich ziemlich unerwartet meinem alten Freund, dem Herrn Thaler, mit Vorname Neander. Wir kennen uns schon seit Dutzenden von Jahren, dutzen uns, und als er mich sah, lud er mich sofort ein mich zu ihm zu setzen.
Er saß zu Tische im Restaurant “Zum Neanderthaler” (Gegründet 1865 oder 1856, darüber streiten sich die Nachbarn) und war gerade dabei eine Fleischprobe durchzuführen. Einige seiner Bemerkungen während der Zeit des Speisens, möchte ich hier wegen ihrer Prägnanz und Wortwahl vor Ihnen und für Sie wiederholen. Die schlimmsten von ihm gesprochen Sätzen lassen wir unbeachtet: jeder spricht wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Und Neander spricht frei heraus und frisch von der Seele.

- Die heutige deutsche Küche sollte sich schämen! Zu kleine Portionen und die Suppe ist kalt! Wo ist hier die Bedienung wenn man sie braucht?
- Was ich hier esse? Das siehst du doch: eine Schweinerippe aus Kassel. Das fast Feinste vom Feinen. Keine asiatischen Pfifferlinge oder ähnliches.
- Wie es meiner Gattin geht? Danke der Nachfrage. Ziemlich gut anscheinend. Das war jedenfalls der Fall vor zehn Jahren als ich sie und sie mich verließ.
- Herr Ober! Bringen Sie bitte mir noch ein kaltes Pilsner und diesem Herrn einen Jägermeister gegen die Kälte. Und das Bier bitte kalt und nicht lauwarm wie voriges Mal.
- Noch immer politisch untätig? Und dich hätte man in dieser Wahlperiode so gut gebrauchen können. Dumme Politiker gibt es genüge.
- Schade dass ich jetzt gehen muss. Mein Omnibus geht um vier.


Schade auch dass er mir überließ die Rechnung zu zahlen. Exklusive Trinkgeld waren es € 65 und zwanzig Cents. Kein Schnäppchen also. Gut von mir dass ich, unbemerkt, ein schönes, treffendes Lichtbild von ihm genommen habe das Sie hier drunten sehen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 28. August 2009
Bagatelle XII - Johanns Denkmal
Von Leuten, für die ein Denkmal gesetzt wird, kann man in der Regel folgendes sagen. Entweder man hat’s verdient, z.B. hundert Menschen in dem rasenden Herbststurm auf hoher See das Leben gerettet (verdient) oder zwanzig Jahre ununterbrochen für Kaiser gespielt (unverdient). Jedoch, es gibt noch eine dritte Kategorie wobei das Adjektiv verdient/unverdient keine Rolle spielt.



Dies hier ist Johann. Bauer von Beruf und in seiner Freizeit leidenschaftlicher Schmuggler. Es trifft dass er nur hundert-einundzwanzig Meter entfernt von der deutsch-niederländischen Grenze lebt. Wenn er also seine Ware – meistens Kaffee oder Butter, aber auch sieben Flaschen Schnaps lassen ihn nicht kalt - über die Grenze bringt, braucht er nicht weit. Johann ist obendrein ein großer Liebhaber des weiblichen Geschlechtes, vor allem wenn die Damen CDU wählen und noch mehr wenn sie CDU-Bürgermeisterin werden wollen.



Liebhaben, sich lieben, ist gestattet, jedenfalls gesetzlich nicht verboten, im Gegensatz zu schmuggeln. Für Schmuggler wie Johann gilt bei einer Last von 75 Kilo bester Kaffee eine Höchststrafe von drei Monaten Einzelhaft auf Bewährung und Wasser und Brot. Die größten Liebhaber werden, wie wir alle wissen, lebenslänglich gestraft, aber das nur nebenbei gesagt.

Jedes Gesetz braucht eine Person die darauf achtet, dass das Gesetz eingehalten wird. Schmuggeln ist verboten und deshalb brauchen wir einen wie Joachim der zusieht dass keine Ware unerlaubt die Grenze passiert, es seien Kaffee, gute Butter, Schweinefleisch oder Spirituosen. Johanns unfreundlicher, besser gesagt feindlicher Nebenbuhler, ist also der Zollbeamte Joachim. Wir, die hier an der Grenze zuhause sind, nennen ihn “den Kommis“. Joachim steht sehr oft morgens früh bei der Volksbank und schaut durch sein Fernrohr um verdächtige Personen aufzulauern. In diesem Falle sieht er Johann. Gut dass er sein Fernglas verkehrt-um vor seinen Augen hält. Aber so sind halt die Leute welche die Obrigkeit über uns gestellt hat.



Der Kommis Joachim hat hier in Bocholt-Süderwick (NRW) – so heißt der Ort des Geschehens – seien festen Platz. Und auch der Schmuggler hat hier sein Denkmal. Nicht Hermanns Denkmal, das steht wie wir alle wissen irgendwo im Teutoburgerland, sondern Johanns Denkmal.




Nachschrift: Die hier abgebildeten bronzenen Denkmäler sind Kunstwerke von Jürgen Ebert aus Münster. Sie zeugen nicht nur von künstlerischer Begabung, sonder auch von Humor.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 24. August 2009
Bagatelle XI - Warm!
“Manche mögen’s heiß” behaupten Sie vielleicht. Und die US-Amerikaner sagen’s Marilyn Monroe nach: “Some like it hot.” Und die Holländer meinen dass es an diesem Tage so warm ist ‘dass die Spatzen tot vom Dach fallen’.

Nein, Spaß beiseite, es war heute, dieser 20. August 2009, ein warmer, ein heißer Tag. Jedenfalls bei uns, und den Wettervorhersagungen gemäß bei Ihnen auch. Vielleicht war es dort noch wärmer als bei uns. Unverständlich eigentlich, dass es bei dieser Hitze noch Leute gibt die sich anstrengen eine winzig kleine, aber lesenswerte Bagatelle zu schreiben.

Wie warm war es denn wirklich? Ich kann mich mit gutem Gewissen auf meine Wetterinstrumenten verlassen. Sie sind sehr einfach, können also nur mit sehr wenig Fehlern behaftet sein, und sind also dadurch zuverlässig und zutrauend. Keine teuren Wetterstationen, aber billige, winzige Hilfsmittel denen ich dennoch gerne täglich ihre Informationen abnehme.

Im Gemüsegarten steht unser Alleswisser. Er misst die Temperatur, sagt mir wie viel Millimeter Niederschlag sich bei uns verirrt hat, aus welcher Richtung der Wind kommt und woher er geht. Sogar seine Geschwindigkeit teilt er uns mit. Und noch etwas besonderes lese ich bei ihm ab: meine Gefühlstemperatur. Sie wissen ja dass es manchmal Fälle gibt dass es subjektiv 20 Grad minus ist, während es am Thermometer objektiv nur 10 plus sind.



Heute Morgen um zehn war es genau 100° Fahrenheit. Für Celsiusanhänger bedeutet das etwa 37 Grad. In der Sonne zwar, aber dennoch ist es meine Körpertemperatur. Am Nachmittag zeigte das Thermometer an unserer Scheunemauer 34 Grad im Schatten. Und wie Sie selber sehen können, war es an meinem Arbeitsplatz heute Abend um zwölf nach sechs innen 31 Grad und draußen 38.5 Grad. Nota bene, oder: wer’s glaubt, wird selig! Draußen heißt hier übrigens außerhalb meines Arbeitszimmers, aber noch immer im Hause, und zwar auf dem Dachboden, unter den Dachziegeln.



Zu warm zu arbeiten. Unsere letzte Werktätigkeit heute ist das Besorgen eines kühlen Pilsner und danach beschäftigen wir uns mit Nichtstun.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 14. August 2009
Bagatelle X - Erinnerung in Leinen
Gut betrachtet sehen wir hier ein Ehepaar in etwas ungewöhnlicher Pose. Er sitzend, sie stehend hinter ihm. Meistens ist es ja umgekehrt. Der Ehemann hinter seiner Frau, der Gatte der seine Gattin sitzen lässt. Hier natürlich nicht bildlich, sondern wörtlich, buchstäblich gemeint.
Es sind in der Tat Mann und Frau, Gatte und Gattin. Der Mann ist 24, seine Frau ein paar Jahre älter. Der Mann ist mein Schwiegervater, aber die Frau ist nicht meine Schwiegermutter. Es ist alles anders.



Johanna heißt sie, Johanna Berning. Von allen die ihr bekannt sind, wird sie kurz und einfach Hanna genannt. Sie wächst auf in einem kleinen Dorf in der Nähe der holländischen Grenze. Im Alter van 20 Jahren zieht sie in die Niederlande um in einem großen Bauernhof als Dienstmagd Arbeit zu tun die so anfällt. Dort begegnet sie einem jungen Nachbar, Hendrik, dem Mann auf dem Bild, der sie heiraten wird. Zuerst kommt die Verlobung wobei dieses Bild entstand. Hendrik und Hanna werden alsbald als Bauernehepaar in einen kleinen Hof einziehen.

Bei einer Hochzeit, beim Verlassen des Elternhauses und beim Einzug in ein neues Haus, gehört selbstverständlich eine Aussteuer. Hanna ist schon Jahre dabei die Kleider auszusuchen die sie im neuen Haus tragen wird. Zum Beispiel die Nachthemden aus Leinen, von denen sie auf sechs Stück sorgfältig ihre Initialen in rot stickt. So hat alles seine Ordnung, wie es damals die Tradition vorschrieb. Wenn die Hochzeit ansteht, ist die Aussteuer fertig. Die Frauen aus der Nachbarschaft und Hannas Freundinnen kommen um zu prüfen und um zu bewundern. Alles stimmt so.



Hendrik und Hanna heiraten in 1929. In 1936, sieben Jahre später, stirbt Hanna nach einer schweren und schmerzhaften Krankheit. Die Ehe war bis dann kinderlos geblieben. Hendrik, der Witwer, zieht um nach seinem Elternhaus. Weitere vier Jahre später heiratet er zum zweiten Mal, diesmal meine Schwiegermutter. Merkwürdigerweise heißt die zweite Gattin auch Hanna.

In unserem alten Bauernhof, wo Hendrik und seine zweite Hanna gelebt und gewohnt haben, befindet sich anno 2009 immer noch Hannas - ich meine jetzt Hanna I - Kleiderschrank den sie, gefüllt mit allerhand Kleider, von zuhause mitgenommen hat. Auf der mittleren Ablage sehen wir ein Stapel Nachthemden, sechs an der Zahl. Alle sechs schön bestickt mit einem roten Monogram. Die Hemden sind aus Leinen, richtigem Leinen, pur Natur, hergestellt aus Flachs. Wir wissen nicht ob Hanna je diese ihre Aussteuerhemden getragen hat. Wahrscheinlich nicht: sie sehen ungetragen aus.

Außer einiger Kleinodien wie eine goldene Uhr, der Ehering, eine silberne Halskette und Ohrknöpfe erinnert wenig an die erste Hanna. Ihre Kleider bewahren wir aber sorgfältig und behutsam auf. Eine Erinnerung in Leinen.

... link (1 Kommentar)   ... comment


Dienstag, 4. August 2009
Bagatelle IX - Das Gewand der Diva
Neulich stand in der NRC, eine niederländische Zeitschrift, vergleichbar mit der FAZ oder dem Spiegel, ein Bericht über die Geistesgegenwart einer Opernsängerin aus Düsseldorf, die so klug war beim Eintreten eines Einbrechers in ihr Haus anzufangen unbeschreiblich laut zu singen. Worauf der Einbrecher, der alles, aber nicht só etwas in den Gemächern einer wohlaussehenden und wohlklingenden Dame erwartete, das Haus in Eile entfloh.

Die Situation ist klar: ein Einbrecher verschafft sich Eintritt in ein Haus und die Bewohnerin verjagt ihn mit ihrer lauten Stimme. So weit, so gut. Die Frage die mich bedrückt, ist aber nicht beantwortet: wás bitte sang die Diva, so dass der Schurke sofort verschwand? Eine Bach-Kantate, ein rheinisches Lied von Robert Schumann, einen Abba-Song oder eine Passage aus dem Ring der Wagnerschen Nibelungen? Oder, was wir tun würden, das berühmte Lied singen vom Lindenbaum der am Brunnen vor dem Tore stand?

Ach, sagte die Düsseldorfer Operndiva auf Fragen frecher Journalisten, ich bin gewöhnt so laut zu singen dass das Publikum meine Stimme hört undank des Gefiedel und Gebläses der hundert Leute vom Opernorchester. Sie sitzen zwar im Orchestergraben, aber machen Lärm so laut und gut sie können.

Die Frage nach dem Repertoire wäre also abgehakt. Das heißt: für immer und ewig ungelöst. Höchstwahrscheinlich ein Schrei von Elsa von Brabant. Aber das wirklich Interessante an der Geschichte kommt jetzt. In der genannten Zeitschrift stand neben dem Bericht eine köstliche Zeichnung eines NRC-Meisters. (Bitte, sehen Sie das erste Bild hier drunten.) Kein Wunder, denkt mein künstlerisch veranlagter jüngerer Bruder, der mir die Geschichte erzählt, dass der Einbrecher bei dieser Ansicht verschwindet, aber die Robe, die kenne ich doch?

Sein ausgezeichnetes Gedächtnis hilft ihm. Er weiß, dass die berühmteste aller Diven, Maria Callas, einst so ein Gewand getragen hat. Welche Aufführung sei dahingestellt, welche Rolle oder welche Aria in welchem Jahr ist sogar ihm unbekannt. Aber das Kleid an sich kennt er aus tausenden. In seiner umfassenden Dokumentation über Maria Callas – er ist ein richtiger und wahrer Callas-Experte – findet er das Bild. Maria Menighini-Callas, so hiess die Dame damals, posierend vor ihren preisgekrönten Schallplatten und einer Kopie eines Goya-Bildes.

Ist es Zufall? Dieses rot und weiß? Kennt der Zeichner diese Robe? Weiß der Künster dass Maria Callas mitte vorigen Jahrhunderts sowohl mit ihrer Stimme als auch mit ihrer Garderobe Welterfolge feierte? Es muss wohl so sein.



... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 23. Juli 2009
Bagatelle VIII - Bild- und Tonfrage
Das rätselhafte zeigt sich schon in dem Titel dieser Bagatelle. Es muss etwas mit hören und sehen zu tun haben. Das Bildliche verliert einigermaßen sein rätselhaftes wenn ich Ihnen hier drunten ein selbstgemachtes Foto zeige.



Manche von Ihnen mögen sofort erkennen, dass es sich hier um ein Gerät handelt das – jahrgenau und innerhalb einiger Sekunden – das Alter eines Stückes Eichenrinde bestimmen kann. Sie legen das Instrument auf die Rinde, geben Ihr persönliches und streng vertrauliches password ein (in diesem Falle ein passnumber) und plötzlich ertönt eine Frauenstimme die laut und deutlich sagt: 18. Jahrhundert, und zwar 1786.

Wir brauchen die meisten von Ihnen nicht zu sagen dass die manchen von hier oben völlig falsch liegen in ihren sonderbaren Überlegungen was das denn wohl sein könnte, dieses Bild. Natürlich ist es kein Eichenrindesalterbestimmungsapparat. Auch diejenigen, die meinen es sei ein Dekodierapparat aus dem Ersten Weltkrieg, womit man imstande war wichtige Nachrichten zu entschlüsseln, haben unrecht. Sie müssten besser auf das Tonale im Titel achten. Das Bild hat etwas mit Tönen und Musik zu tun, so viel ist sicher.

Schliessen Sie bitte die Augen und denken Sie genau eine Minute in völliger Konzentration über das Bild nach. Bilden Sie sich ein, dass Sie weit, weit weg fröhliche, etwas volkstümliche Musik hören, wie der Schäfer auf dem anderen, berühmten Bild, der von den Kirchglocken in der Ferne aus das Angelus hört. Strengen Sie sich an so gut Sie können, und siehe und höre da! Sie erkennen plötzlich das Bildliche und Tonale auf dem Bild: es ist eine Detailaufnahme eines alten Musikinstrumentes: eine kleine Knopfharmonica. Besser gesagt, eine Bandonika, gebaut von Lange & Uhlig in Chemnitz, anfang des vorigen Jahrhunderts.
Die Zahlen und Ziffern sind Anweisungen für den Musiker, so dass der weiß, welchen Knopf an welcher Stelle in der Melodie er zu bedienen hat. Es gibt bei dieser Musik und bei diesem Instrument denn auch kein normales Notenschrift. Man behilft sich mit einer speziellen Zahlenschrift, aber man kommt gut mit ihr aus.

Zuletzt noch eine weitere Überraschung. Wenn Sie gut hinschauen, und wenn nötig eine Lupe zur Hand nehmen, sehen Sie auf den verschiedenen perlmutternen Knöpfen ein Fotostativ und die Hände des Autors, und sogar den Autor selber, zugleich der Bespieler dieses Instrumentes, wie er sein altes Instrument fotografiert. Sehen Sie? Und hören Sie seine Musik auch?

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 15. Juli 2009
Bagatelle VII - Kopf über
Manchmal verstehe ich die Welt nicht mehr. Denkt man: alles sei richtig, ordentlich, gerade und in Ordnung, stellt sich heraus dass es nicht ist wie es ist. Diese, durch ihre Schlichtheit wunderschöne Amish-Frau, in blau und violett gekleidet, mit ihrer weißen Mütze und den sich seitwärts bewegenden Schleifen, ist ein Vorbild ehrlicher Aufrichtigkeit. Man glaubt ihr auf ihr Wort.



Was aber, wenn sie sich ihre Röcke über den Kopf schwingt und sich vertikal 180° dreht? Einen Kopfstand macht sozusagen? Sich dermaßen bewegt, dass sie die Welt von einer ganz anderen Seite sieht und die Welt sie ebenfalls?
Es erscheint eine andere Person. Eine blühende, blumenreiche Dame in voller Farbenpracht. Ihre Mütze mit den drei Ecken verkörpert ihre optimistischer Einstellung zum Leben. Sie stammt aus Suriname, eine frühere holländische Kolonie, irgendwo in Süd-Amerika. Wir die sie kennen, nennen sie eine Creoolse Mutter. Sie ist das Gegenbild der einfachen, ernsten Amish-lady der wir gerade begegnet sind. Sie ist eine frohe Natur und wer sie einmal kennengelernt hat, wird sie nimmermehr aus den Augen lassen.



Wir sehen eine sogenannte Topsy Turvy, zwei Gegensätze in Person. Stoffpuppen sind es an denen wir unsere große Freude haben. Manchmal, wenn wir uns in einem besinnlichen Zustand befinden und nachdenken über unser Schicksal in dieser bösen Welt, zeigt sich die Amish-Dame. Sie tröstet uns und hilft uns beim Suchen nach dem richtigen Weg. Aber wenn wir schwelgen in Übermut und wir vor Freude nicht wissen was zu tun, erscheint vor unseren Augen die frohe Creoolmutter. Zusammen, sie und wir, teilen wir die Freude in unseren Herzen.

... link (0 Kommentare)   ... comment