Mittwoch, 31. Juli 2013
Bagatelle 193 - Festgenagelt


Da stehen sie: die Teilnehmer des high diving-Wettbewerbes auf den Schwimmweltmeisterschaften 2013 in Barcelona. Die zierlichen Damen befinden sich zwanzig, die nicht weniger zierlichen männlichen Athleten sage und schreibe siebenundzwanzig Meter oberhalb der Wasseroberfläche im Hafen von Barcelona.
Doch, Sie haben mich gut verstanden: 27 Meter beträgt die Distanz zwischen Plattform und Wasser. Mit einer Geschwindigkeit von nahezu 90 km/h, und nach etlichen Schraubensaltos und anderen unnachahmlichen Bewegungen erreichen die Springerinnen und Springer das Wasser. Der Eintauchvorgang selber soll möglichst spritzfrei vonstatten gehen. Man möchte überhaupt nicht daran denken was alles in dieser Tauchphase schief gehen kann. Welche schlimme Verletzungen kann ein unglücklicher Patzer nicht zur Folge haben!

Jedes Mal wenn ein Taucher sich auf dem Plattform befindet und sich nach dem Rande begibt, möchte ich ihm zurufen: Bitte, tu es nicht! Kehr um, wo es gerade noch kann! Alles umsonst. Nach drei-und-ein-halber Kontrasalto mit doppelter Schraube (gehechtet) landet der Springer unversehrt ins kühle Hafenwasser.

Kann man nichts dagegen unternehmen? Kann man die Damen und Herren Taucher nicht irgendwie aufhalten? Ihnen unterwegs etwas im Wege legen das ihnen den Weg zur Wasseroberfläche versperrt?

Doch, man kann. Vor einigen Jahren wurde in Amsterdam ein derartiges Tauchen veranstaltet. Man sprang von einer Brücke in den darunter ruhig dahinfließenden Amstel. An beiden Ufern standen einige Hochhäuser. Sehen Sie wie großartig ein Fotograf einen Sprung ins Bild gebracht hat. Brücke und Fluß sieht man nicht, die Hochhäuser desto mehr.



Das Bild wurde am nächsten Tag in einer der bedeutendsten holländischen Zeitungen und zwar auf zwei Seiten abgedruckt. Allerdings mitten in der Zeitung, so daß die Maschine welche für die Heftklammer zuständig ist sich genötigt sah den Taucher irgendwo zwischen Absprung und Landung fest zu nageln. Sehen Sie nur die Klammer am linken Schulterblatt und linker Hüfte.



Niemals wird dieser Taucher das Wasserziel erreichen. Er ist verdammt bis zu seinem Lebensende von seiner vernagelten Position aus die Welt zu betrachten. Kein schlechtes Thema für eine neue Wagneropera in diesem Jahr! Der Lohn ist ein verletzungsfreier, ewig währender Freisprung.

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Donnerstag, 18. Juli 2013
Bagatelle 192 - Pfauenbericht aus zweiter Hand
Quasi im Namen aller Interessierten die wissen wollen wie es um das Leben und Treiben einer Pfauenfamilie steht, haben einige Unerschrockene es gewagt sich zu der Wohnstätte des Herrn Terra zu begeben, wo man versuchen will einiges neues zu erfahren. Nach einigem Zögern ist der Herr T. bereit kluge Antworten auf gescheite Fragen zu geben.

Frage: Herr T., wie geht es der Pfauenfamilie über die Sie uns in einigen Bagatellen erzählt haben. Wir haben seit einigen Tagen nichts weiteres gehört und machen uns sorgen.
Antwort: Danke der Nachfrage. Es gibt keinen Grund sich sorgen zu machen. (Übrigens, weil Sie doch gerade da sind: wird /sorgen/ hier groß oder klein geschrieben?) So weit wir Menschen es beurteilen können, und daher wissenschaftliche Fakten und empirische Kenntnisse den Vermutungen weichen müssen, geht es den Pfauen, groß und klein, gut.

Frage: Es war die Rede von drei Pfauenküken. Sind sie alle drei noch am leben? Krank oder gesund? Weibchen oder Männchen?
Antwort: Das sind aber viel zu viel Fragen auf einmal! Gehen wir mal der Reihe nach. Am 11. Juno kamen die Küken auf die Welt. Wenn Sie rechnen können, werden Sie wissen daß sie also jetzt etwa fünf Wochen alt. Und noch immer kreuzfidel und munter. So weit wir wahrnehmen können.




Frage: Was machen die kleinen den ganzen Tag? Werden sie noch immer so strikt von der Mutter betreut?
Antwort: Mutter Jetta zieht wie bisher den ganzen Tag mit den drei Sprößlinge hin und her. Auf der Wiese, in dem Obst-, Gemüse- und Blumengarten, in der offenen Scheune: überall kann man sie treffen. Eine feste Route scheinen sie nicht zu gehen. Die Mutter zeigt den Kleinen wo es hin geht; sie entscheidet. Unterwegs werden hier und da und ab und zu Blumen, Insekten, Steinchen, Körner, Grashalme geprüft auf ihre Eßbarkeit.

Frage (anschließend): Was fressen die Tierchen sonst? Pfauenbabynahrung aus der Dose?
Antwort: Auf Raten einiger Sachverständigen bekommen sie jeden Morgen von mir ein wenig Kükenfuttermehl. Frisches Wasser ist immer da. Vater und Mutter bekommen eine Handvoll Mais. Alles in sehr kleine Mengen, denn sie dürfen das Futtersuchen nicht verlernen.




Frage: Gibt es sonst noch etwas wichtiges zu berichten? Wie geht es dem Jeroen?
Antwort: Die Kleinen müssen sich für zwei Gefahren hüten (sagt die Mutter auch immer wieder zu ihnen): Kommt mir bitte nicht auf den Landweg! Und zweitens: denkt daran daß die größte Gefahr aus der Luft kommt. Der immer lauernden Sperber und Bussard werden dich nicht links liegen lassen!
Und Jeroen? Für ihn ist die Zeit gekommen wo er allmählig seinen wunderschönen Federschweif verliert. Hier und dort liegen Feder und fliegen die Fetzen.




Nach dieser Antwort danken die interessierten Beobachter des Geschehens dem Herrn T. für seine Bereitschaft diese schwerwiegende Fragen beantworten zu wollen. Die Antworten sind dermaßen befriedigend, daß die Besucher einigermaßen glückselig den Hof verlassen. Worauf sie sich nach Hause sputen um diese Bagatelle zu schreiben.

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Freitag, 28. Juni 2013
Bagatelle 191 - Claas und Freunde
Den Klaus kennen wir alle. Denn jeder hat wohl jemand in dem Verwandten-, Freundes- oder Familienkreis mit diesem Vornamen. Und wenn nicht, dann gibt es noch den Santa Claus der uns allen sicher wohl bekannt ist. Oder der Störtebeker Klaus der bei uns Klaas heißt. Genau wie der Große Klaas und der Kleine Klaas, die wir uns alle erinnern als Hauptpersonen in einem der berühmtesten Märchen Andersens.

Die wenigen Bauern unter uns werden auch den Claas kennen. Claas mit großem C geschrieben. Bekannt wegen den vielen landwirtschaftlichen Maschinen welche die Firma mit diesen Namen seit eh und je produziert. Wenn ich, Nicht-Bauer von Hause aus, meinem bäuerlichen Nachbar nach der Marke frage, sagt der: Claas? Gut und teuer. Gute, solide, deutsche Facharbeit also.

Die Firma Claas ist auch bei uns in den Niederlanden vertreten. Und wie in jedem Jahr organisiert die Firma auch anno 2013 vier Veranstaltungen hier und dort irgendwo im Lande, wo alle Neuigkeiten demonstriert werden. Denn auch in der mechanisierten Landwirtschaft hört die Entwicklung niemals auf. Und bei diesen vier Gelegenheiten können interessierte Bauern in der Praxis sehen welche neue Mähdrescher, Ballenpressen oder Feldhäcksler es dieses Jahr gibt. Alle selbstverständlich versehen von allen technischen (sprich computerisierten) Finessen. Und jedes Jahr sind die Maschinen größer, breiter, schwerer und teurer.

Vorige Woche durfte ich erleben daß die Firma Claas eine ihrer vier Demonstrationsveranstaltungen bei mir vor der Haustür durchführte. An einem Freitagabend, von halb acht bis kurz nach zehn. Auf der großen Wiese gegenüber meiner schlichten Behausung versammelten sich Dutzende von Bauern und andere Liebhaber die nicht aus dem Staunen heraus kamen. Denn eins muß gesagt werden: die Firma Claas weiß wie man solch eine happening fehlerlos organisiert. In einigen Stunden wurde alles mögliche demonstriert: vom Gras mähen bis zum Ballen pressen und aufladen. Mit allen Mitteln und Maschinen worüber die Claas Gruppe verfügt. Zügig und fließend ging alles vonstatten, aber ohne Stress. Dann und wann nahm ein freundlicher Claas-Mitarbeiter das Mikrophon und erläuterte in Worten alles was wir sahen. So gut, daß sogar ein Nichtswisser wie ich etwas zu verstehen begann.

Natürlich war meine Camera auch dabei. Die zwei ersten Bilder geben einen doppelten Eindruck des Geschehens. Auf dem ersten sehen Sie wie sich die Maschinen aufstellen zum Gras mähen. (Übrigens, im Hintergrund sehen Sie mein Haus. Der Ort wo ich meine Bagatellen schreibe.) Das zweite Bild bringt eigentlich nichts neues, sei es daß es genau von der anderen Seite gemacht worden ist, nämlich von meinem Arbeitszimmer im Haus aus.
Als die Bilder gemacht wurden, war es etwa 21.30 Uhr. Weil es der längste Tag des Jahres war, der 21. Juni, wurde es nicht völlig dunkel. Daher die etwas gespenstige Atmosphäre und die üppige Beleuchtung auf den vielen Maschinen. Eindrucksvoll aber war es allemal.








Das dritte Bild zeigt uns die Zuschauerschar und den Nachwuchs. Glauben Sie mir: alle Väter die wir hier sehen, haben in ihrer Kindheit mit Modellen von Claas-Maschinen gespielt. Und ihre Kinder tun dasselbe. Heute Abend sehen sie mit eigenen Augen wie sich die mechanisierten Mitglieder der Claas-Familie in der praktischen Wirklichkeit benehmen. Kenner und Liebhaber. Die Freude sprießt ihnen aus den Augen.

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Sonntag, 23. Juni 2013
Bagatelle 190 - Unpassendes Familienbild
Kürzlich, an einem Sonntagabend, geht das Telefon.

"Lieber Herr Terra, ich rufe Sie an wegen einer einigermaßen verzwickten Geschichte welche ich Ihnen in kürze erzählen werde, wenn Sie denn Zeit für mich haben.
Die Sache ist folgendermaßen. Mein Name ist Herr Henk G. Wohnhaft in Amstelveen, das liegt in der Nähe von Amsterdam wie Sie natürlich wissen. Vor sehr vielen Jahren, es war die Zeit der Besatzung, im Kriegsjahr 1943, fuhr meine Mutter auf dem Fahrrad (mit den massiven Reifen) in die östliche Niederlande um bei den dort lebenden Bauern Nahrung und Essen zu kaufen. Wie so viele andere aus den Städten. Nach einer Fahrt von rund 150 Km erreichte sie die Gegend wo Sie jetzt wohnen. Und, raten Sie mal, sie landete bei einem freundlichen Bauern der denselben Nachnamen trug wie Sie! Ich weiß das genau, denn ein Jahr später, in 1944, begleitete ich meiner Mutter auf derselben Strecke. Ich war damals zehn Jahre alt. Ihre Gegend war für mich ein Land voll Milch und Honig. Der Bauer erlaubte uns so viele Pflaumen zu essen wie wir mochten!
Später, nach dem Kriege, sind wir mit unserer Familie noch einige Male in ihre Gegend gezogen. Die Kontakte blieben bis sie, wie das manchmal so geht, plötzlich abbrachen. Bei einem unserer Besuche hat mein Vater diese Familienbilder von der hilfsbereiten Bauersfamilie gemacht die ich Ihnen, als Beilage in einem e-mail, zeigen werde. Ich fand die Bilder beim aufräumen zuhause. Könnte das Ihre Familie sein? Oder, kennen Sie vielleicht diese Leute? Ich weiß nicht mal mehr wie diese sehr hilfsbereite Bauersleute mit Vornamen hießen, nur meine ich daß die Bauersfrau Trui oder Trude hieß."






Ich öffne die Beilage bei der gesandten e-mail und sehe die Bilder. Das erste zeigt ein Ehepaar das schüchtern gegen die Sonne schaut. Das andere zeigt mir offenbar Vater und Söhne. Obwohl sie meinen Nachnamen tragen, sind es keine Verwandten. Ich kenne die Familie nicht. Durch nachfragen, nachlesen, nachdenken, abwägen, reduzieren und deduzieren folgere ich schließlich zu dieser Auffassung welche ich dem Herrn Henk G. aus Amstelveen, Jahrgang 1934, fast 80 also, vorlege.

"Lieber Herr Henk G. Nein, es sind nicht meine Verwandten und ich kenne die Leute nicht. Aber mit 90% Sicherheit möchte ich behaupten, daß diese Familie sehr wohl in unserer Gegend gewohnt hat. Der Bauer heißt mit Vorname Arend-Jan und seine Frau heißt in der Tat Trui (Gertrude auf Deutsch). Sie wohnten auf einem Bauernhof hier in der Gegend, sind aber um 1970 umgezogen. Die Frau verstarb in 1976 und der Bauer selber in den neunziger Jahren. Wo die Söhne abgekommen sind, ob die noch leben und wie und wo, weiß ich leider nicht."

Soweit die Geschichte. Nur noch zwei Kurzbemerkungen.

(1) Diese Bagatelle nennt sich ein unpassendes Familienbild. Das verweist nur auf die Tatsache daß die Verbindung zwischen Bild und Geschichte in meinem Fall nicht zutrifft. Daß der Herr Henk G. aus Amstelveen sich Mühe macht um diese Verbindung wohl herzustellen ist ganz und gar nicht unpassend, sondern sehr lobenswert und liebenswürdig. Und welch eine herrliche Geschichte ergibt sich aus solch einer Suchtour!

(2) Von einem der abgebildeten Söhne weiß ich, daß der auf der Landwirtschaftsschule schon als fleißig und gutmütig, aber auch als nicht sehr intelligent angesehen wurde. Dennoch, sagte der Schuldirektor einst zu mir: das wird ein guter Bauer. Wenn abends mal die Kühe im Stall sich unwohl fühlen und viel Lärm machen, geht der in den Stall und sofort kehrt Ruhe ein. Die Kühe wissen genau wen sie vertrauen können.

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Donnerstag, 13. Juni 2013
Bagatelle 189 - Tierisch erfreut!
Gestern war es - es war der 11. Juni, morgens um neun - daß ich mich in eine der düstersten Ecken meines Grundstücks begab, dort wo das Gras so hoch wachsen darf wie es will, um nachzuschauen wie es um das Leben und die Gesundheit meiner Pfauenfamilie steht. Sie wissen vielleicht, daß mein einsamer Pfauenhahn Jeroen (auszusprechen als Jerún) seit dem ersten Mai diesen Jahres sich über die Anwesenheit einer Pfauendame freuen darf. Wenn Sie der Geschichte einigermaßen gefolgt sind, wissen Sie auch daß Pfauherr und Pfaudame sich zwar kennen, aber sich sonst aus dem Wege gehen. Und gerade die letzten Wochen schien die Pfauendame namens Jetta dann und wann von der Erdoberfläche verschwunden zu sein.

Da stand ich dann an diesem herrlichen lauwarmen Dienstagmorgen. Und traute meine Augen nicht als ich meine zwei Pfauen sah. Der Jeroen trat aus dem Gras heraus mit einem sowohl etwas fremdartigen als auch stolzen Blick. Ich staunte noch schlechter als ich die Jetta im Grasgebüsch sah die von nicht weniger als drei munteren Pfauenküken begleitet wurde!! Doch, hierzu paßt ein doppeltes Ausrufezeichen! Wir haben Nachwuchs bekommen!






Oberstes Bild: links obenJeroen, in der Mitta Jetta.
Unteres Bild: Jetta mit den drei Küken (die bräunigen Flecken). Sie brauchen ein bisschen Fantasie.


Die liebe Blogger-Kollegin Frau Sturmflut hatte Recht. Von ihr erfuhr ich, daß es in diesen Wochen Pfauenbalzzeit ist. Sie prophezeite obendrein, daß es nicht von der Hand zu weisen sei, daß in wenigen Wochen eine Reihe von kleinen Jettas und Jeroens den Hof bevölkern würde. Wie recht sie hatte!

Was man auch denken mag: die beiden Pfauen haben weinig Gras über die Geschichte wachsen lassen. Am erste Mai haben die beiden sich kennen gelernt und fürs erste Mal gesehen. Und am elften Juni haben die beiden drei neue Pfauenwesen in die Welt gesetzt. Das nenne ich zügige Arbeit, oder wie? Oder hat die Jetta, die ja aus Deutschland stammt, einige befruchtete Eier von drüben nach hier über die Staatsgrenze geschmuggelt?

Nach langem hin und her haben wir beschlossen daß die kleinen Pfauenküken vorläufig eine doppelte Staatsangehörigkeit bekommen. Kein Problem mit einer deutschen Mutter und einem niederländischen Vater. Mit achtzehn können sie sich dann entscheiden für eine definitive Wahl. Mögen sie gesund und munter aufwachsen!


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Freitag, 24. Mai 2013
Bagatelle 188 - Abschlußprüfung
Hierzulande ist der Wonnemonat Mai ein richtiger Schreckensmonat weil Examenmonat. Viele 16 bis 20jährige Schüler und Studenten aus dem dreigeteilten Sekundarbereich: VMBO (bei Ihnen Hauptschule), HAVO (Realschule) und VWO (Gymnasium) bemühen sich das beste aus sich herauszuholen um die Abschlußprüfungen zu bestehen. Wir leiden mit ihnen und wundern uns über die Schwierigkeitsgrad der Examenfragen und Aufträge. Und wir freuen uns sehr wenn am Ende die Klassenlehrerin, der Mentor oder sogar der Direktor himself die gute Nachricht überbringt: du hast bestanden! Doch, du bist durchgekommen! Herzlichen Glückwunsch! Uns bald weht draußen aus dem Fenster die Nationalflagge neben dem jetzt leeren Schulbuchranzen.

Um Ihnen einen Eindruck zu vermitteln was so eine Abschlußprüfung beinhaltet, folgt hier nun ein Beispiel. Es ist ein Teil der Prüfung derjenigen Realschüler die sich für das Wahlfach Deutsch entschieden haben. Nachdem sie einen kurzen Text gelesen haben, müßten die Kandidaten eigentlich die zwei folgenden Aufgaben meistern. (Die Aufgabe ist in der Tat authentisch: HAVO-examen Duits 2013)


Als das Liedberger Landgasthaus vor fünf Jahren seinen ersten Sieg bei der Tour de Menu Düsseldorf mit einem Galadinner feierte, trat Franziska Maderecker so (1) auf, dass der anwesende Sternekoch Jean-Claude Bourgueil sie (2) mit "Frau Kollegin" begrüßte.
Die Antwort des Mädchens verblüffte den Meister: "So weit ist es noch nicht. Aber wenn ich meinen Chef heute nicht blamiere, bekomme ich vielleicht einen Ausbildungsvertrag!"
Peter Schmitt, Patron des renommierten Restaurants in Korschenbroich, war vom Talent seiner 15-jährigen Praktikantin schon damals überzeugt.


1) Welche Ergänzungen passen in die Lücken (1) und (2)?
A. auffallend - ironisch
B. bescheiden - mitleidig
C. enttäuschend - abwertend
D. überzeugend - respektvoll

2) In welcher Funktion begann die Franziska Maderecker mit ihrer Arbeit im Liedberger Landgasthaus? Begründe deine Antwort bitte mit einem Zitat aus dem Text.

Nun, was halten Sie von dieser Aufgabe?

Man kann die Sache auch umdrehen. Nehmen wir an: Sie machen die Abschlußprüfung im Fach Niederländisch und ich liefere Ihnen hierbei die folgende Aufgabe: lesen Sie bitte den Text und versuchen Sie die zwei Fragen richtig zu beantworten.

Onlangs vierde Jan Gerritsen, eigenaar/kok van het gerenommeerde restaurant "De Parel" in Sleeswijk, het (1) feit dat hij vijf jaar geleden voor het eerst een Michelin-ster behaalde. Dit jaar zag hij het aantal sterren zowaar verdubbeld.
Zoals wij allen weten is de heer Gerritsen een ingetogen, beleefd en (2) mens die meer waarde hecht aan de kwaliteit van het eten en van de tevredenheid van zijn gasten dan aan de beloning in de vorm van een ster méér.


1. Vervang (1) en (2) door een passend woordenpaar. Kies uit:

A. onverwachte - ongeduldig
B. heuglijke - bescheiden
C. nieuwe - arrogant
D. onbelangrijke - intelligent

2. Hoe oud was de heer Gerritsen toen hij zijn eerste Michelin-ster behaalde?
Beredeneer je antwoord met behulp van de tekst.


Lösung Aufgabe 1. Die Ergänzungen bei B. sind die richtigen.
Lösung Aufgabe 2: Aus dem Text kann man das Alter des Herrn Gerritsen nicht ableiten. (Verzeihung: es war eine Fangfrage.)

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Samstag, 18. Mai 2013
Bagatelle 187 - Pomp, sowie Pracht und Prahl


In dieser Zeit, wo der eine Monarch - in unserem Fall eine Königin - abdankt, und der andere sein hohes Amt antritt, erscheinen, fast unbemerkt aber unaufhaltsam, die ersten offiziellen Staatsfotos des Königs Willem-Alexander samt seiner Gemahlin, die Königin Maxima. Wer will kann sich die Bilder downloaden und danach selber ausdrucken und an die Wand hängen.

Das können wir aber noch besser, muß unser Pfau Jeroen gedacht haben als er den Herrn Terra, den Hoffotografen wohl bekannt, bat von ihm solch ein offizielles Porträtfoto zu machen worauf er in all seiner Herrlichkeit und Schönheit zu sehen ist.

Eine Augenweide, finden Sie auch nicht? Mir fehlen die Worte. Aber das Bild genügt. Jedes erläuternde und erklärende Wort ist hier fehl am Platze.

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Montag, 6. Mai 2013
Bagatelle 186 - Flittertage
In diesen schönen Maitagen habe ich endlich der Bitte des Herrn pastiz - Sie wissen: einer unserer immer so gut gesonnenen blogger.de-Freunde - entsprochen. Er war es eben, der mich freundlich aber auch etwas dringend gebeten hatte für unseren Pfauhahn Jeroen, der nach dem Versterben seines Dutzfreundes Hahn-Ohne-Namen alleine auf weiter Flur bei uns verweilte, eine passende Partnerin zu suchen.

Am ersten Mai, bei Ihnen ein Tag der Arbeit, wo alle dennoch die Arbeit ruhen lassen oder von derselben ausruhen, sollte alles Geplante sich abspielen. Am diesem ersten Mai also, morgens kurz vor neune, fuhr ich mit meiner alten Schulfreundin Frau Magda S. nach einem ihrer zahlreichen Bekannten um dort eine Pfauendame abzuholen.

Zwischendurch und ganz nebenbei: die Frau Magda S., kenne ich seit meiner Geburt: wir saßen sechs Jahre lang zusammen in derselben Grundschulklasse. Frau Magda ist auch diejenige die alle zehn Jahre ein Schülertreffen unserer Klasse organisiert und auch sonst dafür sorgt daß wir uns nicht aus den Augen verlieren. Sie ist immer hilfsbereit und sie hatte eine Adresse für mich entdeckt wo vielleicht eine Pfauenhenne zu bekommen war. Eine andere Eigenschaft der Frau Magda ist daß sie jeden kennt und jeder sie kennt. Zweitens ist sie besser im Reden als im Zuhören.

Die Autofahrt zum Pfauenkaufhof dauerte nur zehn Minuten. Und auch diese Zeit wurde gefüllt mit Aussagen der Frau M. Sie weiß wer wo wohnt, kennt alle Eigenschaften und Tücken der Bewohner der Wegstrecke die wir zusammen ablegen und scheut auch sonst kein einziges Thema. Zehn nach neun überquerten wir die niederländische Staatsgrenze und viertel nach neun erreichten wir den Hof dessen Bauer und Bäuerin mit der Frau Magda telefonisch verabredet hatten, daß wir dort für gutes Geld eine Pfauenhenne kaufen könnten.

Der hilfsbereite Bauer hatte die Henne für uns schon eingefangen und in einem Sack aufbewahrt den er mir à raison von sage und schreibe 15 Euro überreichte. In dem Gespräch, daß die Frau M. inzwischen mit der freundlichen Bäuerin angefangen hatte - über alle beiderseitigen Bekannten und sonstigen Weltenbummler - fiel der Name Jetta. (Offiziell natürlich Henriette.) In Gedanken gab ich meiner Pfauenhenne schon diesen Namen. Nach vieles hin und her Palaver nahmen wir Abschied, bedankten uns für den Empfang und für die bereitwillige Freigabe der Pfauendame und fuhren zurück nach Hause.

Die Jetta ist also eine deutsche Pfauenhenne. Sie emigriert sozusagen nach uns, ins Ausland, in die Niederlande. Es macht mir gar nichts aus. Wir, die wir unser ganzes Leben an der Grenze verbracht haben, läßt die Frage nach der Staatsangehörigkeit ziemlich kalt. Uns interessiert nur die Frage ob und wie der Pfauenhahn Jeroen mit der Pfauendame Jetta auskommt. Werden die sich mögen? Oder werden sie Erzfeinde? Um Streitigkeiten zu vermeiden habe ich die Jetta zuerst in einem offenen leerstehenden Hühnerstall eingeschlossen. Mit offener Tür, aber so daß sie nicht fliehen konnte. Mein Gefühl sagte mir, daß es vielleicht keine so schlechte Idee war, daß die beiden sich wohl sehen, aber nicht berühren konnten.

Den folgenden Tag, frühmorgens, habe ich den beiden die Möglichkeit geboten sich näher kennen zu lernen. Die Henne war anfangs sehr schüchtern, aber nach einer Weile stapfte sie munter hin und her. Von dem Pfauenhahn nahm sie komischerweise kaum Notiz. Der Hahn Jeroen tat sein bestes: er zeigte sich in all seiner Schönheit, ließ seiner prächtigen Federpracht den freien Lauf - die richtigen Pfauenkenner pflegen dann wohl zu sagen: er schlägt ein Rad - und versuchte schon bei diesem ersten Treffen seine männliche Potenz unter Beweis zu stellen (Was ihm nur mäßig gelang.) Dann trennten sich ihre Wege.

Nachmittags, als ich einem Besucher die Henne zeigen wollte, war die Jetta verschwunden. Überall gesucht, aber nirgends eine Spur. War sie zurück in die Heimat? Hatte sie Heimweh? Ich fragte den Jeroen, aber der wußte auch von nichts. Irgendwo tat es mir leid. Nach zwei Tagen schon verschwunden. Tot und begraben vielleicht? Man denkt in solchen Fällen an alles mögliche.

Abends, kurz vor Sonnenuntergang machte ich noch einmal meinen Rundgang über den Hof. Und raten Sie mal was ich dann sah. In der weitesten Ecke, dort wo sich ein baufälliger Hühnerstall verbirgt hinter Erlenbäumen und vielem Unkraut, sah ich zwei Vögel. Der eine war meine Pfauendame Jetta. Sie war auf das Dach des Hühnerstalls geflogen und von da aus hatte sie sich einen Platz zum Schlafen gesucht und gefunden in einem Baum. Und an der anderen Seite des Erlenstammes saß eine kleine Feldeule. Eine von dem Eulenpaar das schon viele Jahre unseren Hof besucht und hier nistet. Er hüpfte hin und her als ob er die Pfauendame vor mir warnen wollte.

Seitdem hat sich die Situation kaum geändert. Die zwei Pfauen gehen getrennte Wege. Tagsüber verbleibt die Jetta im Gebüsch an der entlegensten Stelle des Hofes, während der Jeroen am anderen Ende des Geländes hin und her geht und ab und zu laut von sich hören läßt. Abends fliegt die Jetta in einen Baum und setzt sich dort zur Ruhe. Jeroen schläft wie gewohnt auf der Pergola. Wir alle sind gespannt wie lange dieser Status-quo-Zustand anhält.

Und wo bleibt die Antwort auf die meist naheliegende Frage unsererseits?, mögen Sie einbringen. Wo ist der Beweis daß es sie wirklich gibt, die Jetta?
Ich kann dienen mit zwei Bildern. Das eine zeigt die Jetta bei ihren ersten Ausflügen außerhalb des Hühnerstalls. In dem anderen sehen wir den Jeroen der morgens beim Kaffeetrinken um ein kleines Stückchen Kuchen bittet.
Sie leben bis heute in zwei Welten. Wenn sich die Sachverhalte ändern sollten, werde ich Ihnen darüber unterrichten.




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Mittwoch, 1. Mai 2013
Bagatelle 185 - Royal Werbung
Karg ist ein Wort das zum unterstehenden Bild paßt.
Karg ist die Beleuchtung des Zimmers. Die alte weißharige Dame, die wir hier hinter ihrem königlichen Schreibtisch nachdenkend sitzen sehen, erhält das Licht zum Lesen nur von der einsamen "Bankers"lampe links von ihr und den Rest von der Tischlampe in der rechten Ecke. Karg und schlicht ist auch die Einrichtung des Zimmers. Ein geräumiger Schreibtisch samt Stuhl genügen offenbar. Karg ist auch das Getränk: nur eine Tasse feiner Ceylon Tee und ein Glas Wasser. Die Tasse ist aus Royal Doulton oder exquisitem Wedgwood Porzellan, das schon.

Links von uns aus gesehen und rechts von der Dame ein Stapel noch zu bearbeitenden Dokumenten und sonstige Schriftstücke. Einige erfordern eine Korrektur, andere eine Signatur. Rechts von uns und links von Ihrer Majestät ein kleiner Haufen schon fertiggestellte Ministerialgeschriften oder andersartige Gesetzesvorschläge. Trotz ihres Alters liest die Majestät noch ohne Brille. Falls nötig - manche Geschriften sind so exorbitant schlecht geschrieben und gedruckt daß man eine Brille braucht um sie zu lesen, und Verstand und Fingerspitzengefühl um sie zu verstehen.

Hier sehen wir Ihre Majestät Elisabeth II. Herrscherin über das United Kingdom. Viele unter uns hatten das schon geahnt, weil sie in der Ferne hinter dem Fensterglas die beleuchtete Uhr des Londoner Big Ben vermuteten. Sie haben recht. Auch an der tadellosen Haltung und Ausstrahlung, an der echten Perlenkette und an die Coiffure erkennen wir die königliche Majestät.

Geheimnisvoll sind die Worte - oder sind es Gedanken? - welche frei in der Luft herumschweben. Es erinnert uns ein wenig an die alte Geschichte vom Profeten Daniel, (derselbe der sich einige Zeit später zwischen den Löwen zurückfand,) und dem König Balsasar aus dem fernem Nineveh. Sie wissen: damals wo die Worte und Buchstaben die des Königs Ende ankündigten, an die Wand erschienen.
Auf unserem Bild sind es die Gedanken der Königin Elisabeth die da lauten (einigermaßen frei übersetzt): "… hätte jeder nur so eine Rente! …"

Die Gedanken sind frei und die Rede ist hier von der niederländischen Königin Beatrix, die sich dieser Tage nach drei-und-dreißig Jahren von der Regierung verabschiedet hat. Daran denkt die Königin Elisabeth. Sie kann es sich offenbar nicht leisten ihren Thron dem englischen Kronprinzen Charles zu überlassen. Nein, denkt sie, die liebe Kollegin Beatrix hat gut reden. Die bekommt von Staatswegen nach ihrer Abdankung eine passende Rente. Die kann ruhig in Pension gehen.

Das Bild der nachdenklichen Königin Elisabeth erschien heute in den großen holländischen Tageszeitungen. Es war eine amüsante Werbung eines der bekanntesten Versicherungsgesellschaften in unserem Lande. Es geschah just ein Tag nachdem uns ein neuer König Willem-Alexander und eine neue Königin Maxima geschenkt wurde. Es war der erste Mai. Bei Ihnen ein Tag der Arbeit, wo alle die Arbeit ruhen lassen. Bei uns ein normaler Werktag. Für unsere Altkönigin Beatrix - jetzt wieder Prinzessin Beatrix - der erste Tag ihrer von Elisabeth II so beneideten Pension.


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Donnerstag, 18. April 2013
Bagatelle 184 - Taubnesselalbumblatt
Wegen des langen, anhaltenden Winters - so sagen uns die meteorologischen Sachverständige sowie die sonstigen klimatologischen Besserwisser - ist der Frühling fast um drei Wochen ins Hintertreffen geraten. Daher kommt es auch, daß wir so lange auf die Frühlingsblumen draußen haben warten müssen. Das Schneeglöckchen zum Beispiel war dieses Jahr so spät dran, daß es sogar daran dachte dieses Jahr nicht (mehr) zu erscheinen. Und heute, wir schreiben Mitte April, zeigen die Scharbockskräuter ihre köstlichen gelben Sternblüten so schön wie sonst im Februar.

Sie mögen anders urteilen, aber nach meiner Meinung ist die weiße Taubnessel eine der schönsten wilden Frühlingsblumen. Sie blüht jetzt noch nicht, gerade wegen der besagten Wetterverzögerung, aber jeden Tag schweife ich herum, den Gräben und Wegrändern entlang, und suche ihre feste Blumenstengel und ihre himmlische Blüte. Laut Botaniker ist die Blütenkrone zweilippig, wobei die Oberlippe behaart ist. Und das untere Kronblatt ist ein ausgezeichneter Anflugplatz für herumstreifende Nektarsucher wie Bienen und Hummel. Und noch immer, wenn ich eine Taubnessel sehe, nehme ich die Blüte zwischen Daumen und Zeigefinger um die Lippen bewegen zu lassen.



Es geschah vor vielen, vielen Jahren, auf der pädagogischen Hochschule die ich damals besuchte, daß der dortige Biologie- und Botaniklehrer uns aufforderte verwilderte und wildwachsende Blumen in freier Wildbahn zu studieren. Wir bekamen den Auftrag mindestens zwanzig - aber fünfzig war eine bessere Zahl - Blumenarten äußerst vorsichtig aus dem Boden zu buddeln, diese zu Hause zwischen Spezialpapier unter Druck zu trocknen und sie schließlich in einem Spezialalbum aufzubewahren. Der Lehrer nannte so etwas ein Herbarium: ein Sammelsurium für Blumen und Pflanzen, komplett mit Fundort, lateinischem Namen und inklusive Besonderheiten.

Von diesem Tag an konnte man mich, alleine oder mit Freunden, durch die Wälder, Auen und Wiesen gehen sehen um Blumen zu sammeln. Und wie es jedem Sammler vergeht: man vergnügte sich nicht mit allen normalen, üblichen Blumensorten die es in große Mengen gab. Nein, man suchte seltene Stücke, rare Funde, Blumen die sonst keiner in seiner Sammlung hatte. Nicht daß wir sehr seltene Pflanzen dem Boden entrückten. Das war uns, gerade von dem genannten Lehrer, strengstens untersagt. Und eine Klassenfreundin, die aus Versehen - sie wußte nicht welche Missetat sie begangen hatte weil sie die Pflanze nicht kannte - eine seltene Orchidee gepflückt und getrocknet hatte, bekam gar dafür eine leichte Rüge. Trotzdem suchten wir alle nach besonderen Blumen und Pflanzen.

So auch ich. Und ich fand diese weiße Taubnessel. Nicht verwandt oder verschwägert mit dem Brennessel. Gefunden, zum trocknen gelegt und in einem Herbarium für die Ewigkeit aufgehoben, in Mai 1957. Immer noch bildschön.

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Donnerstag, 11. April 2013
Bagatelle 183 - Kaffeesatzgeflüster
Wie Sie ihren Kaffee machen, darüber wage ich mich nicht zu äußern. Wir gönnen selbstverständlich jedem Herrn seinen eigenen Geschmack und jeder Dame ihre individuelle und nicht zu bestreitende Kaffeebereitungsart.
Nein, laßt uns besser einige alte Kaffeetraditionen und die dazu zugehörenden Kaffeeutensilien in den Vordergrund stellen um etwas zu erfahren was sonst keiner Gewahr wird. Vielleicht bringen wir die aus Plastik Bechern trinkenden Espresso-Generationen auf bessere Gedanken. Es folgen vier aufschlußreiche Bilder.

Bild 1. Zuerst zeige ich Ihnen ein uraltes Kaffeetafelgeschirr, das heißt: was noch davon übrig ist. Es gehörte Frau Terras Großmutter. Und die Familiengeschichte will, daß die Oma mitten im kalten Winter das Geschirr in einem aus Weiden geflochtenen Korb mit in die Nachbarschaft nahm, wo es in der Jahresvisite von Nutzen war. (Die liebe Nachbarin hatte selbst eben nicht genug Tassen und Schüssel.) In Deutschland heißt dieses Tafelgeschirr wohl 'Sächsisches Steingut'; bei uns schlicht 'blau sachs'. Mann sieht einige Tassen und Schüssel, ein Milchkännchen und einen eleganten Zuckertopf. Auf dem sachsblauen Teller liegt Spekulatius, eine winterliche Leckernei. Denn zu einer guten Tasse Kaffee gehört etwas Gebackenes: ein Stückchen Schwarzwalder Kirsch oder Spekulatius mit dem Bildnis des guten Sankt Nikolaus.




Bild 2. Das hier ist nicht gerade der Kaffee der mich anmacht. Zuviel und zuviel Milch hineingeschüttet. (Und wahrscheinlich mindestens zwei Zuckerwürfel, was die Sache nicht besser macht.) Sie als guter Observator haben das natürlich gleich bemerkt: die Tasse ist voll bis zum Rand, fast überlaufend. Wir nennen das in unserer Mudart Borkulose Maote, was so viel heißen will als 'nach Borkeloer Maß". Borculo ist ein unbedeutendes Dorf hier in der Umgebung. Dort wohnten (und wohnen) Leute die kein Maß kannten und kennen, und auch weiterhin nicht auf ein Maß mehr oder weniger achten. Aber das müssen die natürlich selber wissen.





Bild 3. Der Kaffee wird gemeinsam (auch in Bachs Kaffeekantate) wie die Suppe nicht so heiß getrunken als er eingegossen wird. Sagt der Volksmund, so muß es wohl stimmen. Aber es gibt tatsächlich Leute die das Warten verlernt haben und ihren Kaffee abzukühlen versuchen indem sie ihn in ihre Schüssel gießen. Dann wird kurz darüber geblasen en trinkt der Trinker - die Schüssel mit beiden Händen festhaltend - genießend den Kaffee. Diese Art Kaffee zu trinken sah man oft bei den Bauern in der Sommererntezeit - Der Roggen mußte schnellstens gemäht werden bevor der Regen kam! - die sich nicht die Zeit nahmen für ein gemütliches Kaffee(viertel)stündchen.





Bild 4. Hier sehen wir die Antwort auf die Frage der Gastgeberin (Sie steht da neben Ihnen mit der Kaffeekanne in der Hand) "Soll ich dir noch einmal einschenken?" Statt laut und deutlich zu antworten: "Nein, vielen Dank, lieb von dir, aber mir reicht's", stellt der Gast seine Tasse kopfüber, umgekehrt also, auf die Schüssel.
Sagen Sie bitte nicht, daß so eine Gebärde ein Zeichen von Hochmut oder Überheblichkeit ist. Nein, es ist lauter Gewohnheit. Sagen Sie auch nicht daß so etwas nicht vorkommt. Es hab es früher bei meinem Großvater oftmals gesehen. Dann pflegte er manchmal zu mir zu sagen: "Junge, ich rate dir: trink nicht soviel Kaffee. Davon kriegt man krumme Beine."
Davon hab' ich aber bis heute noch nichts gemerkt. Aber es kann ja noch kommen. Im Kaffeesatz liegt die Antwort.

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Freitag, 29. März 2013
Bagatelle 182 - Wortwechsel
Heute ist Karfreitag. Heute wird des Tages gedacht, wo laut christlichen Glaubens Jesus von Nazareth an der Schädelstätte Golgatha gekreuziget wurde. Lange ist's her, aber gerade noch in unserer Zeitrechnung. Etymologisch, wiederum laut meines/meinem treuen Duden(s), stammt das karge im Wortteil Kar(freitag) von einem verschwundenen mittelhochdeutsches Wort das etwa 'Sorge' bedeutete. So wie das englische care.

Vór dem Karfreitag steht zeitlich gesehen der Grüne Donnerstag. Und nach ihm kommt der Ostersamstag, obwohl Ostern zwar vor der Tür, aber noch keinen Eintritt gehalten hat. Diese ganze Leidenswoche schon wurden wir hier bei uns in den Niederlanden von Passionen überflutet. Seien es die Bachsche Matthäus oder Johannes, sei es die moderne Passion, wo tausende und Abertausende live sahen wie abends Freiwillige ein Kreuz durch die Innenstadt von Den Haag, die Parlementsgebäude entlang, trugen, dabei begleitet von Jungstars die Gospelsongs und Ähnliches tausendmal verstärkt in die Menge warfen. Geschätzte Zuschauerzahlen am Bildschirm: mehr als zwei Millionen (und das will in einem so kleinen Land etwas heißen.)

Mir geht es trotzdem nicht um das Leidensspektakel, sondern um die Wortwahl. Karfreitag heißt bei uns Guter Freitag (Goede Vrijdag). Ihr Ostersamstag ist bei uns ein 'stiller Zaterdag' (Für einen Moment vergessen wir die Massen in den großen Verkaufs- und Gartenzentren und den vorösterlichen Ansturm in die Freizeitparks.) Und der deutsche Grüne Donnerstag hat grenzüberschreitend seine Farbe gewechselt: bei uns heißt er trefflich der Weiße Donnerstag (Witte Donderdag).



Dieses Jahr war der Donnerstag tatsächlich weiß. Weiß wie Schnee. Sogar am Karfreitag morgens wurden wir alle von einer neuen Schneedecke erfreut. Wir machen uns schon Sorge ob und wann der Frühling kommt. Oder kommt er überhaupt nicht?
Wie auch immer: Zeit für gute Wünsche muß immer sein. Deshalb, in grün oder in weiß: frohe Ostern!

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Mittwoch, 20. März 2013
Bagatelle 181. Mißgeschick
Unter diesem Titel schrieb mir mein Pfau, den Sie unter dem Namen Jeroen kennen, (Siehe Bagatelle 160), heute diesen offenen Brief, den ich mit seinem Einverständnis die Ehre habe Ihnen hier vorzulesen.



Lieber Terra,
Doch, man kann es so nennen. Die Geschicke welche mir dieser Tage widerfahren kann man nicht ohne weiteres als pures Pech bezeichnen. Dafür sind die Ereignisse zú wichtig, zú gravierend und zú eingreifend als daß man sie als negative Zufälligkeiten bezeichnen könnte.

Du kennst die Geschichte. Natürlich kennst du sie, denn du bist ja eine der Hauptpersonen. Heute vor zehn Monaten kam ich auf meiner Weltreise - durch die Wälder, durch die Auen - zufälligerweise auf deinen Hof. Dort gefiel es mir so gut, daß ich beschloß dein Angebot hier zu bleiben anzunehmen. Dabei hatte ich das Glück, daß dein einziges noch lebende Haustier, der Hahn-ohne-Namen (HON), mich in seiner Gesellschaft duldete. Stärker noch: wir tranken Brüderschaft und wurden Freunde. Seitdem gingen wir unsere tägliche Runde um den Hof herum, wärmten uns zusammen in der Mittagssonne und verblieben beide in der schützenden Scheune wenn es draußen mal wieder blitzte und donnerte. Das Leben war gut. So weit.

Vorige Woche ist daran ein Ende gekommen. Plötzlich, aber nicht ganz unerwartet, ist unser gemeinsamer Freund HON - aus Altersgründen wohl - gestorben. Du weißt das, denn ich hab' mit meinen eigenen Augen gesehen wie du ihn vorsichtig und sorgsam der wartenden Erde anvertraut hast. Von diesem Zeitpunkt an war ich alleine und habe mich solo durchschlagen müssen.

Nein, ich beklage mich nicht. Du kannst nichts dafür. Aber was mir heute passierte brachte mich fast in Verzweiflung.
Heute ist der 20 März. Das weiß ich denn morgen ist es der 21. und das ist zugleich mit Frühlingsanfang dein Geburtstag. Ich wiederhole es noch einmal: heute ist der zwanzigste dritter anno 2013. In dieser Jahreszeit sollte die ganze Welt voll neues Leben sein. Üppige Frühlingsblumen sollten einen Hauch vom kommenden Sommer verbreiten; manche Vögel haben schon ihren Partner gewählt und das Nest vorbereitet. Ich gebe zu: auch ein Pfau ist nicht aus Eisen und im Frühling juckt es mich schon. So sehr daß ich dir vorige Woche schon mal meine wunderbare empor gerichtete Federpracht gezeigt habe.

Aber was geschah heute? Morgens um elf fing es an zu schneien. Das Wetter wurde so unangenehm, daß ich fast die ganze Zeit alleine im stillen Hühnerstall verbringen mußte. Und abends, als es kühle wurde und ich meinen Schlafsitz: die an deinem Hause angebaute hölzerne Pergola - aufsuchte, schneite es noch immer.
Da wurde es mir fast zu viel. Frühlingsanfang und dann fast zehn Zentimeter Neuschnee mit angemessener Kälte! Das kann ich mit gutem Willen nicht länger zufalliges Pech nennen. Oder?

Wie gut daß du mit deiner Digitalkamera kamst und alles für immer und ewig festgelegt hast. Jetzt kann ich beweisen daß am 20. März im Jahre 2013 der Winter Eintritt hielt.

herzlichst,
dein Jeroen

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Donnerstag, 7. März 2013
Bagatelle 180 - Habemus Lettore!
Ein dunkler Schatten fiel über uns allen herab als die beliebte niederländische Fernsehberichtansagerin Sacha de Boer der Fernsehvolksversammlung anvertraute sich, nach fast achtzehn Jahren dem Lande gedient zu haben als Nachrichtensprecherin bei den 8-Uhr-Nachrichten im Ersten Programm, ihrer eigentlichen Aufgabe widmen zu wollen: der Photographie. Kürzer und noch besser gesagt: ab den 1. Mai wechselt sie ihren Beruf. Nicht länger Hauptsprecherin der Nachrichten während prime time, sondern schlichte Fotografin. Nicht länger vollends der Öffentlichkeit ausgesetzt, sondern die Arbeit im Verborgenem. Sie, die Frau de Boer, ihr bezaubernd schönes Bildnis sehen Sie hier unten, wird sich daran gewöhnen müssen, und wir auch.



Nun hat der Zufall es so eingerichtet, daß gerade in diesen Tagen nóch eine weltweite Persönlichkeit sich von der (geistlichen) Weltbühne entfernt. Und zwar der Papst Benedikt, (der 16.), der freiwillig und um Gründen der Gesundheit abdankt und in die stille Studierkammer der Theologie zurückkehrt. Mehr als einhundert Kardinäle sind inzwischen aus aller Herren Ländern angereist um sich an der Wahl eines neuen Papstes zu beteiligen. Man wird sich einmauern in der sixtinischen Kapelle und dann erst wieder hervortreten wenn einstimmig ein neuer und nicht weniger Heiliger Vater gewählt worden ist. So weit so gut.

Dieser eine Gedanke läßt mich seitdem nicht mehr los. Nämlich: warum sollte das gemeine Volk hier bei uns nicht dem Vorbild der Kirchenhirten folgen und ebenfalls in einer Art Konklave eine neue Nachrichtensprecherin wählen dürfen? Eine grandiose Idee, nichtwahr?

Wir handhaben es folgendermaßen. Zuerst wählen wir, das ist die niederländische Bevölkerung plus alle Ausländer die sich gerufen fühlen mitzumachen, aus unserer Mitte eine RG-Hundertschaft (Abkürzung RGH wobei RG steht für Richtige Volksvertreter). Auf diesen hundert Landsleuten ruht dann unsere ganze Hoffnung. Weil sie schon unser Vertrauen bekommen haben, verzichten sie auf ein Gehalt. Die RGH ist vollkommen 'at random' zusammengesetzt. Und selbstverständlich sind die Bevölkerungsschichten und Gruppen relativ gleich groß und gleichermaßen vertreten. Also: Kinder und Erwachsene, Jung und Alt, Frau und Mann, Hetero und Homo, Weiß und Schwarz, Bürger und Bauer, Protestant und Katholik, Sunnitisch und Sjiitisch, Rot-Grün und Gelb-Schwarz, Dumm und Intelligent, und so weiter und und so fort: alle sind in der RGH repräsentiert.

Die erste Aufgabe der RGH besteht darin daß man im Internet eine RGH-site nebst einem facebook-account, einem linked-line account, einem twitter-account und einem hyves-account einrichtet. Danach stellen alle hundert gewählte Mitglieder sich auf der RGH-Internetseite dem Volke vor. Und wir alle wählen dann unseren eigenen RGH-Favoriten. Diese Person wählt quasi für uns die neue Nachrichtensprecherin wobei man aus folgenden Kandidatinnen wählen kann (nur zum Beispiel: es können sich noch andere Kandidatinnen melden).

Hier sind sie:

Astrid Kersseboom




Gülden Ilmaz




Hella Hueck




Mariëlle Tweebeeke




Eva Jinek





Ich sehe es schon vor mir. Tausende und Abertausende stürmen die RGH-internetseite, klicken auf ihre Favoriten und rufen ihm/ihr zu: "Wählt bitte die Hella!!" oder "Ich rate dir dringend: gib deine Stimme der Eva J.!!" Einige werden sogar frech: "Wagen Sie es nicht ihre Stimme der Astrid Kersseboom zu geben, sonst passiert etwas schreckliches!". Und wir werden uns gegenseitig beglückwünschen: Seht, so funktioniert eine richtige Demokratie!

Am Wahltag dann wird der Erste Vorsitzende der RGH in die Öffentlichkeit treten und ausrufen: "Wir haben eine neue 8-Uhr-Nachrichtensprecherin!! Habemus Lettore di News!! Und aus einem der Fernseh- und Rundfunkschornsteinen des Mediaparks in Hilversum wird inzwischen ein weißer Rauch empor kringeln.


***

Nachrede: Die Wahl fiel am 2. April. Und wie bei der Papstwahl fielen alle Favoriten raus. Anchorfrau bei den 8-Uhr Nachrichten bei Nederland I wird Annechien Steenhuizen. Schon wegen des wunderschönen Vornamen eine glückliche Wahl. Sehen Sie selbst:

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