Donnerstag, 18. November 2010
Bagatelle LXXX - Grenzgeschichten
Von zwei Büchern möchte ich heute berichten. Beide sind so völlig von einander verschieden, daß man es nicht für wahr und möglich hält, daß der eine Autor in zwei Fällen derselbe ist. Denn dás ist beweisbar wahr: die Bücher, beide, sind von zwei Autoren verfaßt worden. Von denen bin ich, ihr untertänigster Bagatellist, der eine. Der andere ist in beiden Fällen ein Kollege und Freund zugleich. Aber nicht derselbe.



Das eine Buch heißt: Primary Prospects – Developments in Primary Education in some European Countries. Wenn zum Beispiel jemand wissen möchte in wiefern das Kerncurriculum der deutschen Primarstufe von dem der norwegischen Grundschulen abweicht, könnte in diesem Buch einiges darüber lesen. (Kein spannender Stoff, zugegeben, aber interessant genug für die wenigen Interessenten.) Mein Co-Autor, Dr. Letschert, und ich haben uns jedenfalls bemüht so zu schreiben, daß nicht einem die Lust zum Lesen schon nach zweiundzwanzig Zeilen vergeht. Von dem Buch ist übrigens eine Übersetzung in Farsi erschienen. Unser Buch ist jetzt auch von rechts nach links und von hinten nach vorne zu lesen. Wenn man ’s kann und ich kann es nicht. Ich kann mein eigenes Buch nicht mehr lesen.



Das zweite Buch enthält Jugenderinnerungen. Geschichten die sich rundum die alte Dorfskirche abspielen in einem Ort das sich dadurch auszeichnet daß die Staatsgrenze zwischen Deutschland und den Niederlanden sich quer durchs Dorf hinzieht. Der Hellweg ist der Länderscheitelpunkt: die Straße ist holländisch, der anliegende Bürgersteig ist deutsch.
Hier ist mein Co-Autor ein Jugendfreund. Er wurde westlich der Kirche geboren, ich süd-östlich. Zusammen (immer in derselben Klasse) wanderten wir durch die Jahre der Grundschule und der Sekundarstufe. Zusammen besuchten wir fünf lange Jahre die Lehrerausbildung. Mein Freund wurde Mathematiklehrer, ich selber Grundschullehrer und später Berater und Forscher in Sachen Unterrichtspsychologie und Curriculumplanung.
Viele Jahre haben wir, mein Freund und ich, uns kaum gesehen. Bis wir eines Tages feststellten, daß wir beide Geschichtenschreiber waren. Geschichten unter anderem über unsere Grenzdorfjugend, kurz nach Kriegsende, wo alle Häuser um der Kirche herum in Trümmer lagen.
Einige dieser Geschichten sind jetzt in Buchform erschienen. Der Titel ist etwas behäbig und wenig originell: Dinxperse Grenspräötjes. Dinxper ist der Name des Ortes, präötjes heißt in etwa Plausch oder Klatschgespräche. Und was Grens bedeutet brauch’ ich ihnen wohl nicht zu erklären. Das Büchlein ist geschrieben worden in der Umgangssprache (Dialekt) unserer Gegend. Nicht gerade ein wissenschaftlich herausragendes Buch. Aber es gefällt anscheinend vielen, und das kann man von einem wissenschaftlichen Schmöker kaum sagen.

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