Donnerstag, 5. Februar 2015
Bagatelle 252 - Schlips & Fliege
Der Titel dieser Bagatelle lässt vermuten, dass es im nachfolgendem über die angesehene, zwar imaginäre Firma (gegründet 1865) handelt welche uns mit den feinsten Weinen aller Art versorgt. Da muss ich Sie aber enttäuschen: die folgende Geschichte erzählt schlicht von meinen Erfahrungen mit Halsbinden. Aber anfangen möchte ich mit unserem Prinzen Claus. Sie wissen: er war der Gatte unserer ehemaligen Königin Beatrix. Dieser Prinz Claus, sehr beliebt übrigens, tat während einer öffentlichen Ansprache etwas Besonderes. Vor den Augen der ganzen Nation nahm er seine königliche Halsbinde, zog sie von seinem Hals und warf sie schließlich vor seinen Füßen auf den Boden. Begleitet wurde das alles mit den Worten: "Befreien wir uns von den Zwängen welche wir uns selber auflegen. Kehren wir zurück in die Freiheit." So ähnlich jedenfalls. Die Krawatte als Metapher für (selbstauferlegte) Unfreiheit und Unterdrückung.

15 war ich vielleicht als meine Mutter und ich es Zeit fanden für eine richtige Halsbinde, eine Krawatte also. Und sehr schnell hatte ich gelernt wie man mit der Windsor-Handhabe eine Krawatte knüpft. Bemerkenswert, denn die Windsor Knüpftechnik ist wie bekannt etwas was die wenigsten Männer beherrschen.
Bei sowohl feierlichen als auch fröhlichen Anlässen, Anzügen und Gelegenheiten wurde eine Krawatte getragen, auch von uns: Burschen die gerade die Pubertät hinter sich und Studium und Wehrdienst vor sich hatten. Ein Auftreten ohne Krawatte in der Tanzstunde war verpönt und ausgeschlossen. Sonst in der Woche wurde die Krawatte zu Hause gelassen und sah man mich in einem sogenannten Schillerkragen.

Eine besondere Krawattenart ist die Fliege, laut meinem Duden auch Querbinder oder Schleife genannt. Die Gelegenheiten wobei ich eine solche Fliege getragen habe sind auf die Finger einer Hand zu zählen. Zuerst bei meinem 16. Geburtstag, wo die Familie es für richtig hielt, dass ich nebst einem neuen Anzug eine Fliege geschenkt bekam. Eine Fliege selber zu knüpfen ist schon eine Aufgabe für sich, aber glücklicherweise gab man mir eine vorgeknüpfte, denn die gab es auch. Ein zweites Mal das man mich mit Fliege sah, war als ich meinen Doktor bekam. An der betreffenden Universität war und ist es Sitte. Eine weiße Fliege auf einem (geliehenen) schwarzen Rock. Die dazu passende weiße Weste hatte ich schon.



Als wir, viel später, fünfundzwanzig Jahre verheiratet waren, kam meine Gattin mit der guten Idee für mich eine vielfarbige Weste mit passender Fliege anfertigen zu wollen. Stolz wie ein Pfauhahn trat ich auf dem Fest umher um mich mit den Gästen zu unterhalten. Alle sprachen ihre Bewunderung aus (für die Herstellerin und für den Träger) und bedauerten die Tatsache dass so etwas nur in fünfundzwanzig Jahren vorkam.




Zum Schluss das Glanzstück der Geschichte. Obwohl ich in den letzten Jahren nur selten eine Krawatte, geschweige denn eine Fliege, getragen habe, hatte ich mir in den vorhergehenden Jahren eine imposante Krawattensammlung angelegt. Von kleinen Teilen einzelner Krawatten hat meine Frau einen Fliegenquilt geschaffen den ich zum Geburtstag geschenkt bekam. Ein schöneres Geschenk ist undenkbar.


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