Samstag, 17. September 2016
Bagatelle 285 - Fissematenten
terra40, 16:45h
Was nicht alles zum Vorschein kommt bei und vor allem nách einem Umzug! Was man nicht alles aufbewahrt hat bis zum jüngsten Tag! Das hat man davon wenn genug Platz da ist für allerhand Sachen die sonst im Wege stehen. Man entspricht den Wünschen der Familie, der Freunde und Bekannte die selber keinen Platz zum Aufbewahren haben und dann zu dir sagen: "Du, da auf deinem großen Bauernhof, du hast ja Räumlichkeiten genug um diese unsere Sachen für uns zu lagern und aufzubewahren. Und es ist natürlich nicht für alle Ewigkeit!"
Manchmal dauert eine Ewigkeit ziemlich lange. Das wirkliche Problem tut sich vor wenn das Ende da ist. Bei einem Umzug in eine viel kleinere Wohnung muss vieles Aufbewahrtes eben auch umziehen. Nur wohin wohl? In eine Altbüchersammlung, in eine Altkleidung-Deponie, zu einem Ort wo vieles offenbar noch verwendbar ist, als brauchbare Spende für Menschen denen es nicht sehr gut geht, aber nicht mehr in die neuen vier Wände. Alles mitnehmen ist völlig ausgeschlossen.
Aber das alles nur nebenbei. Diese Bagatelle handelt über ganz was anderes. Heute merkte ich dass ein kleines Büchlein mit mir umgezogen ist. (Ich tue mich immerhin sehr schwer beim Verabschieden von irgendeinem meiner Bücher …) Dieses kleine Buch mit nur 54 Seiten hat es geschaft mit mir umzuziehen. Es ist beim näheren Betrachten ein richtiges Schauspiel: ein Volksstück mit Gesang in vier Akten. Der Text stammt von einem gewissen Herrn Wilhelm Lindenberg, seines Lebens geachteter Einwohner von Bocholt (in Westfalen). Die Musik ist von Willy Langheinrich. (Wie kommt ein Mensch an so einem wunderbaren Nachnamen? Oder ist es ein Pseudonym?) Der Titel des Stückes lautet schlicht: Meister Brokamp. Es ist geschrieben in dem Dialekt das von der Bocholter Bevölkerung, damals in 1924, gerne gesprochen und gesungen wurde.
Meinen Sie nicht dass ich ein leidenschaftlicher Liebhaber von Volksstücken und sonstigen ohnsorgartigen Aufführungen bin. Ich habe nichts dagegen, ich habe auch nichts dafür. Mich interessiert aber sehr die Mundart. Die Stadt Bocholt lag und liegt förmlich neben der Haustür, an dieser und jener Seite der Landesgrenze, und ich wundere mich wie sehr das Bocholter Dialekt Anno 1924 das heutige, unsrige ähnelt.
Hier ein Beispiel. Die liebe gesprächige Frau Möllmann ist bei den Brokamps zu Besuch. Beim Kaffeetrinken erzählt sie diese schöne Geschichte:
"Mor dor muk ou doch noch es en Stücksken vertellen. Wasde doch te Moote kas kommen. Dor kümp dij ne Putze bij mij int Hus und säh, ich hadde de Gotte net ekehrt. Ick säh: Herr Polizei, ick hebbe de Gotte wall ekehrt. Do säh he: ick hadde se nit rein ekehrt. Ick gung daor ganz transkiel teggenan. Herr Polizei, ick hebbe de Gotte wall rein ekehrt. Do he wär: wenn Sie die Gotte nich rein kehren, dann mache ich Sie ein Protokoll. Ick säh: dat doh mor, ick kehre de Gotte gin twee mol; ens is genug.
Maor as ick mij de Gotte es bekieke, do hadden mij doch wahrhaftig de Blagen van de Spiekerse de Modde bis midden vör de Döre ekehrt! Was dat nit gemein? Dor was ick doch bolde vör in de Kaste kommen!"
Obwohl fast hundert Jahre alt kann ich dieses Bocholter Plattdüütsch, sei es mit einiger Mühe und Not, lesen und verstehen. Kein Wunder, denn die Stadt Bocholt liegt kaum zehn Kilometer an der anderen Seite der Landesgrenze. Die beiden Dialekte, das westfälische und das holländische, sind eben sehr verwandt.
Nur: von einigen Wörtern ist mir die Bedeutung ziemlich fremd. Bitte, helfen Sie mir. Was sind zum Beispiel Fissematenten und was in der Welt ist wohl ein Kastemänneken?
Manchmal dauert eine Ewigkeit ziemlich lange. Das wirkliche Problem tut sich vor wenn das Ende da ist. Bei einem Umzug in eine viel kleinere Wohnung muss vieles Aufbewahrtes eben auch umziehen. Nur wohin wohl? In eine Altbüchersammlung, in eine Altkleidung-Deponie, zu einem Ort wo vieles offenbar noch verwendbar ist, als brauchbare Spende für Menschen denen es nicht sehr gut geht, aber nicht mehr in die neuen vier Wände. Alles mitnehmen ist völlig ausgeschlossen.
Aber das alles nur nebenbei. Diese Bagatelle handelt über ganz was anderes. Heute merkte ich dass ein kleines Büchlein mit mir umgezogen ist. (Ich tue mich immerhin sehr schwer beim Verabschieden von irgendeinem meiner Bücher …) Dieses kleine Buch mit nur 54 Seiten hat es geschaft mit mir umzuziehen. Es ist beim näheren Betrachten ein richtiges Schauspiel: ein Volksstück mit Gesang in vier Akten. Der Text stammt von einem gewissen Herrn Wilhelm Lindenberg, seines Lebens geachteter Einwohner von Bocholt (in Westfalen). Die Musik ist von Willy Langheinrich. (Wie kommt ein Mensch an so einem wunderbaren Nachnamen? Oder ist es ein Pseudonym?) Der Titel des Stückes lautet schlicht: Meister Brokamp. Es ist geschrieben in dem Dialekt das von der Bocholter Bevölkerung, damals in 1924, gerne gesprochen und gesungen wurde.
Meinen Sie nicht dass ich ein leidenschaftlicher Liebhaber von Volksstücken und sonstigen ohnsorgartigen Aufführungen bin. Ich habe nichts dagegen, ich habe auch nichts dafür. Mich interessiert aber sehr die Mundart. Die Stadt Bocholt lag und liegt förmlich neben der Haustür, an dieser und jener Seite der Landesgrenze, und ich wundere mich wie sehr das Bocholter Dialekt Anno 1924 das heutige, unsrige ähnelt.
Hier ein Beispiel. Die liebe gesprächige Frau Möllmann ist bei den Brokamps zu Besuch. Beim Kaffeetrinken erzählt sie diese schöne Geschichte:
"Mor dor muk ou doch noch es en Stücksken vertellen. Wasde doch te Moote kas kommen. Dor kümp dij ne Putze bij mij int Hus und säh, ich hadde de Gotte net ekehrt. Ick säh: Herr Polizei, ick hebbe de Gotte wall ekehrt. Do säh he: ick hadde se nit rein ekehrt. Ick gung daor ganz transkiel teggenan. Herr Polizei, ick hebbe de Gotte wall rein ekehrt. Do he wär: wenn Sie die Gotte nich rein kehren, dann mache ich Sie ein Protokoll. Ick säh: dat doh mor, ick kehre de Gotte gin twee mol; ens is genug.
Maor as ick mij de Gotte es bekieke, do hadden mij doch wahrhaftig de Blagen van de Spiekerse de Modde bis midden vör de Döre ekehrt! Was dat nit gemein? Dor was ick doch bolde vör in de Kaste kommen!"
Obwohl fast hundert Jahre alt kann ich dieses Bocholter Plattdüütsch, sei es mit einiger Mühe und Not, lesen und verstehen. Kein Wunder, denn die Stadt Bocholt liegt kaum zehn Kilometer an der anderen Seite der Landesgrenze. Die beiden Dialekte, das westfälische und das holländische, sind eben sehr verwandt.
Nur: von einigen Wörtern ist mir die Bedeutung ziemlich fremd. Bitte, helfen Sie mir. Was sind zum Beispiel Fissematenten und was in der Welt ist wohl ein Kastemänneken?
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clare,
Sonntag, 18. September 2016, 07:33
Der Suchmaschine sei Dank:
https://de.wikipedia.org/wiki/Fisimatenten
Kastemänneke, dat = das Geldstück
http://www.abc.krieewelsch.de/sites/main2.php?suchstring=k
https://de.wikipedia.org/wiki/Fisimatenten
Kastemänneke, dat = das Geldstück
http://www.abc.krieewelsch.de/sites/main2.php?suchstring=k
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terra40,
Sonntag, 18. September 2016, 14:12
Bezahlte Liebe?
* ein Kastemänneken ist in der Tat eine Münze und zwar ein Drittel von einem Groschen: zwei und ein halber Cent;
* Mögliche Bedeutung von "Fissematenten": Während der französischen Besatzung rund 1800 in Köln sagten die Franzosen zu den Kölner Mädels: 'Visitez ma tente!' eine Einladung zu einem Besuch in ihre Häuser. Worauf die Kölner Mütter - die keine Großmutter sein möchten - zu ihren Töchtern sprachen: 'Mach mir bitte keine Fissematenten! (=Blödsinn)
* Mögliche Bedeutung von "Fissematenten": Während der französischen Besatzung rund 1800 in Köln sagten die Franzosen zu den Kölner Mädels: 'Visitez ma tente!' eine Einladung zu einem Besuch in ihre Häuser. Worauf die Kölner Mütter - die keine Großmutter sein möchten - zu ihren Töchtern sprachen: 'Mach mir bitte keine Fissematenten! (=Blödsinn)
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