Samstag, 23. Oktober 2010
Bagatelle LXXVII - Gasthofbrücke


Das hier ist keine Wirtschaft, keine Gaststätte oder Ausschank. Dennoch kann ich Sie einladen dort mit mir ein frisches Bier zu trinken. Es ist auch keine Kneipe, Schenke oder Bar. Aber man schenkt uns (gegen Zahlung) gerne ein Glas reinen Rheinwein ein. Tee oder Kaffee mit Kuchen gibt es auch. Aber es ist noch immer kein Wirtshaus.

Es ist eine Taverne. Abgeleitet vom mitteldeutschen taberna und vom niederländischen taveerne. Sie liegt weder in Holland, noch in Deutschland. Sie liegt – und das ist das besondere – oberhalb der Straße welche hier die Staatsgrenze zwischen der Bundesrepublik und den Niederlanden bildet. Sie befindet sich hoch über den Hellweg, in der Verbindung zwischen einem niederländischen Zentrum für ältere Landsleute denen es (gesundheitlich oder psychisch) nicht so gut geht wie Ihnen oder mir, und die deshalb in einem Sorgezentrum ihre Tage verbringen. Am anderen Ende gibt es eine vergleichbare deutsche Einrichtung. Dort wohnen Menschen in einer Wohngemeinschaft wo sie von sachverständigen Hilfskräften Tag und Nacht betreut werden.



Interessant ist auch daß beide Einrichtungen von denselben Vorkehrungen gebrauch machen. So geht die niederländische Nachtschwester auch zu deutschen Pazienten an der anderen Seite des Korridors. Und der Sanitätswagen bringt holländische Unfallpazienten zum Krankenhaus in der zehn Km weiter gelegenen Stadt Bocholt (Westfalen). Es funktioniert prächtig.
Die Leute an beiden Seiten der Grenze sind es von Jugend auf gewohnt sich als gute Nachbarn zu verhalten. Sie sagen: jeder spricht über europäische Zusammenarbeit. Wir praktizieren es. Und recht haben sie.

Darum treffen wir uns in kürze in der Taverne. Ich lade Sie ein. Wir genießen dort den Kaffee mit Kuchen (mit oder ohne Umlaut), oder bevorzugen Sie ein köstliches Täßchen Tee? Wir freuen uns über die grenzenlose Aussicht und sagen uns, daß es sich hier an der unsichtbaren Grenze gut leben läßt.

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