Dienstag, 21. Dezember 2010
Bagatelle LXXXV - Scharfe Wünsche
Mein längst verstorbener Schwiegervater, ein kleiner Bauersmann, der es mit Mühe und Not schaffte seine Familie einigermaßen ordentlich über die Runden zu bekommen, besaß Pferd und Wagen, womit er jedem der etwas zu befördern hatte seine Dienste anbot. So fuhr er jahrelang, Sommer und Winter, bei jedem Wetter, die vollen Milchkannen aus der Nachbarschaft zur Molkerei, der Milch- und Käsefabrik im Dorf nebenan.
Wenn es denn so glatt und glitzig war auf des Herren Wegen, wie es heute der Fall ist in diesem Adventswinter Anno 2010, schraubte er kleine spitzförmige Eisenteile (Stifte) in die Hufeisen seines Pferdes. Jetzt wissen Sie auch wozu die runden Öffnungen in den Hufeisen taugen. Sicher: damit das Pferd sich auf den befrorenen schneeverwehten Landwegen aufrecht halten konnte. Man sagte: er hat sein Pferd ‘op scherp’ gesetzt. Oder: das Pferd geht auf scharf. Die alte Mähre trug Hufeisen mit spikes, könnte man sagen. So sahen die aus, die griffig machende Spikes. In einer alten Schachtel speziell für Sie aufbewahrt.



Auf scharf gehen, kann man auch figürlich sehen. Mit offenen Augen, alert, kaum abgestumpft und aufmerksam beobachten was denn so spielt im Lande. Reagieren wenn’s sein muß. Seine Stimme hören lassen wenn angefeuert, gelobt, ermutigt oder protestiert werden muß. Nicht unbedingt mit áller Schärfe, aber schon so, daß man sich stehend hält auf glatten, schiefen Ebenen, die man uns manchmal vorstellt gehen zu müssen.

Ich wünsche uns allen für das nächste Jahr genügend Schärfe, aber auch Momente der Stille und Besinnlichkeit. Sogar Augenblicke voller Sentimentalität und Nostalgie die offenbar werden in solch einer Weihnachtskarte des eigenen Hofes wie Sie hier unten sehen. Womit ich ihnen allen ganz und gar ohne Ironie und aufrichtig eine frohe Weihnacht und ein glückliches neues Jahr wünsche.

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