Mittwoch, 1. Mai 2013
Bagatelle 185 - Royal Werbung
Karg ist ein Wort das zum unterstehenden Bild paßt.
Karg ist die Beleuchtung des Zimmers. Die alte weißharige Dame, die wir hier hinter ihrem königlichen Schreibtisch nachdenkend sitzen sehen, erhält das Licht zum Lesen nur von der einsamen "Bankers"lampe links von ihr und den Rest von der Tischlampe in der rechten Ecke. Karg und schlicht ist auch die Einrichtung des Zimmers. Ein geräumiger Schreibtisch samt Stuhl genügen offenbar. Karg ist auch das Getränk: nur eine Tasse feiner Ceylon Tee und ein Glas Wasser. Die Tasse ist aus Royal Doulton oder exquisitem Wedgwood Porzellan, das schon.

Links von uns aus gesehen und rechts von der Dame ein Stapel noch zu bearbeitenden Dokumenten und sonstige Schriftstücke. Einige erfordern eine Korrektur, andere eine Signatur. Rechts von uns und links von Ihrer Majestät ein kleiner Haufen schon fertiggestellte Ministerialgeschriften oder andersartige Gesetzesvorschläge. Trotz ihres Alters liest die Majestät noch ohne Brille. Falls nötig - manche Geschriften sind so exorbitant schlecht geschrieben und gedruckt daß man eine Brille braucht um sie zu lesen, und Verstand und Fingerspitzengefühl um sie zu verstehen.

Hier sehen wir Ihre Majestät Elisabeth II. Herrscherin über das United Kingdom. Viele unter uns hatten das schon geahnt, weil sie in der Ferne hinter dem Fensterglas die beleuchtete Uhr des Londoner Big Ben vermuteten. Sie haben recht. Auch an der tadellosen Haltung und Ausstrahlung, an der echten Perlenkette und an die Coiffure erkennen wir die königliche Majestät.

Geheimnisvoll sind die Worte - oder sind es Gedanken? - welche frei in der Luft herumschweben. Es erinnert uns ein wenig an die alte Geschichte vom Profeten Daniel, (derselbe der sich einige Zeit später zwischen den Löwen zurückfand,) und dem König Balsasar aus dem fernem Nineveh. Sie wissen: damals wo die Worte und Buchstaben die des Königs Ende ankündigten, an die Wand erschienen.
Auf unserem Bild sind es die Gedanken der Königin Elisabeth die da lauten (einigermaßen frei übersetzt): "… hätte jeder nur so eine Rente! …"

Die Gedanken sind frei und die Rede ist hier von der niederländischen Königin Beatrix, die sich dieser Tage nach drei-und-dreißig Jahren von der Regierung verabschiedet hat. Daran denkt die Königin Elisabeth. Sie kann es sich offenbar nicht leisten ihren Thron dem englischen Kronprinzen Charles zu überlassen. Nein, denkt sie, die liebe Kollegin Beatrix hat gut reden. Die bekommt von Staatswegen nach ihrer Abdankung eine passende Rente. Die kann ruhig in Pension gehen.

Das Bild der nachdenklichen Königin Elisabeth erschien heute in den großen holländischen Tageszeitungen. Es war eine amüsante Werbung eines der bekanntesten Versicherungsgesellschaften in unserem Lande. Es geschah just ein Tag nachdem uns ein neuer König Willem-Alexander und eine neue Königin Maxima geschenkt wurde. Es war der erste Mai. Bei Ihnen ein Tag der Arbeit, wo alle die Arbeit ruhen lassen. Bei uns ein normaler Werktag. Für unsere Altkönigin Beatrix - jetzt wieder Prinzessin Beatrix - der erste Tag ihrer von Elisabeth II so beneideten Pension.


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