Donnerstag, 16. Oktober 2014
Bagatelle 241 - Sütterlinarisches Poesiealbumrätsel
Unlängst, vor einigen Tagen, habe ich Ihnen etwas von meiner Nicht-Schwiegermutter Hanna erzählt (Bagatelle 240). Unter das wenige das sie uns hinterlassen hat, befindet sich auch ein geheimnisvolles Poesie-Album. (Früher hatte wohl jedes junge Mädchen solch ein Poesie-Album, in dem Verwandten und Freundinnen so gut und schön es nur ging, ihr zu Ehren, einen Vers schrieben.)
Die Poesie in dem Album mag schlicht und einfach sein, das Lesen und Verstehen ist für einen Aussenseiter und obendrein einen Ausländer eine Qual. Nicht wegen des Textes an sich, sondern wegen der Schreibweise. Die meisten Gedichte sind in der Sütterlin-Schrift (mit Sorgfalt und Mühe, das sieht man) geschrieben worden. Schön, aber völlig unverständlich. Da wird das schlichte Lesen, Verstehen und Geniessen ein Problem.

Auf der ersten Seite schreibt die Hanna selber. Nach einer halben Stunde ist mir halbwegs klar geworden, dass sie hofft dass alle die das Album in die Hand nehmen, mit Freuden in diesem Büchlein schreiben werden.



Und einige Seiten weiter schreibt eine gewisse Berta. Ich vermute (kann aber völlig daneben liegen) dass es die Schwester Berta ist, die der Johanna zuruft auch in Zeiten wo die Lebensstürme toben, stets den Blick nach oben gerichtet zu halten. (Gegen diese Art von Weisheiten hat selbst ein Philosoph wie Kant nichts einzubringen.)



Seit meiner Kindheit lasse ich mir wenig gefallen. Wenn einer zu dem jungen Terra sagte: klettere mal in den Gipfel dieses Kastanienbaumes, das kannst du nie und nimmer, da war der Terra sofort da um das Gegenteil zu beweisen. Was nicht immer ohne Unfälle geschah, aber das ist ein anderes Kapittel.
Spuren von dieser schlechten Charaktereigenschaft lassen sich noch immer finden. So wundert es nicht, dass ich, in dem Gefecht mit der Sütterlinschrift, dachte: was die können, kann ich auch.
Und siehe da: Sütterlin lesen ist sehr schwer, Sütterlin schreiben aber sehr einfach. Daher das folgende traditionnel- niederländische Poesie-Album-Gedicht das ich der lieben Johanna widme.



Für Sie alle die Gelegenheit zu beweisen, dass Sie sowohl Sütterlin als die niederländische Sprache einigermaßen beherrschen. Wer besorgt mir die beste deutsche Übersetzung?

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Wie hübsch und rührend. Rührend die Sitte des Poesiealbums (heute vermutlich abgelöst durch die Facebook-Pinwand), hübsch die Sütterlinschrift -- sieht man ja nicht mehr sehr oft. Ihre Version: beinah wie gemalt!

Hin welkt die Rose, das Schiff wird verschlungen --
in Kurrentschrift sei zeitlose Freundschaft besungen.

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Liebe Frau Nemorosa,
Sie haben hiermit der deutschen edlen Dichtkunst einen wirklich reizenden Dienst erwiesen. Gruß, T.

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"Rosen, Tulpen, Nelken,
alle drei verwelken,
aber wie das Immergrün
soll stets unsere Freundschaft blühn."

Daran dachte ich gleich.

Schön, Ihr Ausflug ins Sütterlin. Ich habe das noch bei meinem sehr lieben Grundschullehrer gelernt, und es kam mir später zugute bei einem Studienprojekt, bei dem ich alte Akten aus der Vorkriegs- und Kriegszeit wälzen musste. Aber ich bin auch froh, dass ich die alten Briefe und die Feldpost lesen kann, die mir meine Großmutter hinterließ. Oder, wenn der Gatte mal wieder ein Geocaching-Rätsel in Sütterlin hat, zur Hilfe eilen kann.

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Welken?
Liebe Frau Sturmflut,
Vielen Dank für ihr schönes Vers! Sicher, das Grün überwindet alles! Gruß, T.

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Als wir für den Poesiespruch von Frau Sturmfrau zu "alt" wurden und uns rockiger gaben, schrieben wir

Marmor, Stein und Eisen bricht,
aber unsre Freundschaft nicht.


Die Ähnlichkeit zu dem bekannten Lied ist gewollt.
Wenn ich bisserl rumfrag, kommen eventuell noch andere Sprücherl zusammen.

Ich hab gern ein Zitatebüchlein und Gedichtbuch meiner Mutter verwendet, um nicht die damals üblichen 08/15 Sprücherl zu schreiben : )

Mir fällt grad ein - so ein Klassiker war auch:
Wo man singt,
da laß Dich nieder,
böse Menschen,
haben keine Lieder.

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