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Donnerstag, 16. Dezember 2010
Bagatelle LXXXIV - Eine thymotische Kakophonie
terra40, 18:05h
In diesen turbolenzvollen Zeiten, wo nichts mehr ist wie es aussieht, bauen wir auf die vertrauten, temporären Strukturen. Diese, hoffen wir jedenfalls, sind unveränderlich und unantastbar. Weihnachten ist immer am 25. 12. Und genau eine Woche später nimmt das neue Jahr seinen (unbestimmten) Lauf. Vier Adventswochen gibt es und ebenso viele Kerzen. Und komme was wolle, der Sankt Nikolaus kommt immer: abends, am 5. Dezember. Auch immer in diéser Periode unterwerfen wir uns dem Diktat.
Doch, in dieser vorweihnachtlicher Zeit prüfen wir in unserem Lande alljährlich unsere Kenntnisse der hiesigen Orthographie. Das heißt: wir setzen uns feierlich vor den Fernsehkasten und beteiligen uns am Nationalen Orthographiekundewettbewerb. Wie früher in der Schule lassen wir uns treffen von einem äußerst schwierigen Diktat. Ein Herr Lehrer (aus den Niederlanden) und eine Frau Lehrerin (aus Flandern) sagen laut und deutlich die Übersetzung des Satzes: “Wir haben es schließlich vergessen”. Und wir, die das Gehorchen noch immer nicht verlernt haben, schreiben es in unsere Heften: wir haben es schlieslich vergessen. Später bekommen wir eine mündliche Ohrfeige, weil wir das Wort “schließlich” fälschlicherweise falsch geschrieben haben. Die Orthographieschreibreform ist an uns vorbeigezogen.
Das nationale Niederländischdiktat wird jedes Jahr von einem anderen, angesehenen Autor(in) geschrieben. Jeder versucht, beim benutzen der schwierigsten Wörter, eine sinnvolle Kurzgeschichte zu verfassen. Hundert Versuchspersonen (im Studio) und Hunderttausende (im Lande) - alle vertraut mit den Regeln der Orthographieschreiberei und allesamt Sprachliebhaber - tun ihr bestes. Im Durchschnitt machen die Teilnehmer im Studio etwa 32 Fehler. Das mag ihnen sehr viel erscheinen, aber auch nach 25 Jahren ist dieser Wert nicht außergewöhnlich. Das Diktat ist in der Tat sehr schwer. Jedes Jahr das gleiche Übel.
Das für mich schwierigste Wort diesmal war das Adjektiv thymotisch. Nicht nur schwierig zu schreiben, aber auch schwierig zu verstehen. Ich, jedenfalls, kannte es nicht. Nachher erfuhr ich, das es von dem auch bei uns berühmt werdende deutschen Philosoph Peter Sloterdijk höchstpersönlich erfunden ist. Es scheint, es hat etwas mit Multikulturalität und Wut zu tun. Aber genaueres weiß man nicht.
Ein anderes, schwierig zu schreibendes Wort war kakophonisch. Die Bedeutung dieses Wortes war mir zwar bekannt, aber das hat mich nicht bewegen können es fehlerfrei zu schreiben.
Auf dem ersten Platz im Wettbewerb der schwierigsten Wörter aller Zeiten befindet sich unangefochten das Wort Przewalskipferd. Im Holländischen noch viel schwieriger als in Deutsch.
Um 22.00 Uhr kam dann der Juryvorsitzende – ein Ex-Kultusminister – um uns die Ergebnisse mitzuteilen. Der Sieger 2010 hieß Herr So-und-So mit Wohnsitz Leiden (Niederlande). Das letztere ist nicht unwichtig, weil meistens die niederländisch-sprachlichen Flamingen gewinnen. Der Sieger hatte nicht weniger als 9 (in Worten neun) Fehler. Aber auch nicht mehr.
Hier unten der erste Diktatsatz:
Doch, in dieser vorweihnachtlicher Zeit prüfen wir in unserem Lande alljährlich unsere Kenntnisse der hiesigen Orthographie. Das heißt: wir setzen uns feierlich vor den Fernsehkasten und beteiligen uns am Nationalen Orthographiekundewettbewerb. Wie früher in der Schule lassen wir uns treffen von einem äußerst schwierigen Diktat. Ein Herr Lehrer (aus den Niederlanden) und eine Frau Lehrerin (aus Flandern) sagen laut und deutlich die Übersetzung des Satzes: “Wir haben es schließlich vergessen”. Und wir, die das Gehorchen noch immer nicht verlernt haben, schreiben es in unsere Heften: wir haben es schlieslich vergessen. Später bekommen wir eine mündliche Ohrfeige, weil wir das Wort “schließlich” fälschlicherweise falsch geschrieben haben. Die Orthographieschreibreform ist an uns vorbeigezogen.
Das nationale Niederländischdiktat wird jedes Jahr von einem anderen, angesehenen Autor(in) geschrieben. Jeder versucht, beim benutzen der schwierigsten Wörter, eine sinnvolle Kurzgeschichte zu verfassen. Hundert Versuchspersonen (im Studio) und Hunderttausende (im Lande) - alle vertraut mit den Regeln der Orthographieschreiberei und allesamt Sprachliebhaber - tun ihr bestes. Im Durchschnitt machen die Teilnehmer im Studio etwa 32 Fehler. Das mag ihnen sehr viel erscheinen, aber auch nach 25 Jahren ist dieser Wert nicht außergewöhnlich. Das Diktat ist in der Tat sehr schwer. Jedes Jahr das gleiche Übel.
Das für mich schwierigste Wort diesmal war das Adjektiv thymotisch. Nicht nur schwierig zu schreiben, aber auch schwierig zu verstehen. Ich, jedenfalls, kannte es nicht. Nachher erfuhr ich, das es von dem auch bei uns berühmt werdende deutschen Philosoph Peter Sloterdijk höchstpersönlich erfunden ist. Es scheint, es hat etwas mit Multikulturalität und Wut zu tun. Aber genaueres weiß man nicht.
Ein anderes, schwierig zu schreibendes Wort war kakophonisch. Die Bedeutung dieses Wortes war mir zwar bekannt, aber das hat mich nicht bewegen können es fehlerfrei zu schreiben.
Auf dem ersten Platz im Wettbewerb der schwierigsten Wörter aller Zeiten befindet sich unangefochten das Wort Przewalskipferd. Im Holländischen noch viel schwieriger als in Deutsch.
Um 22.00 Uhr kam dann der Juryvorsitzende – ein Ex-Kultusminister – um uns die Ergebnisse mitzuteilen. Der Sieger 2010 hieß Herr So-und-So mit Wohnsitz Leiden (Niederlande). Das letztere ist nicht unwichtig, weil meistens die niederländisch-sprachlichen Flamingen gewinnen. Der Sieger hatte nicht weniger als 9 (in Worten neun) Fehler. Aber auch nicht mehr.
Hier unten der erste Diktatsatz:
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