Montag, 6. Mai 2013
Bagatelle 186 - Flittertage
In diesen schönen Maitagen habe ich endlich der Bitte des Herrn pastiz - Sie wissen: einer unserer immer so gut gesonnenen blogger.de-Freunde - entsprochen. Er war es eben, der mich freundlich aber auch etwas dringend gebeten hatte für unseren Pfauhahn Jeroen, der nach dem Versterben seines Dutzfreundes Hahn-Ohne-Namen alleine auf weiter Flur bei uns verweilte, eine passende Partnerin zu suchen.

Am ersten Mai, bei Ihnen ein Tag der Arbeit, wo alle dennoch die Arbeit ruhen lassen oder von derselben ausruhen, sollte alles Geplante sich abspielen. Am diesem ersten Mai also, morgens kurz vor neune, fuhr ich mit meiner alten Schulfreundin Frau Magda S. nach einem ihrer zahlreichen Bekannten um dort eine Pfauendame abzuholen.

Zwischendurch und ganz nebenbei: die Frau Magda S., kenne ich seit meiner Geburt: wir saßen sechs Jahre lang zusammen in derselben Grundschulklasse. Frau Magda ist auch diejenige die alle zehn Jahre ein Schülertreffen unserer Klasse organisiert und auch sonst dafür sorgt daß wir uns nicht aus den Augen verlieren. Sie ist immer hilfsbereit und sie hatte eine Adresse für mich entdeckt wo vielleicht eine Pfauenhenne zu bekommen war. Eine andere Eigenschaft der Frau Magda ist daß sie jeden kennt und jeder sie kennt. Zweitens ist sie besser im Reden als im Zuhören.

Die Autofahrt zum Pfauenkaufhof dauerte nur zehn Minuten. Und auch diese Zeit wurde gefüllt mit Aussagen der Frau M. Sie weiß wer wo wohnt, kennt alle Eigenschaften und Tücken der Bewohner der Wegstrecke die wir zusammen ablegen und scheut auch sonst kein einziges Thema. Zehn nach neun überquerten wir die niederländische Staatsgrenze und viertel nach neun erreichten wir den Hof dessen Bauer und Bäuerin mit der Frau Magda telefonisch verabredet hatten, daß wir dort für gutes Geld eine Pfauenhenne kaufen könnten.

Der hilfsbereite Bauer hatte die Henne für uns schon eingefangen und in einem Sack aufbewahrt den er mir à raison von sage und schreibe 15 Euro überreichte. In dem Gespräch, daß die Frau M. inzwischen mit der freundlichen Bäuerin angefangen hatte - über alle beiderseitigen Bekannten und sonstigen Weltenbummler - fiel der Name Jetta. (Offiziell natürlich Henriette.) In Gedanken gab ich meiner Pfauenhenne schon diesen Namen. Nach vieles hin und her Palaver nahmen wir Abschied, bedankten uns für den Empfang und für die bereitwillige Freigabe der Pfauendame und fuhren zurück nach Hause.

Die Jetta ist also eine deutsche Pfauenhenne. Sie emigriert sozusagen nach uns, ins Ausland, in die Niederlande. Es macht mir gar nichts aus. Wir, die wir unser ganzes Leben an der Grenze verbracht haben, läßt die Frage nach der Staatsangehörigkeit ziemlich kalt. Uns interessiert nur die Frage ob und wie der Pfauenhahn Jeroen mit der Pfauendame Jetta auskommt. Werden die sich mögen? Oder werden sie Erzfeinde? Um Streitigkeiten zu vermeiden habe ich die Jetta zuerst in einem offenen leerstehenden Hühnerstall eingeschlossen. Mit offener Tür, aber so daß sie nicht fliehen konnte. Mein Gefühl sagte mir, daß es vielleicht keine so schlechte Idee war, daß die beiden sich wohl sehen, aber nicht berühren konnten.

Den folgenden Tag, frühmorgens, habe ich den beiden die Möglichkeit geboten sich näher kennen zu lernen. Die Henne war anfangs sehr schüchtern, aber nach einer Weile stapfte sie munter hin und her. Von dem Pfauenhahn nahm sie komischerweise kaum Notiz. Der Hahn Jeroen tat sein bestes: er zeigte sich in all seiner Schönheit, ließ seiner prächtigen Federpracht den freien Lauf - die richtigen Pfauenkenner pflegen dann wohl zu sagen: er schlägt ein Rad - und versuchte schon bei diesem ersten Treffen seine männliche Potenz unter Beweis zu stellen (Was ihm nur mäßig gelang.) Dann trennten sich ihre Wege.

Nachmittags, als ich einem Besucher die Henne zeigen wollte, war die Jetta verschwunden. Überall gesucht, aber nirgends eine Spur. War sie zurück in die Heimat? Hatte sie Heimweh? Ich fragte den Jeroen, aber der wußte auch von nichts. Irgendwo tat es mir leid. Nach zwei Tagen schon verschwunden. Tot und begraben vielleicht? Man denkt in solchen Fällen an alles mögliche.

Abends, kurz vor Sonnenuntergang machte ich noch einmal meinen Rundgang über den Hof. Und raten Sie mal was ich dann sah. In der weitesten Ecke, dort wo sich ein baufälliger Hühnerstall verbirgt hinter Erlenbäumen und vielem Unkraut, sah ich zwei Vögel. Der eine war meine Pfauendame Jetta. Sie war auf das Dach des Hühnerstalls geflogen und von da aus hatte sie sich einen Platz zum Schlafen gesucht und gefunden in einem Baum. Und an der anderen Seite des Erlenstammes saß eine kleine Feldeule. Eine von dem Eulenpaar das schon viele Jahre unseren Hof besucht und hier nistet. Er hüpfte hin und her als ob er die Pfauendame vor mir warnen wollte.

Seitdem hat sich die Situation kaum geändert. Die zwei Pfauen gehen getrennte Wege. Tagsüber verbleibt die Jetta im Gebüsch an der entlegensten Stelle des Hofes, während der Jeroen am anderen Ende des Geländes hin und her geht und ab und zu laut von sich hören läßt. Abends fliegt die Jetta in einen Baum und setzt sich dort zur Ruhe. Jeroen schläft wie gewohnt auf der Pergola. Wir alle sind gespannt wie lange dieser Status-quo-Zustand anhält.

Und wo bleibt die Antwort auf die meist naheliegende Frage unsererseits?, mögen Sie einbringen. Wo ist der Beweis daß es sie wirklich gibt, die Jetta?
Ich kann dienen mit zwei Bildern. Das eine zeigt die Jetta bei ihren ersten Ausflügen außerhalb des Hühnerstalls. In dem anderen sehen wir den Jeroen der morgens beim Kaffeetrinken um ein kleines Stückchen Kuchen bittet.
Sie leben bis heute in zwei Welten. Wenn sich die Sachverhalte ändern sollten, werde ich Ihnen darüber unterrichten.




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