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Dienstag, 27. August 2013
Bagatelle 196 - Seitenwagen im Aufwind
terra40, 13:51h
Vor einigen Wochen ist Frau R. gestorben. Ich kannte sie nicht persönlich. Bis einige Verwandte, die der Beerdigung beigewohnt hatten, auf ihrem Rückweg bei mir vorbeikamen. Bei einer Tasse Tee sprach man über Frau R. Wie alt sie geworden sei (fast 95) und wie sie sich die letzten fünf Jahre ihres Lebens allmählig in eine geistliche Dunkelheit zurückgezogen habe. Wir sprachen auch über Herr R. der seiner Frau vor fast dreißig Jahren vorausgegangen sei. Und dann kam die Geschichte welche ich Ihnen wegen ihrer Kuriosität nicht enthalten kann.
Herr R. war in den Jahren 1935-1955 Elektrofachmann von Beruf: er arbeitete bei den provinziellen Elektrizitätswerken als Monteur. Er sorgte dafür daß der Strom von der Zentrale ungebremst fließend die Schalter in unseren Häusern erreichte. Bei Störungen sah man Herr R. in den Telegraphenstangen klettern - so mit eisernen Haken an den Schuhen - um den Drahtmischmasch zu entwirren.
Herr R. besaß nóch eine Besonderheit: er fuhr auf einem Motorrad (Marke DKW, BMW, Jawa, oder so etwas ähnliches) durch die Lande. Doppelt besonders war der Seitenwagen. Herr R. konnte wenn er denn wollte drei Personen von A nach B befördern: sich selber, ein Passagier hinten drauf und der zweite im Seitenwagen.
Dann, 1940, kam der Krieg. Nach einiger Zeit begann die Besatzungsmacht alle Motorräder (und Fahrräder) zu beschlagnahmen. Wer konnte, versuchte sein Rad irgendwo zu verstecken. So auch der Herr R.
Vielleicht erinnern Sie sich der Zeit wo der Strom überirdisch von Pfahl zu Pfahl unterwegs war. Hier und da stand ein was wir Transformatorhäuschen nannten. Ein kleines hohes Bauwerk, wo an der einen Seite der Strom mit 10.00 Volt hineinkam und anderswo mit 220 Volt wieder verließ. Das Betreten eines Transformatorhäuschens war um verständlichen Gründen strengstens verboten. Nicht aber für Herr R. der ja bei der Stromgesellschaft tätig war. Er nutzte seine Stelle als Versteckmöglichkeit indem er sein Motorrad inklusive Seitenwagen in dem Transformatorhaus verbarg. Stärker noch: mit Hilfe irgendwelcher Hebegeräte (Leinen, Tauen, Kabel, fragen Sie mich bitte nicht wie, denn ich war nicht dabei,) beförderte er sein Rad bis auf die oberste Etage.
Als, am 28. März 1945, die Alliierten (Tommies, sagten wir) uns befreiten, war eine der ersten Taten des Herrn R. die Befreiung seines Motorrades. Mit einem Kanister bettelte er dann bei den Kanadier und Briten um Benzin, säuberte sein Rad nebst Seitenwagen vom vielen angesammelten Staub, und fuhr dann fröhlich durch die Gegend. Seine Schwiegermutter hatte inzwischen von Lappen und Tüchern einen Nationalflagge (rot-weiß-blau) hergestellt welche frisch im Winde verwehte.
Verzeihung, aber wie weißt du das alles? Das hat mir der Herr erzählt der nach der Beerdigung der Frau R. bei mir zu Besuch war. Er war es nämlich der als sehr kleiner Junge im Seitenwagen mitfahren durfte. Und dann muß die Geschichte wohl stimmen. Und wenn nicht, dann ist sie schön erfunden.
So ein Motorrad meine ich:
Herr R. war in den Jahren 1935-1955 Elektrofachmann von Beruf: er arbeitete bei den provinziellen Elektrizitätswerken als Monteur. Er sorgte dafür daß der Strom von der Zentrale ungebremst fließend die Schalter in unseren Häusern erreichte. Bei Störungen sah man Herr R. in den Telegraphenstangen klettern - so mit eisernen Haken an den Schuhen - um den Drahtmischmasch zu entwirren.
Herr R. besaß nóch eine Besonderheit: er fuhr auf einem Motorrad (Marke DKW, BMW, Jawa, oder so etwas ähnliches) durch die Lande. Doppelt besonders war der Seitenwagen. Herr R. konnte wenn er denn wollte drei Personen von A nach B befördern: sich selber, ein Passagier hinten drauf und der zweite im Seitenwagen.
Dann, 1940, kam der Krieg. Nach einiger Zeit begann die Besatzungsmacht alle Motorräder (und Fahrräder) zu beschlagnahmen. Wer konnte, versuchte sein Rad irgendwo zu verstecken. So auch der Herr R.
Vielleicht erinnern Sie sich der Zeit wo der Strom überirdisch von Pfahl zu Pfahl unterwegs war. Hier und da stand ein was wir Transformatorhäuschen nannten. Ein kleines hohes Bauwerk, wo an der einen Seite der Strom mit 10.00 Volt hineinkam und anderswo mit 220 Volt wieder verließ. Das Betreten eines Transformatorhäuschens war um verständlichen Gründen strengstens verboten. Nicht aber für Herr R. der ja bei der Stromgesellschaft tätig war. Er nutzte seine Stelle als Versteckmöglichkeit indem er sein Motorrad inklusive Seitenwagen in dem Transformatorhaus verbarg. Stärker noch: mit Hilfe irgendwelcher Hebegeräte (Leinen, Tauen, Kabel, fragen Sie mich bitte nicht wie, denn ich war nicht dabei,) beförderte er sein Rad bis auf die oberste Etage.
Als, am 28. März 1945, die Alliierten (Tommies, sagten wir) uns befreiten, war eine der ersten Taten des Herrn R. die Befreiung seines Motorrades. Mit einem Kanister bettelte er dann bei den Kanadier und Briten um Benzin, säuberte sein Rad nebst Seitenwagen vom vielen angesammelten Staub, und fuhr dann fröhlich durch die Gegend. Seine Schwiegermutter hatte inzwischen von Lappen und Tüchern einen Nationalflagge (rot-weiß-blau) hergestellt welche frisch im Winde verwehte.
Verzeihung, aber wie weißt du das alles? Das hat mir der Herr erzählt der nach der Beerdigung der Frau R. bei mir zu Besuch war. Er war es nämlich der als sehr kleiner Junge im Seitenwagen mitfahren durfte. Und dann muß die Geschichte wohl stimmen. Und wenn nicht, dann ist sie schön erfunden.
So ein Motorrad meine ich:
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