Montag, 2. September 2013
Bagatelle 197 - Nachträglich
Vieles Negatives kann man über mich schreiben und einiges Unschönes, mich selber betreffend, mündlich verbreiten, aber man sollte bitte nicht behaupten, sei es schriftlich oder mündlich, daß ich einer Person oder einer Institution etwas nachtrage. Nein, wenn eine Sache, sei sie auch schwierig und diskutabel, zwischen zwei Parteien, von denen ich eine bin, ausgehandelt ist, mit einem vielleicht für den einen oder anderen nicht unbedingt günstigen Ablauf, ist die Sache für mich aus und vorbei. Sand drüber. Man muß seinen Verlust akzeptieren und seinen Gewinn feiern können, meinen Sie nicht auch? Aber danach ist die Sache erledigt. Endgültig.

Das gilt auch meiner Haltung öffentlichen Behörden gegenüber. Nehmen wir zum Beispiel die Einrichtung welche wir nicht klipp und klar Strafanstalt, sondern euphemistisch die Steuerbehörde nennen. Meines Erachtens ist die Summe, welche diese Anstalt jedes Jahr aufs neue von mir fordert, völlig überzogen. Ich verstehe schon, daß das Land von mir Steuergelder fordert um Deiche zu bauen, Schulbusse fahren zu lassen und einen Teil meines Einkommens verlangt damit die Volksvertreter eine angemessene Besoldung bekommen. Aber, muß es gleich so viel sein? Gibt es dann keine einzige Behörde welche sich in meine Lage versetzt und Mitleid anmeldet? Auch nachträglich nicht?

Ich wußte es nicht, aber doch: es gibt sie! Tatsächlich! Lesen Sie als treffender Beweis die folgende unglaubliche, aber wahre Kurzgeschichte.
Mein ältester Bruder verstarb im Jahre 2009. Er hatte mich als sein Testamentsvollstrecker ernannt. Weil mein Bruder die letzten Jahre seines Lebens in Deutschland wohnte, war die Abwicklung des Testamentes keine so einfache Aufgabe. Aber Anfang diesen Jahres, 2013 also, war alles geregelt. Mein Bruders Haus verkauft und sämtliche Forderungen und Schulden ausgeglichen. Die Erben bekamen was ihnen zustand - die Erbschaftssteuer lassen wir für den Moment außer Betracht - und der Testamentsvollstrecker beglückwünschte sich selbst weil die Angelegenheit erfolgreich erledigt und abgeschlossen schien. Schien? Ja, schien. Denn vor einigen Wochen meldeten sich die Behörden bei mir. Nachträglich.

(1) Zuerst kam ein Brief von der niederländischen Steuerbehörde. "Lieber Herr Dr. Terracidus", meldete sie, "wie wir festgestellt haben, hat ihr verstorbener Bruder im Jahre 2007 zuviel Einkommenssteuer gezahlt. Weil das ungerecht ist und weil auch wir das ungerecht finden, erstatten wir Ihnen das zuviel Bezahlte zurück: eine Summe von sage und schreibe 942 Euro." (Ich fasse die Mitteilung sinngemäß zusammen, was Sie sicherlich gemerkt haben.)
Ist das nicht außergewöhnlich? Und Freude bringend? Eine Behörde welche unaufgefordert, aus eigenen Stücken, kein Geld fordert, sondern zurückerstattet? Und das alles nachträglich! Wenn die Steuerbehörde sich nicht gemeldet hatte, hätte kein Hahn danach gekräht!
(Noch mehr freudebringend war der letzte Satz in dem Steuerbrief, worin die Behörde die Möglichkeit nicht ausschloß, daß auch für das Jahr 2006 noch eine Zurückerstattung folgen könnte ..)




(2) Dann kam der Brief vom Deichverband, einer deutschen Behörde. Der Deichgraf ließ mitteilen, daß (wiederum sinngemäß) "der Herr Dr. Dr. T. Acidus, als Testamentsvollstrecker seines verstorbenen Bruders, welcher wohnhaft in Deutschland, unterlassen habe den Beitrag für den Unterabschnitt Hochwasserschutz (Haushaltsjahr 2010) zu zahlen. Der Betrag betrüge 25 Euro und 15 Cents. Der Termin in dem die Summe bezahlt werden könne, endete am 30.9.2013. Mit herzlichen Grüßen."
So kann es auch. Man glaubt alles abschließen zu können, weil alles zu zahlende bezahlt und alles zu regelnde geregelt ist, kommt die Behörde und bittet nachträglich um 25 Euro und ein Bißchen.





Vor einigen Tagen dann habe ich dem Deichverband um fünfundzwanzig Euro reicher gemacht. Denn was ihm rechtens zusteht, soll auch Recht bleiben. Und wer würde nicht gerne lumpige 25 Euro beitragen zur Bekämpfung von Hochwasserkatastrophen, auch wenn das eigene Gelände mindestens zwanzig Meter über den Meeresspiegel liegt und Vater Rhein weit weg strömt? Nennen wir es Solidarität mit den Menschen die tatsächlich der Gefahren einer Überschwemmung ausgesetzt sind.
Und danken wir schließlich allen Behörden die dauernd an uns denken. Auch nachträglich.

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