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Donnerstag, 14. Oktober 2010
Bagatelle LXXVI - Zwiegespann & Zwiespalt
terra40, 23:42h

Bitter kalt, nicht? (’t Is vinnig koud.)
Ach was! Hab dich nicht so! (Dat is ‘t niet.)
Jetzt, im Oktober, wo der erste Nachtfrost auf leisen Sohlen näher kommt, freuen wir uns schon auf die kommenden winterlichen Zwiegespräche, wie sie Rembrandt 1639 in unnachahmlichen Stichen festgehalten hat.
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Sonntag, 10. Oktober 2010
Bagatelle LXXV - Eine unmögliche Figur
terra40, 00:03h
Was mag der wohl meinen? Einen Damenseufzer beim Blick im Badewannenspiegel? Das Benehmen des geehrten Gatten beim diesjährigen Jahresempfang des OB? (Nachdem er nur zwei Wodkas zu sich genommen hatte, konnte er kein vernünftiges, geschweige denn ordentliches Gespräch mehr führen.) Oder ist es eine rätselhafte Figur aus dem Schachspiel? Ein unbeweglicher Springer vielleicht, der sich benimmt wie ein Läufer?
Nein, es ist das Kalenderblatt das einer meiner Neffen mir zu Liebe mir hat zukommen lassen. Sie wissen wie das geht. Da, manchmal am kleinsten Örtchen im Hause, hängt der Abreißkalender. Und mit einem Griff verschieben wir das Datum von gestern auf heute, den 25. September.
Was zeigt uns heute wieder mal der Abreißer? Welche Überraschung hat er für uns in petto? Am 25. September ist es eine unmögliche Figur. Bestehend aus neun Würfeln die auf eine unmögliche Art und Weise an einander verknüpft sind. Ein berühmtes Bild des schwedischen Designers und Grafikers Oscar Reutersvärd. So berühmt, daß aus ihm eine 25cents Briefmarke geworden ist. Wir sehen ein Dreieck und können mit einiger Phantasie von dem einen auf den nächsten Kubus springen oder klettern, bis wir die Ausgangslage wieder erreicht haben.
Diese Mischung zwischen zwei- und dreidimensional befremdet. Wir fühlen uns übergangen und auf den Arm genommen. Einer versucht uns reinzulegen. Mit nur wenigen Linien zeigt der Graphiker uns eine anormale, verschwommene und verworrene Welt in der es keinen normalen Weg gibt der uns aufatmen läßt. Jedoch, die Figur ist schlichtweg schön. Interessant auf jedem Fall.
Vor geraumer Zeit brauchte ich diese unmögliche Figur (in einer gering abgeänderten Form) für den Umschlag eines Buches. Worauf ich dem Herrn Reutersvärd, irgendwo in Schweden wohnhaft, einen Brief schrieb mit der Bitte um Zustimmung. Sie mögen sich meine Glückseligkeit vorstellen, als bald darauf ein sehr freundlicher Brief aus Schweden eintraf mit Herrn Reutersvärds Bewilligung. Der Graphiker hatte noch eine kostbare Überraschung hinzugefügt: eine neue, speziell für mich entworfene, unmögliche Figur, oder ‘perspectives japonaise’ wie Reutersvärd seine Unmöglichkeiten nannte. Meine Figur ist die perspective japonaise No. 482, für die ich den Entwerfer und Schenker noch jeden Tag dankbar bin.
Herr Reutersvärds Interesse galt nicht nur geometrischen Figuren. Haben Sie je solch einen unmöglichen Elefanten gesehen? Das meine ich.

Nein, es ist das Kalenderblatt das einer meiner Neffen mir zu Liebe mir hat zukommen lassen. Sie wissen wie das geht. Da, manchmal am kleinsten Örtchen im Hause, hängt der Abreißkalender. Und mit einem Griff verschieben wir das Datum von gestern auf heute, den 25. September.
Was zeigt uns heute wieder mal der Abreißer? Welche Überraschung hat er für uns in petto? Am 25. September ist es eine unmögliche Figur. Bestehend aus neun Würfeln die auf eine unmögliche Art und Weise an einander verknüpft sind. Ein berühmtes Bild des schwedischen Designers und Grafikers Oscar Reutersvärd. So berühmt, daß aus ihm eine 25cents Briefmarke geworden ist. Wir sehen ein Dreieck und können mit einiger Phantasie von dem einen auf den nächsten Kubus springen oder klettern, bis wir die Ausgangslage wieder erreicht haben.

Diese Mischung zwischen zwei- und dreidimensional befremdet. Wir fühlen uns übergangen und auf den Arm genommen. Einer versucht uns reinzulegen. Mit nur wenigen Linien zeigt der Graphiker uns eine anormale, verschwommene und verworrene Welt in der es keinen normalen Weg gibt der uns aufatmen läßt. Jedoch, die Figur ist schlichtweg schön. Interessant auf jedem Fall.
Vor geraumer Zeit brauchte ich diese unmögliche Figur (in einer gering abgeänderten Form) für den Umschlag eines Buches. Worauf ich dem Herrn Reutersvärd, irgendwo in Schweden wohnhaft, einen Brief schrieb mit der Bitte um Zustimmung. Sie mögen sich meine Glückseligkeit vorstellen, als bald darauf ein sehr freundlicher Brief aus Schweden eintraf mit Herrn Reutersvärds Bewilligung. Der Graphiker hatte noch eine kostbare Überraschung hinzugefügt: eine neue, speziell für mich entworfene, unmögliche Figur, oder ‘perspectives japonaise’ wie Reutersvärd seine Unmöglichkeiten nannte. Meine Figur ist die perspective japonaise No. 482, für die ich den Entwerfer und Schenker noch jeden Tag dankbar bin.

Herr Reutersvärds Interesse galt nicht nur geometrischen Figuren. Haben Sie je solch einen unmöglichen Elefanten gesehen? Das meine ich.

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Dienstag, 5. Oktober 2010
Bagatelle LXXIV - Spitzweg
terra40, 00:02h
Ich schäme mich dessen nicht: ich liebe das Schreiben und Zeichnen mit Hilfe eines ordinären Bleistiftes. Dieser zederhölzerne Schreibapparat mit seinem bleiernen, grauenhaftschwarzen Kern. Einfach in der Handhabe und großartig in der Leistung. Nur das fortwährende Abbrechen der Spitze läßt mich mit Seufzen aufhorchen, Ärgernis verbreiten und sogar leicht wütend in Verzweiflung trauern. Ja doch: die Spitze ist weg, futsch, verschwunden. Und wie oft muß man feststellen daß die Suche nach dem Anspitzer jetzt unbedingt anfangen soll, will man innerhalb einer halben Stunde etwas Vernünftiges aufs Papier gebracht haben. Denn Anspitzer liegen immer dort im Haus wo man sie, Ehrenwort, niemals hat hingelegt.
Wieso und weshalb spricht man von ‘Blei’ in ‘Bleistift’? Ich habe mich beraten lassen von einigen Sachverständigen. Diese behaupten, daß man früher das Graphit - als tragender Kern des Schreibstocks - für eine minderwertige Qualität Bleierz gehalten habe. Wie auch immer, der Name Bleistift ist mir geläufiger als der etwas unecht anmutender Begriff: Graphitstift. Dabei muß ich immer an die üppigen Wandmalereien in den U-Bahn-Gängen denken.
Ich weiß es noch genau. Der Vorgang steht klar und deutlich in meinem Gedächtnis. Da kommt, wie am jeden Montagmorgen, der Herr Grundschullehrer. In der einen Hand trägt er die Gimborn-Tintenflasche womit er den dickgläsernen Behälter in unserer hölzernen Schulbank füllt. In der anderen Hand eine Schachtel mit kupferfarbigen metallenen Federn die man in den Holzhandgriff schiebt. Der gütige Herr Lehrer schenkt uns jede neue Woche Tinte und Feder. Er sagt: So, nun schreibt mal mit Feder und Tinte schön in euren Schönschriftheften. Sonst schreibt ihr bitte nur mit Bleistift und – an der Tafel wenn ich’s erlaube - mit kalkiger Kreide.
Der kritische Punkt an dem Bleistift ist natürlich die Spitze. Spitz soll die Spitze sein: erst dann schreibt man schön dünn und fein. Mit einem leisen, luftigen Auf-bewegung – der Buchstabe F kleingeschrieben zum Beispiel - und einem kräftigen Abstrich nach unten. Schreiben mit einem Bleistift ist eine wunderbare Angelegenheit. Nicht nur durch die Möglichkeit des Ausradierens beim Nicht-Gelingen. Hört und seht wie sanft scheuernd und geschmeidig der Graphit meiner Handbewegung folgt.
Zeichnen mit Bleistift ist das non-plus-ultra. Schon mit einem einfachen handelsüblichen Faber (HB) Bleistift lassen sich die schönsten Porträts zeichnen. Geschweige die Farbenpracht wenn man eine 24-Teilige Caran d’Ach Kassette benutzen kann. Wie stolz war ich, wenn ich am Tage nach Sankt Nikolaus in die Schule kam mit sage und schreibe acht neuen Farbstiften in ebenso vielen verschiedenen Farben!
Das Schleifen der Bleistiftspitzen war und ist eine Kunst für sich. Die meisten Schullehrer und Fräuleins waren Meister(innen). Oft hatten sie an ihrem Schreibtisch einen Schleifapparat montiert, einen mechanischen Bleistiftanspitzer. Von vorne steckte der Herr Lehrer einen Bleistift hinein und von hinten drehte er so geschmeidig und fließend an einem Rädchen, daß die schönster Zederholzspiralen hervorkamen. Wenn fertig gingen wir strahlend mit unserem gespitzten Bleistift an unseren Platz zurück. Bis ein bißchen Druck zu viel meinerseits die Bleistiftspitze aufs neue brechen ließ.
Wer schreibt und zeichnet heute noch mit einem Bleistift? Ihr untertänigster Diener hier tut es. Ohne Scherz: auf meinem Arbeitstisch steht immer ein Glas mit Bleistiften. In vielen Farben und Härten. Am liebsten sind mir die schlichten, grauschwarzen HB-Stifte, womit man so herrlich eine Bagatelle aufs Papier schreibt.
Zugabe: eine Bleistiftzeichnung von Joseph Haydn, gemacht von Terra Sr. in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Wieso und weshalb spricht man von ‘Blei’ in ‘Bleistift’? Ich habe mich beraten lassen von einigen Sachverständigen. Diese behaupten, daß man früher das Graphit - als tragender Kern des Schreibstocks - für eine minderwertige Qualität Bleierz gehalten habe. Wie auch immer, der Name Bleistift ist mir geläufiger als der etwas unecht anmutender Begriff: Graphitstift. Dabei muß ich immer an die üppigen Wandmalereien in den U-Bahn-Gängen denken.

Ich weiß es noch genau. Der Vorgang steht klar und deutlich in meinem Gedächtnis. Da kommt, wie am jeden Montagmorgen, der Herr Grundschullehrer. In der einen Hand trägt er die Gimborn-Tintenflasche womit er den dickgläsernen Behälter in unserer hölzernen Schulbank füllt. In der anderen Hand eine Schachtel mit kupferfarbigen metallenen Federn die man in den Holzhandgriff schiebt. Der gütige Herr Lehrer schenkt uns jede neue Woche Tinte und Feder. Er sagt: So, nun schreibt mal mit Feder und Tinte schön in euren Schönschriftheften. Sonst schreibt ihr bitte nur mit Bleistift und – an der Tafel wenn ich’s erlaube - mit kalkiger Kreide.
Der kritische Punkt an dem Bleistift ist natürlich die Spitze. Spitz soll die Spitze sein: erst dann schreibt man schön dünn und fein. Mit einem leisen, luftigen Auf-bewegung – der Buchstabe F kleingeschrieben zum Beispiel - und einem kräftigen Abstrich nach unten. Schreiben mit einem Bleistift ist eine wunderbare Angelegenheit. Nicht nur durch die Möglichkeit des Ausradierens beim Nicht-Gelingen. Hört und seht wie sanft scheuernd und geschmeidig der Graphit meiner Handbewegung folgt.
Zeichnen mit Bleistift ist das non-plus-ultra. Schon mit einem einfachen handelsüblichen Faber (HB) Bleistift lassen sich die schönsten Porträts zeichnen. Geschweige die Farbenpracht wenn man eine 24-Teilige Caran d’Ach Kassette benutzen kann. Wie stolz war ich, wenn ich am Tage nach Sankt Nikolaus in die Schule kam mit sage und schreibe acht neuen Farbstiften in ebenso vielen verschiedenen Farben!

Das Schleifen der Bleistiftspitzen war und ist eine Kunst für sich. Die meisten Schullehrer und Fräuleins waren Meister(innen). Oft hatten sie an ihrem Schreibtisch einen Schleifapparat montiert, einen mechanischen Bleistiftanspitzer. Von vorne steckte der Herr Lehrer einen Bleistift hinein und von hinten drehte er so geschmeidig und fließend an einem Rädchen, daß die schönster Zederholzspiralen hervorkamen. Wenn fertig gingen wir strahlend mit unserem gespitzten Bleistift an unseren Platz zurück. Bis ein bißchen Druck zu viel meinerseits die Bleistiftspitze aufs neue brechen ließ.
Wer schreibt und zeichnet heute noch mit einem Bleistift? Ihr untertänigster Diener hier tut es. Ohne Scherz: auf meinem Arbeitstisch steht immer ein Glas mit Bleistiften. In vielen Farben und Härten. Am liebsten sind mir die schlichten, grauschwarzen HB-Stifte, womit man so herrlich eine Bagatelle aufs Papier schreibt.
Zugabe: eine Bleistiftzeichnung von Joseph Haydn, gemacht von Terra Sr. in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts.

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Sonntag, 26. September 2010
Bagatelle LXXIII - Fülle in Hülle
terra40, 23:47h
Manche, denen diese Worte unter die geehrten Augen kommen, werden vermuten, daß diese Bagatelle über die Vollheit des Lebens (eine imposante Leberwurst, dickleibiger Obesitas, zweihundert Anwesende wo nur 201 gerade hineinpassen, eine überlaufende Badewanne) oder so etwas ähnliches handelt. Diese manche liegen ziemlich falsch.
Mir geht es in diesem Beitrag um Formen des Umwandelns von abstrakt bis konkret. Um das verbinden von Form und Inhalt. Um die Verpackung und das verpackte Innere. Die unsagbare Schönheit M. Dietrichs Beine zum Beispiel (wovon ein berühmter holländischer Schriftsteller einmal gesagt hat, daß seine Ehefrau himmelsglücklich wäre, wenn sie nur eins davon besäße,) Marlenes Beine also in Seidenstrümpfen. So etwas. Es betrifft die Äußerlichkeit und das Innenleben, die Bedeckung und das Bedeckte, die Kleidung und alles schöne Verborgene darunter, die Hülle -im meist wörtlichen Sinne- und was sie beinhaltet.
Früher, und wie ich mir habe sagen lassen, auch heute wieder, gibt es Langspielplatten zu kaufen mit den schönsten musikalischen Äußerungen, je nach ihrem Geschmack. Ein Babsches Lied, Duke Ellington in seiner Gloriezeit, Bach (JS) auf der Domorgel zu Raunen-an-der-Ruhr, ACDC. Wie es Euch gefällt, as you like it.
In der Vergangenheit wovon ich jetzt rede, haben wir oft second-hand LP’s, Langspielplatten aus zweiter Hand, gekauft. In ziemlich obskuren Läden, wo die Dunkelheit die Kratzer auf der LP-Oberfläche verbarg. Für wenig Geld eine komplette Oper. Eine Beethoven-Kassette mit sämtlichen Streichquartetten. Außer das eine, Opus 234 nr. 6, in Es-Dur, was man erst zu Hause bemerkte.
Manchmal war nur die Platte da, während die beipassende Hülle fehlte. Vielleicht, so dachte man, hat sie, die Hülle, sich einer anderen LP erbarmet, welche noch viel schlimmer unter ihre Nacktheit zu leiden hatte. Aber kein Grund zur Aufregung und Panik: wir setzten uns hin und fingen an selber eine Plattenhülle zu entwerfen. Gezeichnet auf Freude verbreitendem Karton, und nachher kunstvoll zusammen gefaltet, bekam die Musik einen neuen Schutz vor den Qualen der Gegenwart, wie Kratzer, Spucke, Schmutz und Staub.
So zum Beispiel bekam die Verdi-Oper Il Trovatore eine neue Hülle: schwarz auf weiß: die vier Hauptpersonen. Gezeichnet von meinem künstlerisch stark veranlagten jüngeren Bruder der sich auch verantwortlich weiß für das zweite Beispiel in dieser Reihe.
Umschlungen durch fabelhaft wunderbare schwarz-weiß Blüten singt innen die weltberühmte Sopranistin Elly Ameling eine Händel-Aria und anderseits von Johann Sebastian Bach: Non sa che sia dolore (BWV 209). In Hülle und Fülle: doppelt schön!

Mir geht es in diesem Beitrag um Formen des Umwandelns von abstrakt bis konkret. Um das verbinden von Form und Inhalt. Um die Verpackung und das verpackte Innere. Die unsagbare Schönheit M. Dietrichs Beine zum Beispiel (wovon ein berühmter holländischer Schriftsteller einmal gesagt hat, daß seine Ehefrau himmelsglücklich wäre, wenn sie nur eins davon besäße,) Marlenes Beine also in Seidenstrümpfen. So etwas. Es betrifft die Äußerlichkeit und das Innenleben, die Bedeckung und das Bedeckte, die Kleidung und alles schöne Verborgene darunter, die Hülle -im meist wörtlichen Sinne- und was sie beinhaltet.
Früher, und wie ich mir habe sagen lassen, auch heute wieder, gibt es Langspielplatten zu kaufen mit den schönsten musikalischen Äußerungen, je nach ihrem Geschmack. Ein Babsches Lied, Duke Ellington in seiner Gloriezeit, Bach (JS) auf der Domorgel zu Raunen-an-der-Ruhr, ACDC. Wie es Euch gefällt, as you like it.
In der Vergangenheit wovon ich jetzt rede, haben wir oft second-hand LP’s, Langspielplatten aus zweiter Hand, gekauft. In ziemlich obskuren Läden, wo die Dunkelheit die Kratzer auf der LP-Oberfläche verbarg. Für wenig Geld eine komplette Oper. Eine Beethoven-Kassette mit sämtlichen Streichquartetten. Außer das eine, Opus 234 nr. 6, in Es-Dur, was man erst zu Hause bemerkte.
Manchmal war nur die Platte da, während die beipassende Hülle fehlte. Vielleicht, so dachte man, hat sie, die Hülle, sich einer anderen LP erbarmet, welche noch viel schlimmer unter ihre Nacktheit zu leiden hatte. Aber kein Grund zur Aufregung und Panik: wir setzten uns hin und fingen an selber eine Plattenhülle zu entwerfen. Gezeichnet auf Freude verbreitendem Karton, und nachher kunstvoll zusammen gefaltet, bekam die Musik einen neuen Schutz vor den Qualen der Gegenwart, wie Kratzer, Spucke, Schmutz und Staub.

So zum Beispiel bekam die Verdi-Oper Il Trovatore eine neue Hülle: schwarz auf weiß: die vier Hauptpersonen. Gezeichnet von meinem künstlerisch stark veranlagten jüngeren Bruder der sich auch verantwortlich weiß für das zweite Beispiel in dieser Reihe.
Umschlungen durch fabelhaft wunderbare schwarz-weiß Blüten singt innen die weltberühmte Sopranistin Elly Ameling eine Händel-Aria und anderseits von Johann Sebastian Bach: Non sa che sia dolore (BWV 209). In Hülle und Fülle: doppelt schön!

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Freitag, 17. September 2010
Bagatelle LXXII - Doppelter Aron
terra40, 22:27h
Aronsstäbe: in Süd-Afrika hab ich die oft gesehen. Grünblättrig und weißblumig sind sie. Sie wachsen dort im Süden verwildert an Straßenrändern. Ich kann Ihnen auch zeigen wie die Stäbe bei uns zu Hause leben und gedeihen. Sie stehen hinterm Hof, links die Scheune und rechts die Garage mit Fahrradparkplatz. Der steinerne Pfad führt zum Hühnerstall und anderen Gebäuden. Wir lassen die Aronsstäbe gedeihen. Nur einen Eimer Wasser in Trockenzeiten bekommen sie.
Diese Bagatelle, werden Sie besorgt fragen, handelt doch nicht über so etwas Banales wie ein Aronsstab? Nein, der Aronsstab ist nur der Anlaß. Es kommt so und daher.
Oft steh’ ich vor meinem Bücherschrank und lasse meinen Zeigefinger die Buchrücken streicheln. Manchmal sogar nehme ich ein Buch aus der Reihe, entferne durch blasen den Staub, schlage es auf und fange an zu lesen. Oft frage ich mich wie es denn möglich sein kann, daß ich dieses köstliche Buch so lange alleine, geschlossen, in den Schrank habe stehen lassen.
Gestern war es wieder so weit. Ich nehme ein Buch in A4-Format aus dem Schrank und stelle fest daß ich Stories op Rym, een keur van vroeë Afrikaanse verhalende verse (Geschichten auf Reim, eine Auswahl früherer (Süd)Afrikanischer Verse) in Händen habe. Der Editor Pieter Grobbelaar hat einige klassischen, epischen Gedichte aus der südafrikanischen Literatur gesammelt und wieder zum Vorschein gebracht. Die (schönen) Illustrationen sind van einer gewissen Annette Stork gemacht worden. Ich rieche die Seiten, und genieße von den alten, schönen Geschichten. Die blumenreiche afrikanische Sprache ist nicht nur die Sprache der Apartheid, stelle ich wiederum fest. Bis ein Schrecken über mich fällt.
Er hat sich auf eine steinerne Treppe gesetzt. In seinen Armen ein kleiner Strauß Aronsstäbe. Mit geschlossenen Augen, der Kopf etwas nach hinten gelehnt, läßt er in Ekstase Glücksgefühle über sich herein tröpfeln. Die Annette hat ihn auf Seite 9 neben dem Vorwort des Pieter Grobbelaar postiert. Ich seh’ mir den Jungen an und denke sofort: Bürschen, dich kenne ich! Ich hab’ dich schon mal gesehen! Und ich weiß auch wo.
Ohne nachzudenken begebe ich mich zu einem anderen Bücherschrank in einem Zimmer anderswo im Hause und hole mir vom zweiten Regal von oben Het Beste uit LIFE hervor. Aus 36 Jahrgängen (1936 bis ‘72) dieser berühmten amerikanischen Zeitschrift haben einige Redakteure die 780 schönsten und bekanntesten Fotos selektiert. Ich blättere zehn Sekunden und dort, auf Seite 190, steht er: Aron (so nenne ich ihn) in Ekstase. Um 1948 ist Aron ein Wiener Waisenknabe der vom amerikanischen Roten Kreuz ein Paar neue Schuhe bekommen hat.
Überhaupt kein Zweifel daß es hier um denselben Aron handelt. Die Annette Stork hat den Wiener Aron benutzt als Vorbild für den südafrikanischem Aron mit seinen grünweißen Aronsstäben. Eigentlich eine Form von Plagiat, möchte ich meinen. Die Annette hätte wenigstens die Quelle angeben sollen wo sie ihren Aron entdeckt hat...
Aber so streng wollen wir nicht sein. Und schon gar nicht wenn wir noch einmal das Gesicht des Wiener Arons auf uns einwirken lassen. Diese Freude! Da bekommt man gute Laune. Da wird der heutige Tag ein schöner Tag. Da bin ich sicher.
Quellenangabe:
- Pieter W. Grobbelaar (Ed.) Stories op Rym. Keur van vroeë Afrikaanse verhalende verse. Pretoria: LAPA Uitgewers, 2000.
- David E. Scherman (Ed.). Het Beste uit LIFE. Time-Life International (Nederland), 1974.

Diese Bagatelle, werden Sie besorgt fragen, handelt doch nicht über so etwas Banales wie ein Aronsstab? Nein, der Aronsstab ist nur der Anlaß. Es kommt so und daher.
Oft steh’ ich vor meinem Bücherschrank und lasse meinen Zeigefinger die Buchrücken streicheln. Manchmal sogar nehme ich ein Buch aus der Reihe, entferne durch blasen den Staub, schlage es auf und fange an zu lesen. Oft frage ich mich wie es denn möglich sein kann, daß ich dieses köstliche Buch so lange alleine, geschlossen, in den Schrank habe stehen lassen.
Gestern war es wieder so weit. Ich nehme ein Buch in A4-Format aus dem Schrank und stelle fest daß ich Stories op Rym, een keur van vroeë Afrikaanse verhalende verse (Geschichten auf Reim, eine Auswahl früherer (Süd)Afrikanischer Verse) in Händen habe. Der Editor Pieter Grobbelaar hat einige klassischen, epischen Gedichte aus der südafrikanischen Literatur gesammelt und wieder zum Vorschein gebracht. Die (schönen) Illustrationen sind van einer gewissen Annette Stork gemacht worden. Ich rieche die Seiten, und genieße von den alten, schönen Geschichten. Die blumenreiche afrikanische Sprache ist nicht nur die Sprache der Apartheid, stelle ich wiederum fest. Bis ein Schrecken über mich fällt.

Er hat sich auf eine steinerne Treppe gesetzt. In seinen Armen ein kleiner Strauß Aronsstäbe. Mit geschlossenen Augen, der Kopf etwas nach hinten gelehnt, läßt er in Ekstase Glücksgefühle über sich herein tröpfeln. Die Annette hat ihn auf Seite 9 neben dem Vorwort des Pieter Grobbelaar postiert. Ich seh’ mir den Jungen an und denke sofort: Bürschen, dich kenne ich! Ich hab’ dich schon mal gesehen! Und ich weiß auch wo.
Ohne nachzudenken begebe ich mich zu einem anderen Bücherschrank in einem Zimmer anderswo im Hause und hole mir vom zweiten Regal von oben Het Beste uit LIFE hervor. Aus 36 Jahrgängen (1936 bis ‘72) dieser berühmten amerikanischen Zeitschrift haben einige Redakteure die 780 schönsten und bekanntesten Fotos selektiert. Ich blättere zehn Sekunden und dort, auf Seite 190, steht er: Aron (so nenne ich ihn) in Ekstase. Um 1948 ist Aron ein Wiener Waisenknabe der vom amerikanischen Roten Kreuz ein Paar neue Schuhe bekommen hat.

Überhaupt kein Zweifel daß es hier um denselben Aron handelt. Die Annette Stork hat den Wiener Aron benutzt als Vorbild für den südafrikanischem Aron mit seinen grünweißen Aronsstäben. Eigentlich eine Form von Plagiat, möchte ich meinen. Die Annette hätte wenigstens die Quelle angeben sollen wo sie ihren Aron entdeckt hat...
Aber so streng wollen wir nicht sein. Und schon gar nicht wenn wir noch einmal das Gesicht des Wiener Arons auf uns einwirken lassen. Diese Freude! Da bekommt man gute Laune. Da wird der heutige Tag ein schöner Tag. Da bin ich sicher.
Quellenangabe:
- Pieter W. Grobbelaar (Ed.) Stories op Rym. Keur van vroeë Afrikaanse verhalende verse. Pretoria: LAPA Uitgewers, 2000.
- David E. Scherman (Ed.). Het Beste uit LIFE. Time-Life International (Nederland), 1974.
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Samstag, 11. September 2010
Bagatelle LXXI - Schwielen
terra40, 21:45h

Was Sie hier sehen, befindet sich am Scheideweg zwischen Leben und Tod. Es sind, verzeiht mir bitte, meine eigenen Füße, welche für diese Bagatellgelegenheit schön in Pose gezeigt werden. Was heißt hier übrigens ‘schön’? Natürlich streiten wir nicht über Ästhetik oder Geschmack. Sie mögen alles Unschöne über meine Füße verbreiten, aber Sie können unmöglich behaupten, daß sie nicht schön sauber seien. Die weißen Streifen, etwas südlich von meinen Zehen, sind Hautflächen welche von Teilen meiner ledernen Sandaletten (oder wie die heißen) bedeckt werden und dadurch ungebräunt geblieben sind. Nicht daß Sie denken es sei Fußpilz oder schlimmer: Skorbut.
Auf dem Spann des linken Fußes sieht man in der Fußlandschaft eine weiße Anhöhe. Es ist eine Schwiele. Die ist eine Folge des Holzschuh-gehens. (Bitte nicht zu verwechseln mit ‘Holzschuh-Gen’.) Ich meine: durch das ständige sich fortbewegen auf Holzschuhen ist die damit verbundenen Reibung zwischen Beinhaut und Holzschuhholz eine Folge. Am rechten Fuß ist ähnliches zu sehen und auch an den Fersen findet man kleine aber durchaus tüchtige Schwielen.
Ich weiß nicht recht: gibt es nur Schwielen in Plural? Besteht auch die einzelne, einzige Schwiele? Und die weit wichtigerer Frage die da lautet: zu welcher Art Materie gehören die Schwielen? Zu der lebendigen oder zu der toten? Schwielen kommen und gehen. Man kann sie entfernen oder wegschneiden (ohne daß es schmerzt) aber sie wachsen und kommen bestimmt wieder zurück. Also doch lebende Materie? Sticht man mit einer Nadel in die Schwiele, so fühlt es sich an wie toter Stoff. Alles Rätsel die auch die Evolution uns nicht recht erklären kann.
Schwielen entstehen also durch Reibung. Im Falle von Holzschuhen Haut gegen Holz oder umgekehrt. Es macht Schwielen nichts aus ob man in den Holzschuhen Socken trägt oder – was ich selber oft tue – barfüßig daher geht. Bei der Arbeit auf unserem Bauernhof, wo immer etwas anfällt, trage ich immer und am liebsten Holzschuhe, oder wie wir sagen ‘klompen’. Für manche sind Holzschuhe Marterwerkzeuge, aber nicht für mich. Außerdem sind Holzschuhe kühl im Sommer und warm im Winter. Sie halten die Füße trocken in Regenschauern und ertragen einen fallendes Bäumchen oder einen aus der Hand fliegenden Hammer. Wem je ein Baumstamm auf den Fuß fiel, gerade als man keine Holzschuhe trug, weiß was ich meine. Und noch einen Rat geb’ ich Ihnen: gehe niemals in Holzschuhen auf eine Leiter oder eine Treppe. Das ist spielen mit dem Leben.
Als Zugabe ein Bildnis unserer Sammlung Holzschuhe. Rechts die hölzerne Fußbekleidung für Frauensleute, Frau Terra in diesem Fall. Mitten und links meiner Wenigkeits Paare: Maß 27½, das ist etwa gleichwertig mit Schuhgröße 44. Schwielenförderung garantiert.

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Samstag, 4. September 2010
Bagatelle LXX - Eine 5 in rot
terra40, 22:10h
Normative Benotungen regieren den Unterricht in der Schule. Das war früher so und ist – jedenfalls bei uns – immer noch so. Wenn ein Kind in der dritten Klasse eine komplette Serie Rechenaufgaben gut gelöst hat, bekommt es die Note 1. In besonderen Fällen, so habe ich mir erzählen lassen, sogar eine 1A. Immer wird alles an Standarten gemessen. Gemessen und verglichen in wiefern eine Leistung eines Schülers den Erwartungen, Anforderungen und Hoffnungen eines Lehrers , des Schulbuchautors oder des von Bildungsexperten vorgeschriebenen Lehrplanes entspricht. Dann folgt die Benotung: eine Zahl, eine 2 oder eine 4. Wobei, man höre und staune, eine 2 höher eingestuft wird als eine 4.
Das ist aber typisch Deutsch. In jedem mehr oder weniger ordentlichen Bildungssystem werden bessere Leistungen mit höheren Noten und Ziffern bewertet. (Die angelsächsische Buchstabenbenotung schließen wir - zu dumm um darüber Worte zu verlieren - aus.)
Einsehbar und voller Logik ist die Feststellung daß eine 2 mehr vorstellt als eine 1. Nicht aber in Deutschland. Dort ist eine 3 für die Mathematikaufgabe weniger wert als eine 2. Ein kleines Beispiel lehrt aber daß es auch anders geht: beim Eiskunstlaufen bekommen die schlechteren Paare für ihre Kür eine 5,5; die Champions erhalten eine 5,9. Je besser die Leistung, je größer die Zahl. Und das ist nur richtig so.
Bei uns ist das Bildungssystem schlechter und das Benotungssystem besser als bei Ihnen. Eine außerordentlich gute, fast unübertreffbare Leistung wird hierzulande mit einer 9 benotet. Die 10 gibt es wenn fast nichts mehr zu beanstanden ist. Das Summum, der Gipfel also, ist eine 10 plus - wie man so sagt - ein Küsschen der Frau Lehrerin. Die überaus schlechtest denkbare Note ist die 1. Dazwischen gibt es eine Skala von Möglichkeiten. Für eine ungenügend gelöste Aufgabe bekommt man eine 4. Eine nicht sehr gelungene aber ‘genügend’ gemeisterte Aufgabe wird mit einer 6 belohnt. Wenn die Frau Lehrerin zweifelt zwischen ‘reichlich genügend’ und ‘gut’ (eine 7 oder eine 8) kann sie sich sogar für eine 7½ entscheiden.
Die 5 ist ein Zwitterfall. ‘Fast genügend’ steht in der offiziellen Beilage geschrieben. Nicht schlimm ungenügend, aber auch nicht etwas zum prahlen, weil noch immer ungenügend.
In meinen jungen Schuljahren (Grundschule, Realschule, Berufsschule) habe ich dutzende Prüfungen bestanden und zahllose Zeugnisse bekommen. Nur einmal bekam ich eine 5. Und zwar eine 5 in rot: mit roter Tinte ins Zeugnis geschrieben. Damit ich es in meinem ganzen weiteren Leben niemals vergessen werde. Zu tiefst betroffen war ich und den Lehrer, der mir die 5 verpaßt hat, kann ich bis heute nicht leiden, obschon er schon viele Jahre tot ist.
Das Fachgebiet war Kunst; das Fach: Zeichnen. Die Aufgabe war: zeichne eine Möwe in einem völlig runden Kreis. Aber du darfst auf keinen Fall einen Zirkel benutzen.
Später behauptete der Lehrer, daß ich sehr wohl einen Zirkel zur Hand genommen hätte. Ich verneinte vehement, weil es auch nicht so wahr: ich hatte lediglich zwei Stecknadeln und einen Faden benutzt. Der Lehrer blieb bei seiner Fehlentscheidung und gab mir eine 5. Nota bene eine 5!! Eine rote 5! Und das bei einem Fach das ich liebte und wobei ich sonst immer die höchsten Benotungen erhielt!
Ich zeige Ihnen mein Zeugnis aus damaliger Zeit. Als schlichter Beweis. Die rote 5 lacht mir bitter zu. Ob sie sagen will: noch immer gut für eine Bagatelle!

Gedrag en Vlijt = Benehmen und Fleiß, wobei III der höchst mögliche Wert is.
Bitte, beachten Sie auch die sehr schöne Unterschrift vom Vater Terra Sr. Damit hat er das schulische Urteil akzeptiert. Ich selber nie und niemals.
Das ist aber typisch Deutsch. In jedem mehr oder weniger ordentlichen Bildungssystem werden bessere Leistungen mit höheren Noten und Ziffern bewertet. (Die angelsächsische Buchstabenbenotung schließen wir - zu dumm um darüber Worte zu verlieren - aus.)
Einsehbar und voller Logik ist die Feststellung daß eine 2 mehr vorstellt als eine 1. Nicht aber in Deutschland. Dort ist eine 3 für die Mathematikaufgabe weniger wert als eine 2. Ein kleines Beispiel lehrt aber daß es auch anders geht: beim Eiskunstlaufen bekommen die schlechteren Paare für ihre Kür eine 5,5; die Champions erhalten eine 5,9. Je besser die Leistung, je größer die Zahl. Und das ist nur richtig so.
Bei uns ist das Bildungssystem schlechter und das Benotungssystem besser als bei Ihnen. Eine außerordentlich gute, fast unübertreffbare Leistung wird hierzulande mit einer 9 benotet. Die 10 gibt es wenn fast nichts mehr zu beanstanden ist. Das Summum, der Gipfel also, ist eine 10 plus - wie man so sagt - ein Küsschen der Frau Lehrerin. Die überaus schlechtest denkbare Note ist die 1. Dazwischen gibt es eine Skala von Möglichkeiten. Für eine ungenügend gelöste Aufgabe bekommt man eine 4. Eine nicht sehr gelungene aber ‘genügend’ gemeisterte Aufgabe wird mit einer 6 belohnt. Wenn die Frau Lehrerin zweifelt zwischen ‘reichlich genügend’ und ‘gut’ (eine 7 oder eine 8) kann sie sich sogar für eine 7½ entscheiden.
Die 5 ist ein Zwitterfall. ‘Fast genügend’ steht in der offiziellen Beilage geschrieben. Nicht schlimm ungenügend, aber auch nicht etwas zum prahlen, weil noch immer ungenügend.
In meinen jungen Schuljahren (Grundschule, Realschule, Berufsschule) habe ich dutzende Prüfungen bestanden und zahllose Zeugnisse bekommen. Nur einmal bekam ich eine 5. Und zwar eine 5 in rot: mit roter Tinte ins Zeugnis geschrieben. Damit ich es in meinem ganzen weiteren Leben niemals vergessen werde. Zu tiefst betroffen war ich und den Lehrer, der mir die 5 verpaßt hat, kann ich bis heute nicht leiden, obschon er schon viele Jahre tot ist.
Das Fachgebiet war Kunst; das Fach: Zeichnen. Die Aufgabe war: zeichne eine Möwe in einem völlig runden Kreis. Aber du darfst auf keinen Fall einen Zirkel benutzen.
Später behauptete der Lehrer, daß ich sehr wohl einen Zirkel zur Hand genommen hätte. Ich verneinte vehement, weil es auch nicht so wahr: ich hatte lediglich zwei Stecknadeln und einen Faden benutzt. Der Lehrer blieb bei seiner Fehlentscheidung und gab mir eine 5. Nota bene eine 5!! Eine rote 5! Und das bei einem Fach das ich liebte und wobei ich sonst immer die höchsten Benotungen erhielt!
Ich zeige Ihnen mein Zeugnis aus damaliger Zeit. Als schlichter Beweis. Die rote 5 lacht mir bitter zu. Ob sie sagen will: noch immer gut für eine Bagatelle!

Gedrag en Vlijt = Benehmen und Fleiß, wobei III der höchst mögliche Wert is.
Bitte, beachten Sie auch die sehr schöne Unterschrift vom Vater Terra Sr. Damit hat er das schulische Urteil akzeptiert. Ich selber nie und niemals.
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Freitag, 27. August 2010
Bagatelle LXIX - Ein Alptraum
terra40, 23:50h
Es ist schon ziemlich lange her - in den frühen Jahren meiner Jugendzeit, die wie es der Schlager sagt, schön war und niemals wieder herkommt - daß folgende Geschichte sich abspielte.
Wir hatten zu Hause einen alten Grammophon. So alt daß er noch mit ph geschrieben wurde. So einer der unter dem Rundfunkapparat stand, als selbständige Entität, aber mittels Stromdrähte mit Netz und Rundfunkhörer verbunden war. Wenn es so paßte, bei besonderen Anlässen, nahm mein Vater eine Schellackplatte, legte die auf den Plattenteller, bewegte eine Nadel nach rechts und plötzlich fing der Teller an zu drehen. Wahlweise 78 oder 45 Mal rund herum in einer Minute. Die Nadel wurde in die Wellenrille niedergelassen und da klang die herrlichste Musik. Nicht aus dem Grammophon, sondern aus dem Radio, weil mein Vater vorher den TA-Knopf (Tonabnehmer) gedrückt hatte.

Eine andere Schellackplatte als die hier oben gezeigte, handelte über Tirol. Damals nicht, und bis heute auch noch nicht, war ich jemals in Tirol. Wohl im Salzkammergut (ums lustig sein zu lernen), in Karinthien und natürlich in Wien. Aber niemals in Tirol. Dennoch gab es eine Beziehung, ein Empfinden. Von einem Bekannten hatte mein Vater die Tellerplatte bekommen worauf ein Duo ein Lied sang über Tirol. Wegen der hochliterarischen Textqualität, aus meinem Gedächtnis, und zu Ihrem Vergnügen, folgt hier der Text.
Tirol, Tirol, Tirol, du bist mein Heimatland,
Wo über Berg und Tal das Waldhorn schallt. (bis)
Hast du den Schatz gekannt, der dort im Grabe ruht,
den hab’ ich mein genannt, der war mir gut. (bis)
Die Wolken ziehen hin, sie ziehn auch wieder her,
Der Mensch lebt einmal nur und dann nicht mehr. (bis)
Tirol, Tirol, Tirol, du bist mein Heimatland,
wo über Berg und Tal das Waldhorn schallt. (bis)
So weit, so gut der Text den ich mich entsinnen kann. Vielleicht hat das Meisterwerk noch mehr Verse. Das Lied dauerte schätzungsweise drei Minuten, aber das kam auch wegen den dauernden Wiederholungen. Immer wieder ein BIS, bis man am bis angelangt war.
Neulich träumte ich daß ich als Mitglied eines Männerdoppelgesangsquartetts dieses rührende Lied singen dürfte. In Wirklichkeit reichen meine Gesangskünste höchstens bis zur Badezimmertür. Aber, wie Freud schon deutete, im Traum ist alles möglich. Vielleicht hab’ ich meinen Bass-baryton bis heute verdrängt.
Was wir uns sicher vorgenommen haben, ist eine Reise nach Tirol. Um am eigenen Leibe zu erfahren welche Gefühle aufkommen wenn das Alphorn über die Gräben der Geliebten schallt.
Wir hatten zu Hause einen alten Grammophon. So alt daß er noch mit ph geschrieben wurde. So einer der unter dem Rundfunkapparat stand, als selbständige Entität, aber mittels Stromdrähte mit Netz und Rundfunkhörer verbunden war. Wenn es so paßte, bei besonderen Anlässen, nahm mein Vater eine Schellackplatte, legte die auf den Plattenteller, bewegte eine Nadel nach rechts und plötzlich fing der Teller an zu drehen. Wahlweise 78 oder 45 Mal rund herum in einer Minute. Die Nadel wurde in die Wellenrille niedergelassen und da klang die herrlichste Musik. Nicht aus dem Grammophon, sondern aus dem Radio, weil mein Vater vorher den TA-Knopf (Tonabnehmer) gedrückt hatte.

Eine andere Schellackplatte als die hier oben gezeigte, handelte über Tirol. Damals nicht, und bis heute auch noch nicht, war ich jemals in Tirol. Wohl im Salzkammergut (ums lustig sein zu lernen), in Karinthien und natürlich in Wien. Aber niemals in Tirol. Dennoch gab es eine Beziehung, ein Empfinden. Von einem Bekannten hatte mein Vater die Tellerplatte bekommen worauf ein Duo ein Lied sang über Tirol. Wegen der hochliterarischen Textqualität, aus meinem Gedächtnis, und zu Ihrem Vergnügen, folgt hier der Text.
Tirol, Tirol, Tirol, du bist mein Heimatland,
Wo über Berg und Tal das Waldhorn schallt. (bis)
Hast du den Schatz gekannt, der dort im Grabe ruht,
den hab’ ich mein genannt, der war mir gut. (bis)
Die Wolken ziehen hin, sie ziehn auch wieder her,
Der Mensch lebt einmal nur und dann nicht mehr. (bis)
Tirol, Tirol, Tirol, du bist mein Heimatland,
wo über Berg und Tal das Waldhorn schallt. (bis)
So weit, so gut der Text den ich mich entsinnen kann. Vielleicht hat das Meisterwerk noch mehr Verse. Das Lied dauerte schätzungsweise drei Minuten, aber das kam auch wegen den dauernden Wiederholungen. Immer wieder ein BIS, bis man am bis angelangt war.
Neulich träumte ich daß ich als Mitglied eines Männerdoppelgesangsquartetts dieses rührende Lied singen dürfte. In Wirklichkeit reichen meine Gesangskünste höchstens bis zur Badezimmertür. Aber, wie Freud schon deutete, im Traum ist alles möglich. Vielleicht hab’ ich meinen Bass-baryton bis heute verdrängt.
Was wir uns sicher vorgenommen haben, ist eine Reise nach Tirol. Um am eigenen Leibe zu erfahren welche Gefühle aufkommen wenn das Alphorn über die Gräben der Geliebten schallt.
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Samstag, 21. August 2010
Bagatelle LXVIII - Pflaumengeschoß
terra40, 14:14h
Aus den Bocholter/Suderwicker Nachrichten vom 14. August diesen Jahres entnahmen wir folgenden Pressebericht
(von einem unserer freimütigen Korrespondenten)
Das war ein Schrecken für die unbekannte fahrradelnde Dame, die heute morgen die hiesige Umgebung zu schaffen machte! Sie war dabei sich in unseren abgelegenen Gefilden umzusehen nach hilfsbereiten Leuten, die so gut waren ihr zu helfen den kaputten Reifen zu reparieren. Dabei wurde sie, als sie sich dem Bauernhof näherte, wo Herr und Frau Terra zu wohnen pflegen, von einem donnernden Geschoß begrüßt. So sehr erschrak sie, daß sie total verwirrt und in höchsten Nöten zum Abzug blies, was Zeugen, von denen sie nach einer halben Stunde und fünf Kilometer weiter an einem Sandweg gefunden wurde, der örtlichen Behörde bestätigten.
Weil die Bauers- und andere Leute in dieser Gegend in aller Welt eher als brav und unbescholten gelten, bleibt die Frage nach dem Warum. Weshalb diese Schießerei? Wieso solches Gedonner? O Freunde, nicht diese Töne! möchte man dem Dichter beipflichten.
Die örtliche Polizei, die freiwillige Feuerwehr und das hiesige Institut für Merkwürdige Forensische Verbrechen (IfMFV) kamen schließlich in aller Eintracht zu der folgenden Schlußfolgerung. So bildlich erzählt und pädagogisch/didaktisch klar dargelegt, daß man die Geschichte schon glauben muß.
In der Bauersküche war Madame Terra dabei die jährliche Pflaumenernte zu richten. Das heißt in weniger Klartext: sie versah die vom Herrn Terra gesammelten und gesäuberten Pflaumen, woraus er auch schon den Kern entfernt hatte, von Geleezucker inklusiver Pektine, um das ganze während einigen Minuten auf dem Gasherd brodeln zu lassen. Gleich danach wurde die glühend heiße Masse über die bereit stehenden Einweckgläser verteilt. Mit einem Schraubdeckel aus hochwertigem Blech wurden die Gläser luftdicht abgeschlossen. Schließlich habe man die Gläser zusammen kreativ postiert auf dem Küchentisch um die Rückkehr nach normalen (niedrigen) Temperaturen zu ermöglichen.
Jetzt, laut diesen Experten, entstand beim Abkühlen in dem Glas ein enormer Unterdruck. Und der flexiblen blechernen Glasdeckel änderte deswegen seine Erscheinungsform. Aus einer Kugelform wurde eine Hohlform.
Das war der springende Punkt! Die Formänderung wurde begeleitet von einem kurzen, starken, und abschreckenden Knall. Päts!! (Und das tausendfach stärker.)
Der Fall war somit gelöst. Voller Erleichterung, daß man endlich wieder einen Erfolg verbuchen konnte in Sachen Verbrechensbekämpfung, Schadenabwendung und Unglücksvorsorge, verließen alle Experten den Ort des Geschehens.
Es möge für alle die sich betroffen wissen, eine Lehre sein!

(von einem unserer freimütigen Korrespondenten)
Das war ein Schrecken für die unbekannte fahrradelnde Dame, die heute morgen die hiesige Umgebung zu schaffen machte! Sie war dabei sich in unseren abgelegenen Gefilden umzusehen nach hilfsbereiten Leuten, die so gut waren ihr zu helfen den kaputten Reifen zu reparieren. Dabei wurde sie, als sie sich dem Bauernhof näherte, wo Herr und Frau Terra zu wohnen pflegen, von einem donnernden Geschoß begrüßt. So sehr erschrak sie, daß sie total verwirrt und in höchsten Nöten zum Abzug blies, was Zeugen, von denen sie nach einer halben Stunde und fünf Kilometer weiter an einem Sandweg gefunden wurde, der örtlichen Behörde bestätigten.
Weil die Bauers- und andere Leute in dieser Gegend in aller Welt eher als brav und unbescholten gelten, bleibt die Frage nach dem Warum. Weshalb diese Schießerei? Wieso solches Gedonner? O Freunde, nicht diese Töne! möchte man dem Dichter beipflichten.
Die örtliche Polizei, die freiwillige Feuerwehr und das hiesige Institut für Merkwürdige Forensische Verbrechen (IfMFV) kamen schließlich in aller Eintracht zu der folgenden Schlußfolgerung. So bildlich erzählt und pädagogisch/didaktisch klar dargelegt, daß man die Geschichte schon glauben muß.
In der Bauersküche war Madame Terra dabei die jährliche Pflaumenernte zu richten. Das heißt in weniger Klartext: sie versah die vom Herrn Terra gesammelten und gesäuberten Pflaumen, woraus er auch schon den Kern entfernt hatte, von Geleezucker inklusiver Pektine, um das ganze während einigen Minuten auf dem Gasherd brodeln zu lassen. Gleich danach wurde die glühend heiße Masse über die bereit stehenden Einweckgläser verteilt. Mit einem Schraubdeckel aus hochwertigem Blech wurden die Gläser luftdicht abgeschlossen. Schließlich habe man die Gläser zusammen kreativ postiert auf dem Küchentisch um die Rückkehr nach normalen (niedrigen) Temperaturen zu ermöglichen.

Jetzt, laut diesen Experten, entstand beim Abkühlen in dem Glas ein enormer Unterdruck. Und der flexiblen blechernen Glasdeckel änderte deswegen seine Erscheinungsform. Aus einer Kugelform wurde eine Hohlform.
Das war der springende Punkt! Die Formänderung wurde begeleitet von einem kurzen, starken, und abschreckenden Knall. Päts!! (Und das tausendfach stärker.)
Der Fall war somit gelöst. Voller Erleichterung, daß man endlich wieder einen Erfolg verbuchen konnte in Sachen Verbrechensbekämpfung, Schadenabwendung und Unglücksvorsorge, verließen alle Experten den Ort des Geschehens.
Es möge für alle die sich betroffen wissen, eine Lehre sein!

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Freitag, 13. August 2010
Bagatelle LXVII - Recht und Schön
terra40, 16:14h
Obwohl kein Sprachwissenschaftler von Haus aus – weder durch Geburt noch durch eine Vererbung, weder durch Bildung noch durch Erziehung – bin ich der Meinung zugetan, daß man mit Texten auf sehr verschiedenen Weisen umgehen kann. Mann kann die Qualität, die Bedeutung, des Ausgesagten auf sich einwirken lassen, was dann wiederum zu Empörung, Einverständnis, Wut, Anerkennung oder Glücksgefühle Anlaß geben kann. Mann kann natürlich auch einen Text bis auf den kleinsten Buchstaben analysieren und herunterschaufeln. Man kann schließlich auch Texte lesen.
Spezielle Texte, Texte zu einem gegebenen Anlaß, verdienen eine spezielle Umgangsform, Handhabe und Behandlung. Ich meine jetzt die Gattung: das Gelegenheitsgedicht. Solch ein Vers verdient es mit größter Sorgfalt aufgeschrieben zu werden. Sorgfalt nach zwei Seiten: die Rechtschreibung muß stimmen und, was ich für unbedingt notwendig halte, der Text sollte schön geschrieben und schöngeschrieben, also kalligraphiert sein. Wie üblich in solchen Bagatellen folgt jetzt ein Beispiel.
In deftigen, gotische Buchstaben ist hier der Wunsch kalligraphiert, den meine Großeltern väterlicherseits zu ihrem 25. Hochzeitstag von ihren Kindern erhielten. Ich übersetze den Text für Sie, wobei Sie bitte darauf achten sollten, daß es bei diesen Gedichten gerade nicht um irgendeine literarische Qualität geht. Es steht geschrieben:
Liebe Eltern,
Gott hat Sie bewahrt,
Ein Viertel Jahrhundert gespart;
Daß auch nun Seine Sorgen nicht mindern
Hoffen Ihre dankbare Kinder.
1900 - 13 Mai - 1925
Dieses unselig schöne Vers hat also fast hundert Jahre überdauert. Und wenn sich nichts trübt, folgen noch etliche Jahrhunderte. Man kann von diesem Familientext sagen was man will, aber nicht, daß es nicht passend und mit Liebe gemacht worden ist. Doppelte Verneinungen sind stilistisch niemals schön, aber wohl wahr. Wir werden dieses Stück selbstgemachtes Familienerbgut bis an unser Lebensende – und darüber hinaus – sorgfältig pflegen, hüten und bewahren.
Wieso Familie und wieso selbstgemacht? Nun, mein Vater, Terra Sr. also, den wir auf dem unteren Bild links-oben sehen, hat den Text kalligraphiert und die wunderbaren Blumenverziehrungen gezeichnet. Und mein Großvater, links unten, hat mit eigenen Bauershänden in mühsamer winterlicher Handarbeit den Rahmen hergestellt. Mit kleinen Streifen Holz, Leim und Schnitzereien hat er ein Bauwerk erschaffen das die Jahrhunderte trotzen wird. Ohne Zweifel. Damit der Text, recht- und schöngeschrieben, im Rahmen bleibt.

Spezielle Texte, Texte zu einem gegebenen Anlaß, verdienen eine spezielle Umgangsform, Handhabe und Behandlung. Ich meine jetzt die Gattung: das Gelegenheitsgedicht. Solch ein Vers verdient es mit größter Sorgfalt aufgeschrieben zu werden. Sorgfalt nach zwei Seiten: die Rechtschreibung muß stimmen und, was ich für unbedingt notwendig halte, der Text sollte schön geschrieben und schöngeschrieben, also kalligraphiert sein. Wie üblich in solchen Bagatellen folgt jetzt ein Beispiel.

In deftigen, gotische Buchstaben ist hier der Wunsch kalligraphiert, den meine Großeltern väterlicherseits zu ihrem 25. Hochzeitstag von ihren Kindern erhielten. Ich übersetze den Text für Sie, wobei Sie bitte darauf achten sollten, daß es bei diesen Gedichten gerade nicht um irgendeine literarische Qualität geht. Es steht geschrieben:
Liebe Eltern,
Gott hat Sie bewahrt,
Ein Viertel Jahrhundert gespart;
Daß auch nun Seine Sorgen nicht mindern
Hoffen Ihre dankbare Kinder.
1900 - 13 Mai - 1925
Dieses unselig schöne Vers hat also fast hundert Jahre überdauert. Und wenn sich nichts trübt, folgen noch etliche Jahrhunderte. Man kann von diesem Familientext sagen was man will, aber nicht, daß es nicht passend und mit Liebe gemacht worden ist. Doppelte Verneinungen sind stilistisch niemals schön, aber wohl wahr. Wir werden dieses Stück selbstgemachtes Familienerbgut bis an unser Lebensende – und darüber hinaus – sorgfältig pflegen, hüten und bewahren.
Wieso Familie und wieso selbstgemacht? Nun, mein Vater, Terra Sr. also, den wir auf dem unteren Bild links-oben sehen, hat den Text kalligraphiert und die wunderbaren Blumenverziehrungen gezeichnet. Und mein Großvater, links unten, hat mit eigenen Bauershänden in mühsamer winterlicher Handarbeit den Rahmen hergestellt. Mit kleinen Streifen Holz, Leim und Schnitzereien hat er ein Bauwerk erschaffen das die Jahrhunderte trotzen wird. Ohne Zweifel. Damit der Text, recht- und schöngeschrieben, im Rahmen bleibt.

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Sonntag, 8. August 2010
Bagatelle LXVI - Um die Ecke
terra40, 13:38h
Um die Ecke? Nein, dort wohnt er nicht mehr. Er hat die letzten zehn Jahre im Kellergeschoß eines Amsterdamer Grachtenhaus, vornehm im Zentrum gelegen, gewohnt. Die Rede ist von Dipl. Ingenieur Karl Graßheu, der sich vorgestern mit einem Empfang im Gasthaus “Milch & Honig” von der Arbeitswelt verabschiedete.
Buchstäblich keiner war gekommen, außer mir und meiner imaginären Tante Annie aus Den Haag. Kein Wunder übrigens, denn war es nicht Herr Graßheu persönlich der diesbezüglich gebeten und ungefragt immer behauptet hat, daß ein Abschiedsempfang weitaus das schlechteste sei daß einem in seinem kurzen Leben widerfahren kann? Welcher gebildeter Mensch stellt sich, mit einer Geschenkflasche feinsten Weines in der Festverpackung fest in der Hand, an in einer Reihe von hier bis weit weg, hinter einer wohlriechenden Dame zwar, um in zwei Stunden am Jubilar zu geraten um ihn endlich die Wahrheit sagen zu können? So einer hat sie nicht alle, oder wie?
Weil es also ziemlich ruhig blieb, hatte ich die Gelegenheit den Herrn Graßheu (unter Freunden liebevoll Eselchen genannt) einige Fragen zu stellen über seine in der Tat weltverändernden Erfindungen auf dem Gebiete der soften und härteren Waren. Wir kennen ihn ja als einen Experten auf dem Gebiete der digitalen Fotografie. Weltweit bekannt und ebenso weit herum anerkannt. Wenn es ein Nobelpreis für Digitalität gegeben hätte, wäre unser Karl Graßheu ohne Zweifel der erste Anwärter. Keine Frage. Vor allem sein ubuntu-verwandtes Bildbearbeitungsprogramm Cornerwise erntet breites Interesse. Darüber handelt folgendes.
Cornerwise kann nämlich etwas was kein anderes Programm kann: es kann um die Ecke fotografieren. Bisher konnten wir nur eine Seite eines Objekts in einem Bild festlegen. Entweder die Frontseite eines Hauses oder die Hinterseite, auf keinen Fall aber beide auf ein Mal, niemals zugleicherzeit. Ich kann die unsagbar schöne Elfriede Krauss von vorne porträtieren, aber wenn ich ihre ebenfalls bezauberndes Hinterteil abbilden will, muß ich eine zweite Aufnahme machen und zwar von hinten.
Mit Cornerwise hat sich die Welt total verändert. Ich fotografiere eure Bundeskanzlerin von hinten, aber was erscheint auf meinem kleinen lcd-schirm? Ihr vertrauenweckendes Antlitz. Ich kann den Drachenfels von vorne fotografieren und sehe ihn von hinten. Wie die Leute die an der anderen Seite des Felsens wohnen ihn täglich sehen. Und das von einem Standpunkt aus, und mit einem Knopfdruck. Ich kann auch seitlich fotografieren. Kein Problem und keine Ursache.
Ich kann um die Ecke fotografieren. Sie verstehen wie weltverändernd diese Entwicklung sein wird: beanspruchen Sie ihre Phantasie und Sie wissen es.
Und wenn einer kommt und fragt: was meint er genau? geb’ ich Ihnen stante pede ein Beispiel. Die Fotografie hierunter ist mit Cornerwise gemacht worden. Mit einem einzigen Druck auf einem Knopf wird Der Grübler vom dänischen Künstler Kai Uwe Rodinski verewigt. Aus vier verschiedenen Perspektiven heraus. Das tut mir keiner nach.

Buchstäblich keiner war gekommen, außer mir und meiner imaginären Tante Annie aus Den Haag. Kein Wunder übrigens, denn war es nicht Herr Graßheu persönlich der diesbezüglich gebeten und ungefragt immer behauptet hat, daß ein Abschiedsempfang weitaus das schlechteste sei daß einem in seinem kurzen Leben widerfahren kann? Welcher gebildeter Mensch stellt sich, mit einer Geschenkflasche feinsten Weines in der Festverpackung fest in der Hand, an in einer Reihe von hier bis weit weg, hinter einer wohlriechenden Dame zwar, um in zwei Stunden am Jubilar zu geraten um ihn endlich die Wahrheit sagen zu können? So einer hat sie nicht alle, oder wie?
Weil es also ziemlich ruhig blieb, hatte ich die Gelegenheit den Herrn Graßheu (unter Freunden liebevoll Eselchen genannt) einige Fragen zu stellen über seine in der Tat weltverändernden Erfindungen auf dem Gebiete der soften und härteren Waren. Wir kennen ihn ja als einen Experten auf dem Gebiete der digitalen Fotografie. Weltweit bekannt und ebenso weit herum anerkannt. Wenn es ein Nobelpreis für Digitalität gegeben hätte, wäre unser Karl Graßheu ohne Zweifel der erste Anwärter. Keine Frage. Vor allem sein ubuntu-verwandtes Bildbearbeitungsprogramm Cornerwise erntet breites Interesse. Darüber handelt folgendes.
Cornerwise kann nämlich etwas was kein anderes Programm kann: es kann um die Ecke fotografieren. Bisher konnten wir nur eine Seite eines Objekts in einem Bild festlegen. Entweder die Frontseite eines Hauses oder die Hinterseite, auf keinen Fall aber beide auf ein Mal, niemals zugleicherzeit. Ich kann die unsagbar schöne Elfriede Krauss von vorne porträtieren, aber wenn ich ihre ebenfalls bezauberndes Hinterteil abbilden will, muß ich eine zweite Aufnahme machen und zwar von hinten.
Mit Cornerwise hat sich die Welt total verändert. Ich fotografiere eure Bundeskanzlerin von hinten, aber was erscheint auf meinem kleinen lcd-schirm? Ihr vertrauenweckendes Antlitz. Ich kann den Drachenfels von vorne fotografieren und sehe ihn von hinten. Wie die Leute die an der anderen Seite des Felsens wohnen ihn täglich sehen. Und das von einem Standpunkt aus, und mit einem Knopfdruck. Ich kann auch seitlich fotografieren. Kein Problem und keine Ursache.
Ich kann um die Ecke fotografieren. Sie verstehen wie weltverändernd diese Entwicklung sein wird: beanspruchen Sie ihre Phantasie und Sie wissen es.
Und wenn einer kommt und fragt: was meint er genau? geb’ ich Ihnen stante pede ein Beispiel. Die Fotografie hierunter ist mit Cornerwise gemacht worden. Mit einem einzigen Druck auf einem Knopf wird Der Grübler vom dänischen Künstler Kai Uwe Rodinski verewigt. Aus vier verschiedenen Perspektiven heraus. Das tut mir keiner nach.

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Montag, 2. August 2010
Bagatelle LXV - Sprachlicher Durchfall
terra40, 13:00h
Meiner Meinung nach war das Empören und sogar das Geschrei und Getöse völlig übertrieben und unnötig. Ich meine die allgemeine Unzufriedenheit mit den diesjährigen Prüfungsaufgaben, welche der angehende Bankkaufmann und die bald angereist kommende Bankkauffrau auf ihrem landeseigenen Staatsexamen offeriert wurden.
Was war der Fall? Nun, in NRW und Bayern-Süd forderte man von den Studenten, daß sie imstande seien einen simplen Kaufmannsbrief, im bankkaufmännischen internationalen Jargon eine Circulaire genannt, vom deutschen in eine andere europäische Sprache zu übersetzen. Ist das denn zu viel gefragt? frage ich laut und deutlich und mit mir Abertausende von aufgebrachten Konsumenten. Wir wenden uns dabei an die Kultusministerkonferenz, welche am kommenden Dienstag fürs erste Mal nach drei Jahren wieder zusammenkommt (in Raunen an der Ruhr selbstverständlich).
Dies hier ist der Brief den es zu übersetzen galt.
Amsterdam, den 15. November 1878.
Herrn Sibeth & Co, London
Ich habe die Ehre Ihnen anzuzeigen, daß ich auf hiesigem Platze ein Handlungshaus unter der Firma
Schlaraffenland GmbH
errichtet habe, welches insbesondere Wechsel-, Waren-, Kommissions- und Speditions-Geschäfte umfassen wird.
Ohne mich jedoch streng auf diese Geschäftszweige zu beschränken, werde ich mit Vergnügen jede günstige Gelegenheit wahrnehmen, welche sich mir im Handel darbietet.
Hinreichende Erfahrungen und ein meinem Unternehmen angemessenes Kapital setzen mich in den Stand, Diejenigen, welche mir ihr Zutrauen schenken, mit Sorgfalt zu bedienen.
Ich ersuche Sie, sich meine Handzeichnung gefälligst zu bemerken und mich mit Ihren Aufträgen bald zu erfreuen.
Hochachtungsvoll,
T. Acidus (Dipl. Kaufmann i. R.)
------------------------------------------------
Eindeutig ein klarer Text ohne etwaige Doppeldeutigkeiten und frei von unnötigen Ausweitungen. Hierunter können Sie die von mir produzierten und von der Prüfungskommission autorisierten Übersetzungen (die übrigens und dankenswert viel Lob ernteten) in vier Sprachen lesen.
Besser noch: versuchen Sie es selber: es wird Ihnen viel Freude machen. Wählen Sie eine Sprache nach ihrer Wahl (Französisch, English, Italienisch oder Holländisch) und dann ran an die Arbeit. Ich würde vorschlagen wollen, daß Sie zuerst übersetzen und erst danach nachsehen in wieweit Ihre Version die Zustimmung der Kommission hätte erwerben können. Würde Ihre Übersetzung dem Vergleich standhalten können? Wählen Sie eine oder mehrere Sprachen worin Sie sich zu Hause fühlen und die Ihnen schwer am Herzen liegen.
--------------------
Amsterdam, le 15 Novembre, 1878.
M.M. Sibeth & Cie, Londres
Jái l’honneur, mes chers Messieurs, de vous annoncer que je viens d’établir en cette ville amsterdammaise et sauce hollandaise avec mayonnaise une maison rouge de commerce sous la raison de
Schlaraffenland (Société Anonyme)
Une longue expérience et un petit peu capital, proportionné à mon enterprise me mettent en état de bien servir ceux qui voudront m’honorer de leur confiance.
En vous priant de prendre note de ma signature magnifique et de m’honorer bientôt de vos ordres, j’ai l’honneur d’être avec la plus parfaite estime,
T. Acidus (Propriétaire & Patron)
---------------
Amsterdam, November 15th , 1878.
Messrs Sibeth & Co, London
Gentlemen, I have the great honour to inform you, that I have had the guts to establish in this place a red-light district house for the transaction of general, exchange, and commission-business trade affairs and transmission of goods and other stuff, under the firm of
Schlaraffenland (Rather Limited Company)
Long experience and a little bit of luck, as well as a small amount of pecunial papers and coins, suitable to my undertaking and enterprise, enable me to serve those snobs well who may favour me with their confidence and give me the benefit of the doubt.
Requesting you to take good notice of my beautiful handwriting downunder and to honour me soon with your stupid orders, I remain, GENTLEMEN in capitals,
yours truly very doubtfully
T. Acidus Esq. OBE
-----------------
Amsterdam, li 15 Novembre, 1878.
Signori Sibeth & Co, Londra
Ho l’onore di participarvi che ho eretto in questa città una casa rosso di commercio e altre trödellaria, che si occuperà particolarmente, ma non solo, una fortuna lagrima e un bel di vedremo, di affari, di banco, di vendite, di merci, di opera, di operetti e di altro sorto musicale. Ance di commissioni e spedizioni, maggi, spaghetti e macaroni, sotto la firma di
Schlaraffenland
Una lunga sperienza e una sufficienza condolencia ed un capitale grande, ma non troppo, proporzione alla mia intrapresa mi mettono di ben servire quei che la donna e mobile mio molto fiducia bene adagio.
Pregandovi di prender muchos nota dell mia signature bella, e attendre vostri ordini, sono con perfetta stima (alto, soprano e tosti)
T. Acidus (Mag.)
------------------
Amsterdam, 15 November, 1878.
den Heeren C. Sibeth & Co. te Londen
Bij dezen heb ik de gotspe, u te berichten, dat ik hier ter plaatse onder de firma
Schlaraffenland N.V.
een handelshuis heb opgericht, voornamelijk tot het drijven van wissel-, goederen-, commissie-, hardware-, software- en overige expeditiezaken.
Langdurige ondervinding en een voor mijn onderneming toereikend kapitaal zullen mij in staat stellen u en allen die mij hun vertrouwen willen schenken, met de meeste nauwgezetheid, punctualiteit en een passend gevoel voor humor te bedienen.
U verzoekende, van mijn handtekening nota te nemen, teeken ik mij met de meeste achting
Uw dv. dr. T. Acidus
----------------------------------
Seht ihr! So schwer ist das doch nicht?
Nachlese: Dieses schöne Bild, wo der Chef dem angehenden Bürokaufmann wegen eines Fettfleckens die Leviten liest, ist von Terras Vater gezeichnet worden.

Was war der Fall? Nun, in NRW und Bayern-Süd forderte man von den Studenten, daß sie imstande seien einen simplen Kaufmannsbrief, im bankkaufmännischen internationalen Jargon eine Circulaire genannt, vom deutschen in eine andere europäische Sprache zu übersetzen. Ist das denn zu viel gefragt? frage ich laut und deutlich und mit mir Abertausende von aufgebrachten Konsumenten. Wir wenden uns dabei an die Kultusministerkonferenz, welche am kommenden Dienstag fürs erste Mal nach drei Jahren wieder zusammenkommt (in Raunen an der Ruhr selbstverständlich).
Dies hier ist der Brief den es zu übersetzen galt.
Amsterdam, den 15. November 1878.
Herrn Sibeth & Co, London
Ich habe die Ehre Ihnen anzuzeigen, daß ich auf hiesigem Platze ein Handlungshaus unter der Firma
Schlaraffenland GmbH
errichtet habe, welches insbesondere Wechsel-, Waren-, Kommissions- und Speditions-Geschäfte umfassen wird.
Ohne mich jedoch streng auf diese Geschäftszweige zu beschränken, werde ich mit Vergnügen jede günstige Gelegenheit wahrnehmen, welche sich mir im Handel darbietet.
Hinreichende Erfahrungen und ein meinem Unternehmen angemessenes Kapital setzen mich in den Stand, Diejenigen, welche mir ihr Zutrauen schenken, mit Sorgfalt zu bedienen.
Ich ersuche Sie, sich meine Handzeichnung gefälligst zu bemerken und mich mit Ihren Aufträgen bald zu erfreuen.
Hochachtungsvoll,
T. Acidus (Dipl. Kaufmann i. R.)
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Eindeutig ein klarer Text ohne etwaige Doppeldeutigkeiten und frei von unnötigen Ausweitungen. Hierunter können Sie die von mir produzierten und von der Prüfungskommission autorisierten Übersetzungen (die übrigens und dankenswert viel Lob ernteten) in vier Sprachen lesen.
Besser noch: versuchen Sie es selber: es wird Ihnen viel Freude machen. Wählen Sie eine Sprache nach ihrer Wahl (Französisch, English, Italienisch oder Holländisch) und dann ran an die Arbeit. Ich würde vorschlagen wollen, daß Sie zuerst übersetzen und erst danach nachsehen in wieweit Ihre Version die Zustimmung der Kommission hätte erwerben können. Würde Ihre Übersetzung dem Vergleich standhalten können? Wählen Sie eine oder mehrere Sprachen worin Sie sich zu Hause fühlen und die Ihnen schwer am Herzen liegen.
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Amsterdam, le 15 Novembre, 1878.
M.M. Sibeth & Cie, Londres
Jái l’honneur, mes chers Messieurs, de vous annoncer que je viens d’établir en cette ville amsterdammaise et sauce hollandaise avec mayonnaise une maison rouge de commerce sous la raison de
Schlaraffenland (Société Anonyme)
Une longue expérience et un petit peu capital, proportionné à mon enterprise me mettent en état de bien servir ceux qui voudront m’honorer de leur confiance.
En vous priant de prendre note de ma signature magnifique et de m’honorer bientôt de vos ordres, j’ai l’honneur d’être avec la plus parfaite estime,
T. Acidus (Propriétaire & Patron)
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Amsterdam, November 15th , 1878.
Messrs Sibeth & Co, London
Gentlemen, I have the great honour to inform you, that I have had the guts to establish in this place a red-light district house for the transaction of general, exchange, and commission-business trade affairs and transmission of goods and other stuff, under the firm of
Schlaraffenland (Rather Limited Company)
Long experience and a little bit of luck, as well as a small amount of pecunial papers and coins, suitable to my undertaking and enterprise, enable me to serve those snobs well who may favour me with their confidence and give me the benefit of the doubt.
Requesting you to take good notice of my beautiful handwriting downunder and to honour me soon with your stupid orders, I remain, GENTLEMEN in capitals,
yours truly very doubtfully
T. Acidus Esq. OBE
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Amsterdam, li 15 Novembre, 1878.
Signori Sibeth & Co, Londra
Ho l’onore di participarvi che ho eretto in questa città una casa rosso di commercio e altre trödellaria, che si occuperà particolarmente, ma non solo, una fortuna lagrima e un bel di vedremo, di affari, di banco, di vendite, di merci, di opera, di operetti e di altro sorto musicale. Ance di commissioni e spedizioni, maggi, spaghetti e macaroni, sotto la firma di
Schlaraffenland
Una lunga sperienza e una sufficienza condolencia ed un capitale grande, ma non troppo, proporzione alla mia intrapresa mi mettono di ben servire quei che la donna e mobile mio molto fiducia bene adagio.
Pregandovi di prender muchos nota dell mia signature bella, e attendre vostri ordini, sono con perfetta stima (alto, soprano e tosti)
T. Acidus (Mag.)
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Amsterdam, 15 November, 1878.
den Heeren C. Sibeth & Co. te Londen
Bij dezen heb ik de gotspe, u te berichten, dat ik hier ter plaatse onder de firma
Schlaraffenland N.V.
een handelshuis heb opgericht, voornamelijk tot het drijven van wissel-, goederen-, commissie-, hardware-, software- en overige expeditiezaken.
Langdurige ondervinding en een voor mijn onderneming toereikend kapitaal zullen mij in staat stellen u en allen die mij hun vertrouwen willen schenken, met de meeste nauwgezetheid, punctualiteit en een passend gevoel voor humor te bedienen.
U verzoekende, van mijn handtekening nota te nemen, teeken ik mij met de meeste achting
Uw dv. dr. T. Acidus
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Seht ihr! So schwer ist das doch nicht?
Nachlese: Dieses schöne Bild, wo der Chef dem angehenden Bürokaufmann wegen eines Fettfleckens die Leviten liest, ist von Terras Vater gezeichnet worden.

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Sonntag, 25. Juli 2010
Bagatelle LXIV - Schoppentag
terra40, 14:52h

Wie ich mir hab’ sagen lassen, ist ein Schoppen entweder ein Inhaltsmaß oder eine Art Scheune. Ein Schuppen etwa, aber meistens halb offen. In meiner Dialektsprache heißt so etwas een schoppe. (Schoppe klein geschrieben, denn bei uns hat ein Substantiv nicht das Recht sich eines Kapitals zu bedienen.)
Ein schoppe ist ein überdachter Arbeits- und Sammelplatz. Dort werden alte, unbrauchbare Gegenstände für die Ewigkeit aufgehoben. Oder es ist ein Platz wo man schreinert, tischlert oder Ikeapakete zusammenzubauen versucht. Eine schoppe steht am Rande eines Bauernhofes, meistens an der eigentlichen Scheune angelehnt. Man hat ein Dach über dem Kopf, keine Mauer die das Licht hindert einzutreten und der frische Wind im Gesicht. Wir selber nutzen den Schoppen auch als Stellplatz fürs Auto, als carport sozusagen. Wenn ich einen Holzofen hätte, müßte ich dann und wann Holz hauen. So eine Arbeit würde ich gerne im Schoppen machen wollen.
Es gibt bei uns auch Schoppentage. Morgens früh dienen sie sich an. Graue Wolken kommen und verbreiten Regen. Manchmal regnet es den ganzen Tag. Leise, aber immerhin. Dann sagen wir zu einander: heute ist wieder ein Schoppentag. Das heißt in concreto: verbannt werden in den Schoppen und nicht tun können was man sich eigentlich vorgenommen hatte diesen Tag zu tun: die Hausfenster anstreichen oder die Dachrinne erneuern.
Es regnet also. Wir gehen in den Schoppen, denken eine Weile über den Sinn des Lebens nach und suchen uns dann die Arbeit die uns paßt. Leicht, vorübergehend, nicht dringend erforderlich, nicht unbedingt nötig. Ich putze das Fahrrad meiner Gattin, zum Beispiel. Oder ich repariere den uralten Lehnstuhl, den ich mir für fünf Euro auf dem Trödelmarkt hab’ verkaufen lassen. Wir hören dabei klassisches Radio 4 oder WDR-3 wenn es uns danach zu Mute ist, und WDR-4 wenn es gar nichts anderes gibt. Und zwischendurch ruinieren wir den alten Sessel sosehr, daß wir ihn am Ende des Tages auf den Scheiterhaufen werfen können.
Oft verläuft ein Schoppentag anders. Gegen elf etwa, nach dem Kaffeetrunk der heute noch länger dauert als sonst, wird es etwas heller. Der Regen hört allmählich auf und am Himmel erscheinen die ersten Blauflächen. Die Singvögel kündigen den Rest eines fröhlichen, sonnigen Tages an. Wir stehen auf, lassen das Werkzeug liegen wo es liegt, um am Abend zu vergessen es aufzuräumen und freuen uns auf die richtige, échte Arbeit. Die Schoppenarbeit kann warten. Bis ein neuer Schoppentag kommt. Und der kommt bestimmt.

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Samstag, 17. Juli 2010
Bagatelle LXIII - RIP auf flämisch
terra40, 22:42h
Dann und wann, aber unabwendbar und unaufhaltsam, wird man mit dem Tode konfrontiert. Die Gestalt mit der Sense steht verborgen hinterm Deich oder Wall und gerade als wir denken, daß das Leben so etwa in Ordnung sei, schlägt er zu. Oft trifft es den Unbedachten, den Unbeteiligten, den Unschuldigen, denjenigen der nichts dafür kann.
Wie dieser Gast, der seit Monaten bei uns umher zieht, bei anderen Vögel die Eier wegzustehlen versucht, und jetzt einem Unfall zum Opfer gefallen ist. Und gerade als ich sie alle, die kleinen Säugekreaturen nebst den zahlreichen Sing- und anderen Vögel rundums Haus vor den Gefahren des vorbeirasenden Verkehrs gewarnt hatte. (Wir wohnen in einer Plattelandsgegend wo man schnellstens und höchstens 60 km/h fahren darf, aber keiner tut ‘s. Ich selber auch nicht.)
Und da schlägt das Unheil oder sogar das unselige Schicksal zu. Man fliegt gegen eine Windschutzscheibe die eigentlich eine Vogelschutzscheibe hätte sein sollen. Ein Knall wobei einige Fetzen fliegen und vorbei ist das junge Leben dieses Eichelhähers, Tannenhähers, wie immer sie ihn heißen mögen. Wir nennen ihn den Markolf, oder in hochniederländisch: de Vlaamse Gaai. Den flämischen Häher also, oder den flandrischen.
Wenn Sie mich fragen: wieso und was hat dieser wunderbar aussehende Schreivogel mit Flandern zu tun, so muß ich Ihnen die Antwort schuldig bleiben bis nächste Woche. (Ich brauche Zeit zum nachdenken.) Ich könnte jetzt eine Verhandlung über das Hass-Liebe-Verhältnis zwischen den Niederlanden und Flandern abhalten und verweisen auf die auffallend ähnlichen Charaktereigenschaften eines Markolves und einem mittleren Einwohner von Gent oder St. Niklaas. Aber das tue ich nicht, denn ich möchte keinen Ärger und gar kein Ärgernis verbreiten. Aber es kann kein Zufall sein daß sowohl Markolve als Flamingen (vor allem die Flaminganten) komischen und vermeidbaren Unfällen passieren.

Über einen Toten nichts als gutes. Das gilt selbstverständlich diesem so ruhig dahinliegenden Vogelfreund. Wahrscheinlich verweilt er in Gedanken schon im Vogelnirwana. Ich nehme ihn vorsichtig auf und lege ihn in einen trockenen Graben, wo einige Aasfresser sich um ihn kümmern werden.
Asche zu Asche, Erde zu Erde, Staub zu Staub. Requiescat in flämischer pace.
Wie dieser Gast, der seit Monaten bei uns umher zieht, bei anderen Vögel die Eier wegzustehlen versucht, und jetzt einem Unfall zum Opfer gefallen ist. Und gerade als ich sie alle, die kleinen Säugekreaturen nebst den zahlreichen Sing- und anderen Vögel rundums Haus vor den Gefahren des vorbeirasenden Verkehrs gewarnt hatte. (Wir wohnen in einer Plattelandsgegend wo man schnellstens und höchstens 60 km/h fahren darf, aber keiner tut ‘s. Ich selber auch nicht.)
Und da schlägt das Unheil oder sogar das unselige Schicksal zu. Man fliegt gegen eine Windschutzscheibe die eigentlich eine Vogelschutzscheibe hätte sein sollen. Ein Knall wobei einige Fetzen fliegen und vorbei ist das junge Leben dieses Eichelhähers, Tannenhähers, wie immer sie ihn heißen mögen. Wir nennen ihn den Markolf, oder in hochniederländisch: de Vlaamse Gaai. Den flämischen Häher also, oder den flandrischen.
Wenn Sie mich fragen: wieso und was hat dieser wunderbar aussehende Schreivogel mit Flandern zu tun, so muß ich Ihnen die Antwort schuldig bleiben bis nächste Woche. (Ich brauche Zeit zum nachdenken.) Ich könnte jetzt eine Verhandlung über das Hass-Liebe-Verhältnis zwischen den Niederlanden und Flandern abhalten und verweisen auf die auffallend ähnlichen Charaktereigenschaften eines Markolves und einem mittleren Einwohner von Gent oder St. Niklaas. Aber das tue ich nicht, denn ich möchte keinen Ärger und gar kein Ärgernis verbreiten. Aber es kann kein Zufall sein daß sowohl Markolve als Flamingen (vor allem die Flaminganten) komischen und vermeidbaren Unfällen passieren.

Über einen Toten nichts als gutes. Das gilt selbstverständlich diesem so ruhig dahinliegenden Vogelfreund. Wahrscheinlich verweilt er in Gedanken schon im Vogelnirwana. Ich nehme ihn vorsichtig auf und lege ihn in einen trockenen Graben, wo einige Aasfresser sich um ihn kümmern werden.
Asche zu Asche, Erde zu Erde, Staub zu Staub. Requiescat in flämischer pace.
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