Samstag, 11. September 2010
Bagatelle LXXI - Schwielen


Was Sie hier sehen, befindet sich am Scheideweg zwischen Leben und Tod. Es sind, verzeiht mir bitte, meine eigenen Füße, welche für diese Bagatellgelegenheit schön in Pose gezeigt werden. Was heißt hier übrigens ‘schön’? Natürlich streiten wir nicht über Ästhetik oder Geschmack. Sie mögen alles Unschöne über meine Füße verbreiten, aber Sie können unmöglich behaupten, daß sie nicht schön sauber seien. Die weißen Streifen, etwas südlich von meinen Zehen, sind Hautflächen welche von Teilen meiner ledernen Sandaletten (oder wie die heißen) bedeckt werden und dadurch ungebräunt geblieben sind. Nicht daß Sie denken es sei Fußpilz oder schlimmer: Skorbut.

Auf dem Spann des linken Fußes sieht man in der Fußlandschaft eine weiße Anhöhe. Es ist eine Schwiele. Die ist eine Folge des Holzschuh-gehens. (Bitte nicht zu verwechseln mit ‘Holzschuh-Gen’.) Ich meine: durch das ständige sich fortbewegen auf Holzschuhen ist die damit verbundenen Reibung zwischen Beinhaut und Holzschuhholz eine Folge. Am rechten Fuß ist ähnliches zu sehen und auch an den Fersen findet man kleine aber durchaus tüchtige Schwielen.

Ich weiß nicht recht: gibt es nur Schwielen in Plural? Besteht auch die einzelne, einzige Schwiele? Und die weit wichtigerer Frage die da lautet: zu welcher Art Materie gehören die Schwielen? Zu der lebendigen oder zu der toten? Schwielen kommen und gehen. Man kann sie entfernen oder wegschneiden (ohne daß es schmerzt) aber sie wachsen und kommen bestimmt wieder zurück. Also doch lebende Materie? Sticht man mit einer Nadel in die Schwiele, so fühlt es sich an wie toter Stoff. Alles Rätsel die auch die Evolution uns nicht recht erklären kann.

Schwielen entstehen also durch Reibung. Im Falle von Holzschuhen Haut gegen Holz oder umgekehrt. Es macht Schwielen nichts aus ob man in den Holzschuhen Socken trägt oder – was ich selber oft tue – barfüßig daher geht. Bei der Arbeit auf unserem Bauernhof, wo immer etwas anfällt, trage ich immer und am liebsten Holzschuhe, oder wie wir sagen ‘klompen’. Für manche sind Holzschuhe Marterwerkzeuge, aber nicht für mich. Außerdem sind Holzschuhe kühl im Sommer und warm im Winter. Sie halten die Füße trocken in Regenschauern und ertragen einen fallendes Bäumchen oder einen aus der Hand fliegenden Hammer. Wem je ein Baumstamm auf den Fuß fiel, gerade als man keine Holzschuhe trug, weiß was ich meine. Und noch einen Rat geb’ ich Ihnen: gehe niemals in Holzschuhen auf eine Leiter oder eine Treppe. Das ist spielen mit dem Leben.

Als Zugabe ein Bildnis unserer Sammlung Holzschuhe. Rechts die hölzerne Fußbekleidung für Frauensleute, Frau Terra in diesem Fall. Mitten und links meiner Wenigkeits Paare: Maß 27½, das ist etwa gleichwertig mit Schuhgröße 44. Schwielenförderung garantiert.

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Solches ...
... oder ähnliches Schuhwerk kam hier in früheren Tagen in bäuerlichen Betrieben ebenfalls zur Anwendung, besonders für die Arbeiten im Stall, ist aber schon seit langem durch erdölbasiertes ersetzt worden. Nur an der Fastnacht kommen solche Holzschuhe noch bei bestimmten Figuren (so genannte Waggis) zum Einsatz, die hier "Holzzoggeli" genannt und durch Schaumstoffeinlagen so gepolstert werden, dass die Leute nach diesen Tagen wieder zur Arbeit gehen können.
Als junger Mann trug ich selbst auch welche, aber nicht solche vollhölzernen, sondern "halbhölzerne": Der "Oberschuh" war aus Leder) und Sie haben recht, in Holzschuhen schwitzt man nicht, friert man nicht, bleibt immer trocken und hupen braucht man auch nicht - alle hören einen bereits von weitem!

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