Sonntag, 6. Mai 2012
Bagatelle 158 - Spielangst & Spielfreude
terra40, 14:03h
Damals, vor vielen Jahren, verbrachte ich einige meiner Tage an der Fakultät der Sozialwissenschaften, und zwar an der Subfakultät Psychologie und mehr im besonderen im Fachbereich Entwicklungspsychologie. Als Student. Das klingt alles sehr ernst und steif, war es aber nicht. Es gab Tage, da saß ich zwischen Kleinkindern im Grundschulalter und spielte mit ihnen die schönsten Spiele. Zum Beispiel ein Spiel mit einem mit Nägeln bestückten Glückskasten, einigen leeren pappkartonnenen Bechern und ein paar fröhlich getupften Tischtennisbällchen. In den zwei vorhergegangenen Bagatellgeschichten (hier unten nachzulesen) habe ich Ihnen davon erzählt.
Die Frage war - die Psychologie besteht zum übergrößten Teil aus schwer zu beantwortenden Fragen und aus noch viel schwieriger zu verstehenden Antworten - ob Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren überhaupt mit solch einem Gerät - das sie noch nie in ihrem Leben gesehen haben - spielen werden wenn sie dazu in der Gelegenheit sind.
Meine Idee war es mich selber mit dem Kasten inmitten einer Gruppe Kinder zu stellen und zusammen mit ihnen der Frage nachzugehen ob es sich mit solch einem sonderbaren Glaskasten, den Tischtennisbällchen und den Bechern überhaupt spielen läßt. Dazu baute ich mir das uralte Wirtshausglücksspiel nach. Das ganze geschah in einem kleinen Forschungsprojekt wobei Studenten selber ihre Theorien, Thesen und Paradigmen auf ihrer Brauchbarkeit und Relevanz prüfen konnten. Das Thema der Forschung konnten wir, die Studenten, uns selber aussuchen: ich entschied mich für das Thema Spielangst & Spielfreude.
Was glauben Sie: werden Kinder mit solch einem Glückskasten samt allen Utensilien spielen oder werden sie es als Spielzeug verwerfen? Und wenn sie spielen, welche (eigens bedachte) Spielregeln werden sie berücksichtigen? Ich frage nur. Damals und jetzt wieder.
Ich will hier nicht Ihre kostbare Lesezeit verschwenden indem ich über alles genauestens berichte. Über alle Observationen und über alle Ergebnisse. Ich will nur einiges sagen über die Spielängste und Spielfreuden.
Die Theorie will, daß Kinder (Menschen allgemein) in eine meist sanfte Erregung gebracht werden wenn sie alleine oder zusammen mit anderen ein Spiel spielen. "Arousal" nennt man so etwas. Das Spiel (der Spielablauf) verläuft nach Wunsch, und man freut sich am spielen. Jeder von uns kann sich dabei etwas vorstellen. Die Erregung ist sanft und leise, denn 'es ist ja nur ein Spiel'. Und jeder Spieler ist sich davon bewußt. Daher ist verlieren oder gewinnen auch nicht so schlimm. Wenn aber zuviel auf dem Spiel steht, nähert der Erregungsgrad seinen kritischen Punkt. Zum Beispiel wenn der Einsatz (zu) hoch ist. Oder wenn man zu sehr zweifelt über die Karte welche auf den Tisch geworfen werden soll.
Kinder, so lautet die Theorie weiter, entwickeln ein ziemlich hohen Grad an negativer Erregung wenn sie bei einem Spiel vermuten daß es Spielregeln gibt, die aber nicht kennen. Oder sich nicht sicher sind welche Spielregel gelten. Dann werden sie das Spiel aufgeben und sich um etwas anderes, etwas bekanntes vertrautes, bemühen. Einiges wissen wir auch ziemlich sicher: Kinder werden nur zum freien Spiel kommen wenn sie sich sicher und geborgen fühlen. Die Umgebung muß stimmen.
Alles das sahen wir beim Spielen mit dem Glückskasten. Einige Kinder, meist die jüngeren, fühlten sich unheimisch und unsicher weil sie nicht wußten was mit dem Spielzeug anzufangen. Einige andere spielten zwar eine Zeitlang, wußten aber nicht ob sie die richtigen Regeln verwendeten, und hörten schließlich auf. Einige, die ältesten, aber nicht nur die, kamen mit originellen Lösungen und veranstalteten sogar kleine Wettkämpfe.
Was, fragen Sie sich vielleicht, sollen wir mit dieser Spielerei? Welchem Ziel dient diese gespielte Forschung? Gibt es irgendeinen Nutzen?
Die Antwort lautet schlicht: nein. Aber das ist gerade des Pudels Kern. Der homo ludens, der spielende Mensch, braucht keinen Nutzen. Er spürt keine Utilitätszwänge. Die Frage wozu dies alles gut sei, tut nicht zur Sache. Nur die Spielfreude zählt.
Zum Schluß zeige ich Ihnen ein anderes uraltes Spiel. Wetten daß Sie es je gespielt haben? Gefolgt von einem dazu passenden, englischen Spielvers. (Weil so viel Englisch inzwischen in die deutsche Sprache hineingedrungen ist, dürfte das kein Problem sein.)
All day I play at hopscotch,
And hop, and hop, and hop,
And when I go to bed at night,
I dream I never stop,
And all the world and everything
Is one big hopscotch square,
With one tired little girl (or boy),
Hopping here, and hopping there.
Die Frage war - die Psychologie besteht zum übergrößten Teil aus schwer zu beantwortenden Fragen und aus noch viel schwieriger zu verstehenden Antworten - ob Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren überhaupt mit solch einem Gerät - das sie noch nie in ihrem Leben gesehen haben - spielen werden wenn sie dazu in der Gelegenheit sind.
Meine Idee war es mich selber mit dem Kasten inmitten einer Gruppe Kinder zu stellen und zusammen mit ihnen der Frage nachzugehen ob es sich mit solch einem sonderbaren Glaskasten, den Tischtennisbällchen und den Bechern überhaupt spielen läßt. Dazu baute ich mir das uralte Wirtshausglücksspiel nach. Das ganze geschah in einem kleinen Forschungsprojekt wobei Studenten selber ihre Theorien, Thesen und Paradigmen auf ihrer Brauchbarkeit und Relevanz prüfen konnten. Das Thema der Forschung konnten wir, die Studenten, uns selber aussuchen: ich entschied mich für das Thema Spielangst & Spielfreude.
Was glauben Sie: werden Kinder mit solch einem Glückskasten samt allen Utensilien spielen oder werden sie es als Spielzeug verwerfen? Und wenn sie spielen, welche (eigens bedachte) Spielregeln werden sie berücksichtigen? Ich frage nur. Damals und jetzt wieder.
Ich will hier nicht Ihre kostbare Lesezeit verschwenden indem ich über alles genauestens berichte. Über alle Observationen und über alle Ergebnisse. Ich will nur einiges sagen über die Spielängste und Spielfreuden.
Die Theorie will, daß Kinder (Menschen allgemein) in eine meist sanfte Erregung gebracht werden wenn sie alleine oder zusammen mit anderen ein Spiel spielen. "Arousal" nennt man so etwas. Das Spiel (der Spielablauf) verläuft nach Wunsch, und man freut sich am spielen. Jeder von uns kann sich dabei etwas vorstellen. Die Erregung ist sanft und leise, denn 'es ist ja nur ein Spiel'. Und jeder Spieler ist sich davon bewußt. Daher ist verlieren oder gewinnen auch nicht so schlimm. Wenn aber zuviel auf dem Spiel steht, nähert der Erregungsgrad seinen kritischen Punkt. Zum Beispiel wenn der Einsatz (zu) hoch ist. Oder wenn man zu sehr zweifelt über die Karte welche auf den Tisch geworfen werden soll.
Kinder, so lautet die Theorie weiter, entwickeln ein ziemlich hohen Grad an negativer Erregung wenn sie bei einem Spiel vermuten daß es Spielregeln gibt, die aber nicht kennen. Oder sich nicht sicher sind welche Spielregel gelten. Dann werden sie das Spiel aufgeben und sich um etwas anderes, etwas bekanntes vertrautes, bemühen. Einiges wissen wir auch ziemlich sicher: Kinder werden nur zum freien Spiel kommen wenn sie sich sicher und geborgen fühlen. Die Umgebung muß stimmen.
Alles das sahen wir beim Spielen mit dem Glückskasten. Einige Kinder, meist die jüngeren, fühlten sich unheimisch und unsicher weil sie nicht wußten was mit dem Spielzeug anzufangen. Einige andere spielten zwar eine Zeitlang, wußten aber nicht ob sie die richtigen Regeln verwendeten, und hörten schließlich auf. Einige, die ältesten, aber nicht nur die, kamen mit originellen Lösungen und veranstalteten sogar kleine Wettkämpfe.
Was, fragen Sie sich vielleicht, sollen wir mit dieser Spielerei? Welchem Ziel dient diese gespielte Forschung? Gibt es irgendeinen Nutzen?
Die Antwort lautet schlicht: nein. Aber das ist gerade des Pudels Kern. Der homo ludens, der spielende Mensch, braucht keinen Nutzen. Er spürt keine Utilitätszwänge. Die Frage wozu dies alles gut sei, tut nicht zur Sache. Nur die Spielfreude zählt.
Zum Schluß zeige ich Ihnen ein anderes uraltes Spiel. Wetten daß Sie es je gespielt haben? Gefolgt von einem dazu passenden, englischen Spielvers. (Weil so viel Englisch inzwischen in die deutsche Sprache hineingedrungen ist, dürfte das kein Problem sein.)
All day I play at hopscotch,
And hop, and hop, and hop,
And when I go to bed at night,
I dream I never stop,
And all the world and everything
Is one big hopscotch square,
With one tired little girl (or boy),
Hopping here, and hopping there.
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clare,
Montag, 7. Mai 2012, 02:46
Na klar, hinkeln. Mit Kreide das Spielfeld auf den Buergersteig zeichnen und dann auf einem Bein in die 1, 2 und 3 huepfen. 4 und 5: beide Beine,... Wer mit den Fuessen die Linien beruehrt ist draussen. Wer oben fehlerfrei ankommt - umdreht, fehlerfrei zurueckhuepft, hat gewonnen.
Spielen ist wichtig. Man lernt Koerperbeherrschung, Kommunikation, Sozialisierung, Umgang mit Verlieren, uvm. Halt ein wenig von dem, was im taeglichen Leben von Noeten ist. Tiere spielen auch!
Spielen ist wichtig. Man lernt Koerperbeherrschung, Kommunikation, Sozialisierung, Umgang mit Verlieren, uvm. Halt ein wenig von dem, was im taeglichen Leben von Noeten ist. Tiere spielen auch!
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