Dienstag, 2. Februar 2016
Bagatelle 277 - Grenzparadox
Im Schengengebiet werden zur Zeit wieder Diskussionen laut ob es, wegen der Flüchtlingenströme, nicht geraten ist die früheren Innengrenzen sichtbar, tastbar und handhabbar zu machen. Die hierunter gezeigten Fotos zeigen dass man tatsächlich damit begonnen hat. Hunderte von Jahren alte Grenzsteine, manche fast in der Erde verschwunden, werden erneuert und wieder in Stand gesetzt. Fehlt noch das Stacheldraht. Fehlen noch die Grenzbeamten (Kommiesen, sagten wir früher) welche die Grenze entlang patrouillieren und, weil sie jeden Grenzgänger untersuchen, den freien Grenzverkehr zwischen Staaten einschränken.

Schon einmal habe ich Ihnen erzählt dass ich in einem Dorf wohne quer wodurch die deutsche und unsere Landesgrenze verläuft: unsere Seite des Heelwegs heißt Niederlande, ihre Seite hinter dem Bürgersteig Bundesrepublik Deutschland. Unser Dorf nennt sich Dinxperlo (Gemeinde Aalten); ihres Süderwick (Gemeinde Bocholt i.W.)

Die Bürger beider Länder haben sich eh und je immer gut verstanden. Süderwicker Mädchen heirateten holländische Burschen und umgekehrt. In zwei Weltkriegen war das Verhältnis zwar schwer gestört und die Grenze geschlossen und abgeschrotet. Die Menschen beiderseits der Grenze allerdings halfen sich wo möglich und nötig. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Grenze allmählich abgebaut und verschwand. Das vereinigte Europa entstand. Auf lokalem Niveau sah man wie Dinxperlo (NL) und Süderwick (D) zusammenwuchsen. Deutsche Kinder gingen in Holland in den Kindergarten und der niederländische Notfallwagen brachte seine Passagiere in das Bocholter Krankenhaus. Aus Dinxperlo und Süderwick wuchs eine neue Gemeinschaft: Dinxperwick.

Wozu denn jetzt die Wiederinstandsetzung der alten Grenzsteine?
Es ist, wie paradoxal es auch klingen mag, ein Ausdruck weiterer Zusammenarbeit. Die zwei Heimatvereine haben sich vereint und restaurieren jetzt zusammen den alten Grenzweg.

1) Das erste und dritte Bild zeigt einen der ältesten Grenzsteine; dieser ist aus 1766. Nummer 176 aus einer langen Reihe. An der einen Seite oben das Wappen des Hertogs von Gelre, an der anderen das des Bischoffs von Münster.
2) Auf dem 2. Bild links der Vorsitzender des deutschen Heimatvereins, ganz rechts sein Kollege aus Holland. Die Herren in orange (sic!) sind deutsche Gemeindewerker aus Bocholt.






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