Samstag, 30. Januar 2021
Bagatelle 357 - Altes Stapelvers
terra40, 21:30h
Ein Stapelvers ist ein erzählendes Gedicht, eine Art Ballade, wo bei jeder neuen Strophe ein neues Element hinzugefügt wird. Dabei werden alle vorherige Elemente wiederholt, aber in umgekehrter Reihenfolge.
Den folgenden Stapelvers fand ich in einem holländischen Grundschulleselernbuch aus dem Jahre 1920. Ich glaube zu wissen, dass er auch in meinem Lesebuch stand, viele Jahre her. Teile aus dem Vers konnte ich noch auswendig. Es ist die Geschichte eines unweisen Männleins, das seine Hütte auf dem Eis baute und jetzt Bewohner sucht und findet. Sogar mit Namen!
Es war einmal ein Männlein, das war nicht weis',
es baute sein Häuslein wohl auf dem Eis.
Es wollte es hätte ein Huhn,
Tjip, tjip, so heißt mein Huhn,
abends in dem Hühnerstall
und morgens in dem Auslauf.
Es wollte es hätte einen Hahn.
Kokkelekan, so heißt mein Hahn.
Es wollte es hätte ein Schaf,
Blèè, blèè, so heißt mein Schaf.
Es wollte es hätte ein Kalb,
Halbe-halb, so heißt mein Kalb.
Es wollte es hätte eine Kuh,
Mu-mu, so heißt meine Kuh.
Es wollte es hätte ein Pferd,
Flachsherd, so heißt mein Pferd.
Es wollte es hätte einen Wagen,
Wohlbehagen, so heißt mein Wagen.
Es wollte es hätte einen Knecht,
Alberecht, so heißt mein Knecht.
Es wollte es hätte eine Maid,
Wohlbereit, so heißt mein' Maid.
Es wollte es hätte eine Frau,
Gut-und-Treu, so heißt mein' Frau.
Es wollte es hätte ein Kind,
Gutgesinnt, so heißt mein Kind.
(und jetzt geht’s im Rückwärtsgang:)
Gutgesinnt, so heißt mein Kind.
Gut-und-Treu, so heißt mein' Frau.
Wohlbereit, so heißt mein' Maid.
Alberecht, so heißt mein Knecht.
Wohlbehagen, so heißt mein Wagen.
Flachsherd, so heißt mein Pferd.
Mu-mu, so heißt mein' Kuh.
Halbe-halb, so heißt mein Kalb.
Blèè, blèè, so heißt mein Schaf.
Kokkelekan, so heißt mein Hahn.
Tjip, tjip, so heißt mein Huhn,
abends in dem Hühnerstall
und morgens in dem Auslauf.
Den folgenden Stapelvers fand ich in einem holländischen Grundschulleselernbuch aus dem Jahre 1920. Ich glaube zu wissen, dass er auch in meinem Lesebuch stand, viele Jahre her. Teile aus dem Vers konnte ich noch auswendig. Es ist die Geschichte eines unweisen Männleins, das seine Hütte auf dem Eis baute und jetzt Bewohner sucht und findet. Sogar mit Namen!
Es war einmal ein Männlein, das war nicht weis',
es baute sein Häuslein wohl auf dem Eis.
Es wollte es hätte ein Huhn,
Tjip, tjip, so heißt mein Huhn,
abends in dem Hühnerstall
und morgens in dem Auslauf.
Es wollte es hätte einen Hahn.
Kokkelekan, so heißt mein Hahn.
Es wollte es hätte ein Schaf,
Blèè, blèè, so heißt mein Schaf.
Es wollte es hätte ein Kalb,
Halbe-halb, so heißt mein Kalb.
Es wollte es hätte eine Kuh,
Mu-mu, so heißt meine Kuh.
Es wollte es hätte ein Pferd,
Flachsherd, so heißt mein Pferd.
Es wollte es hätte einen Wagen,
Wohlbehagen, so heißt mein Wagen.
Es wollte es hätte einen Knecht,
Alberecht, so heißt mein Knecht.
Es wollte es hätte eine Maid,
Wohlbereit, so heißt mein' Maid.
Es wollte es hätte eine Frau,
Gut-und-Treu, so heißt mein' Frau.
Es wollte es hätte ein Kind,
Gutgesinnt, so heißt mein Kind.
(und jetzt geht’s im Rückwärtsgang:)
Gutgesinnt, so heißt mein Kind.
Gut-und-Treu, so heißt mein' Frau.
Wohlbereit, so heißt mein' Maid.
Alberecht, so heißt mein Knecht.
Wohlbehagen, so heißt mein Wagen.
Flachsherd, so heißt mein Pferd.
Mu-mu, so heißt mein' Kuh.
Halbe-halb, so heißt mein Kalb.
Blèè, blèè, so heißt mein Schaf.
Kokkelekan, so heißt mein Hahn.
Tjip, tjip, so heißt mein Huhn,
abends in dem Hühnerstall
und morgens in dem Auslauf.
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Dienstag, 20. März 2018
Bagatelle 313 - Willem weiß wo Retto wohnt
terra40, 18:42h
höchste zeit für eine kindergeschichte, finden Sie nicht auch?
eine geschichte zum lesen, oder zum vorlesen
eine geschichte für jeden der das lesen liebt
auch für die allerjüngsten die gerade lesen können
und auch für die stock und steinalten die schwer lesen
für jedermann also.
das hier ist Willem
er sucht seinen freund Retto
Willem und Retto haben sich noch nie gesehen
man schreibt sich lange briefe
wer man ist, wo man wohnt, was man so tut
und was man später mal werden wird
besuch mich mal, schreibt Retto
ich lebe in westfalen
an einem see
in einem wald
in einem westfalener Waldsee
Willem macht sich auf die reise
mit seinem rucksack und seinem angel
sein fernglas ist auch dabei
auf die suche nach dem see
dem westfalener waldsee
gehe ostwärts, sagt Ignaz der Igel
und frag’ nach Makke der Maulwurf
der kennt die gegend
er kennt jedes tier, jeden fisch und jeden vogel
und jeden baum und jede pflanze
Makke weiß auch wohl wo Retto wohnt
Ich bin der Makke
offiziell Macke
Aber keiner sagt das zu mir
ich bin Makke der maulwurf
biologe, forscher, fremdenführer
und berater in sachen natur
mein pelz ist samt und weich
ich grabe gräben
ich schaufele sand zur seite
ich baue maulwurfshügel
manchmal maulwurfsberge
mit meinen breiten händen
ich kann gut riechen
ich kann gut fühlen
ich kann gut hören
ich kann nicht gut sehen
nicht schlimm
unter der erde ist es je immer dunkel
Willem trifft Makke
du bist Makke der fremdenführer sagt Willem
du weißt bescheid
du weißt auch wo Retto wohnt
sicher
Makke führt Willem an den see
den westfalener waldsee
hier irgendwo muß es sein
was steht auf dem schild?
Willem liest: OTTER
Makke sagt: du musst andersrum lesen
nicht von vorne, von hinten
von der anderen seite
die hinterseite
von hinten nach vorne
was steht hier?
Willem liest: RETTO
GEFUNDEN!
Hier also wohnt Retto der Otter
Willems schreibfreund
jetzt auch sein sprechfreund
auf wiedersehen Makke, sagt Willem
danke für deine hilfe
gerne, sagt Makke
Quelle: Wie ben jij? Leselernmethode: De Leessleutel, deel A, thema 3.
Original niederländischer Text: Heidi Smits; Zeichnungen: Erik van Schaaik.
Verlag: Malmberg, ꞌs-Hertogenbosch.
eine geschichte zum lesen, oder zum vorlesen
eine geschichte für jeden der das lesen liebt
auch für die allerjüngsten die gerade lesen können
und auch für die stock und steinalten die schwer lesen
für jedermann also.
das hier ist Willem
er sucht seinen freund Retto
Willem und Retto haben sich noch nie gesehen
man schreibt sich lange briefe
wer man ist, wo man wohnt, was man so tut
und was man später mal werden wird
besuch mich mal, schreibt Retto
ich lebe in westfalen
an einem see
in einem wald
in einem westfalener Waldsee
Willem macht sich auf die reise
mit seinem rucksack und seinem angel
sein fernglas ist auch dabei
auf die suche nach dem see
dem westfalener waldsee
gehe ostwärts, sagt Ignaz der Igel
und frag’ nach Makke der Maulwurf
der kennt die gegend
er kennt jedes tier, jeden fisch und jeden vogel
und jeden baum und jede pflanze
Makke weiß auch wohl wo Retto wohnt
Ich bin der Makke
offiziell Macke
Aber keiner sagt das zu mir
ich bin Makke der maulwurf
biologe, forscher, fremdenführer
und berater in sachen natur
mein pelz ist samt und weich
ich grabe gräben
ich schaufele sand zur seite
ich baue maulwurfshügel
manchmal maulwurfsberge
mit meinen breiten händen
ich kann gut riechen
ich kann gut fühlen
ich kann gut hören
ich kann nicht gut sehen
nicht schlimm
unter der erde ist es je immer dunkel
Willem trifft Makke
du bist Makke der fremdenführer sagt Willem
du weißt bescheid
du weißt auch wo Retto wohnt
sicher
Makke führt Willem an den see
den westfalener waldsee
hier irgendwo muß es sein
was steht auf dem schild?
Willem liest: OTTER
Makke sagt: du musst andersrum lesen
nicht von vorne, von hinten
von der anderen seite
die hinterseite
von hinten nach vorne
was steht hier?
Willem liest: RETTO
GEFUNDEN!
Hier also wohnt Retto der Otter
Willems schreibfreund
jetzt auch sein sprechfreund
auf wiedersehen Makke, sagt Willem
danke für deine hilfe
gerne, sagt Makke
Quelle: Wie ben jij? Leselernmethode: De Leessleutel, deel A, thema 3.
Original niederländischer Text: Heidi Smits; Zeichnungen: Erik van Schaaik.
Verlag: Malmberg, ꞌs-Hertogenbosch.
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Sonntag, 20. Dezember 2015
Bagatelle 275 - Dachpredigt
terra40, 14:09h
Als wir uns das letzte Mal sahen, hatte ich Ihnen gerade berichtet, dass man im September mit dem Bau zweier Drei-Familien-Wohnungen angefangen hatte. Kaum hatte ich Ihnen das mitgeteilt – die Worte hingen noch in der Luft – und die Gegebenheiten ubersputeten sich förmlich.
Sechs Eigentumswohnungen werden gebaut und zwar drei – wie wir sie nennen – Starterswohnungen und drei (kleinere) Seniorenwohnungen. Die meist rechte der Seniorenwohnungen wird die meinige werden.
Kaum vorstellbar in welch einem Tempo gebaut wird. Man bewegt sich von der Stelle und plötzlich entsteht Mauerwerk; vieles ist vorprogrammiert und vorfabriziert. Ein Riesenkran erscheint und wenn die Innenwänden es zulassen findet der Dachstuhl zügig aber vertrauensvoll seinen Platz.
Heute, der 20. Dezember, ist alles unter Dach und Fach. Die Handwerker bewundern ihrer Hände Arbeit, räumen auf und gehen in den Weihnachtsurlaub. Bis nach Neujahr, wo man sich wieder sieht.
Sechs Eigentumswohnungen werden gebaut und zwar drei – wie wir sie nennen – Starterswohnungen und drei (kleinere) Seniorenwohnungen. Die meist rechte der Seniorenwohnungen wird die meinige werden.
Kaum vorstellbar in welch einem Tempo gebaut wird. Man bewegt sich von der Stelle und plötzlich entsteht Mauerwerk; vieles ist vorprogrammiert und vorfabriziert. Ein Riesenkran erscheint und wenn die Innenwänden es zulassen findet der Dachstuhl zügig aber vertrauensvoll seinen Platz.
Heute, der 20. Dezember, ist alles unter Dach und Fach. Die Handwerker bewundern ihrer Hände Arbeit, räumen auf und gehen in den Weihnachtsurlaub. Bis nach Neujahr, wo man sich wieder sieht.
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Montag, 6. Oktober 2014
Bagatelle 240 - Ratschläge für Liebhaber
terra40, 22:17h
Das hier ist ein altes, sepiafarbiges Bild, aus den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, das meinen Schwiegervater Hendrik mit seiner Verlobten Johanna (genannt Hanna) zeigt. Hendrik (1905-1987) war zwar schon mein Schwiegervater, die Hanna aber war nicht meine Schwiegermutter.
Die Sache ist so: die Hanna, als deutsches Dienstmädchen vom benachbarten Preußen in die Niederlande gezogen, hatte sich in einen holländischen Bauern verliebt und ihn 1929 geheiratet. Die Heirat dauerte aber nicht lange. Nach einer schweren Krankheit starb die Hanna in 1936. Anfang 1940 heiratete mein Schwiegervater zum zweiten Male, wieder mit einer Hanna. Diese zweite Hanna wurde später meine Schwiegermutter.
Nun aber total etwas anderes. Wer schreibt heutzutage noch? Worte und Wörter und zwar mit Tinte und Feder auf einem weißen Blatt Papier? Und das meist unwahrscheinlichste von allem: gibt es überhaupt noch jemand der einen Liebesbrief schreibt? Meine Nicht-Schwiegermutter Hanna hat es vielleicht getan, denn ich fand in ihrem Nachlass, versteckt in einem der vielen alten Schränke im Hof, ein Büchlein mit dem Titel: “Neuester Briefsteller für Liebende”. (Nebst Anhang: Stammbuchverse und Gelegenheitsgedichte.) Schon der Titel lässt vermuten, dass es sich hierbei um ein literarisches Meisterwerk handelt.
Die erste Abteilung dieses interessanten Werkes enthält Beispiele für schriftliche Liebeserklärungen und Bewerbungen etc. mit zusagenden und ablehnenden Antworten, alle gedruckt in den komischen, schwer zu lesenden Schriftzeichen aus jener Zeit (um 1920). Dass nicht alle Beiträge äußerst ernst und seriös aufzufassen sind, zeigt die folgende hilfreiche Anleitung.
Beispiel eines scherzhaften Liebesbriefes an ein hübsches Mädchen.
Meine innig geliebte Erna,
Ich nehme mir die Freiheit, Ihnen die Versicherung zu geben, daß ich Ihnen notwendig die Augen ausreißen oder mir die meinigen ausstechen muß. Das ist unbedingte Wahrheit. Sie müssen entweder minder schön oder ich muß blind werden; das ist wieder eine Wahrheit. Obgleich mein Leidenschaft so heftig ist, wie die jedes andern Liebenden sein kann, hoffe ich doch, Sie werden nicht erwarten, daß ich mich ertränke oder aufhänge. Sie können es mir glauben, mein Fräulein, daß ich ganz gewiß gesonnen bin, weder das eine noch das andere zu tun. Es hieße beweisen, daß ich sehr wenig Verstand und noch viel weniger Erkenntnis Ihres Verdienstes hätte, wenn ich nur die geringste Neigung zeigte, diese Welt zu verlassen, so lange Sie auf derselben zurückbleiben. Offen gesprochen, mein Fräulein, ziehe ich das Glück, Sie zu sehen, bei weitem dem Ruhm vor, für Sie zu sterben. Ich habe überdies eine viel zu gute Meinung von Ihrer Urteilskraft, um mich nicht überzeugt zu halten, daß Ihnen ein lebendiger Liebhaber lieber ist als ein toter; daß Sie brennende Lippen, bereit tausende Küsse zu geben, kalten, für immer geschlossenen Lippen vorziehen. Muß ich indes sterben, so bitte ich Sie, mich durch Ihre Güte und nicht durch Ihre Strenge zu töten. Viel lieber werde ich in Ihren Armen, als zu Ihren Füßen, sterben. Wären Sie zärtlich geneigt, mir einen Tod dieser Art zu geben, so bin ich bereit, ihn augenblicklich von Ihnen zu empfangen, wann und wo es Ihnen gefällig sein wird. Deuten Sie mir nur Zeit und Ort an, und ich werde nicht ermangeln, meiner schönen Mörderin entgegen zu eilen.
Für immer Ihr Bertrand.
Die Antwort mag lauten:
Sie haben sich offenbar mit mir einen Scherz machen wollen, und ich verzeihe Ihnen dies, indem ich Ihnen die Erklärung gebe, daß ich keineswegs beabsichtige, Ihre Mörderin zu werden. Ich muß Ihnen daher raten, anderwärts unter meinen Schwestern eine so Grausame oder Blutdürstige zu suchen. Ich vermag nichts für Sie zu tun, und hoffe, daß durch diese Erklärung weder meine, noch Ihre Augen in Gefahr kommen.
Mit aller Achtung, Erna.
Brief und Antwort: Beispiele für die ungeahnt hohen literarischen Qualitäten der deutschen Liebesbriefe vor hundert Jahren. Und nicht ohne Humor. So etwas in 2014 schon einmal in einem tweet, sms oder e-mail gelesen oder in einem ipad hineingeschrieben gesehen? Passend zu Ihrem face-book?
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Freitag, 16. August 2013
Bagatelle 194 - Sommerkönig
terra40, 00:22h
eine Geschichte
für Kinder
und ältere Junggebliebene
das hier ist Fritz, König Fritz
ja doch, unser König Fritz
der unlängst seine Krone verloren hatte
du weißt schon: aus Bagatelle XXV
(das heißt 25)
König Fritz, wir kennen ihn
er trägt heute eine orangefarbige Krone
weil die Nationalfußballmannschaft
heute Abend um neun im Fernsehen
gegen Portugal spielt
König Fritz ist Winterkönig,
wenn ein r im Monat ist
im Winter wenn es draußen kalt ist
ruft er seinen Namen:
Fritz, Fritz,
König bin ich, König bin ich
was macht unser König Fritz im Sommer?
im Sommer geht er in Urlaub
Sommerurlaub
dann ruht er aus
anfang September kehrt er heim
ausgeruht
jeden Tag
macht unser Winterkönig Fritz einen Spaziergang
dann dreht er eine Runde
im Sommergarten
gestern der Blumengarten
heute der Gemüsegarten
bei einer Erdbeere bleibt er stehen
so, sagt unser König Fritz, was hört man?
du nennst dich selber König?
Sommerkönig?
ehrlich?
Bilde dir nichts ein
du bist nur eine Erdbeere
eine ordinäre Erdbeere
ich werde dir was sagen:
es wird dir schlecht vergehen
du wirst in eine Torte landen
eine Erdbeertorte
unter einem Klacks Schlagzahne
selber schuld
schade
und ein trauriges Ende
nebenbei
für Kinder
und ältere Junggebliebene
das hier ist Fritz, König Fritz
ja doch, unser König Fritz
der unlängst seine Krone verloren hatte
du weißt schon: aus Bagatelle XXV
(das heißt 25)
König Fritz, wir kennen ihn
er trägt heute eine orangefarbige Krone
weil die Nationalfußballmannschaft
heute Abend um neun im Fernsehen
gegen Portugal spielt
König Fritz ist Winterkönig,
wenn ein r im Monat ist
im Winter wenn es draußen kalt ist
ruft er seinen Namen:
Fritz, Fritz,
König bin ich, König bin ich
was macht unser König Fritz im Sommer?
im Sommer geht er in Urlaub
Sommerurlaub
dann ruht er aus
anfang September kehrt er heim
ausgeruht
jeden Tag
macht unser Winterkönig Fritz einen Spaziergang
dann dreht er eine Runde
im Sommergarten
gestern der Blumengarten
heute der Gemüsegarten
bei einer Erdbeere bleibt er stehen
so, sagt unser König Fritz, was hört man?
du nennst dich selber König?
Sommerkönig?
ehrlich?
Bilde dir nichts ein
du bist nur eine Erdbeere
eine ordinäre Erdbeere
ich werde dir was sagen:
es wird dir schlecht vergehen
du wirst in eine Torte landen
eine Erdbeertorte
unter einem Klacks Schlagzahne
selber schuld
schade
und ein trauriges Ende
nebenbei
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Donnerstag, 18. April 2013
Bagatelle 184 - Taubnesselalbumblatt
terra40, 22:42h
Wegen des langen, anhaltenden Winters - so sagen uns die meteorologischen Sachverständige sowie die sonstigen klimatologischen Besserwisser - ist der Frühling fast um drei Wochen ins Hintertreffen geraten. Daher kommt es auch, daß wir so lange auf die Frühlingsblumen draußen haben warten müssen. Das Schneeglöckchen zum Beispiel war dieses Jahr so spät dran, daß es sogar daran dachte dieses Jahr nicht (mehr) zu erscheinen. Und heute, wir schreiben Mitte April, zeigen die Scharbockskräuter ihre köstlichen gelben Sternblüten so schön wie sonst im Februar.
Sie mögen anders urteilen, aber nach meiner Meinung ist die weiße Taubnessel eine der schönsten wilden Frühlingsblumen. Sie blüht jetzt noch nicht, gerade wegen der besagten Wetterverzögerung, aber jeden Tag schweife ich herum, den Gräben und Wegrändern entlang, und suche ihre feste Blumenstengel und ihre himmlische Blüte. Laut Botaniker ist die Blütenkrone zweilippig, wobei die Oberlippe behaart ist. Und das untere Kronblatt ist ein ausgezeichneter Anflugplatz für herumstreifende Nektarsucher wie Bienen und Hummel. Und noch immer, wenn ich eine Taubnessel sehe, nehme ich die Blüte zwischen Daumen und Zeigefinger um die Lippen bewegen zu lassen.
Es geschah vor vielen, vielen Jahren, auf der pädagogischen Hochschule die ich damals besuchte, daß der dortige Biologie- und Botaniklehrer uns aufforderte verwilderte und wildwachsende Blumen in freier Wildbahn zu studieren. Wir bekamen den Auftrag mindestens zwanzig - aber fünfzig war eine bessere Zahl - Blumenarten äußerst vorsichtig aus dem Boden zu buddeln, diese zu Hause zwischen Spezialpapier unter Druck zu trocknen und sie schließlich in einem Spezialalbum aufzubewahren. Der Lehrer nannte so etwas ein Herbarium: ein Sammelsurium für Blumen und Pflanzen, komplett mit Fundort, lateinischem Namen und inklusive Besonderheiten.
Von diesem Tag an konnte man mich, alleine oder mit Freunden, durch die Wälder, Auen und Wiesen gehen sehen um Blumen zu sammeln. Und wie es jedem Sammler vergeht: man vergnügte sich nicht mit allen normalen, üblichen Blumensorten die es in große Mengen gab. Nein, man suchte seltene Stücke, rare Funde, Blumen die sonst keiner in seiner Sammlung hatte. Nicht daß wir sehr seltene Pflanzen dem Boden entrückten. Das war uns, gerade von dem genannten Lehrer, strengstens untersagt. Und eine Klassenfreundin, die aus Versehen - sie wußte nicht welche Missetat sie begangen hatte weil sie die Pflanze nicht kannte - eine seltene Orchidee gepflückt und getrocknet hatte, bekam gar dafür eine leichte Rüge. Trotzdem suchten wir alle nach besonderen Blumen und Pflanzen.
So auch ich. Und ich fand diese weiße Taubnessel. Nicht verwandt oder verschwägert mit dem Brennessel. Gefunden, zum trocknen gelegt und in einem Herbarium für die Ewigkeit aufgehoben, in Mai 1957. Immer noch bildschön.
Sie mögen anders urteilen, aber nach meiner Meinung ist die weiße Taubnessel eine der schönsten wilden Frühlingsblumen. Sie blüht jetzt noch nicht, gerade wegen der besagten Wetterverzögerung, aber jeden Tag schweife ich herum, den Gräben und Wegrändern entlang, und suche ihre feste Blumenstengel und ihre himmlische Blüte. Laut Botaniker ist die Blütenkrone zweilippig, wobei die Oberlippe behaart ist. Und das untere Kronblatt ist ein ausgezeichneter Anflugplatz für herumstreifende Nektarsucher wie Bienen und Hummel. Und noch immer, wenn ich eine Taubnessel sehe, nehme ich die Blüte zwischen Daumen und Zeigefinger um die Lippen bewegen zu lassen.
Es geschah vor vielen, vielen Jahren, auf der pädagogischen Hochschule die ich damals besuchte, daß der dortige Biologie- und Botaniklehrer uns aufforderte verwilderte und wildwachsende Blumen in freier Wildbahn zu studieren. Wir bekamen den Auftrag mindestens zwanzig - aber fünfzig war eine bessere Zahl - Blumenarten äußerst vorsichtig aus dem Boden zu buddeln, diese zu Hause zwischen Spezialpapier unter Druck zu trocknen und sie schließlich in einem Spezialalbum aufzubewahren. Der Lehrer nannte so etwas ein Herbarium: ein Sammelsurium für Blumen und Pflanzen, komplett mit Fundort, lateinischem Namen und inklusive Besonderheiten.
Von diesem Tag an konnte man mich, alleine oder mit Freunden, durch die Wälder, Auen und Wiesen gehen sehen um Blumen zu sammeln. Und wie es jedem Sammler vergeht: man vergnügte sich nicht mit allen normalen, üblichen Blumensorten die es in große Mengen gab. Nein, man suchte seltene Stücke, rare Funde, Blumen die sonst keiner in seiner Sammlung hatte. Nicht daß wir sehr seltene Pflanzen dem Boden entrückten. Das war uns, gerade von dem genannten Lehrer, strengstens untersagt. Und eine Klassenfreundin, die aus Versehen - sie wußte nicht welche Missetat sie begangen hatte weil sie die Pflanze nicht kannte - eine seltene Orchidee gepflückt und getrocknet hatte, bekam gar dafür eine leichte Rüge. Trotzdem suchten wir alle nach besonderen Blumen und Pflanzen.
So auch ich. Und ich fand diese weiße Taubnessel. Nicht verwandt oder verschwägert mit dem Brennessel. Gefunden, zum trocknen gelegt und in einem Herbarium für die Ewigkeit aufgehoben, in Mai 1957. Immer noch bildschön.
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Montag, 4. Juni 2012
Bagatelle 162 - Ein Mantel aus Eisen
terra40, 23:21h
Heute eine Bagatellgeschichte zum lesen und zum vorlesen. Eine Geschichte für jeden, für jung und alt, für Leserinnen und Leser jeden Alters, von drei bis etwa drei-und-neunzig. Vor allem für die jüngsten unter uns.
Die Hauptperson in dieser Geschichte ist ein lieber russischer Bär. Die Geschichte ist in kurzen Sätzen geschrieben, der Autor hat sich extra bemüht, so gut wie möglich - mit hier und dort einigen zu verzeihenden Fehlern - in einfachen Worten, sodaß jedermann sie lesen kann. Und wenn nicht, ist meistens immer einer da der dir hilft beim lesen und verstehen.
das hier ist Bär
ein Braunbär aus Rußland
er heißt Bär und er ist Bär
von Haus aus und von Geburt an -
Bär ist nicht sein echter Name
aber er mag nicht
daß sein richtiger Name in der Zeitung steht
oder im internet
er hat uns seinen Rücken zugewandt
das kommt daher, daß er auch nicht mag
daß die Zeitungsleser sein Gesicht sehen
und jeder sagt: das ist Bär, den kennen wir -
aber wenn du ihn freundlich bittest
sich umzudrehen
tut er das
Bär ist Schumachermeister A D
A D heißt: Außer Dienst
Er schlägt mit einem Holzhammer
Holznägel in die Ledersohlen deiner Schuhe
Bär hat seinen Hammer verloren
darum ist er heute Außer Dienst
gestern ist es passiert
verloren
oder irgendwo liegen gelassen
das kann jedem wohl mal passieren
Bär sitzt voller Haare
wie alle anderen Bären auch
Haare von Kopf bis Fuß
Haare vom Scheitel bis zur Sohle
Haare von oben bis unten
überall Haare
nichts wie Haare
Bärs Haare sind wie ein Mantel
schön warm im Winter
schön kühl im Sommer -
Bär kann etwas
was andere Bären nicht können:
er kann seinen Mantel ausziehen
doch: seinen Haarmantel
Bärs Mantelbauch hat einen langen Reißverschluß
den öffnet er
wenn er abends ins Bett geht
seinen Haarmantel hängt er an den Garderobeständer
an den Mantelhaken
alte Menschen haben oft grauweiße Haare
alte Bären sonst auch
nur unser Bär nicht
dessen Haare bleiben braun
und werden sehr hart
hart wie Eisen
wie eiserne Nägel
seht nur
Bär hat seinen Mantel ausgezogen
der liegt flach auf dem Boden:
Außenseite oben, Innenseite unten
links kannst du sehen wo sein Kopf sitzt
und seine Vorderbeine -
Vorderpfoten, sagt Bär -
weiter nach hinten siehst du seine Hinterpfoten
und sein Schwänzchen
siehst du?
wißt ihr, was lästig ist? fragt Bär
mein Mantel wird sehr schwer
wegen dieser eisernen Nägelhaare
vielleicht wird es einmal besser
besser zu tragen, meint Bär
der Mantel ist eine Last
und morgen?
morgen geht Bär auf der Suche
geht sein Hämmerchen suchen
immer mit Mantel, niemals ohne
so sieht's aus
Nachsatz: dieses künstliche, künstlerische Nägelbärenfell hat der Autor für Sie entdeckt im Atelier von Fritz Russ irgendwo im österreichischen Kärntnen.
Die Hauptperson in dieser Geschichte ist ein lieber russischer Bär. Die Geschichte ist in kurzen Sätzen geschrieben, der Autor hat sich extra bemüht, so gut wie möglich - mit hier und dort einigen zu verzeihenden Fehlern - in einfachen Worten, sodaß jedermann sie lesen kann. Und wenn nicht, ist meistens immer einer da der dir hilft beim lesen und verstehen.
das hier ist Bär
ein Braunbär aus Rußland
er heißt Bär und er ist Bär
von Haus aus und von Geburt an -
Bär ist nicht sein echter Name
aber er mag nicht
daß sein richtiger Name in der Zeitung steht
oder im internet
er hat uns seinen Rücken zugewandt
das kommt daher, daß er auch nicht mag
daß die Zeitungsleser sein Gesicht sehen
und jeder sagt: das ist Bär, den kennen wir -
aber wenn du ihn freundlich bittest
sich umzudrehen
tut er das
Bär ist Schumachermeister A D
A D heißt: Außer Dienst
Er schlägt mit einem Holzhammer
Holznägel in die Ledersohlen deiner Schuhe
Bär hat seinen Hammer verloren
darum ist er heute Außer Dienst
gestern ist es passiert
verloren
oder irgendwo liegen gelassen
das kann jedem wohl mal passieren
Bär sitzt voller Haare
wie alle anderen Bären auch
Haare von Kopf bis Fuß
Haare vom Scheitel bis zur Sohle
Haare von oben bis unten
überall Haare
nichts wie Haare
Bärs Haare sind wie ein Mantel
schön warm im Winter
schön kühl im Sommer -
Bär kann etwas
was andere Bären nicht können:
er kann seinen Mantel ausziehen
doch: seinen Haarmantel
Bärs Mantelbauch hat einen langen Reißverschluß
den öffnet er
wenn er abends ins Bett geht
seinen Haarmantel hängt er an den Garderobeständer
an den Mantelhaken
alte Menschen haben oft grauweiße Haare
alte Bären sonst auch
nur unser Bär nicht
dessen Haare bleiben braun
und werden sehr hart
hart wie Eisen
wie eiserne Nägel
seht nur
Bär hat seinen Mantel ausgezogen
der liegt flach auf dem Boden:
Außenseite oben, Innenseite unten
links kannst du sehen wo sein Kopf sitzt
und seine Vorderbeine -
Vorderpfoten, sagt Bär -
weiter nach hinten siehst du seine Hinterpfoten
und sein Schwänzchen
siehst du?
wißt ihr, was lästig ist? fragt Bär
mein Mantel wird sehr schwer
wegen dieser eisernen Nägelhaare
vielleicht wird es einmal besser
besser zu tragen, meint Bär
der Mantel ist eine Last
und morgen?
morgen geht Bär auf der Suche
geht sein Hämmerchen suchen
immer mit Mantel, niemals ohne
so sieht's aus
Nachsatz: dieses künstliche, künstlerische Nägelbärenfell hat der Autor für Sie entdeckt im Atelier von Fritz Russ irgendwo im österreichischen Kärntnen.
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Sonntag, 22. April 2012
Bagatelle 156 - Glückssache
terra40, 20:43h
Jeder, der einigermaßen geschickt mit den Händen schaffen kann, macht ihn selber. Diesen prähistorischen Glückskasten, der vor Hunderten von Jahren in manchem Wirtshaus den armen Bauern und Bürgern das Geld aus der Tasche zog. Was, wann, wie, wovon und warum erklär ich Ihnen hier unten.
Was? Ich baue mir selber ein Spiel, ein Glücksspiel. Die Idee ist nicht ganz originell, sie stammt aus den 17. Jahrhundert. Das Spiel wurde damals tatsächlich in einigen Wirtshäusern gespielt. Zu der Zeit gab es noch keine einarmigen Banditen mit denen man mittels das Ziehen eines Hebels drei Mal Karo sichtbar machen konnte, wonach zwanzig Zwei-Euro-Münzen klirrend in den Auffangbehälter fielen. Aber dieser Kasten war schon der Anfang.
Es ist ein hölzerner Kasten: 90 Zentimeter etwa hoch, 60 Zentimeter breit und 10 Zentimeter tief. Auf der Hinterwand sieht man einige Reihen Nägel. In der Mitte der Oberseite sehen wir ein rundes Loch. Die Vorderseite besteht aus Plexiglas. Das Glas ist etwas kürzer als die Hinterwand, so daß unten eine Öffnung entsteht. Zu diesem Spiel gehören weiter einige Becher (einige davon mit einer Nummer versehen) plus einige (meistens drei) Tischtennisbällchen. Der Holzkasten steht stabil auf einem Tisch oder hängt feste an der Wand.
Welches Material? Holz, Plexiglas und Metall (Eiserne Nägel) aus dem Baumarkt. Praktiker oder Hagedorn ist mir egal. Die Becher schneidet man am besten aus wenig umweltverträglichem Plastik.
Wie? Ganz einfach. Aber präzise. Ich säge die Wände in den vorgegeben Maßen, zeichne mir genauestens an wo die Nägel in der Hinterwand eingeschlagen werden sollen, schlage die Nägelreihen in die Hinterwand, fräse Rillen in den Seitenwänden wodurch ich später die gläserne Vorderwand schiebe. Klebe schließlich alles zusammen. Tischtennisbälle ('Ping-pong'-bälle nennen wir die) kauft man in einem Sportgeschäft. Die Becher schneidet man am besten aus simplen Kaffeebechern.
Noch mehr? Ja. Zeichnen Sie mit einem Filzstift die Zahlen 1, 2, 5, und 10 auf einigen Bechern. Einige andere kommen ohne Zahl aus. Male Tüpfelchen auf einem der Tischtennisbälle.
Wie läuft das Spiel? Man spielt zu zweit oder zu mehrt. Zuerst wird ein (oder mehrere) Becher unten in den offenen Teil des Kastens geschoben. Danach wird ein Bällchen durch das offene Loch oben fallen gelassen. Fallend passiert das Bällchen einen Nagel pro Reihe: links herum oder rechts herum. Schließlich folgt die Landung auf die untere Holzkante. Entweder genau in einen Becher oder daneben auf den Holzboden. Das ist alles.
Zwei Fragen zum Schluß:
(1) Wie bei jedem richtigen Spiel kann man auch bei diesem gewinnen oder verlieren. Aber wie? Wer gewinnt? Was sind die wichtigsten Spielregel? Überlegen Sie selber. Sie bekommen eine Woche von mir zum nachdenken.
(2) Wie bekommen Sie Antworten auf die oben gestellten Fragen? Lesen Sie die nächste Bagatelle. In einer Woche, so um den 30. April, werde ich all ihre Fragen beantworten. Dann nämlich erscheint der zweite Teil dieser Geschichte, die sich inzwischen besser als eine Quiz-Story lesen läßt, wobei man allerdings keinen müden Euro gewinnen kann.
Was? Ich baue mir selber ein Spiel, ein Glücksspiel. Die Idee ist nicht ganz originell, sie stammt aus den 17. Jahrhundert. Das Spiel wurde damals tatsächlich in einigen Wirtshäusern gespielt. Zu der Zeit gab es noch keine einarmigen Banditen mit denen man mittels das Ziehen eines Hebels drei Mal Karo sichtbar machen konnte, wonach zwanzig Zwei-Euro-Münzen klirrend in den Auffangbehälter fielen. Aber dieser Kasten war schon der Anfang.
Es ist ein hölzerner Kasten: 90 Zentimeter etwa hoch, 60 Zentimeter breit und 10 Zentimeter tief. Auf der Hinterwand sieht man einige Reihen Nägel. In der Mitte der Oberseite sehen wir ein rundes Loch. Die Vorderseite besteht aus Plexiglas. Das Glas ist etwas kürzer als die Hinterwand, so daß unten eine Öffnung entsteht. Zu diesem Spiel gehören weiter einige Becher (einige davon mit einer Nummer versehen) plus einige (meistens drei) Tischtennisbällchen. Der Holzkasten steht stabil auf einem Tisch oder hängt feste an der Wand.
Welches Material? Holz, Plexiglas und Metall (Eiserne Nägel) aus dem Baumarkt. Praktiker oder Hagedorn ist mir egal. Die Becher schneidet man am besten aus wenig umweltverträglichem Plastik.
Wie? Ganz einfach. Aber präzise. Ich säge die Wände in den vorgegeben Maßen, zeichne mir genauestens an wo die Nägel in der Hinterwand eingeschlagen werden sollen, schlage die Nägelreihen in die Hinterwand, fräse Rillen in den Seitenwänden wodurch ich später die gläserne Vorderwand schiebe. Klebe schließlich alles zusammen. Tischtennisbälle ('Ping-pong'-bälle nennen wir die) kauft man in einem Sportgeschäft. Die Becher schneidet man am besten aus simplen Kaffeebechern.
Noch mehr? Ja. Zeichnen Sie mit einem Filzstift die Zahlen 1, 2, 5, und 10 auf einigen Bechern. Einige andere kommen ohne Zahl aus. Male Tüpfelchen auf einem der Tischtennisbälle.
Wie läuft das Spiel? Man spielt zu zweit oder zu mehrt. Zuerst wird ein (oder mehrere) Becher unten in den offenen Teil des Kastens geschoben. Danach wird ein Bällchen durch das offene Loch oben fallen gelassen. Fallend passiert das Bällchen einen Nagel pro Reihe: links herum oder rechts herum. Schließlich folgt die Landung auf die untere Holzkante. Entweder genau in einen Becher oder daneben auf den Holzboden. Das ist alles.
Zwei Fragen zum Schluß:
(1) Wie bei jedem richtigen Spiel kann man auch bei diesem gewinnen oder verlieren. Aber wie? Wer gewinnt? Was sind die wichtigsten Spielregel? Überlegen Sie selber. Sie bekommen eine Woche von mir zum nachdenken.
(2) Wie bekommen Sie Antworten auf die oben gestellten Fragen? Lesen Sie die nächste Bagatelle. In einer Woche, so um den 30. April, werde ich all ihre Fragen beantworten. Dann nämlich erscheint der zweite Teil dieser Geschichte, die sich inzwischen besser als eine Quiz-Story lesen läßt, wobei man allerdings keinen müden Euro gewinnen kann.
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Donnerstag, 14. Juli 2011
Bagatelle 114 - Quotum, eine Baltische Erzählung (1)
terra40, 21:45h
Diesmal eine schauderhaft schwarze Geschichte in zwei Teilen. Heute der erste Teil, worin die drei Hauptpersonen sich vorstellen, die Geschichte sich entwickelt und die Spannung wächst. Weil man nicht alles zu gleicher Zeit haben kann, folgt erst in einigen Tagen der erlösende zweite Teil.
Ein zweigeteiltes Märchen also, aber nichts für Leserinnen und Leser mit schwachen Nerven. Anderseits kann man guten Gewissens den jüngeren Bloggern erlauben diese Erzählung zu lesen. Man kann sie sogar den kleinsten unter uns, die selber noch nicht lesen können, anbieten. Bitte vorlesen also. Kinder lieben solche Ungereimtheiten.
Fern im Osten, dort wo die Sonne morgens ihre Reise beginnt, und genau an dem Punkt wo der Regenbogen den Horizont berührt, liegt Leppland. (Nein, nicht Lappland oder Lettland, man sollte genauer lesen.) Hier in Leppland wohnt der Schreinermeister Wanja, eine der Hauptpersonen aus dieser erbärmlich tragischen Geschichte. Mit Ehefrau und zwei Kindern wohnt er hier, geht seine Arbeit nach und ist glücklich. In sofern man glücklich sein kann in einem Land, das von einem richtig altmodischen Diktator regiert wird, ein Schelm der schlimmsten Sorte, auch wenn er König ist und hellblaues Blut durch seine königlichen Venen fließt. Im täglichen Leben merkt man aber nicht viel davon, sagt der Schreinermeister Wanja und der kann 's wissen.
Wanja ist wie gesagt Schreiner von Beruf. Er ist der einzige im Lande Leppland der sich so nennen darf. Man könnte ihn auch Möbelmachermeister nennen. Aber niemals Zimmermann, denn dann wirft er dir einen Hammer an die Stirn. Lattenkisten für Gurken und Tomaten, die besorgt mir der Zimmermann. Der Schreiner aber entwirft und baut die schönst denkbaren Möbel: eine Brautkiste, den prächtigen mahagonihölzernen Schrank im Vorzimmer und auch den Sarg aus schlichter Eiche.
Heute Abend wird der leppische (nein, nicht läppische, Sie machen wieder einen Fehler) König Twan seine Fernsehansprache halten. König Twan heißt eigentlich König Antoine und ist der Ur-Ur-Urenkel eines französischen Generals der mit Napoleon nach Osten zog und in dem baltischen Dreieck hängen blieb.
König Twan ist Diktator mit Herz und Seele. Sein Leibspruch lautet: tempus fugit, manon lescaut. Das heißt: die Zeit flieht dahin, aber wie schnell, entscheide nur ich. Die Leppschen Bürger leiden sehr unter König Twans Herrschaft, aber nicht sosehr daß sie davon Bauchschmerzen bekommen. König Twan hat einmal per Dekret und Erlaß verordnet, (Grundgesetz Artikel 2) daß die Leppischen Bürger in Friede mit einander auskommen sollen. Streit und Zank sind strengstens verboten! Sowohl mit Worten als mit Taten! Eine Zuwiderhandlung oder sogar die Ignorierung dieses Gesetzes kommt nicht in Frage. Ausgeschlossen. Friede, Freude, Frökse (Eierkuchen auf Leppisch) sind die zentrale Werte. Morgens beim Flagge zeigen und Nationalhymne singen auf den Schulhöfen wird jeder Leppische Schüler daran erinnert. Und wehe dem der mit seinem Nachbar einen Streit anfängt! Von Jugend auf wird jedem Lepp und jeder Leppin diese Wahrheit ans Herz gelegt.
Die Unruhe fing an als Tanja aus dem Nachbarland Lottland eintraf und sich in Prutswerk, der zweiten Stadt des Landes, niederließ. Er meldete in der örtlichen Zeitung daß er (so wörtlich) 'den Bürgern seine Dienste anbot als erfahrener, möbelherstellender Schreinermeister. Sein neuester Nachttisch habe auf dem diesjährigen Möbelwettbewerb in Lottland den ersten Preis errungen'. Schlimmer war, daß Tanja behauptete, daß es keinen Grund gäbe warum in den Leppischen Gefilden sich nur ein (1) Mensch dem Schreinerberuf widmen dürfe. Konkurrenz fördere das Geschäft, sagte Tanja. Dabei kam noch, daß König Twan irrtümlicherweise (seine Gedanken waren irgendwo anderswo) eine Keine-Beschwerde-Erklärung unterzeichnet hatte.
Somit war der Streit zwischen den beiden Schreinermeistern fast vorprogrammiert. Es fing verbal an. Der Schreiner Wanja behauptete in einem offenen Brief, daß der sidetable den der Konkurrent Tanja gebaut hatte, sich beim richtigen Betrachten besser tot schämen sollte. Worauf Tanja in einem Rundfunkinterview Wanja den Rat gab möglichst bald in Rente zu gehen, weil seine Entwürfe den Anforderungen der Neuzeit nicht gewachsen seien. Geschweige denn seine Leichensärge aus Fichtenholz, von denen sehr viele Leppschen Mitbürger, wie er gehört haben wolle, behaupteten niemals darin bestattet werden zu wollen. Wie man sieht wurde der Streit immer heftiger und die Sätze immer komplizierter.
Seit gestern spitzt sich die Lage dramatisch zu. (So schrieb auch Die Neueste Leppische in ihrer Sonntagsausgabe.) Die beiden Kontrahenten grüßten sich nicht mehr, bei der Aldi verweigerten sich ihre Ehefrauen mit ihren Schubkarren die Vorfahrt, und beide Parteien suchten bei facebook Unterstützung und Anerkennung.
Bis heute war es um den königlichen Palast ruhig und stille. Bis die Nachricht kam, daß König Twan sich heute abend im Ersten und Einzigen Leppischen Fernsehen (ELF) an das Volk wenden werde. Diejenigen die es wissen können und die welche es wissen sollten, mutmaßen jetzt was uns der König Twan (der Schreckliche, wie ihn die Leute nennen) wohl sagen wird. Manche fürchten ein fürchterliches diktatoriales Verdikt mit greuelhaften Strafen von denen wir uns keine Vorstellung machen können.
In Spannung warten wir die Ansprache ab. Der König wird um 20 Uhr das Wort ergreifen. Von 19.30 Uhr an werden die leppischen Fernsehanalysten und Weissager ihre Vermutungen auf uns loslassen. Eine Minute vor Acht folgt dann die erste hochrechnende Trendmeldung. Um 21.30 ist eine Extra-Sendung der Tagesthemen vorgesehen, wo Frau Therese Althammers und ihr Gefolge uns die Königsworte erklären und deuten. Schade nur, daß man uns, richtige Sachkundige die es wirklich wissen, für die Diskussion nicht eingeladen hat. Schade auch daß wir hier bei blogger.de einige Tage warten müssen um den Ablauf dieser horribelen Geschichte zu erfahren.
Zugabe: die Bilder zeigen ein leppisches Schreinermeisterwerk wie es bei Frau und Herr Terra in der guten Stube steht.
Ein zweigeteiltes Märchen also, aber nichts für Leserinnen und Leser mit schwachen Nerven. Anderseits kann man guten Gewissens den jüngeren Bloggern erlauben diese Erzählung zu lesen. Man kann sie sogar den kleinsten unter uns, die selber noch nicht lesen können, anbieten. Bitte vorlesen also. Kinder lieben solche Ungereimtheiten.
Fern im Osten, dort wo die Sonne morgens ihre Reise beginnt, und genau an dem Punkt wo der Regenbogen den Horizont berührt, liegt Leppland. (Nein, nicht Lappland oder Lettland, man sollte genauer lesen.) Hier in Leppland wohnt der Schreinermeister Wanja, eine der Hauptpersonen aus dieser erbärmlich tragischen Geschichte. Mit Ehefrau und zwei Kindern wohnt er hier, geht seine Arbeit nach und ist glücklich. In sofern man glücklich sein kann in einem Land, das von einem richtig altmodischen Diktator regiert wird, ein Schelm der schlimmsten Sorte, auch wenn er König ist und hellblaues Blut durch seine königlichen Venen fließt. Im täglichen Leben merkt man aber nicht viel davon, sagt der Schreinermeister Wanja und der kann 's wissen.
Wanja ist wie gesagt Schreiner von Beruf. Er ist der einzige im Lande Leppland der sich so nennen darf. Man könnte ihn auch Möbelmachermeister nennen. Aber niemals Zimmermann, denn dann wirft er dir einen Hammer an die Stirn. Lattenkisten für Gurken und Tomaten, die besorgt mir der Zimmermann. Der Schreiner aber entwirft und baut die schönst denkbaren Möbel: eine Brautkiste, den prächtigen mahagonihölzernen Schrank im Vorzimmer und auch den Sarg aus schlichter Eiche.
Heute Abend wird der leppische (nein, nicht läppische, Sie machen wieder einen Fehler) König Twan seine Fernsehansprache halten. König Twan heißt eigentlich König Antoine und ist der Ur-Ur-Urenkel eines französischen Generals der mit Napoleon nach Osten zog und in dem baltischen Dreieck hängen blieb.
König Twan ist Diktator mit Herz und Seele. Sein Leibspruch lautet: tempus fugit, manon lescaut. Das heißt: die Zeit flieht dahin, aber wie schnell, entscheide nur ich. Die Leppschen Bürger leiden sehr unter König Twans Herrschaft, aber nicht sosehr daß sie davon Bauchschmerzen bekommen. König Twan hat einmal per Dekret und Erlaß verordnet, (Grundgesetz Artikel 2) daß die Leppischen Bürger in Friede mit einander auskommen sollen. Streit und Zank sind strengstens verboten! Sowohl mit Worten als mit Taten! Eine Zuwiderhandlung oder sogar die Ignorierung dieses Gesetzes kommt nicht in Frage. Ausgeschlossen. Friede, Freude, Frökse (Eierkuchen auf Leppisch) sind die zentrale Werte. Morgens beim Flagge zeigen und Nationalhymne singen auf den Schulhöfen wird jeder Leppische Schüler daran erinnert. Und wehe dem der mit seinem Nachbar einen Streit anfängt! Von Jugend auf wird jedem Lepp und jeder Leppin diese Wahrheit ans Herz gelegt.
Die Unruhe fing an als Tanja aus dem Nachbarland Lottland eintraf und sich in Prutswerk, der zweiten Stadt des Landes, niederließ. Er meldete in der örtlichen Zeitung daß er (so wörtlich) 'den Bürgern seine Dienste anbot als erfahrener, möbelherstellender Schreinermeister. Sein neuester Nachttisch habe auf dem diesjährigen Möbelwettbewerb in Lottland den ersten Preis errungen'. Schlimmer war, daß Tanja behauptete, daß es keinen Grund gäbe warum in den Leppischen Gefilden sich nur ein (1) Mensch dem Schreinerberuf widmen dürfe. Konkurrenz fördere das Geschäft, sagte Tanja. Dabei kam noch, daß König Twan irrtümlicherweise (seine Gedanken waren irgendwo anderswo) eine Keine-Beschwerde-Erklärung unterzeichnet hatte.
Somit war der Streit zwischen den beiden Schreinermeistern fast vorprogrammiert. Es fing verbal an. Der Schreiner Wanja behauptete in einem offenen Brief, daß der sidetable den der Konkurrent Tanja gebaut hatte, sich beim richtigen Betrachten besser tot schämen sollte. Worauf Tanja in einem Rundfunkinterview Wanja den Rat gab möglichst bald in Rente zu gehen, weil seine Entwürfe den Anforderungen der Neuzeit nicht gewachsen seien. Geschweige denn seine Leichensärge aus Fichtenholz, von denen sehr viele Leppschen Mitbürger, wie er gehört haben wolle, behaupteten niemals darin bestattet werden zu wollen. Wie man sieht wurde der Streit immer heftiger und die Sätze immer komplizierter.
Seit gestern spitzt sich die Lage dramatisch zu. (So schrieb auch Die Neueste Leppische in ihrer Sonntagsausgabe.) Die beiden Kontrahenten grüßten sich nicht mehr, bei der Aldi verweigerten sich ihre Ehefrauen mit ihren Schubkarren die Vorfahrt, und beide Parteien suchten bei facebook Unterstützung und Anerkennung.
Bis heute war es um den königlichen Palast ruhig und stille. Bis die Nachricht kam, daß König Twan sich heute abend im Ersten und Einzigen Leppischen Fernsehen (ELF) an das Volk wenden werde. Diejenigen die es wissen können und die welche es wissen sollten, mutmaßen jetzt was uns der König Twan (der Schreckliche, wie ihn die Leute nennen) wohl sagen wird. Manche fürchten ein fürchterliches diktatoriales Verdikt mit greuelhaften Strafen von denen wir uns keine Vorstellung machen können.
In Spannung warten wir die Ansprache ab. Der König wird um 20 Uhr das Wort ergreifen. Von 19.30 Uhr an werden die leppischen Fernsehanalysten und Weissager ihre Vermutungen auf uns loslassen. Eine Minute vor Acht folgt dann die erste hochrechnende Trendmeldung. Um 21.30 ist eine Extra-Sendung der Tagesthemen vorgesehen, wo Frau Therese Althammers und ihr Gefolge uns die Königsworte erklären und deuten. Schade nur, daß man uns, richtige Sachkundige die es wirklich wissen, für die Diskussion nicht eingeladen hat. Schade auch daß wir hier bei blogger.de einige Tage warten müssen um den Ablauf dieser horribelen Geschichte zu erfahren.
Zugabe: die Bilder zeigen ein leppisches Schreinermeisterwerk wie es bei Frau und Herr Terra in der guten Stube steht.
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Donnerstag, 25. November 2010
Bagatelle LXXXI - Weihnachtsbuch
terra40, 19:45h
Kugel, Baum, Stollen, Buch und Lied haben etwas gemeinsam. Wenn man nämlich die Drei Könige aus dem Morgenland und die Hirten aus dem Gefilde Efrathas hinzunimmt (alles Weihnachtengetue also) entstehen Begriffe ohne welche keine frohe Weihnacht denkbar ist.
Nun ja, Weihnachtsstollen und Weihnachtslieder schon, aber Weihnachtsbuch? Gibt es denn solche? Es gibt sie. Wenn diese ihnen unbekannt vorkommen sollten, liegt das wahrscheinlich am Grad der Säkularisation die in ihrem und meinem täglichen Leben gang und gäbe geworden ist.
Früher war alles anders, nicht besser. Früher bekam man am Weihnachtstag ein Weihnachtsbuch. Das geschah am Weihnachtsfest welches die örtliche Sonntagsschule feierte. Von Montag bis Samstag gingen wir zu der öffentlichen Dorfgrundschule; Sonntags gingen wir in die Sonntagsschule. Im selben Gebäude, zusammen mit denselben Kindern aus der öffentlichen Klasse. Wir sangen dieselben Lieder, wir hörten dieselben biblischen Geschichten. Wir benahmen uns am Sonntag genau so wie in der Woche: dann und wann brachten wir unsere Lehrer zu größter Wut um uns danach scheinheilig zu entschuldigen.
Der Ort des Weihnachtsfestes war die Kirche, welche wir extra für’s große Fest im Dorf gelassen hatten. Es dauerte so von 18 bis 21 Uhr. Es war immer voller Kinder, Eltern und weitere Dorfsbewohner die gerne die alten vertrauten Lieder mitsangen und sich die Weihnachtsgeschichten anhörten. Von denen gab es zwei: die Geschichte von der Geburt Christi und die Geschichte von armen Kindern die vor Kälte und Hunger fast auf der Straße geblieben waren, bis sie von einigen gutmütigen Nachbarn ein Butterbrot und einen Schluck lauwarme Milch bekamen. Zwischen diesen zwei Geschichten gab es für uns richtig warme Schokoladenmilch die wir aus Tassen trunken welche, von Zuhause mitgenommen, an einer Schnur um unseren Hals hingen. Beim nach Hause gehen bekamen wir eine traditionelle Apfelsine.
Ziemlich am Ende der Veranstaltung kam der große Augenblick worauf ich ein Jahr lang gewartet hatte. Einer vom Sonntagsschulvorstand bestieg eine Kirchenbank, las die Namen der Klasse vor und überreichte jedem der genannten ein Buch, ein Weihnachtsbuch.
Im Jahre 1949 bekam ich das Buch: Van verdrukking naar de vrijheid (Von Unterdrückung in die Freiheit), in der Tat ein Buchtitel der nie seine Prägnanz verliert. Das Buch beschrieb die Abenteuer eines holländischen jungen Mannes der von Napoleon gebeten worden war sich seinem Heer nach Rußland anzuschließen. Es hatte 92 Seiten und einen harten Umschlag. Ein hart gebundenes Buch mit wenig Seiten war damals viel mehr wert als ein dickes Buch in einem weichen, wie wir sagten: schlappen Umschlag.
Laut Buchetikett ist mir dieses Weihnachtsbuch (eines aus der Reihe Weihnachtsbücher aus meinem Bücherschrank) geschenkt worden vom Herrn B. Lammers. Der Herr Lammers war leidenschaftlicher Freigeselle, begnadeter Schachspieler, Sonntagsschullehrer und Vorsitzender des hiesigen Turnvereins. Nebenbei war er Personalchef in einem großen Werk wo man sehr dünne Metallfaser zu einer Metallstoff webte. 2007 starb er im Alter von 87 Jahren. Seine schöne Handschrift lebt weiter in meinem Weihnachtsbuch.
Nun ja, Weihnachtsstollen und Weihnachtslieder schon, aber Weihnachtsbuch? Gibt es denn solche? Es gibt sie. Wenn diese ihnen unbekannt vorkommen sollten, liegt das wahrscheinlich am Grad der Säkularisation die in ihrem und meinem täglichen Leben gang und gäbe geworden ist.
Früher war alles anders, nicht besser. Früher bekam man am Weihnachtstag ein Weihnachtsbuch. Das geschah am Weihnachtsfest welches die örtliche Sonntagsschule feierte. Von Montag bis Samstag gingen wir zu der öffentlichen Dorfgrundschule; Sonntags gingen wir in die Sonntagsschule. Im selben Gebäude, zusammen mit denselben Kindern aus der öffentlichen Klasse. Wir sangen dieselben Lieder, wir hörten dieselben biblischen Geschichten. Wir benahmen uns am Sonntag genau so wie in der Woche: dann und wann brachten wir unsere Lehrer zu größter Wut um uns danach scheinheilig zu entschuldigen.
Der Ort des Weihnachtsfestes war die Kirche, welche wir extra für’s große Fest im Dorf gelassen hatten. Es dauerte so von 18 bis 21 Uhr. Es war immer voller Kinder, Eltern und weitere Dorfsbewohner die gerne die alten vertrauten Lieder mitsangen und sich die Weihnachtsgeschichten anhörten. Von denen gab es zwei: die Geschichte von der Geburt Christi und die Geschichte von armen Kindern die vor Kälte und Hunger fast auf der Straße geblieben waren, bis sie von einigen gutmütigen Nachbarn ein Butterbrot und einen Schluck lauwarme Milch bekamen. Zwischen diesen zwei Geschichten gab es für uns richtig warme Schokoladenmilch die wir aus Tassen trunken welche, von Zuhause mitgenommen, an einer Schnur um unseren Hals hingen. Beim nach Hause gehen bekamen wir eine traditionelle Apfelsine.
Ziemlich am Ende der Veranstaltung kam der große Augenblick worauf ich ein Jahr lang gewartet hatte. Einer vom Sonntagsschulvorstand bestieg eine Kirchenbank, las die Namen der Klasse vor und überreichte jedem der genannten ein Buch, ein Weihnachtsbuch.
Im Jahre 1949 bekam ich das Buch: Van verdrukking naar de vrijheid (Von Unterdrückung in die Freiheit), in der Tat ein Buchtitel der nie seine Prägnanz verliert. Das Buch beschrieb die Abenteuer eines holländischen jungen Mannes der von Napoleon gebeten worden war sich seinem Heer nach Rußland anzuschließen. Es hatte 92 Seiten und einen harten Umschlag. Ein hart gebundenes Buch mit wenig Seiten war damals viel mehr wert als ein dickes Buch in einem weichen, wie wir sagten: schlappen Umschlag.
Laut Buchetikett ist mir dieses Weihnachtsbuch (eines aus der Reihe Weihnachtsbücher aus meinem Bücherschrank) geschenkt worden vom Herrn B. Lammers. Der Herr Lammers war leidenschaftlicher Freigeselle, begnadeter Schachspieler, Sonntagsschullehrer und Vorsitzender des hiesigen Turnvereins. Nebenbei war er Personalchef in einem großen Werk wo man sehr dünne Metallfaser zu einer Metallstoff webte. 2007 starb er im Alter von 87 Jahren. Seine schöne Handschrift lebt weiter in meinem Weihnachtsbuch.
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