Dienstag, 8. Juni 2010
Bagatelle LIX - Vorspiel


Dieser Tage beginnen die Fußballweltmeisterschaften in Süd-Afrika. Die meisten Mannschaften sind schon angereist, vor allem um nachzusehen ob die Landschaft wirklich so schön und die Umgebung echt so gefährlich ist wie die Prospekte uns glauben machen wollen. Im Lande wo ich wohne schmücken sich inzwischen die Häuser und Straßen mit orangefarbigen Krimskrams, weil die darin wohnende Landsleute in ihrer Ungereimtheit anfangen die Fußballgeister damit gnädig stimmen zu wollen. Alle Supermärkte und sonstige mehr oder weniger Delikatessengeschäfte bemühen sich mittels kleine Gaben für die fußballbegeisterten Kinder den Eltern solche Güter zu vermitteln die sie kaum brauchen. Ein Beispiel: was so ein Fußballspielchen mit Toilettenreiniger zu tun hat, kann ihr Werbefachmann Ihnen genau erklären. Wenn in der Halbzeitpause die eigene Mannschaft führt, muß jeder auf die Toilette, weil man unsicher ist ob sich das Schicksal nicht wendet. Und wenn die Mannschaft mit 1-2 zurückliegt, muß auch jeder müssen, weil nicht sicher ist ob die Zurücklage in einem Gleichstand oder sogar in einen Sieg verwandelt werden kann. In jedem dieser Fälle wird der Toilettenreiniger an seine Pflicht erinnert.

Manche hassen Fußball in diesen Tagen und ich kann es ihnen nicht übelnehmen. Aber, denken wir doch bitte schön an das vorhersehende Wort eines Realpolitikers der mal etwas gesagt hat was ich selber hätte sagen können, wenn ich nur etwas gescheiter geboren wäre. Er sagte: Fußball ist im Grunde sehr einfach. Zwei Mannschaften mit je elf Spieler kämpfen anderthalb Stunden lang unter Leitung eines in schwarz gekleideten Menschen mit Trillerpfeife um Ball und Tore. Und am Ende stellt man fest daß Deutschland gewonnen hat.

Auch diesmal? Wir kommen allmählig in Stimmung und freuen uns im voraus auf schöne, spannende Spiele die wir uns alleine, oder in Gesellschaft von Freunden und Mitleidenden mit Hilfe eines beamers auf einer Großwand ansehen. Ich habe schon eine Ahnung wie es dort in Süd-Afrika zugehen wird. Denn ich hab’ es schon einmal am eigenen Leibe erfahren.

Ich zeige Ihnen ein Bild des riesigen Stadions in Durban, die Hauptstadt Kwazulu Natals, eine der Spielstätten. Und zwar das wichtigste: das Innere. Hier auf dem (jawohl, selbstgemachten) Bild spielt Bafana, Bafana, die Fußballelf von Süd-Afrika, gegen die Nachbarelven von Malawi um den Südlich Afrika-Cup. Wir schreiben den 28. September 2002. Noch vor dem Umbau des Stadions also.



Dieses Stadion ist an diesem herrlich lauwarmen Nachmittag gefüllt mit sage und schreibe 21.887 schwarzen und 11 (elf) weißen Zuschauern. (Höchstpersönlich und selber nachgezählt.) Unter den letzteren befindet sich ein gewisser Terra der mit drei weißen europäischen und vier scharzafrikanischen Kollegen von der Aussicht genießt und sich das Länderspiel ansieht. Fußball ist in Süd-Afrika übrigens der Sport des schwarzen Mannes. Weiße spielen meist rugby und cricket. Fußball, ins besondere wenn gespielt in einer Afrika- oder Weltmeisterschaft, verbindet aber die Nation. Das hat der erste schwarze Präsident, Nelson Mandela, gut verstanden und weise berücksichtigt. Aber kehren wir zurück zu dem was das Bild uns zeigt.

Die Qualität des sportlichen Getue ist nicht von dem Niveau das man einer Bagatelle zumuten kann. Aber die Stimmung unter den tausenden Fans ist glänzend. Jede Passierbewegung, gelungen oder nicht, erfreut sich der lauten Zustimmung des Publikums. Der Sound der Vuvuzela’s, das sind lange, dünne Blashörner-aus-Plastik, auch wohl treffend Lärmtrompeten genannt, macht kritische Kommentare unsererseits unmöglich. Das Fest erreicht seinen Höhepunkt als tief in der zweiten Halbzeit die Süd-Afrika-Vertretung das Siegtor schießt. Ein fröhlicher Orkan bricht herein.

Nach Beendigung des Spieles kehren alle frohen Herzens heimwärts. Wir haben gewonnen, und auch wenn nicht: es war ein immerhin ein schöner Nachmittag an dem man sich gerne erinnert. Undank zweier Tage mit Gehörproblemen wegen des lauten Getute in den Ohren mit den roten Hörnern. Auch jetzt bei den Weltmeisterschaften werden die Vuvuzela’s ihren Sound vermitteln. Auch bei uns, die zu Hause gebliebenen. Wir sind ihnen überliefert.

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