Dienstag, 27. Dezember 2011
Bagatelle 139 - Geheime Drucksache
Doch, es gibt sie noch: liebgewonnene Verwandten und Freunde die mir einen Brief schreiben. Einen richtigen Brief, mit echter Tinte auf herrlich duftendem Papier geschrieben. In einer charakteristischen Handschrift, wobei vieles geschriebene einiges zu raten läßt. Keine unpersönliche digitale emails, sondern liebe Schreibereien, wobei einem beim Lesen eine Wolke von Genuß entgegen strömt.

Um solch einen Brief handelt die folgende Bagatelle. Nur unter einer Bedingung dürfen Sie die lesen. Sie müssen mir versprechen, daß alles was Sie im weiteren lesen, unter uns bleibt. Stärker noch: Sie erklären hierbei feierlich, daß Sie keinem, auch nicht ihren nächsten Verwandten, auch nur eine Silbe erzählen werden von was Sie hier lesen werden. Ehrenwort und Hand aufs Herz! Die Sache ist nämlich heiß und geheim. Staatsgeheim möchte man fast annehmen.

Angefangen hat alles in der Zeit da man anfing Briefe zu schreiben. Das Befördern eines geschriebenen Briefes vom Schreiber zum Leser überließ man dem Landespostministerium, welches speziell dafür Postmeister und Postbeamte anheuerte welche die Post besorgten. Weil die Postleute freundlich gestimmt und gutherzig sind, langsam im Denken, aber nicht ganz und gar dumm, lassen die sich von den Briefeschreibern für ihre Dienste bezahlen mittels geklebte Briefmarken.

Briefmarken gibt es in Hülle und Fülle. Je unbedeutender das Land, je größer und schöner die Marken. Und wenn sich irgendwo irgendetwas wichtiges manifestiert, (in Dafinsternistan ist ein Siebenling geboren) kommt die Landespost mit einer neuen Serie Briefmarken.

Es gibt jetzt zwei Fragen die um unsere Aufmerksamkeit bitten. Erstens: wer kontrolliert überhaupt ob wir die richtigen Briefmarken auf unseren Briefen kleben? Und zweitens: sind wir verpflichtet ausschließlich die von der Landes- und Bundespost zum Verkauf angebotenen Marken zu kleben?

Die Antworten - alle strengstens geheim! - sind folgende. Erstens: Nein, kontrolliert wird nicht und wenn, denn selten und stichprobenweise. Zweitens: ja, verpflichtet schon, aber wir schaffen für uns selber eine kreative Ausnahme.

Hier unten sehen Sie einen Briefumschlag den ich vor einiger Zeit erhielt. (Der Inhalt tut nicht zur Sache, es geht um die Verpackung.) Namen und Adresse des Adressierten sind aus privatrechtlichen Gründen der privacy von mir abgeklebt worden. Sie können ruhig annehmen daß der Brief an mich gerichtet war. Ein Brief (Luftpost) aus Oman offenbar, das sehen wir der Briefmarke ab. Aber von einem Poststempel versehen in einer holländischen Kleinstadt! So geht’s also auch. Mann klebt eine fremd-orientalische Marke auf einem Brief, oder man entwirft selbst eine.
Ganz unter uns: der Verfasser und Absender dieses Briefes hat mit einigen Freunden schon Jahre eine Wette laufen, wer die schönsten falschen Briefmarken entwirft oder klebt ohne daß die Post es merkt!



Briefmarken können auch ruhig zwei mal verwendet werden. Vor Jahren erhielten Sie möglicherweise einen Brief aus der DDR. Jetzt, anno 2011, kleben Sie die alte Marke auf einem neuen Brief. Die Post wird es Ihnen danken und nichts davon merken.



Selbstverständlich ist das Kleben van falschen Marken strafbar und strengstens von der Hand zu weisen. Mein lieber Briefeschreiber hat mir versichert, daß er so etwas nur einige Male im Jahr tut, als Spaß an der Freud. Sonst frankiert er seine Briefe sorgfältig mit den davor vorgesehenen Marken mit dem verabredeten Wert. Denn wir wollen doch bitte nicht den Postleuten das Brot aus dem Munde stoßen.
Lasset uns nicht mehr davon reden. Es gibt das Briefgeheimnis, es gibt auch das Briefmarkengeheimnis. Wir wollen es weiterhin hüten.

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