Freitag, 17. Juni 2011
Bagatelle 110 - Marschmusik und anderes Malheur
tie-de-lie tom
tie-de-lie tom
tie-de-lie tom tom tom
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Kennen Sie diese Musik? Natürlich, antworten Sie, dies ist unverkennbar der berühmte Radetzky-Marsch, von Johann Strauß Vater persönlich komponiert. Jedes Wiener Neujahrskonzert wird mit dieser Marschmusik beendet. Und man freut sich noch mehr, wenn der Dirigent Sir Simon Rattle sich umdreht und das hochgeehrte Publikum beim klatschen dirigierend unterstützt. Übrigens, wie sehr ich dieses rhythmische Mitgeklatsche am Ende eines Konzertes hasse! Aber das nur nebenbei.



Marschmusik kenne ich aus meiner Jugendzeit als Mitglied des örtlichen Musikvereins. Jawohl, ich schäme mich dessen nicht: ich spielte in der Dorfskapelle zuerst die Bügel (eine Art Trompete), entlockte danach hustende Töne aus dem Tenorsaxophon und endete schließlich bei der zweiten Tuba. Erzählen Sie mir bitte nicht wie und was Marschmusik ist, ich weiß Bescheid, auch wenn es schon so lange her ist. Die spätere Abscheu vor der Marschmusik kam beim nicht ganz freiwilligen Eintritt in die Landesarmee, wo man mich lehrte, daß das Marschieren besser verläuft unter Begleitung von Marschmusik im 4/4-tel Takt.

Jetzt noch weiß ich wie die Struktur eines Marsches aussieht. Zuerst, mit einigem Trommenwirbel, ein intro. Das dient dazu um selber wach zu werden. Dann folgt das erste Thema, das meistens ein fröhliches Gefühl und oft auch ein makaber-patriotisches Empfinden repräsentiert. Das erste Thema hören wir einige Male hinter einander: sonst ist der Marsch zu schnell am Ende. Dem ersten folgt ein zweites Thema. Oft kontrastierend, so daß man erwacht und verwundert aufmerkt: Wie reizend! In moll und dennoch trostreich! Nach diesen zwei Themata folgt ein Übergang in eine andere Tonart (von C in F meistens, oder von Bes in Es) und gespielt wird nun ein trio. Das sind keine drei Leute die sich absondern und alleine weiter spielen, aber so nennt sich dieser Marschteil. Am Ende steht da capo geschrieben. Und alle Musiker beginnen das trio heiter von vorne, bis sie fine erreichen. Und dann ist wirklich Schluß.

Mir scheint, daß der Ursprung der Marschmusik irgendwo in Europa liegt. Aber sicher bin ich mir nicht. Überall jedoch hört man sie. Es gibt der französischer Marsch (leicht frivol, ziemlich unseriös,) der anglo-sächsischer Marsch mit viel Pomp und Prahl, mit Ausläufern bis in den USA (John Philip Sousa) und der Luxemburgische Marsch (von Echternach: zwei Schritte nach vorne, einer zurück).

Das herausragende Beispiel eines richtigen, stattlichen, altmodischen Marsches ist in Deutschland (vor allem Preußen) und den Alpenländern zu hören. Feste auf den Beinen, dröhnend-stöhnend und sichtbar entschlossen zusammen und gesund am Ende zu geraten spielt der städtische Musikchor "Preußens Gloria". Wobei die Zuhörer am Straßenrand sich mit der einen Hand die Ohren steif halten wegen des Lärmes und mit der anderen Hand rhythmisch mitklatschen. Vorne weg, mit dem Rücken zur Musike, der Dirigent mit seinem Taktstock. Ein herrliches tableau vivant!

Eines der schönsten Märsche zweifelsfrei trägt den Namen "Alte Kameraden". Zwei Freunde, die sich in Jahren nicht getroffen haben, begegnen sich unerwartet. Man hört gleichsam wie die beiden sich freuen. Sosehr, daß sie, Arm in Arm, anfangen zu marschieren. Links, zwei, drei vier; rechts, zwei, drei, vier.

Auf dem Bild hier unten sieht man das berühmte Niederländische Bläser Ensemble aus früheren Jahren (heute alle alte Kameraden) das Märsche alter Meister spielt. Für diese Gelegenheit gehüllt in alten Gewändern und Rauch.

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