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Donnerstag, 14. Juli 2011
Bagatelle 114 - Quotum, eine Baltische Erzählung (1)
terra40, 21:45h
Diesmal eine schauderhaft schwarze Geschichte in zwei Teilen. Heute der erste Teil, worin die drei Hauptpersonen sich vorstellen, die Geschichte sich entwickelt und die Spannung wächst. Weil man nicht alles zu gleicher Zeit haben kann, folgt erst in einigen Tagen der erlösende zweite Teil.
Ein zweigeteiltes Märchen also, aber nichts für Leserinnen und Leser mit schwachen Nerven. Anderseits kann man guten Gewissens den jüngeren Bloggern erlauben diese Erzählung zu lesen. Man kann sie sogar den kleinsten unter uns, die selber noch nicht lesen können, anbieten. Bitte vorlesen also. Kinder lieben solche Ungereimtheiten.
Fern im Osten, dort wo die Sonne morgens ihre Reise beginnt, und genau an dem Punkt wo der Regenbogen den Horizont berührt, liegt Leppland. (Nein, nicht Lappland oder Lettland, man sollte genauer lesen.) Hier in Leppland wohnt der Schreinermeister Wanja, eine der Hauptpersonen aus dieser erbärmlich tragischen Geschichte. Mit Ehefrau und zwei Kindern wohnt er hier, geht seine Arbeit nach und ist glücklich. In sofern man glücklich sein kann in einem Land, das von einem richtig altmodischen Diktator regiert wird, ein Schelm der schlimmsten Sorte, auch wenn er König ist und hellblaues Blut durch seine königlichen Venen fließt. Im täglichen Leben merkt man aber nicht viel davon, sagt der Schreinermeister Wanja und der kann 's wissen.
Wanja ist wie gesagt Schreiner von Beruf. Er ist der einzige im Lande Leppland der sich so nennen darf. Man könnte ihn auch Möbelmachermeister nennen. Aber niemals Zimmermann, denn dann wirft er dir einen Hammer an die Stirn. Lattenkisten für Gurken und Tomaten, die besorgt mir der Zimmermann. Der Schreiner aber entwirft und baut die schönst denkbaren Möbel: eine Brautkiste, den prächtigen mahagonihölzernen Schrank im Vorzimmer und auch den Sarg aus schlichter Eiche.
Heute Abend wird der leppische (nein, nicht läppische, Sie machen wieder einen Fehler) König Twan seine Fernsehansprache halten. König Twan heißt eigentlich König Antoine und ist der Ur-Ur-Urenkel eines französischen Generals der mit Napoleon nach Osten zog und in dem baltischen Dreieck hängen blieb.
König Twan ist Diktator mit Herz und Seele. Sein Leibspruch lautet: tempus fugit, manon lescaut. Das heißt: die Zeit flieht dahin, aber wie schnell, entscheide nur ich. Die Leppschen Bürger leiden sehr unter König Twans Herrschaft, aber nicht sosehr daß sie davon Bauchschmerzen bekommen. König Twan hat einmal per Dekret und Erlaß verordnet, (Grundgesetz Artikel 2) daß die Leppischen Bürger in Friede mit einander auskommen sollen. Streit und Zank sind strengstens verboten! Sowohl mit Worten als mit Taten! Eine Zuwiderhandlung oder sogar die Ignorierung dieses Gesetzes kommt nicht in Frage. Ausgeschlossen. Friede, Freude, Frökse (Eierkuchen auf Leppisch) sind die zentrale Werte. Morgens beim Flagge zeigen und Nationalhymne singen auf den Schulhöfen wird jeder Leppische Schüler daran erinnert. Und wehe dem der mit seinem Nachbar einen Streit anfängt! Von Jugend auf wird jedem Lepp und jeder Leppin diese Wahrheit ans Herz gelegt.
Die Unruhe fing an als Tanja aus dem Nachbarland Lottland eintraf und sich in Prutswerk, der zweiten Stadt des Landes, niederließ. Er meldete in der örtlichen Zeitung daß er (so wörtlich) 'den Bürgern seine Dienste anbot als erfahrener, möbelherstellender Schreinermeister. Sein neuester Nachttisch habe auf dem diesjährigen Möbelwettbewerb in Lottland den ersten Preis errungen'. Schlimmer war, daß Tanja behauptete, daß es keinen Grund gäbe warum in den Leppischen Gefilden sich nur ein (1) Mensch dem Schreinerberuf widmen dürfe. Konkurrenz fördere das Geschäft, sagte Tanja. Dabei kam noch, daß König Twan irrtümlicherweise (seine Gedanken waren irgendwo anderswo) eine Keine-Beschwerde-Erklärung unterzeichnet hatte.
Somit war der Streit zwischen den beiden Schreinermeistern fast vorprogrammiert. Es fing verbal an. Der Schreiner Wanja behauptete in einem offenen Brief, daß der sidetable den der Konkurrent Tanja gebaut hatte, sich beim richtigen Betrachten besser tot schämen sollte. Worauf Tanja in einem Rundfunkinterview Wanja den Rat gab möglichst bald in Rente zu gehen, weil seine Entwürfe den Anforderungen der Neuzeit nicht gewachsen seien. Geschweige denn seine Leichensärge aus Fichtenholz, von denen sehr viele Leppschen Mitbürger, wie er gehört haben wolle, behaupteten niemals darin bestattet werden zu wollen. Wie man sieht wurde der Streit immer heftiger und die Sätze immer komplizierter.
Seit gestern spitzt sich die Lage dramatisch zu. (So schrieb auch Die Neueste Leppische in ihrer Sonntagsausgabe.) Die beiden Kontrahenten grüßten sich nicht mehr, bei der Aldi verweigerten sich ihre Ehefrauen mit ihren Schubkarren die Vorfahrt, und beide Parteien suchten bei facebook Unterstützung und Anerkennung.
Bis heute war es um den königlichen Palast ruhig und stille. Bis die Nachricht kam, daß König Twan sich heute abend im Ersten und Einzigen Leppischen Fernsehen (ELF) an das Volk wenden werde. Diejenigen die es wissen können und die welche es wissen sollten, mutmaßen jetzt was uns der König Twan (der Schreckliche, wie ihn die Leute nennen) wohl sagen wird. Manche fürchten ein fürchterliches diktatoriales Verdikt mit greuelhaften Strafen von denen wir uns keine Vorstellung machen können.
In Spannung warten wir die Ansprache ab. Der König wird um 20 Uhr das Wort ergreifen. Von 19.30 Uhr an werden die leppischen Fernsehanalysten und Weissager ihre Vermutungen auf uns loslassen. Eine Minute vor Acht folgt dann die erste hochrechnende Trendmeldung. Um 21.30 ist eine Extra-Sendung der Tagesthemen vorgesehen, wo Frau Therese Althammers und ihr Gefolge uns die Königsworte erklären und deuten. Schade nur, daß man uns, richtige Sachkundige die es wirklich wissen, für die Diskussion nicht eingeladen hat. Schade auch daß wir hier bei blogger.de einige Tage warten müssen um den Ablauf dieser horribelen Geschichte zu erfahren.
Zugabe: die Bilder zeigen ein leppisches Schreinermeisterwerk wie es bei Frau und Herr Terra in der guten Stube steht.
Ein zweigeteiltes Märchen also, aber nichts für Leserinnen und Leser mit schwachen Nerven. Anderseits kann man guten Gewissens den jüngeren Bloggern erlauben diese Erzählung zu lesen. Man kann sie sogar den kleinsten unter uns, die selber noch nicht lesen können, anbieten. Bitte vorlesen also. Kinder lieben solche Ungereimtheiten.
Fern im Osten, dort wo die Sonne morgens ihre Reise beginnt, und genau an dem Punkt wo der Regenbogen den Horizont berührt, liegt Leppland. (Nein, nicht Lappland oder Lettland, man sollte genauer lesen.) Hier in Leppland wohnt der Schreinermeister Wanja, eine der Hauptpersonen aus dieser erbärmlich tragischen Geschichte. Mit Ehefrau und zwei Kindern wohnt er hier, geht seine Arbeit nach und ist glücklich. In sofern man glücklich sein kann in einem Land, das von einem richtig altmodischen Diktator regiert wird, ein Schelm der schlimmsten Sorte, auch wenn er König ist und hellblaues Blut durch seine königlichen Venen fließt. Im täglichen Leben merkt man aber nicht viel davon, sagt der Schreinermeister Wanja und der kann 's wissen.
Wanja ist wie gesagt Schreiner von Beruf. Er ist der einzige im Lande Leppland der sich so nennen darf. Man könnte ihn auch Möbelmachermeister nennen. Aber niemals Zimmermann, denn dann wirft er dir einen Hammer an die Stirn. Lattenkisten für Gurken und Tomaten, die besorgt mir der Zimmermann. Der Schreiner aber entwirft und baut die schönst denkbaren Möbel: eine Brautkiste, den prächtigen mahagonihölzernen Schrank im Vorzimmer und auch den Sarg aus schlichter Eiche.
Heute Abend wird der leppische (nein, nicht läppische, Sie machen wieder einen Fehler) König Twan seine Fernsehansprache halten. König Twan heißt eigentlich König Antoine und ist der Ur-Ur-Urenkel eines französischen Generals der mit Napoleon nach Osten zog und in dem baltischen Dreieck hängen blieb.
König Twan ist Diktator mit Herz und Seele. Sein Leibspruch lautet: tempus fugit, manon lescaut. Das heißt: die Zeit flieht dahin, aber wie schnell, entscheide nur ich. Die Leppschen Bürger leiden sehr unter König Twans Herrschaft, aber nicht sosehr daß sie davon Bauchschmerzen bekommen. König Twan hat einmal per Dekret und Erlaß verordnet, (Grundgesetz Artikel 2) daß die Leppischen Bürger in Friede mit einander auskommen sollen. Streit und Zank sind strengstens verboten! Sowohl mit Worten als mit Taten! Eine Zuwiderhandlung oder sogar die Ignorierung dieses Gesetzes kommt nicht in Frage. Ausgeschlossen. Friede, Freude, Frökse (Eierkuchen auf Leppisch) sind die zentrale Werte. Morgens beim Flagge zeigen und Nationalhymne singen auf den Schulhöfen wird jeder Leppische Schüler daran erinnert. Und wehe dem der mit seinem Nachbar einen Streit anfängt! Von Jugend auf wird jedem Lepp und jeder Leppin diese Wahrheit ans Herz gelegt.
Die Unruhe fing an als Tanja aus dem Nachbarland Lottland eintraf und sich in Prutswerk, der zweiten Stadt des Landes, niederließ. Er meldete in der örtlichen Zeitung daß er (so wörtlich) 'den Bürgern seine Dienste anbot als erfahrener, möbelherstellender Schreinermeister. Sein neuester Nachttisch habe auf dem diesjährigen Möbelwettbewerb in Lottland den ersten Preis errungen'. Schlimmer war, daß Tanja behauptete, daß es keinen Grund gäbe warum in den Leppischen Gefilden sich nur ein (1) Mensch dem Schreinerberuf widmen dürfe. Konkurrenz fördere das Geschäft, sagte Tanja. Dabei kam noch, daß König Twan irrtümlicherweise (seine Gedanken waren irgendwo anderswo) eine Keine-Beschwerde-Erklärung unterzeichnet hatte.
Somit war der Streit zwischen den beiden Schreinermeistern fast vorprogrammiert. Es fing verbal an. Der Schreiner Wanja behauptete in einem offenen Brief, daß der sidetable den der Konkurrent Tanja gebaut hatte, sich beim richtigen Betrachten besser tot schämen sollte. Worauf Tanja in einem Rundfunkinterview Wanja den Rat gab möglichst bald in Rente zu gehen, weil seine Entwürfe den Anforderungen der Neuzeit nicht gewachsen seien. Geschweige denn seine Leichensärge aus Fichtenholz, von denen sehr viele Leppschen Mitbürger, wie er gehört haben wolle, behaupteten niemals darin bestattet werden zu wollen. Wie man sieht wurde der Streit immer heftiger und die Sätze immer komplizierter.
Seit gestern spitzt sich die Lage dramatisch zu. (So schrieb auch Die Neueste Leppische in ihrer Sonntagsausgabe.) Die beiden Kontrahenten grüßten sich nicht mehr, bei der Aldi verweigerten sich ihre Ehefrauen mit ihren Schubkarren die Vorfahrt, und beide Parteien suchten bei facebook Unterstützung und Anerkennung.
Bis heute war es um den königlichen Palast ruhig und stille. Bis die Nachricht kam, daß König Twan sich heute abend im Ersten und Einzigen Leppischen Fernsehen (ELF) an das Volk wenden werde. Diejenigen die es wissen können und die welche es wissen sollten, mutmaßen jetzt was uns der König Twan (der Schreckliche, wie ihn die Leute nennen) wohl sagen wird. Manche fürchten ein fürchterliches diktatoriales Verdikt mit greuelhaften Strafen von denen wir uns keine Vorstellung machen können.
In Spannung warten wir die Ansprache ab. Der König wird um 20 Uhr das Wort ergreifen. Von 19.30 Uhr an werden die leppischen Fernsehanalysten und Weissager ihre Vermutungen auf uns loslassen. Eine Minute vor Acht folgt dann die erste hochrechnende Trendmeldung. Um 21.30 ist eine Extra-Sendung der Tagesthemen vorgesehen, wo Frau Therese Althammers und ihr Gefolge uns die Königsworte erklären und deuten. Schade nur, daß man uns, richtige Sachkundige die es wirklich wissen, für die Diskussion nicht eingeladen hat. Schade auch daß wir hier bei blogger.de einige Tage warten müssen um den Ablauf dieser horribelen Geschichte zu erfahren.
Zugabe: die Bilder zeigen ein leppisches Schreinermeisterwerk wie es bei Frau und Herr Terra in der guten Stube steht.
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