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Sonntag, 3. August 2014
Bagatelle 235 - Feuergefährlich
terra40, 23:51h
“Weißt du,“ fragte mich mein alter ego, als ich ihm unlängst beim Morgenzähneputzen im Badezimmerspiegel begegnete, “dass du nicht gerade bekannt bist um den Tiefgang in deinen bagatellarischen Geschriften?“ Und mit den Worten: “Du scheinst auch im Wählen von banalen, alltäglichen und sogar albernen Themen ein Meister zu sein. Hat man dir das schon mal gesagt?“ rieb er noch mehr Salz in die Wunde. Der Klimax wurde erreicht als er schließlich endete mit der Bemerkung: “Aus zuverlässiger Quelle habe ich, nebenbei gesagt, auch erfahren, dass du sogar einen Text schreiben kannst über Gipfel der Albernität, zum Beispiel über das Streichholz. Stimmt das?“
Ich ließ mir nicht anmerken wie sehr mich diese Sätze trafen. Sondern beantwortete nur seinen letzten Aufruf. ‘Einen Text verfassen über das Streichholz? Natürlich kann ich das!‘ Und fing an folgendes zu schreiben.
Von Hause aus und von Geburt an bin ich eigentlich ein Semi-Pyromane. Ich liebe es drinnen im Kamin den Holzofen anzuzünden und draußen den Stapel trocken-brennbares Abfall. Vielleicht ist es eine Sache der Vererbung. Mein Vater hat als Neunjähriger die große Scheune neben dem elterlichen Bauernhof angezündet. Und aus sehr zuverlässiger Quelle weiß ich, dass meine liebe Kusine D. vierzig Jahre später über den denselben Hof einen roten Glut erscheinen ließ. Ich selber habe einmal auf unserem eigenen Dachboden, wo wir das Brennholz für den kommenden Winter aufbewahrten, zusammen mit dem Nachbarsjungen ein kleines Feuer gelegt. Um die Flammen unsichtbar zu machen legten wir Torf darauf. Gut dass unser Dienstmädchen bemerkte dass etwas gründlich daneben zu gehen drohte. Worauf sie flux mit Wasser und Eimer das Feuer löschte. In allen Fällen war nur von Sachschaden die Rede.
Zum Feuermachen braucht man Streichhölzer. Ich weiß, es geht auch ohne, aber ich kann es nicht. Lange ist es her das ich bei den Welpen war. Welpen sind, wie Sie wissen, Junior-Pfadfinder. Alt und groß geworden erreichte man die Stufe der richtigen Pfadfinder. Dort, erzählte man mir, lernst du Feuer zu machen. Ohne Streichholz. Wie? Mit einem kleinen Stock – hin und her bewegend zwischen deinen Handflächen – Reibungswärme zu erzeugen wodurch trockenes Gras zu brennen anfängt. Diese Kunst habe ich mir niemals bemächtigt, denn als ich alt genug war um in die richtige Pfadfinderei einzutreten, hatte ich angefangen heimlich dann und wann auf dem Schulweg von meinem Freund H. eine Zigarette zu kaufen (eine Halbe kostete damals 5 Cents) und diese, immer Genuss vorwendend, zu rauchen. Seit dieser Zeit hatte ich immer Streichhölzer dabei.
Was immer Sie auch behaupten mögen, das Streichholz ist eine wunderbare Erfindung. Gerade weil im Kern so simpel und so auf der Hand liegend. Ein Stöckchen, dessen Kopf liebevoll in einer Sirup artige Masse getauft worden ist welche man absichtlich mit ein bisschen Phosphor angereichert hat.
Das Abstreichen eines Streichholzes ist ein faszinierendes Ritual. Zuerst ist da die Wahl der Streichrichtung. Egozentriker streichen immer in Richtung des eigenen Körpers. Leute die es gut mit anderen meinen dagegen streichen meistens von-sich-ab, achten Sie mal darauf. Oft muss man wiederholte Male Abstriche machen bevor das Streichholz anfangen will zu brennen. Sehen Sie sich bitte auch das Ausblasen an! Manche Leute pusten was der Atem her gibt und das Zeug hält. Andere, vor allem die Zigarrenraucher unter uns, geben ihrem Mund eine rundliche Form wonach sie vorsichtig gegen die Flamme hauchen.
Wir können verschiedener Meinung sein, und ich möchte keine Werbung für irgendetwas machen, aber die Schwalbe ist allen anderen überlegen. Das betrifft den zierlichen Zugvogel, das gilt auch dem Streichholz. Qua Qualität unübertroffen.
Wie oft habe ich mir den prächtigen Vogel - der mit der komischen Schweife im Munde auf der Schachtel - angesehen. Und wie stolz und kräftig klang meine Stimme als ich laut den in großen Buchstaben geschriebenen Text las: SÄKERHETS TÄNDSTICKÖR! Wörter deren Bedeutung man nicht kannte, die aber sehr überzeugend und Furcht erregend klangen!
Es gibt eine schöne, ehrlich wahre, Geschichte über ein Streichholz die ich Ihnen nicht enthalten möchte. Während einer Visite im elterlichen Haus sah ich einen lieben, schon etwas ältereren Onkel eine Zigarre anzünden, das Streichholz ausblasen und das zu meiner Überraschung wieder in die Schachtel legen.
„Warum, lieber Onkel, tun Sie das?“ fragte ich. “Was hat ein so abgebranntes Streichholz in der Schachtel zu suchen? “Nun,“ erwiderte der Onkel, “den lasse ich mir versohlen!“
Das nenne ich erst richtig ökologisch verantwortlich handeln. Von nun an verwenden wir nur gerecyclede (ich meine geresaikelde) Streichhölzer. “Warum auch nicht!“ sprach ich zu meinem alter ego als der mich fragte ob meine Bagatelle über das Streichholz schon fertig war.
Ich ließ mir nicht anmerken wie sehr mich diese Sätze trafen. Sondern beantwortete nur seinen letzten Aufruf. ‘Einen Text verfassen über das Streichholz? Natürlich kann ich das!‘ Und fing an folgendes zu schreiben.
Von Hause aus und von Geburt an bin ich eigentlich ein Semi-Pyromane. Ich liebe es drinnen im Kamin den Holzofen anzuzünden und draußen den Stapel trocken-brennbares Abfall. Vielleicht ist es eine Sache der Vererbung. Mein Vater hat als Neunjähriger die große Scheune neben dem elterlichen Bauernhof angezündet. Und aus sehr zuverlässiger Quelle weiß ich, dass meine liebe Kusine D. vierzig Jahre später über den denselben Hof einen roten Glut erscheinen ließ. Ich selber habe einmal auf unserem eigenen Dachboden, wo wir das Brennholz für den kommenden Winter aufbewahrten, zusammen mit dem Nachbarsjungen ein kleines Feuer gelegt. Um die Flammen unsichtbar zu machen legten wir Torf darauf. Gut dass unser Dienstmädchen bemerkte dass etwas gründlich daneben zu gehen drohte. Worauf sie flux mit Wasser und Eimer das Feuer löschte. In allen Fällen war nur von Sachschaden die Rede.
Zum Feuermachen braucht man Streichhölzer. Ich weiß, es geht auch ohne, aber ich kann es nicht. Lange ist es her das ich bei den Welpen war. Welpen sind, wie Sie wissen, Junior-Pfadfinder. Alt und groß geworden erreichte man die Stufe der richtigen Pfadfinder. Dort, erzählte man mir, lernst du Feuer zu machen. Ohne Streichholz. Wie? Mit einem kleinen Stock – hin und her bewegend zwischen deinen Handflächen – Reibungswärme zu erzeugen wodurch trockenes Gras zu brennen anfängt. Diese Kunst habe ich mir niemals bemächtigt, denn als ich alt genug war um in die richtige Pfadfinderei einzutreten, hatte ich angefangen heimlich dann und wann auf dem Schulweg von meinem Freund H. eine Zigarette zu kaufen (eine Halbe kostete damals 5 Cents) und diese, immer Genuss vorwendend, zu rauchen. Seit dieser Zeit hatte ich immer Streichhölzer dabei.
Was immer Sie auch behaupten mögen, das Streichholz ist eine wunderbare Erfindung. Gerade weil im Kern so simpel und so auf der Hand liegend. Ein Stöckchen, dessen Kopf liebevoll in einer Sirup artige Masse getauft worden ist welche man absichtlich mit ein bisschen Phosphor angereichert hat.
Das Abstreichen eines Streichholzes ist ein faszinierendes Ritual. Zuerst ist da die Wahl der Streichrichtung. Egozentriker streichen immer in Richtung des eigenen Körpers. Leute die es gut mit anderen meinen dagegen streichen meistens von-sich-ab, achten Sie mal darauf. Oft muss man wiederholte Male Abstriche machen bevor das Streichholz anfangen will zu brennen. Sehen Sie sich bitte auch das Ausblasen an! Manche Leute pusten was der Atem her gibt und das Zeug hält. Andere, vor allem die Zigarrenraucher unter uns, geben ihrem Mund eine rundliche Form wonach sie vorsichtig gegen die Flamme hauchen.
Wir können verschiedener Meinung sein, und ich möchte keine Werbung für irgendetwas machen, aber die Schwalbe ist allen anderen überlegen. Das betrifft den zierlichen Zugvogel, das gilt auch dem Streichholz. Qua Qualität unübertroffen.
Wie oft habe ich mir den prächtigen Vogel - der mit der komischen Schweife im Munde auf der Schachtel - angesehen. Und wie stolz und kräftig klang meine Stimme als ich laut den in großen Buchstaben geschriebenen Text las: SÄKERHETS TÄNDSTICKÖR! Wörter deren Bedeutung man nicht kannte, die aber sehr überzeugend und Furcht erregend klangen!
Es gibt eine schöne, ehrlich wahre, Geschichte über ein Streichholz die ich Ihnen nicht enthalten möchte. Während einer Visite im elterlichen Haus sah ich einen lieben, schon etwas ältereren Onkel eine Zigarre anzünden, das Streichholz ausblasen und das zu meiner Überraschung wieder in die Schachtel legen.
„Warum, lieber Onkel, tun Sie das?“ fragte ich. “Was hat ein so abgebranntes Streichholz in der Schachtel zu suchen? “Nun,“ erwiderte der Onkel, “den lasse ich mir versohlen!“
Das nenne ich erst richtig ökologisch verantwortlich handeln. Von nun an verwenden wir nur gerecyclede (ich meine geresaikelde) Streichhölzer. “Warum auch nicht!“ sprach ich zu meinem alter ego als der mich fragte ob meine Bagatelle über das Streichholz schon fertig war.
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Mittwoch, 30. Juli 2014
Bagatelle 234 - Applaus ohne Beifall
terra40, 22:39h
Der Sturm der Entrüstung über die Flugkatastrophe mit der MH17 in der Ukraine ist noch längst nicht ausgewütet, schon dringt eine neue Diskussion in unsere Gesprächsrunden hinein. Die Rede ist vom Applaudieren oder Beifall klatschen.
Wie Sie wissen, sind die Überreste der fast zweihundert niederländischen Opfer per Flugzeug nach Eindhoven gebracht worden. Von dort aus wurden die Leichnamen in einer sehr feierlichen Prozession nach Hilversum gefahren um dort identifiziert zu werden. Die ganze Prozedur wurde an drei Tagen life im niederländischen Ersten Programm übertragen, von 16.00 bis 20.00 Uhr etwa. Entlang der Autobahnen und auf Viadukten und Brücken unterwegs standen tausende Mitbürger um ihr Mitgefühl zu zeigen. Blumen wurden auf die Autos geworfen und sowohl bei der Abreise in Eindhoven als auch bei der Ankunft in Hilversum konnte man klatschender Beifall hören.
Applaus: das gegenseitige Berühren der Handoberflächen, sei es vorsichtig vornehm, leise, höflich und politisch korrekt, oder kräftig tobend und von fröhlich einstimmenden Geräuschen begleitet, kannten wir eigentlich nur aus den Opernhäusern, Theatern, politischen Jahresversammlungen und Sportplätzen. Nach einer Callas-Aria in Turandot (2. Akte) oder nach einer wunderbaren FC-Bayern-Torwartrettung in letzter Minute vereinten wir uns in stürmischem Geklatsche. (Manchmal sogar begleitet von einzelnen bravo-Rufen.)
Mancherorts wurde niemals applaudiert. Im niederländischen Parlament zum Beispiel. Oder in der Kirche, auch nicht wenn der Pfarrer eine brillante, gefühlvolle Predigt gehalten hatte welche die Herzen der Kirchgänger traf. Bei Beerdigungen war jeder Beifall unpassend und tabu.
Beifall klatschen hat zu tun, behaupte ich mal, mit Begriffen wie Bewunderung, Zustimmung, Anerkennung, Preis und Lob für erbrachte Leitungen, aber auch mit Identifikation. Wie gerne wäre sie nicht die Sopranistin die so herrlich die Verdi-Aria in den Saal hinein schleuderte! Wie gerne wäre ich nicht der Mittelstürmer der das Tor des Jahres schoss!
Das Applaudieren beim Begräbniszügen ist vom Süden zu uns geflogen, von Ländern wie Italien oder Spanien, wo die Leute sowieso eher ihre Gefühle den freien Lauf lassen. Dem Tod wird nicht applaudiert, weder dem Anlass. Man fühlt sich gleichsam mit dem Verstorbenen verwandt; man möchte seine Verbundenheit mit den Angehörigen zeigen. Man möchte trösten: sich selber unter allen Mitklatschenden und die Hinterbliebenen.
Ist ein Begräbnisapplaus notwendig oder unvermeidlich? Nein, natürlich nicht. Die Frage alleine ist eine Beleidigung für alle welche ihr Mitleid Beifall klatschend zeigen. Aber manchmal bittet die Situation uns stillschweigend zu trauern.
Eigentlich erinnert mich die Situation auch an eine Geschichte aus den ersten Jahren nach dem Kriege. (Nicht selber so erfahren, sondern erzählt bekommen vom Vater.) Pfeifen, auf den Fingern blasen und also schrille Töne produzierend, war in vielen Situationen not done und verpönt. Zum Beispiel in feierlichen Angelegenheiten und in den heiligen (Musik)hallen. Gepfiffen wurde im Theater wenn die Artisten völlig versagten und eine Anti-Vorstellung zum Besten gaben. Bis amerikanische und kanadische Soldaten, unterwegs in Europa, im Konzert nach einer gelungenen Musiknummer laut pfiffen als Zeichen der Anerkennung. Seitdem darf ruhig gepfiffen werden. Und bei Begräbnissen darf man applaudieren.
Nachruf: nach wie vor hasse ich das rhythmische Klatschen am Ende einer Darbietung, das aus dem Osten zu uns kam, aufs schärfste. Es erinnert zu viel an Marschierenden.
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Freitag, 25. Juli 2014
Bagatelle 233 - Halbmast
terra40, 14:07h
Vorgestern hing die Flagge auf halbmast. Nicht nur bei mir zuhause, sondern auf allen öffentlichen Gebäuden sowieso und daneben an zahllosen Wohnungen. Rot, weiß und blau. Auch Oranje war vertreten: die Königin Maxima und König Willem-Alexander fühlten sich betroffen wie jedermann unter uns.
Weshalb diese Feierlichkeiten? Wir “feierten” die Rückkehr in die Niederlande der vielen Menschen die bei der Flugkatastrophe in der Ost-Ukraine ums Leben kamen. Oder sagen wir so: die Rückkehr der Menschen, auf dem Weg in die Ferien oder sich freuend auf kommenden Tätigkeiten am anderen Ende der Welt, an deren unschuldiges Leben ein jähes Ende kam: ihr Flugzeug wurde sehr wahrscheinlich von Terroristen mit einer Rakete abgeschossen. Keiner überlebte: sehr viele waren Niederländer, Menschen wie mein Nachbar und ich. Wut und Trauer über das Geschehene bestimmten nicht nur die Inhalte der Medien. Wir alle, die Landsleute, hatten nur ein einziges Gesprächsthema.
Warum, wieso, weshalb: tausende Fragen gehen uns durch den Kopf. Warum mussten diese unschuldigen Ferienreisende sterben? Wieso konnte es passieren? Hätte man .., sollte man .., und so weiter.
Statt einer unfruchtbaren Ursachenforschung handelt diese Bagatelle über ein ziemlich neues Phänomen. Am Tage, wo die ersten Opfer der ukrainischen Flugkatastrophe nach Hause kamen, ordnete die niederländische Regierung einen Nationaltrauertag an. Anordnen ist zu schroff gesagt; man bat uns höflich die Fahne auf halbmast zu hissen und an dem Moment wo die beiden Flugzeuge mit den ersten Leichnamen in Eindhoven den niederländischen Boden berührten, war es im ganzen Lande sehr stille. In dieser Gedenkminute war die, doch immerhin ziemlich differenzierte, niederländische Bevölkerung sich einig.
Nun bin ich, ehrlich gesagt, kein großer Befürworter nationaler, staatlicher Feiertage. Weder beim erfreuend Jubelschreien bei Weltmeisterschaften, noch bei tieftraurigen Ereignissen. Nicht dass ich anti-national wäre. Ich bin lieber a-national oder international. Dieses Mal aber hatte der Gedanke an einem nationalen Trauertag mein Einverständnis. Weil sie als ein Angebot betrachtet werden sollte, nicht als eine dringende Aufforderung.
Deshalb hing bei mir die Flagge halbmast. Für nur sehr wenige war das sichtbar, denn mein kleiner Bauernhof liegt ziemlich abgelegen irgendwo im niederländischen Binnenland. Aber darum geht es natürlich auch nicht. Ich will nicht gesehen werden, ich will meine Anteilnahme ausdrücken. Ich denke dabei an die trauernden Familien, an die Verwandten, an die Hinterbliebenen. Eine stille Trauerminute, eine Flagge auf halbmast, das ist wohl das mindeste was man tun kann.
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Sonntag, 13. Juli 2014
Bagatelle 232 - Grenzverkehr
terra40, 18:15h
Zeitlich parallel am langsam alter werden habe ich mich allmählich abgewöhnt mich aufzuregen. Früher war das wohl anders: laut alten, überlieferten Familiengeschichten scheine ich als zehnjähriger ein ziemlich unangenehmes, störrisches, jähzorniges Kerlchen gewesen zu sein der alles besser wusste und der sich über vieles fürchterlich aufregte und dann nicht selten vor der Hand liegende Gegenstände durch die Gegend warf, vor allem wenn der weitere Verlauf der Geschichte nicht seinem Wunsch entsprach.
Doch, sie ist noch da: die eigene Meinung und der Wut über menschenverachtende, unannehmbare Ereignisse. Nur werde ich sie aber nicht der Welt offenbaren, sei es denn dass ich von jemandem öffentlich dazu aufgefordert werde. Sonst sehe ich mir kopfschüttelnd an welche dumme Streiche manche Leute (nicht selten Politiker) spielen und belasse es dabei.
Ein wichtiger Grund dafür ist die Einsicht dass man selber im Laufe der Jahre zu der Erkenntnis gekommen ist, dass die eigene Meinung bei näherem Einsehen doch nicht völlig konform der ehrlichen und aufrichtigen Wahrheit war.
Jetzt aber ist etwas geschehen das Anlass gibt zu einer, sagen wir’s so, kritische Befragung und Auseinandersetzung. Früher hätte ich mich kolossal aufgeregt und meine Meinung mündlich und schriftlich geäußert. Jetzt frage ich Sie nur was Sie denken über folgendes Vorhaben. Es betrifft den Grenzverkehr.
Geboren und aufgewachsen bin ich in einem Grenzdorf. Die Staatsgrenze welche die Niederlande und Deutschland voneinander trennen, läuft quer durchs Dorf. Die deutsche Häuserversammlung heißt Süderwick und ist Teil der Stadt Bocholt (i.W.). Drüben, an unserer Seite sozusagen, befindet sich die niederländische Gemeinde Dinxperlo. Der Hellweg und die Häuser links sind holländischer Natur; der Bürgersteig und die Häuser rechts sind ausgesprochen deutsch.
Die Bewohner dieser Häuser verstehen sich bestens. Das war schon immer so, auch in Zeiten wo Stacheldraht die beiden Länder teilte. Es gibt viele Deutsche die in Holland wohnen und das umgekehrte kommt gleich viel vor. Es gibt als prahlendes Beispiel eine Luftbrücke zwischen einem deutschen Altersheim rechts und eine niederländische Wohngemeinschaft links. Die Bewohner beider Häuser trinken zusammen im Luftbrückencafé in der Mitte ihren Morgenkaffee.
Nun aber hat der CSU-Verkehrsminister einer großen Koalition, die deutsche Regierung also, in seiner ungetrübten und ungereimten Weisheit beschlossen allen Pkw-Benutzer aller Straßen in Deutschland eine Maut aufzulegen. Nicht nur die deutschen Gasgeber sind betroffen, nein, alle motorische Benutzer der deutschen Bahnen, Straßen und Landwege, auch die Ausländer. Die deutschen Kraftfahrer bekommen die Maut zurückerstattet weil diese von der Kraftfahrsteuer abgezogen wird. Die holländischen Grenzgänger, die täglich hin und her fahren, und nicht nur zu ihren Vergnügen, sind die Leidtragende. Kein niederländischer Finanzminister, den sie um Gnaden und finanzieller Einsicht bitten, wird ihnen die Kosten welche ihnen die Maut mitbringt, zurückerstatten. Zum Beispiel:
(1) Der Herr Jansen aus Dinxperlo fährt täglich zu seiner deutschen Arbeitsplatz, dreißig Kilometer weit weg. Hin und zurück.
(2) Die Frau Antonia van Bergen aus Dinxperlo möchte wie eh und je wöchentlich ihre Schwester im Bocholter Pflegeheim besuchen.
(3) Außer diesen beiden imaginären Beispielen gibt es dutzende und aber dutzende Fälle von niederländischen Grenzgängern die wirklich betroffen sind.
Die hier beschriebene Grenzsituation war und ist ein Beispiel wie gut Nachbarländer und ihre Bewohner auf lokalem Niveau in einem vereinten Europa mit einander auskommen. Kann mir jemand erklären wie es möglich ist das ein deutscher Minister dies alles mit einer dummen Gesetzesvorlage aufs Spiel setzen wird? Oder soll ich mich tatsächlich aufregen?
Doch, sie ist noch da: die eigene Meinung und der Wut über menschenverachtende, unannehmbare Ereignisse. Nur werde ich sie aber nicht der Welt offenbaren, sei es denn dass ich von jemandem öffentlich dazu aufgefordert werde. Sonst sehe ich mir kopfschüttelnd an welche dumme Streiche manche Leute (nicht selten Politiker) spielen und belasse es dabei.
Ein wichtiger Grund dafür ist die Einsicht dass man selber im Laufe der Jahre zu der Erkenntnis gekommen ist, dass die eigene Meinung bei näherem Einsehen doch nicht völlig konform der ehrlichen und aufrichtigen Wahrheit war.
Jetzt aber ist etwas geschehen das Anlass gibt zu einer, sagen wir’s so, kritische Befragung und Auseinandersetzung. Früher hätte ich mich kolossal aufgeregt und meine Meinung mündlich und schriftlich geäußert. Jetzt frage ich Sie nur was Sie denken über folgendes Vorhaben. Es betrifft den Grenzverkehr.
Geboren und aufgewachsen bin ich in einem Grenzdorf. Die Staatsgrenze welche die Niederlande und Deutschland voneinander trennen, läuft quer durchs Dorf. Die deutsche Häuserversammlung heißt Süderwick und ist Teil der Stadt Bocholt (i.W.). Drüben, an unserer Seite sozusagen, befindet sich die niederländische Gemeinde Dinxperlo. Der Hellweg und die Häuser links sind holländischer Natur; der Bürgersteig und die Häuser rechts sind ausgesprochen deutsch.
Die Bewohner dieser Häuser verstehen sich bestens. Das war schon immer so, auch in Zeiten wo Stacheldraht die beiden Länder teilte. Es gibt viele Deutsche die in Holland wohnen und das umgekehrte kommt gleich viel vor. Es gibt als prahlendes Beispiel eine Luftbrücke zwischen einem deutschen Altersheim rechts und eine niederländische Wohngemeinschaft links. Die Bewohner beider Häuser trinken zusammen im Luftbrückencafé in der Mitte ihren Morgenkaffee.
Nun aber hat der CSU-Verkehrsminister einer großen Koalition, die deutsche Regierung also, in seiner ungetrübten und ungereimten Weisheit beschlossen allen Pkw-Benutzer aller Straßen in Deutschland eine Maut aufzulegen. Nicht nur die deutschen Gasgeber sind betroffen, nein, alle motorische Benutzer der deutschen Bahnen, Straßen und Landwege, auch die Ausländer. Die deutschen Kraftfahrer bekommen die Maut zurückerstattet weil diese von der Kraftfahrsteuer abgezogen wird. Die holländischen Grenzgänger, die täglich hin und her fahren, und nicht nur zu ihren Vergnügen, sind die Leidtragende. Kein niederländischer Finanzminister, den sie um Gnaden und finanzieller Einsicht bitten, wird ihnen die Kosten welche ihnen die Maut mitbringt, zurückerstatten. Zum Beispiel:
(1) Der Herr Jansen aus Dinxperlo fährt täglich zu seiner deutschen Arbeitsplatz, dreißig Kilometer weit weg. Hin und zurück.
(2) Die Frau Antonia van Bergen aus Dinxperlo möchte wie eh und je wöchentlich ihre Schwester im Bocholter Pflegeheim besuchen.
(3) Außer diesen beiden imaginären Beispielen gibt es dutzende und aber dutzende Fälle von niederländischen Grenzgängern die wirklich betroffen sind.
Die hier beschriebene Grenzsituation war und ist ein Beispiel wie gut Nachbarländer und ihre Bewohner auf lokalem Niveau in einem vereinten Europa mit einander auskommen. Kann mir jemand erklären wie es möglich ist das ein deutscher Minister dies alles mit einer dummen Gesetzesvorlage aufs Spiel setzen wird? Oder soll ich mich tatsächlich aufregen?
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Montag, 7. Juli 2014
Bagatelle 231 - Digitalgeruch
terra40, 00:09h
Einige unter Ihnen werden sich vielleicht noch an Dr. h.c. Henk Aschenbach erinnern. Und wenn nicht: halb so schlimm. Diejenigen die alles genauestens wissen wollen, werden herzlichst eingeladen noch einmal die Bagatelle 112: Digitalträume zu lesen. Für alle anderen wiederhole ich in drei Absätzen was ich damals über Herrn Aschenbach geschrieben habe, damit Sie wieder Bescheid wissen. Also:
„Hören und Sehen ergeht uns, wenn wir die neuesten Nachrichten über die Firma H. Aschenbach und Söhne auf uns einwirken lassen. Wir schreiben nicht zufälligerweise 'hören' und 'sehen', denn das sind ja die zwei Sinne dessen Daten seit langem digitalisiert werden können. Ein Bild, ein Porträt, ein Film, ein Gemälde: alles sichtbar optische lässt sich in bytes und bits, in Eins (1) und Null (0), beschreiben und festlegen. Wir brauchen nur Daten und Algorithmen. Dasselbe gilt für den akustischen Bereich. Eine Rossini-Aria, ein Beatlesong wie Yesterday oder die Achte von Bruckner lassen sich digital aufzeichnen und genießen. Lichtdata oder Schallwellen: die digitale ICT-Welt ist vollends auf der Höhe.
Was fast niemand weiß, ist dass vieles vom diesem Digitalwissen zuerst aus dem Gehirn und später aus der Feder des Herrn Dr. h.c. Aschenbach stammt. Sohn des berühmten Firmengründers Arnulf Aschenbecher, der aus Angst vor seinem guten Ruf voraussehend seinen Nachnamen hat ändern lassen. Zweifellos ist Dr. Aschenbach, was die innovativen Fortschritte bei der globalen Digitalisierung betrifft, ein führender Kopf. Weltweit.
Herr Dr. Aschenbach, Jahrgang Mitte 1951, dessen Vorfahren aus den Vogesen stammen und die sich durch ein Missverständnis plötzlich in den Niederlanden wiederfanden, ist bereit mich für ein Gespräch zu empfangen. Eine große Ehre, denn der Herr Dr. Aschenbach (Henk für seine Gattin und Aschi für seine Freunde) hat täglich auch nur 24 Stunden zur Verfügung. Aschenbach: Wir arbeiten derzeit an eine Verlängerung des Werktages um eine halbe Stunde, indem wir den täglichen Sonnenuntergang etwas verlangsamen. Wir halten sozusagen den Lauf der Sonne um eine halbe Stunde auf. Digital versteht sich."
In der Tat: der Herr Dr. Aschenbach sucht nach Mittel um nicht nur das Sehen (das Visuelle) und das Hören (das Akustische) zu digitalisieren, sondern auch das Riechen (das Odorische) und das Berühren (die taktile oder haptische Domäne).
Die Zeit ist nicht mehr weit, laut Dr. Aschenbach, (dabei vehement unterstützt von deiner Gattin), dass wir einen bestimmten Geruch uploaden und ein köstliches Parfüm herunterladen können.
Und siehe da! Gestern sah ich in einer leicht seriösen Zeitschrift das erste Versuchsmodell. Ein Harvard-Professor hat es erfunden, wobei er sich ohne Zweifel von Aschenbachs Ideen bedient hat. Zuerst dachte ich: es wären die Schornsteine eines klassischen Ozeandampfers. Es sind aber zwei Röhrchen welche mit zwei verschiedenen Riechstoffen (zum Beispiel Pfeffer und Essig) gefüllt werden sollen. Die Mischung kann man digital jeder beliebigen Person
zukommen lassen indem man die Ophone (so nennt sich das Apparat) an das Internet anschließt. Wenn Sie mögen können Sie also Ihre(n) Geliebte(n) beglücken mit so einem schönen und wohlriechenden digitales Geruchspräsent.
(Der Code für diese Kombination lautet 4711.)
Sie sehen: die digitale Zukunft macht vieles möglich. Und da kann ich nur wiederholen was ich vor einigen Jahren schon schrieb:
„Es würde mich nicht wundern wenn im kommenden November klar wird, dass ich heute gesprochen habe mit dem künftigen Nobel-Preiswinner 2014 für kosmetische Digitaltechnologie. Es liegt in der Luft. Man kann es förmlich riechen.“
„Hören und Sehen ergeht uns, wenn wir die neuesten Nachrichten über die Firma H. Aschenbach und Söhne auf uns einwirken lassen. Wir schreiben nicht zufälligerweise 'hören' und 'sehen', denn das sind ja die zwei Sinne dessen Daten seit langem digitalisiert werden können. Ein Bild, ein Porträt, ein Film, ein Gemälde: alles sichtbar optische lässt sich in bytes und bits, in Eins (1) und Null (0), beschreiben und festlegen. Wir brauchen nur Daten und Algorithmen. Dasselbe gilt für den akustischen Bereich. Eine Rossini-Aria, ein Beatlesong wie Yesterday oder die Achte von Bruckner lassen sich digital aufzeichnen und genießen. Lichtdata oder Schallwellen: die digitale ICT-Welt ist vollends auf der Höhe.
Was fast niemand weiß, ist dass vieles vom diesem Digitalwissen zuerst aus dem Gehirn und später aus der Feder des Herrn Dr. h.c. Aschenbach stammt. Sohn des berühmten Firmengründers Arnulf Aschenbecher, der aus Angst vor seinem guten Ruf voraussehend seinen Nachnamen hat ändern lassen. Zweifellos ist Dr. Aschenbach, was die innovativen Fortschritte bei der globalen Digitalisierung betrifft, ein führender Kopf. Weltweit.
Herr Dr. Aschenbach, Jahrgang Mitte 1951, dessen Vorfahren aus den Vogesen stammen und die sich durch ein Missverständnis plötzlich in den Niederlanden wiederfanden, ist bereit mich für ein Gespräch zu empfangen. Eine große Ehre, denn der Herr Dr. Aschenbach (Henk für seine Gattin und Aschi für seine Freunde) hat täglich auch nur 24 Stunden zur Verfügung. Aschenbach: Wir arbeiten derzeit an eine Verlängerung des Werktages um eine halbe Stunde, indem wir den täglichen Sonnenuntergang etwas verlangsamen. Wir halten sozusagen den Lauf der Sonne um eine halbe Stunde auf. Digital versteht sich."
In der Tat: der Herr Dr. Aschenbach sucht nach Mittel um nicht nur das Sehen (das Visuelle) und das Hören (das Akustische) zu digitalisieren, sondern auch das Riechen (das Odorische) und das Berühren (die taktile oder haptische Domäne).
Die Zeit ist nicht mehr weit, laut Dr. Aschenbach, (dabei vehement unterstützt von deiner Gattin), dass wir einen bestimmten Geruch uploaden und ein köstliches Parfüm herunterladen können.
Und siehe da! Gestern sah ich in einer leicht seriösen Zeitschrift das erste Versuchsmodell. Ein Harvard-Professor hat es erfunden, wobei er sich ohne Zweifel von Aschenbachs Ideen bedient hat. Zuerst dachte ich: es wären die Schornsteine eines klassischen Ozeandampfers. Es sind aber zwei Röhrchen welche mit zwei verschiedenen Riechstoffen (zum Beispiel Pfeffer und Essig) gefüllt werden sollen. Die Mischung kann man digital jeder beliebigen Person
zukommen lassen indem man die Ophone (so nennt sich das Apparat) an das Internet anschließt. Wenn Sie mögen können Sie also Ihre(n) Geliebte(n) beglücken mit so einem schönen und wohlriechenden digitales Geruchspräsent.
(Der Code für diese Kombination lautet 4711.)
Sie sehen: die digitale Zukunft macht vieles möglich. Und da kann ich nur wiederholen was ich vor einigen Jahren schon schrieb:
„Es würde mich nicht wundern wenn im kommenden November klar wird, dass ich heute gesprochen habe mit dem künftigen Nobel-Preiswinner 2014 für kosmetische Digitaltechnologie. Es liegt in der Luft. Man kann es förmlich riechen.“
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Montag, 16. Juni 2014
Bagatelle 230 - Nach dem Disaster
terra40, 22:22h
Ende vorige Woche erreichte uns die traurige Nachricht dass die Festplatten, wohnhaft bei unserem verehrten Gastgeber blogger.de, worauf die Bilder welche die Blogtexte erheitern sollen, gestorben seien. Betroffen sahen wir den Vorhang zu und alle Fragen waren wieder offen. Was zu tun wenn ein Blogtext ohne das dazugehörende Bild kaum zu lesen und zu begreifen ist? Wie bringt man die Welt wieder in Ordnung wenn der Blogschreiber selber seine Bilder auch nicht richtig in Ordnung hat, das heißt kaum oder ungenügend sortiert, archiviert und gebackupt hat?
Nun ist meine Erfahrung dass die freundlichen blogger.de-Betreiber alles Mögliche tun werden um dafür zu sorgen dass der Schaden so gering wie möglich ist. Auffallend ist auch dass aus den Reihen der Blogger(innen) kaum ein Wort des Vorwurfs klang: wenn man sich selber kennt, weiß man eben dass so etwas schreckliches unverhofftes passieren kann.
Sicher, ich habe gut reden. All meine Blogtexte, es sind inzwischen mehr als zweihundert, sind, inklusive alle dazugehörende Bilder, intakt und unversehrt.
Es gibt irgendwo in meinem Computer eine WORD-Mappe mit Bagatelltexten und eine Photoshopmappe mit Bagatellbildern. Der vornehmste Grund jedoch ist meine ausgesprochene Vorliebe für das Papierlesen und meine nicht weniger große Abneigung zum digitalen Monitorlesen. Von jeder fertigen Bagatelle, sei sie noch so schlechtgeschrieben und unzutreffend, wird eine Papierversion abgedruckt auf A-5 Format. Die Bagatellen finden sich schließlich wieder in einem speziellen Ordner. Wenn die Faulheit zuschlägt oder wenn nichts anderes mehr zu tun ist, mag ich gerne solch eine Mappe öffnen und die Bagatelle 77 oder 122 noch einmal lesen. Nicht selten sehe ich Fehler und es passiert schon dass alternative Textformulierungen vorbeikommen. Aber ich bin meist zu faul um die nötigen Änderungen anzubringen.
Für mich ist die Katastrophe also überwindlich. Nur leide ich mit den Foto-Bloggern die uns ihre Bilder nicht mehr in voller Pracht zeigen können. Hoffentlich kann einiges noch in den alten Zustand zurückversetzt werden.
Nun ist meine Erfahrung dass die freundlichen blogger.de-Betreiber alles Mögliche tun werden um dafür zu sorgen dass der Schaden so gering wie möglich ist. Auffallend ist auch dass aus den Reihen der Blogger(innen) kaum ein Wort des Vorwurfs klang: wenn man sich selber kennt, weiß man eben dass so etwas schreckliches unverhofftes passieren kann.
Sicher, ich habe gut reden. All meine Blogtexte, es sind inzwischen mehr als zweihundert, sind, inklusive alle dazugehörende Bilder, intakt und unversehrt.
Es gibt irgendwo in meinem Computer eine WORD-Mappe mit Bagatelltexten und eine Photoshopmappe mit Bagatellbildern. Der vornehmste Grund jedoch ist meine ausgesprochene Vorliebe für das Papierlesen und meine nicht weniger große Abneigung zum digitalen Monitorlesen. Von jeder fertigen Bagatelle, sei sie noch so schlechtgeschrieben und unzutreffend, wird eine Papierversion abgedruckt auf A-5 Format. Die Bagatellen finden sich schließlich wieder in einem speziellen Ordner. Wenn die Faulheit zuschlägt oder wenn nichts anderes mehr zu tun ist, mag ich gerne solch eine Mappe öffnen und die Bagatelle 77 oder 122 noch einmal lesen. Nicht selten sehe ich Fehler und es passiert schon dass alternative Textformulierungen vorbeikommen. Aber ich bin meist zu faul um die nötigen Änderungen anzubringen.
Für mich ist die Katastrophe also überwindlich. Nur leide ich mit den Foto-Bloggern die uns ihre Bilder nicht mehr in voller Pracht zeigen können. Hoffentlich kann einiges noch in den alten Zustand zurückversetzt werden.
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Donnerstag, 12. Juni 2014
Bagatelle 229 - Torlinieüberschreitungskontrollanlage
terra40, 00:03h
Donnerstag diese Woche war es dann so weit: die Fußballweltmeisterschaften in Brasil wurden eröffnet. Nun ist Fußball – das Spielchen an sich - nicht so wichtig, dass man darüber eine seriöse Bagatelle schreiben muss. (Ich rede nicht von den Fifa-Machenschaften und menschunwürdigen Zuständen beim Stadionbau welche sicherlich unsere kritische Aufmerksamkeit verdienen.) Nein ich möchte einiges Bagatellarisches schreiben über die zunehmende menschliche Unsicherheit, auch im Fußball, gerade im Fußball. Es ist der Zeitgeist, möchte man glauben: man traut der Welt nicht mehr; man benimmt sich ängstlich und unsicher. Schlimmer noch: man traut sich selber nicht mehr. Verschwunden ist der Einfluss der Institutionen (Kirche Staat, Gewerkschaft, Partei) wodurch alles so wunderbar übersichtlich war. Jetzt müssen wir unseren eigenen Augen trauen und eigene Entscheidungen treffen. Manche haben das inzwischen verlernt.
Es fing an bei der Weltmeisterschaftsfinale 1966. Das Gastland England spielte gegen, wie auch anders, Deutschland. Als Geoff Hurst das 3-2 für die Gastgeber schoss, entstanden zwei Gruppen, quer durch die Mannschaften und Zuschauer. Die ersten meinten: der Ball hätte nie und niemals die Torlinie überschritten; de anderen beschwuren um alles Heilige, dass der Ball in seiner vollen Größe die Torauslinie um mindestens zehn Zentimeter passiert sei. Der Schiedsrichter, der es auch nicht (mehr) wusste, entschied letztendlich auf Tor.
Jetzt aber! Die Technik schlagt zu, auch im Fußball, endlich auch im Fußball. Oberhalb beider Tore werden Kameras aufgehängt, welche haargenau melden ob und wie ein Ball die Torlinie überquert hat. Absichtlich oder zufällig, das kann uns die Kamera leider nicht mitteilen.
So hat also wieder ein Stückchen menschliche Unsicherheit den Platz freigemacht für quasi unfehlbares menschliches Urteilungsvermögen an Hand neuester Technologie. Das wird vor allem den Schiedsrichtern freuen. Von denen gibt es jetzt nicht einen, wie früher, sondern mindestens sechse. Einen aufs Feld und fünf an allen Seitenlinien. Alle mittels neuer Hörfunktechnik mit einander verbunden. Das führt dann dazu, dass sie mehr auf einander achten als auf das Spielverlauf. Aber doch, es lebe die neue Fußballtechnik!
Inzwischen hat sich das Spielchen über die Jahre nicht fundamental geändert. Man spielt in zwei Mannschaften mit je 11 Personen zwei Mal 45 Minuten gegen einander. Die Pause dauert 15 Minuten. Und am Ende siegt Deutschland.
Nachschrift: Diesen Spieler brauch ich Ihnen wohl nicht mehr vorzustellen. Natürlich, es ist unser Klaas-Jan Huntelaar, Schalker Mittelstürmer von Beruf. Das Püppchen stammt aus 2010 von den vorigen Weltmeisterschaften, als der Klaas-Jan wie auch jetzt nur auf der Reservebank saß. Zeit genug daher um die Torauslinientechnologie zu studieren.
Es fing an bei der Weltmeisterschaftsfinale 1966. Das Gastland England spielte gegen, wie auch anders, Deutschland. Als Geoff Hurst das 3-2 für die Gastgeber schoss, entstanden zwei Gruppen, quer durch die Mannschaften und Zuschauer. Die ersten meinten: der Ball hätte nie und niemals die Torlinie überschritten; de anderen beschwuren um alles Heilige, dass der Ball in seiner vollen Größe die Torauslinie um mindestens zehn Zentimeter passiert sei. Der Schiedsrichter, der es auch nicht (mehr) wusste, entschied letztendlich auf Tor.
Jetzt aber! Die Technik schlagt zu, auch im Fußball, endlich auch im Fußball. Oberhalb beider Tore werden Kameras aufgehängt, welche haargenau melden ob und wie ein Ball die Torlinie überquert hat. Absichtlich oder zufällig, das kann uns die Kamera leider nicht mitteilen.
So hat also wieder ein Stückchen menschliche Unsicherheit den Platz freigemacht für quasi unfehlbares menschliches Urteilungsvermögen an Hand neuester Technologie. Das wird vor allem den Schiedsrichtern freuen. Von denen gibt es jetzt nicht einen, wie früher, sondern mindestens sechse. Einen aufs Feld und fünf an allen Seitenlinien. Alle mittels neuer Hörfunktechnik mit einander verbunden. Das führt dann dazu, dass sie mehr auf einander achten als auf das Spielverlauf. Aber doch, es lebe die neue Fußballtechnik!
Inzwischen hat sich das Spielchen über die Jahre nicht fundamental geändert. Man spielt in zwei Mannschaften mit je 11 Personen zwei Mal 45 Minuten gegen einander. Die Pause dauert 15 Minuten. Und am Ende siegt Deutschland.
Nachschrift: Diesen Spieler brauch ich Ihnen wohl nicht mehr vorzustellen. Natürlich, es ist unser Klaas-Jan Huntelaar, Schalker Mittelstürmer von Beruf. Das Püppchen stammt aus 2010 von den vorigen Weltmeisterschaften, als der Klaas-Jan wie auch jetzt nur auf der Reservebank saß. Zeit genug daher um die Torauslinientechnologie zu studieren.
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Montag, 2. Juni 2014
Bagatelle 228 - Erinnerungen
terra40, 14:15h
Erinnern – so lautet mein Gedächtnis an frühere Deutschstunden – heißt, zwar in meinem krankhaften Deutsch, aber gut gemeint und im eigentlichen Sinne: sich mit einiger Mühe etwas verinnerlichen. Sich etwas merken also. Auf etwas ein Merkmal setzen, damit du es nicht und niemals vergisst. Genau wie Sie sagen: gestern habe ich mir dieses Buch erstanden. Es hat einige Mühe gekostet, aber diese lohnt sich.
Dies sind Zeiten der Erinnerung. Die Gesellschaft, die Öffentlichkeit, die Medien: von allen Seiten werden wir daran erinnert dass vor einhundert Jahren der erste Weltkrieg ausbrach. Diese Woche werden wir am 6. Juni D-day gedenken, genau vor siebzig Jahren in der Normandie. Und jedes Jahr, am 4. Mai, gedenken wir in unserem Dorf, und im ganzen Land, allen Menschen die seit dem 2. Weltkrieg ihr Leben verloren damit wir in Freiheit leben können.
Dass wir dann und wann an Weltkriegen erinnert werden, kann ich nur begrüßen. Vor allem wenn wir uns bewusst werden wieviel Leid den Menschen angetan ist.
Eigentlich sind es nicht die großen Ereignisse die mich wirklich berühren. Keine Manövergeschichten oder ‘histoires des batailles’. Vielmehr interessieren mich die kleinen Geschichten am Rande. So wie auf diesem Bild aus den letzten Tagen des ersten Weltkrieges. Hinten auf dem Bild – von meinem Bruder, der in einem Amsterdamer Verlag tätig war, gerettet gerade noch vor dem Verschwinden in der Mülltonne – steht geschrieben: Betrieb an der Yassyolda. Deutsches Militärkonzert an der Stelle wo die russischen und deutschen Stellungen sich treffen.
Es ist der 15. Dezember 1917. Gerade ist ein Waffenstillstand zwischen den Kriegsparteien verabredet. Eine deutsche Militärkapelle an dieser Seite des Flusses bringt ein Ständchen. Einige (russische) Kommandeure haben den zugefrorenen Fluss überquert und hören zu. Einige andere trauen sich noch nicht, halten Abstand und harren auf dem Eis.
Es gibt vieles zu sehen was zu Fragen Anlass gibt. Zum Beispiel: einer der russischen Soldaten bringt das Militär Salut (Hand an der Mütze). Wird vielleicht eine Nationalhymne gespielt? Und welche?
Achten wir auch auf die beiden deutschen Trommler mitten unten. Sowohl die große als die kleine Trommel schaut nach rechts. Nicht Richtung Dirigenten der ungesehen links um die Ecke seinen Stab schwingt – keine Kapelle ohne Dirigenten -. Nein, Sie schauen nach drüben. Sie kennen ihre Partituren auswendig und wissen was der Dirigent von ihnen fordert. Sie sehen sich den vormaligen Feind an und fragen sich ob der sich, ebenso wie sie selber, Sorgen macht um die Familie zuhause.
Was wird die Kapelle sonst noch spielen. Stenka Razin? Kalinka? Ich wette um eine Flasche guter Wein mit Ihnen dass díese Schlussmelodie erklingt: der Radetzkymarsch.
Dies sind Zeiten der Erinnerung. Die Gesellschaft, die Öffentlichkeit, die Medien: von allen Seiten werden wir daran erinnert dass vor einhundert Jahren der erste Weltkrieg ausbrach. Diese Woche werden wir am 6. Juni D-day gedenken, genau vor siebzig Jahren in der Normandie. Und jedes Jahr, am 4. Mai, gedenken wir in unserem Dorf, und im ganzen Land, allen Menschen die seit dem 2. Weltkrieg ihr Leben verloren damit wir in Freiheit leben können.
Dass wir dann und wann an Weltkriegen erinnert werden, kann ich nur begrüßen. Vor allem wenn wir uns bewusst werden wieviel Leid den Menschen angetan ist.
Eigentlich sind es nicht die großen Ereignisse die mich wirklich berühren. Keine Manövergeschichten oder ‘histoires des batailles’. Vielmehr interessieren mich die kleinen Geschichten am Rande. So wie auf diesem Bild aus den letzten Tagen des ersten Weltkrieges. Hinten auf dem Bild – von meinem Bruder, der in einem Amsterdamer Verlag tätig war, gerettet gerade noch vor dem Verschwinden in der Mülltonne – steht geschrieben: Betrieb an der Yassyolda. Deutsches Militärkonzert an der Stelle wo die russischen und deutschen Stellungen sich treffen.
Es ist der 15. Dezember 1917. Gerade ist ein Waffenstillstand zwischen den Kriegsparteien verabredet. Eine deutsche Militärkapelle an dieser Seite des Flusses bringt ein Ständchen. Einige (russische) Kommandeure haben den zugefrorenen Fluss überquert und hören zu. Einige andere trauen sich noch nicht, halten Abstand und harren auf dem Eis.
Es gibt vieles zu sehen was zu Fragen Anlass gibt. Zum Beispiel: einer der russischen Soldaten bringt das Militär Salut (Hand an der Mütze). Wird vielleicht eine Nationalhymne gespielt? Und welche?
Achten wir auch auf die beiden deutschen Trommler mitten unten. Sowohl die große als die kleine Trommel schaut nach rechts. Nicht Richtung Dirigenten der ungesehen links um die Ecke seinen Stab schwingt – keine Kapelle ohne Dirigenten -. Nein, Sie schauen nach drüben. Sie kennen ihre Partituren auswendig und wissen was der Dirigent von ihnen fordert. Sie sehen sich den vormaligen Feind an und fragen sich ob der sich, ebenso wie sie selber, Sorgen macht um die Familie zuhause.
Was wird die Kapelle sonst noch spielen. Stenka Razin? Kalinka? Ich wette um eine Flasche guter Wein mit Ihnen dass díese Schlussmelodie erklingt: der Radetzkymarsch.
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Montag, 19. Mai 2014
Bagatelle 227 - Landfrauenholzbank
terra40, 00:06h
Es gibt, hier bei uns auf dem Plattenlande, dutzende von Gruppen und Vereinen, aus mehr oder weniger Plattelandsleuten bestehend, die alle die gleichen Ziele nachstreben, seien die auch noch so unterschiedlich. Zwei solcher Gruppierungen möchte ich Ihnen hierbei vorstellen.
Zuerst die Landfrauen. Offiziell ist es die örtliche Abteilung des Niederländischen Landfrauenbundes. Gegründet im Jahre 1939 und daher in diesem Jahre nicht weniger als 75 Jahre alt, ein Ereignis worauf wir später noch zurückkommen werden. Während meine Mutter, ein freier und sehr individueller Geist, niemals Mitglied war (sie ist in ihrem Leben keinem Verein je beigetreten) war meine Ehefrau, die Madame Terra also, von jung an dabei. Die Landfrauen hatten übrigens bei uns einen ziemlich altmodischen Ruf. Seit einigen Jahren besinnt man sich mehr auf Gegenwart und Zukunft; die Frauen nennen sich jetzt daher Frauen Von Heute (FvH).
Innerhalb dieser heutigen Frauenversammlung haben sich Subgruppen gebildet. So kennen wir den Leseclub, den Gartenclub (es gibt deren sogar zwei), den Volkstanzclub und den Frauenchor. Außerdem kommen monatlich an Donnerstagabenden alle Frauen zusammen um sich über ernste und wichtige gesellschaftlichen Themen informieren zu lassen oder zu fröhlicheren Zwecken. Dass mir keiner sagt dass die FvH in unserer geistlichen Landschaft keine wichtige Rolle spielen!
Ein total anderer Verein ist die Stiftung für Renovierung und Neuerrichtung lokaler Rad- und Wanderwege. Der Stiftungsvorstand berät, schmiedet Pläne, besorgt die (subventionierten) Finanzen dazu. Etliche Freiwillige nehmen Schaufel und Rasenmäher zur Hand und legen diese Hände an. Die örtliche Stiftung besteht noch keine zehn Jahre und schon sind vier Wander- und Radwege zu ihrer alten Glorie und Schönheit zurückgekehrt. Letzten Freitag wurde der vierte Pfad (achthundertfünfzig Meter neuer Wanderweg) feierlich geöffnet. Sofort kamen von allen Seiten die Wanderer und Radfahrer um das Resultat am Leibe zu erfahren.
An dieser Stelle in der Bagatelle dienen jetzt pünktlich und vollständig zwei Fragen beantwortet zu werden. Die erste lautet: was verbindet die Frauen-von-Heute mit den Arbeiten der Pfad- und Wegbereiter? Anders gesagt: was bringt diese zwei so unterschiedliche Vereine zusammen? Und weiter: welche Rolle spielt ihr untertäniger Bagatellenschreiber in diesem Vereinsbund?
Wie gesagt feiert unsere Abteilung der Frauen-von-Heute in diesem Jahr ihren 75. Geburtstag. Anlass genug, so sagte der Vorstand (ins besondere die Frau Präsident und die geehrte Schatzmeisterin,) um der Rad- und Wanderwegstiftung eine Jubiläumsgabe zu stiften. Es stellte sich heraus, dass die Vereinskasse noch so viel Übriges hatte, das die Frauen eine schöne, kräftige Holzbank stiften konnten, welche an einer strategischen Stelle unter eine Eichenreihe einen Platz fand. Müde Wanderer und Radler können sich hier hinsetzen und zugleich die Aussicht genießen. Jeder, und auch die sonst so kritische örtliche Presse, war davon überzeugt dass dieses Kassengeld eine sehr gute Verwendung gefunden hatte.
Was, lautet die letzte Frage, hat Terra mit dieser Geschichte zu tun? Nun, sagt dieser in aller Bescheidenheit, der Terra ist freiwilliges Mitglied der Wander- und Radwegstiftung. Doch, ungelogen, manchmal kann man ihn beim Renovierung alter Wege schuften sehen. Weil er eher theoretisch als praktisch zu Werke geht, lassen die übrigen Freiwilligen ihn meistens die meist simple Arbeit tun.
Und an dem Abend wo die Frauen-von Heute an ihrem Geburtstagsfeier das selbstangefertigte Jubiläumslied sangen – 121 Landfrauen im fröhlich/feierlich geschmücktem Festsaal – kam der Terra um sie dabei musikalisch zu begleiten.
Jeder der und jede die da war wird es bejahen: der Abend war unvergesslich.
Unten sehen Sie die Landfrauenbank und den neuen Rad- und Wanderweg. Sowie die Vertretung der FvH beim Anbieten der gestifteten Bank. Um Gründen von privacy sehen Sie nur ihre Gesichter. Ihre Namen nennen wir nicht.
Zuerst die Landfrauen. Offiziell ist es die örtliche Abteilung des Niederländischen Landfrauenbundes. Gegründet im Jahre 1939 und daher in diesem Jahre nicht weniger als 75 Jahre alt, ein Ereignis worauf wir später noch zurückkommen werden. Während meine Mutter, ein freier und sehr individueller Geist, niemals Mitglied war (sie ist in ihrem Leben keinem Verein je beigetreten) war meine Ehefrau, die Madame Terra also, von jung an dabei. Die Landfrauen hatten übrigens bei uns einen ziemlich altmodischen Ruf. Seit einigen Jahren besinnt man sich mehr auf Gegenwart und Zukunft; die Frauen nennen sich jetzt daher Frauen Von Heute (FvH).
Innerhalb dieser heutigen Frauenversammlung haben sich Subgruppen gebildet. So kennen wir den Leseclub, den Gartenclub (es gibt deren sogar zwei), den Volkstanzclub und den Frauenchor. Außerdem kommen monatlich an Donnerstagabenden alle Frauen zusammen um sich über ernste und wichtige gesellschaftlichen Themen informieren zu lassen oder zu fröhlicheren Zwecken. Dass mir keiner sagt dass die FvH in unserer geistlichen Landschaft keine wichtige Rolle spielen!
Ein total anderer Verein ist die Stiftung für Renovierung und Neuerrichtung lokaler Rad- und Wanderwege. Der Stiftungsvorstand berät, schmiedet Pläne, besorgt die (subventionierten) Finanzen dazu. Etliche Freiwillige nehmen Schaufel und Rasenmäher zur Hand und legen diese Hände an. Die örtliche Stiftung besteht noch keine zehn Jahre und schon sind vier Wander- und Radwege zu ihrer alten Glorie und Schönheit zurückgekehrt. Letzten Freitag wurde der vierte Pfad (achthundertfünfzig Meter neuer Wanderweg) feierlich geöffnet. Sofort kamen von allen Seiten die Wanderer und Radfahrer um das Resultat am Leibe zu erfahren.
An dieser Stelle in der Bagatelle dienen jetzt pünktlich und vollständig zwei Fragen beantwortet zu werden. Die erste lautet: was verbindet die Frauen-von-Heute mit den Arbeiten der Pfad- und Wegbereiter? Anders gesagt: was bringt diese zwei so unterschiedliche Vereine zusammen? Und weiter: welche Rolle spielt ihr untertäniger Bagatellenschreiber in diesem Vereinsbund?
Wie gesagt feiert unsere Abteilung der Frauen-von-Heute in diesem Jahr ihren 75. Geburtstag. Anlass genug, so sagte der Vorstand (ins besondere die Frau Präsident und die geehrte Schatzmeisterin,) um der Rad- und Wanderwegstiftung eine Jubiläumsgabe zu stiften. Es stellte sich heraus, dass die Vereinskasse noch so viel Übriges hatte, das die Frauen eine schöne, kräftige Holzbank stiften konnten, welche an einer strategischen Stelle unter eine Eichenreihe einen Platz fand. Müde Wanderer und Radler können sich hier hinsetzen und zugleich die Aussicht genießen. Jeder, und auch die sonst so kritische örtliche Presse, war davon überzeugt dass dieses Kassengeld eine sehr gute Verwendung gefunden hatte.
Was, lautet die letzte Frage, hat Terra mit dieser Geschichte zu tun? Nun, sagt dieser in aller Bescheidenheit, der Terra ist freiwilliges Mitglied der Wander- und Radwegstiftung. Doch, ungelogen, manchmal kann man ihn beim Renovierung alter Wege schuften sehen. Weil er eher theoretisch als praktisch zu Werke geht, lassen die übrigen Freiwilligen ihn meistens die meist simple Arbeit tun.
Und an dem Abend wo die Frauen-von Heute an ihrem Geburtstagsfeier das selbstangefertigte Jubiläumslied sangen – 121 Landfrauen im fröhlich/feierlich geschmücktem Festsaal – kam der Terra um sie dabei musikalisch zu begleiten.
Jeder der und jede die da war wird es bejahen: der Abend war unvergesslich.
Unten sehen Sie die Landfrauenbank und den neuen Rad- und Wanderweg. Sowie die Vertretung der FvH beim Anbieten der gestifteten Bank. Um Gründen von privacy sehen Sie nur ihre Gesichter. Ihre Namen nennen wir nicht.
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Samstag, 10. Mai 2014
Bagatelle 226 - Aufgehängt
terra40, 17:48h
Obwohl ich Sie nicht kenne, nichts von Ihren Sitten und Gewohnheiten weiß, - nur dass Sie manchmal Bagatellen lesen - vermute ich doch dass Ihnen folgender Vorfall bekannt vorkommt.
Auf einer Auktion haben Sie sich einen Stumpfweg erstanden: eine wunderbare Winterlandschaft, um 1856 gemalt, 146 * 126 Zentimeter ohne Rahmen, linksunten vom Künstler eigenhändig signiert, so sieht’s aus. Ein wundervolles Gemälde finden Sie und alle Schaulustigen in ihrer Bekanntschaft bejahen Ihre Wahl. Wie prachtvoll!, originell so was!, welch eine herrliche Komposition!, sind die oft gehörte Lobesäußerungen. Und das alles für nur zweihunderteinundzwanzig Euro plus Auktionskosten!
Das Problem ist: wohin mit dem Ding? So ein prachtvolles Stück gehört an die Wand, das ist schon klar. Wenn es geht über den Couch im Wohnzimmer. Oder im Flur, wo es dem arglosen Besucher schon beim Eintreten staunen lässt. Solch ein Prachtstück braucht aber seinen Platz. Und es verdient keinen Nebenbuhler neben sich, mit dem es die Aufmerksamkeit teilen muss.
Das Problem ist sicherlich nicht das Kunstwerk-an-sich. Wie und wo soll es aufgehängt werden? Das ist die Frage. Sehen wir uns mal um in dem Amsterdamer Rijks Museum (kürzlich wieder geöffnet nach einer jahrelang dauernden Renovierung). Dort hangen die Rembrandts, die Vermeers, die Breughels und wie die alle heißen neben einander, auf Augenhöhe mit genügend Zwischenraum. Schade für die Kunstwerke für die kein Platz mehr da ist. Sie werden zum Depot verdammt: der Ort wo Kunstwerke aller Art in die Vergessenheit zu geraten drohen.
An dieser Stelle in der bis jetzt nicht sehr spannenden Geschichte erscheint ein bloggender Bagatellenleser. Einer wie Sie und ich. Er schreibt mir in einem Kommentar, dass zwei-dimensionale Kunstwerke (ein Gemälde, ein (Sieb)Druck, ein Kupferstich, ein Foto) nicht nur neben einander, sondern auch über einander aufgehängt werden können. Sogar eine Kombination beider Aufhängungsweisen sei denkbar und möglich. Mit einem Verweis auf die russische Kunstszene des 17. Jahrhunderts wo die Zaren es in der Hermitage ihren Untertanen zeigten, nannte er das die Petersburger Aufhängung.
Gut dass ich jetzt die Situation bei mir zu Hause einen Namen geben kann. Auch in einigen Terra-Zimmern gilt das Prinzip der Petersburger Aufhängung. Zum Beispiel in meinem Arbeitszimmer, wo ich alles Wertvolles aufhänge. Ohne Ausnahme. Allerdings ist allmählich jetzt kein Wandstückchen mehr frei.
Einige wirklich schöne (sowie teuer und kostbar in übertragenem Sinne) Kunstgegenstände hangen wie bisher noch immer alleine auf genügend freier Wandfläche. Die brauchen sich nicht zu plagen mit Konkurrenzsorgen anderer Bilder oder Kunstgegenstände. Es sind Einzelbilder mit Alleinrecht.
Hier unten sehen Sie einen Teil meines Arbeitszimmers. Auf dem Bild darunter meine Ahnengalerie. Meine Vorfahren werden es mir verzeihen dass auch sie petersburgisch aufgehängt worden sind.
Auf einer Auktion haben Sie sich einen Stumpfweg erstanden: eine wunderbare Winterlandschaft, um 1856 gemalt, 146 * 126 Zentimeter ohne Rahmen, linksunten vom Künstler eigenhändig signiert, so sieht’s aus. Ein wundervolles Gemälde finden Sie und alle Schaulustigen in ihrer Bekanntschaft bejahen Ihre Wahl. Wie prachtvoll!, originell so was!, welch eine herrliche Komposition!, sind die oft gehörte Lobesäußerungen. Und das alles für nur zweihunderteinundzwanzig Euro plus Auktionskosten!
Das Problem ist: wohin mit dem Ding? So ein prachtvolles Stück gehört an die Wand, das ist schon klar. Wenn es geht über den Couch im Wohnzimmer. Oder im Flur, wo es dem arglosen Besucher schon beim Eintreten staunen lässt. Solch ein Prachtstück braucht aber seinen Platz. Und es verdient keinen Nebenbuhler neben sich, mit dem es die Aufmerksamkeit teilen muss.
Das Problem ist sicherlich nicht das Kunstwerk-an-sich. Wie und wo soll es aufgehängt werden? Das ist die Frage. Sehen wir uns mal um in dem Amsterdamer Rijks Museum (kürzlich wieder geöffnet nach einer jahrelang dauernden Renovierung). Dort hangen die Rembrandts, die Vermeers, die Breughels und wie die alle heißen neben einander, auf Augenhöhe mit genügend Zwischenraum. Schade für die Kunstwerke für die kein Platz mehr da ist. Sie werden zum Depot verdammt: der Ort wo Kunstwerke aller Art in die Vergessenheit zu geraten drohen.
An dieser Stelle in der bis jetzt nicht sehr spannenden Geschichte erscheint ein bloggender Bagatellenleser. Einer wie Sie und ich. Er schreibt mir in einem Kommentar, dass zwei-dimensionale Kunstwerke (ein Gemälde, ein (Sieb)Druck, ein Kupferstich, ein Foto) nicht nur neben einander, sondern auch über einander aufgehängt werden können. Sogar eine Kombination beider Aufhängungsweisen sei denkbar und möglich. Mit einem Verweis auf die russische Kunstszene des 17. Jahrhunderts wo die Zaren es in der Hermitage ihren Untertanen zeigten, nannte er das die Petersburger Aufhängung.
Gut dass ich jetzt die Situation bei mir zu Hause einen Namen geben kann. Auch in einigen Terra-Zimmern gilt das Prinzip der Petersburger Aufhängung. Zum Beispiel in meinem Arbeitszimmer, wo ich alles Wertvolles aufhänge. Ohne Ausnahme. Allerdings ist allmählich jetzt kein Wandstückchen mehr frei.
Einige wirklich schöne (sowie teuer und kostbar in übertragenem Sinne) Kunstgegenstände hangen wie bisher noch immer alleine auf genügend freier Wandfläche. Die brauchen sich nicht zu plagen mit Konkurrenzsorgen anderer Bilder oder Kunstgegenstände. Es sind Einzelbilder mit Alleinrecht.
Hier unten sehen Sie einen Teil meines Arbeitszimmers. Auf dem Bild darunter meine Ahnengalerie. Meine Vorfahren werden es mir verzeihen dass auch sie petersburgisch aufgehängt worden sind.
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Freitag, 2. Mai 2014
Bagatelle 225 - Federdaten
terra40, 22:51h
Manche mögen’s genau, präzise und punktuell. Manchmal fast bis ins Übertriebene. Nehmen wir den Fall an, dass einer von denen mich nach der Tageszeit fragt. Ich, der seit Jahren keine Uhr mehr trägt, könnte antworten: wie spät? Ich schätze, so etwa zwischen drei und halb vier, vielleicht auch etwas später. Dem Fragenden genügt das aber nicht, denn er erwartet eine Antwort wie: auf die Sekunde genau 15 Uhr, 24 Minuten und 32 Sekunden.
Wenn wir einen Bericht lesen oder uns eine Geschichte anhören, gilt oft dasselbe. Es gibt Leute die álles wissen wollen, auch jede, noch so unwichtig scheinende Einzelheit. Sie geben sich mit einer globalen, zusammenfassenden Berichterstattung nicht zufrieden. Nein, sie wollen bitte schön gerne alle Details erfahren.
Glauben Sie bitte nicht, dass ich mit dieser bagatellarischen Feststellung ein moralistisches Urteil abgeben möchte. Die Unpünktlichen sind mir ebenso lieb wie die Alleswissenwoller. Ich kam auf die Frage als ich die vorige Bagatelle wieder einmal las. Sie wissen, das war die Geschichte um den verschwundenen Federschweif unseres Pfauhahns Jeroen. Ich dachte: vielleicht gibt es einige Personen in der Bagatellleserschaft die jetzt aber alles genau auf den Punkt gebracht sehen möchten. Sowohl in Fakten als in Zahlen. Damit kann ich dienen.
Zuerst das Gefieder, wobei wir die zahllosen kleinen Daunenfedern außer Betracht lassen, denn die sind legio, das heisst: unzählbar. Nein, wir betrachten nur die Deckfedern. Von dieser Sorte gibt es dreierlei: die Endfeder, die Seitenfeder, und die Augenfeder. Die letztgenannte Sorte gibt es in verschiedenen Längen. (Die Bezeichnungen sind übrigens von mir persönlich erfunden worden; sie sind in wissenschaftlichen Pfauenkreisen unbekannte Größen.)
Die längste Pfauenfedersorte ist die Endfeder. Sie bilden, wenn ein Pfauhahn seinen Schweif prahlend empor hebt, gleichsam einen Halbumkreis. Achten Sie bitte auf die typische Endform. Eine Endfeder hat kein Auge.
Wunderschön sind die Seitenfedern. Zahllose zusammengereihte Perlemutterstäbchen bilden eine grandiose Umrandung links und rechts des Halbkreises. Sie sehen hier auch noch eine Vergrößerung die es in sich hat. Keine Symmetrie und auch kein Auge.
Die Mehrzahl bilden die Augenfedern. Wie Dachziegel liegen sie auf einander: die längeren unten und die kürzeren oben. Warum wir diese Sorte Augenfeder nennen, brauche ich Ihnen wohl nicht zu erklären. In den vorigen Jahrhunderten konnte man diese Augenfedern in großen delfterblauvasen auf Bauernschränken finden.
Nach der Qualität die Quantität. Wieviel Federn – raten Sie mal - hat so ein erwachsener protzender Pfauhahn? Beim Sammeln der ausgebissenen Federn unseres Pfauhahnes Jeroen kam ich schließlich zu der folgenden Liste:
Anzahl Sorte Federlänge
43 Endfeder etwa 140 Zentimeter
15 Seitenfeder 60 bis 120 Zentimeter
36 Augenfeder 80 bis 120 Zentimeter
40 Augenfeder 40 bis 80 Zentimeter
Jetzt können Sie sich bedient fühlen. Alle Pfaufakten und Federdaten liegen jetzt auf dem Tisch. Wenn Sie die Person sind, die sich um alles Wissenswerte bemüht und sich über jedes Datum und jede Zahl freut, ist dieser Tag ein gelungener und guter Tag. Oder?
Wenn wir einen Bericht lesen oder uns eine Geschichte anhören, gilt oft dasselbe. Es gibt Leute die álles wissen wollen, auch jede, noch so unwichtig scheinende Einzelheit. Sie geben sich mit einer globalen, zusammenfassenden Berichterstattung nicht zufrieden. Nein, sie wollen bitte schön gerne alle Details erfahren.
Glauben Sie bitte nicht, dass ich mit dieser bagatellarischen Feststellung ein moralistisches Urteil abgeben möchte. Die Unpünktlichen sind mir ebenso lieb wie die Alleswissenwoller. Ich kam auf die Frage als ich die vorige Bagatelle wieder einmal las. Sie wissen, das war die Geschichte um den verschwundenen Federschweif unseres Pfauhahns Jeroen. Ich dachte: vielleicht gibt es einige Personen in der Bagatellleserschaft die jetzt aber alles genau auf den Punkt gebracht sehen möchten. Sowohl in Fakten als in Zahlen. Damit kann ich dienen.
Zuerst das Gefieder, wobei wir die zahllosen kleinen Daunenfedern außer Betracht lassen, denn die sind legio, das heisst: unzählbar. Nein, wir betrachten nur die Deckfedern. Von dieser Sorte gibt es dreierlei: die Endfeder, die Seitenfeder, und die Augenfeder. Die letztgenannte Sorte gibt es in verschiedenen Längen. (Die Bezeichnungen sind übrigens von mir persönlich erfunden worden; sie sind in wissenschaftlichen Pfauenkreisen unbekannte Größen.)
Die längste Pfauenfedersorte ist die Endfeder. Sie bilden, wenn ein Pfauhahn seinen Schweif prahlend empor hebt, gleichsam einen Halbumkreis. Achten Sie bitte auf die typische Endform. Eine Endfeder hat kein Auge.
Wunderschön sind die Seitenfedern. Zahllose zusammengereihte Perlemutterstäbchen bilden eine grandiose Umrandung links und rechts des Halbkreises. Sie sehen hier auch noch eine Vergrößerung die es in sich hat. Keine Symmetrie und auch kein Auge.
Die Mehrzahl bilden die Augenfedern. Wie Dachziegel liegen sie auf einander: die längeren unten und die kürzeren oben. Warum wir diese Sorte Augenfeder nennen, brauche ich Ihnen wohl nicht zu erklären. In den vorigen Jahrhunderten konnte man diese Augenfedern in großen delfterblauvasen auf Bauernschränken finden.
Nach der Qualität die Quantität. Wieviel Federn – raten Sie mal - hat so ein erwachsener protzender Pfauhahn? Beim Sammeln der ausgebissenen Federn unseres Pfauhahnes Jeroen kam ich schließlich zu der folgenden Liste:
Anzahl Sorte Federlänge
43 Endfeder etwa 140 Zentimeter
15 Seitenfeder 60 bis 120 Zentimeter
36 Augenfeder 80 bis 120 Zentimeter
40 Augenfeder 40 bis 80 Zentimeter
Jetzt können Sie sich bedient fühlen. Alle Pfaufakten und Federdaten liegen jetzt auf dem Tisch. Wenn Sie die Person sind, die sich um alles Wissenswerte bemüht und sich über jedes Datum und jede Zahl freut, ist dieser Tag ein gelungener und guter Tag. Oder?
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Freitag, 25. April 2014
Bagatelle 224 - Tiertrauergeschichte
terra40, 20:05h
Nein, diese Bagatelle wäre nicht geschrieben worden wenn nicht ein schwerer Schicksalsschlag unsere Pfauengesellschaft getroffen hätte.
Und der Tag begann so schön! Laues Aprilwetter, wobei man das Gras, die Knospen und die Blüten selten deutlicher hat wachsen hören können. Um drei nachmittags eine Tasse Tee auf der Terasse, wobei der Pfauhahn Jeroen sich meldete mit der Bitte um ein Reststückchen Kuchen. Selbstverständlich bat er nicht umsonst. Die anderen Pfauen: die Mutter und die drei fast erwachsen gewordene Küken, trauten sich nicht, hielten Abstand und spielten ihre eigenen Spiele. Nach diesem fröhlichstimmenden Teeintermezzo ging ich zurück ins Haus um wie so oft einige nicht unbedingt nötige Arbeiten zu erledigen.
Plötzlich und völlig unerwartet war da die große Gefahr. Ein großer, junger, schwarzhaariger, losgerissener Hund kam von der Landstraße hinunter gerannt und ging hinter den Pfauen her. Die Pfauenmutter und die kleinen drei flogen unter schrecklichem Geschrei wohin sie nur konnten: sie landeten zuerst oben auf das Scheunendach und verschwanden dann in den hintergelegenen Wald. Und Jeroen, der Pfauhahn, unser Stolz und Freude? Er konnte weder fliegen noch fliehen. Wegen seines prächtigen Schweifes vor allem. Da flogen sprichwörtlich die Fetzen. Eine mir unbekannte Dame, die zufällig gerade über die Landstraße angefahren kam, sah das Geschehene und klingelte füchterlich an unserer Hintertür um mich zu warnen. Als ich hinaustrat, sah ich den Hund in Richtung Landstraße verschwinden, die Dame und mich im Stress und Verzweiflung zurücklasssend. Von den Pfauen keine Spur. Nur Gefiederspuren und Federreste so weit das Auge sah.
Die restlichen Tagesstunden habe ich verbracht mit Aufräumarbeiten. Überall rundum den Hof lagen die ausgerissenen Federn. Die freundliche Autofahrerin, schwer stressgeplagt, war zwischenzeitlich allmählig zu sich gekommen, während sie dauernd über unverantwortliche Leute schimpfte, welche ihren Hund nicht an der Leine halten oder über welche die nicht im Stande seien ihren Hund vernünftig zu erziehen. Dann fuhr sie heim.
Den ganzen Abend und die ganze darauffolgende Nacht war es unwirklich ruhig draußen. Kein leises, klagendes Pfauengestöhn oder einen kurzen Pfauenschrei woran ich mich längst gewöhnt habe. Nichts außer Stille. Ich fragte mich ob und wie der Pfauenhahn Jeroen es überlebt habe und ob die anderen Pfauen je zurückkommen werden.
Den folgenden Morgen dann kam die Erleichterung. Irgendwo, in einer stillen Ecke, fand ich den Jeroen. Er gab keinen Ton, rührte sich nicht von der Stelle, aber er lebte. Nur: es sah nicht aus und er sah nicht aus! Sein schöner Schweif, sein großer Stolz und Kapital, war völlig weg! Verschwunden war sein prächtiges Gefieder. Wie schön er war konnten Sie aus einer vorigen Bagatelle (221) entnehmen. Von den anderen Pfauen übrigens keine Spur. Vorerst nicht.
Am zweiten Tag nach der Katastrophe sah ich sie: die Mutter Jetta. Schüchtern und leicht humpelnd wie eh und je kam sie mir entgegen. Gegen Abend plötzlich meldeten sich die drei Küken zurück. Und der Jeroen fraß zum ersten Mal wieder von dem Futter das ich ihm hingelegt hatte.
Das ist jetzt eine Woche her. Alles scheint wieder ziemlich normal. Aber wenn Sie gut hinschauen, sehen Sie, dass den Pfauen offenbar die Angst noch in den Knochen sitzt. Auch der innere Zusammenhang ist dahin. Man verträgt sich weniger gut und ist leicht aufgebracht.
Gerne hätte ich Ihnen noch ein schönes Pfauenbild geschenkt. Eine einzige Pfauenfederauge muss genügen. Denn einen halben Pfauenhahn, wörtlich und bildlich gesprochen, magl ich Ihnen nicht zeigen. Hoffen wir auf das nächste Jahr!
Wir wollen dennoch nicht in Trauer enden. Denn da erschien heutemorgen, völlig unerwartet, diese Dame mit sechs Gänseküken. Ich wette mit Ihnen, dass das die Gans ist, welche im vorigen Herbst vierzehn Tage bei uns als durchreisender Gast verblieb. Auch die herangelaufenen Pfauen konnten ihren Augen nicht trauen!
Und der Tag begann so schön! Laues Aprilwetter, wobei man das Gras, die Knospen und die Blüten selten deutlicher hat wachsen hören können. Um drei nachmittags eine Tasse Tee auf der Terasse, wobei der Pfauhahn Jeroen sich meldete mit der Bitte um ein Reststückchen Kuchen. Selbstverständlich bat er nicht umsonst. Die anderen Pfauen: die Mutter und die drei fast erwachsen gewordene Küken, trauten sich nicht, hielten Abstand und spielten ihre eigenen Spiele. Nach diesem fröhlichstimmenden Teeintermezzo ging ich zurück ins Haus um wie so oft einige nicht unbedingt nötige Arbeiten zu erledigen.
Plötzlich und völlig unerwartet war da die große Gefahr. Ein großer, junger, schwarzhaariger, losgerissener Hund kam von der Landstraße hinunter gerannt und ging hinter den Pfauen her. Die Pfauenmutter und die kleinen drei flogen unter schrecklichem Geschrei wohin sie nur konnten: sie landeten zuerst oben auf das Scheunendach und verschwanden dann in den hintergelegenen Wald. Und Jeroen, der Pfauhahn, unser Stolz und Freude? Er konnte weder fliegen noch fliehen. Wegen seines prächtigen Schweifes vor allem. Da flogen sprichwörtlich die Fetzen. Eine mir unbekannte Dame, die zufällig gerade über die Landstraße angefahren kam, sah das Geschehene und klingelte füchterlich an unserer Hintertür um mich zu warnen. Als ich hinaustrat, sah ich den Hund in Richtung Landstraße verschwinden, die Dame und mich im Stress und Verzweiflung zurücklasssend. Von den Pfauen keine Spur. Nur Gefiederspuren und Federreste so weit das Auge sah.
Die restlichen Tagesstunden habe ich verbracht mit Aufräumarbeiten. Überall rundum den Hof lagen die ausgerissenen Federn. Die freundliche Autofahrerin, schwer stressgeplagt, war zwischenzeitlich allmählig zu sich gekommen, während sie dauernd über unverantwortliche Leute schimpfte, welche ihren Hund nicht an der Leine halten oder über welche die nicht im Stande seien ihren Hund vernünftig zu erziehen. Dann fuhr sie heim.
Den ganzen Abend und die ganze darauffolgende Nacht war es unwirklich ruhig draußen. Kein leises, klagendes Pfauengestöhn oder einen kurzen Pfauenschrei woran ich mich längst gewöhnt habe. Nichts außer Stille. Ich fragte mich ob und wie der Pfauenhahn Jeroen es überlebt habe und ob die anderen Pfauen je zurückkommen werden.
Den folgenden Morgen dann kam die Erleichterung. Irgendwo, in einer stillen Ecke, fand ich den Jeroen. Er gab keinen Ton, rührte sich nicht von der Stelle, aber er lebte. Nur: es sah nicht aus und er sah nicht aus! Sein schöner Schweif, sein großer Stolz und Kapital, war völlig weg! Verschwunden war sein prächtiges Gefieder. Wie schön er war konnten Sie aus einer vorigen Bagatelle (221) entnehmen. Von den anderen Pfauen übrigens keine Spur. Vorerst nicht.
Am zweiten Tag nach der Katastrophe sah ich sie: die Mutter Jetta. Schüchtern und leicht humpelnd wie eh und je kam sie mir entgegen. Gegen Abend plötzlich meldeten sich die drei Küken zurück. Und der Jeroen fraß zum ersten Mal wieder von dem Futter das ich ihm hingelegt hatte.
Das ist jetzt eine Woche her. Alles scheint wieder ziemlich normal. Aber wenn Sie gut hinschauen, sehen Sie, dass den Pfauen offenbar die Angst noch in den Knochen sitzt. Auch der innere Zusammenhang ist dahin. Man verträgt sich weniger gut und ist leicht aufgebracht.
Gerne hätte ich Ihnen noch ein schönes Pfauenbild geschenkt. Eine einzige Pfauenfederauge muss genügen. Denn einen halben Pfauenhahn, wörtlich und bildlich gesprochen, magl ich Ihnen nicht zeigen. Hoffen wir auf das nächste Jahr!
Wir wollen dennoch nicht in Trauer enden. Denn da erschien heutemorgen, völlig unerwartet, diese Dame mit sechs Gänseküken. Ich wette mit Ihnen, dass das die Gans ist, welche im vorigen Herbst vierzehn Tage bei uns als durchreisender Gast verblieb. Auch die herangelaufenen Pfauen konnten ihren Augen nicht trauen!
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Freitag, 18. April 2014
Bagatelle 223 - Ostereier
terra40, 19:14h
Ein-Ei ist kein Ei
Zwei-Ei ist ein halbes Ei
Drei-Ei ist ein Osterei!
So sangen, laut Überlieferung aus ferner Liefen, die Bauernjungen aus unserer Gegend. Wann? Wenn sie zu Ostern bei den Nachbarhäusern fröhlich singend vorbeigingen, wobei sie die Gelegenheit nutzten um einige noch genießbare Eier zu bitten.
Bei uns zu Hause, damals als ich als achtjähriger zwischen Vater und Mutter am Ostersonntagstisch saß, wurden wenig Eier gegessen. Die Eier welche auf den Tisch landeten, waren aber von höchster Qualität. Die Mutter hatte hinten im Garten einen kleinen Hühnerstall mit vier Wyandottes die von mir die respektive Namen Mie, Rie, Pie und Sophie bekommen hatten. Sie wurden selbstverständlich sehr verwöhnt mit häuslichen Essensüberbleibseln. Gegen Ostern wurden die Eier aufbewahrt, so dass jeder zu Ostersonntag zwei solcher Hühnerdelikatessen vorgesetzt bekam. Gekocht (um die fünf Minuten wenn es große Eier waren, sonst vier) oder gebraten (ein- oder zweiseitig, als Omelett oder ’crumbled’, je nachdem). Manchmal, aber niemals zu Ostern, nahm meine Mutter ein geklopftes Ei zu sich: ein rohes Ei in einem Glas, dann Zucker dazu und fix gerührt. Mit einem Schnäpchen (Jenever, versteht sich) ein probates Mittel gegen Erkältung, sagte die Mama. Ik fand und finde es bis auf den heutigen Tag ekelerregend und völlig ungeniessbar.
Die Ostereier wurden gegessen, niemals bemalt, versteckt oder gesucht. Es hatte, in diesen Nachkriegsjahren, vielleicht etwas mit der Auffassung zu tun, daß man mit Essen und Nahrung keine Spaße treiben soll. Dafür seien die zu kostbar. Später wurden die Sitten etwas lockerer: als unsere Kinder klein waren haben wir uns beim Malen und Ostereiersuchen sehr amüsiert.
Das Bemalen von Ostereier ist eine Kunst an sich. Deshalb lasse ich Ihnen zum Schluss einige Beispiele sehen. Mein sehr künstlerisch veranlagte jungerer Bruder hat sie uns geschenkt. Sie sind etwa dreißig Jahre alt: wenn mann sie vorsichtig schüttelt, hört man den ‘versteinerten’ Eidotter gegen die Innenseite der Schale schlagen. Sie sind auch geeignet Ihnen allen frohe Ostern zu wünschen, was ich hierbei gerne tue.
Zwei-Ei ist ein halbes Ei
Drei-Ei ist ein Osterei!
So sangen, laut Überlieferung aus ferner Liefen, die Bauernjungen aus unserer Gegend. Wann? Wenn sie zu Ostern bei den Nachbarhäusern fröhlich singend vorbeigingen, wobei sie die Gelegenheit nutzten um einige noch genießbare Eier zu bitten.
Bei uns zu Hause, damals als ich als achtjähriger zwischen Vater und Mutter am Ostersonntagstisch saß, wurden wenig Eier gegessen. Die Eier welche auf den Tisch landeten, waren aber von höchster Qualität. Die Mutter hatte hinten im Garten einen kleinen Hühnerstall mit vier Wyandottes die von mir die respektive Namen Mie, Rie, Pie und Sophie bekommen hatten. Sie wurden selbstverständlich sehr verwöhnt mit häuslichen Essensüberbleibseln. Gegen Ostern wurden die Eier aufbewahrt, so dass jeder zu Ostersonntag zwei solcher Hühnerdelikatessen vorgesetzt bekam. Gekocht (um die fünf Minuten wenn es große Eier waren, sonst vier) oder gebraten (ein- oder zweiseitig, als Omelett oder ’crumbled’, je nachdem). Manchmal, aber niemals zu Ostern, nahm meine Mutter ein geklopftes Ei zu sich: ein rohes Ei in einem Glas, dann Zucker dazu und fix gerührt. Mit einem Schnäpchen (Jenever, versteht sich) ein probates Mittel gegen Erkältung, sagte die Mama. Ik fand und finde es bis auf den heutigen Tag ekelerregend und völlig ungeniessbar.
Die Ostereier wurden gegessen, niemals bemalt, versteckt oder gesucht. Es hatte, in diesen Nachkriegsjahren, vielleicht etwas mit der Auffassung zu tun, daß man mit Essen und Nahrung keine Spaße treiben soll. Dafür seien die zu kostbar. Später wurden die Sitten etwas lockerer: als unsere Kinder klein waren haben wir uns beim Malen und Ostereiersuchen sehr amüsiert.
Das Bemalen von Ostereier ist eine Kunst an sich. Deshalb lasse ich Ihnen zum Schluss einige Beispiele sehen. Mein sehr künstlerisch veranlagte jungerer Bruder hat sie uns geschenkt. Sie sind etwa dreißig Jahre alt: wenn mann sie vorsichtig schüttelt, hört man den ‘versteinerten’ Eidotter gegen die Innenseite der Schale schlagen. Sie sind auch geeignet Ihnen allen frohe Ostern zu wünschen, was ich hierbei gerne tue.
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Donnerstag, 10. April 2014
Bagatelle 222 - Tag der deutschen Sprache
terra40, 22:10h
Es ist zwar April, aber es ist kein verspäteter Aprilscherz: der heutige 10. April ist der Tag der deutschen Sprache. Bei uns jedenfalls; bei Ihnen daheim fällt dieser Gedenktag irgendwann in September. An diesem Tag scheinen die Deutschen sich ihrer Sprache – wegen der Schönheit und als Grundlage der kulturellen Identität - extra bewusst sein zu müssen.
Bei uns in den Niederlanden ist dieser Tag der deutschen Sprache nicht nur eine Erinnerung daran wie schön die deutsche Sprache ist. Es ist auch ein Anlass zu bedenken wie wichtig die deutsche Sprache ist in den weniger kulturellen Beziehungen wie Handel, Industrie und Wirtschaft. (Die Holländer waren und sind nebst idealistischen Predigern (sprich Besserwisser) immer auch Kaufleute.)
Für einen wie mich, der sich bemüht Ihr aller untergebener Bagatellenschreiber zu sein, ist die deutsche Sprache eine Sache des Ringens. Weil meine Muttersprache eine andere ist wie die Ihrige, sei es dass es schon einige Verwandtschaft gibt, ist jeder Satz in jeder Bagatelle ein Suchen nach dem Richtigen; sowohl syntaktisch als auch idiomatisch. Ist dieses Wort angebracht? Trifft dieser Ausdruck den Nagel auf dem Kopf? Sagt dieser Satz aus was der Verfasser meint sagen zu müssen? Schwierig das alles, denn so eine unschuldige Bagatelle soll nicht nur syntaktisch/grammatikalisch und idiomatisch einigermaßen in Ordnung sein, sie soll auch lesbar sein. Und wenn ’s geht: angenehm lesbar.
Meine ersten Deutschkenntnisse stammen aus den Begegnungen und Gesprächen mit Bekannten und Verwandten von drüben. Weil wir fast auf der Landesgrenze wohnten war ‘drüben’ niemals weit weg. Die systematischen Spracheigenschaften vermittelte mir die Schule. Von der Sekundarstufe an bis viele Jahre später war Deutsch (neben den anderen Fremdsprachen Französisch und Englisch) ein Pflichtfach. In den ersten Jahren der Realschule lernte ich zum erste Mal einiges schriftliches Deutsch. Meine ersten deutschen Buchfreunde waren (fast selbstverständlich) Kai aus der Kiste und der Emil mit seinen Detektiven. Die ersten deutschen Gedichte, welche ich bis auf den heutigen Tag auswendig kann, sind die Heinische Lorelei und der Goethische Erlkönig.
Was schert mich Weib, was schert mich Kind?
Mich treibt weit bessres Verlangen.
Lass sie betteln gehen, wenn sie hungrig sind,
Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen!
Zwischenfrage. An dieser Stelle ist die Frage erlaubt wer von meinen Bagatellleserinnen und –Lesern ein niederländisches Gedicht aufsagen kann. Am leichtesten wäre die Weihnachtshymne: Stille Nacht, heilige Nacht. Die heißt bei uns nämlich auch so.
Zurück zum eigentlichen Thema. Wo war ich geblieben? Noch mehr deutsches Sprachwissen erhielt ich bei richtigen Deutschstunden an der Universität in Nimwegen. In abendlichen Stunden – einmal die Woche, von 18 bis 22.30 Uhr plus viele Hausaufgaben und das alles drei Jahre lang - konnte man sich damals eine Lehrerlaubnis Deutsch erwerben. Mit einer Akte LO (so hieß das damals) konnte man Deutsch lehren an Haupt-, Berufs- und Realschulen. Eine Akte MO Deutsch gab die Befugnis an Gymnasien zu arbeiten. Natürlich unter der Voraussetzung dass man die mündliche und schriftliche staatliche Prüfungen in Den Haag bestand. Das war in vierzig Prozent der Fälle der Fall.
Gerade rechtzeitig kam bei mir dann die Einsicht dass ein Dasein als Deutschlehrer nicht dás war was ich eigentlich wollte. Mich interessierte vielmehr die Psychologie und vor allem die Art und Weise wie Lehrer etwas lehren und Schüler etwas lernen. Mein Fachgebiet wurde schließlich die Unterrichtspsychologie.
Heute also ist der Tag der deutschen Sprache. Gerne spreche und schreibe ich sie, sei es mit Fehlern behaftet, welche Sie mir hoffentlich verzeihen. Morgen ist ein anderer Tag.
Hier unten einige Zeichen meines Deutschstudiums: einmal von außen und einmal (Paragraph 44) von innen. Die hinzugeschriebene Anmerkungen sind von mir.
Bei uns in den Niederlanden ist dieser Tag der deutschen Sprache nicht nur eine Erinnerung daran wie schön die deutsche Sprache ist. Es ist auch ein Anlass zu bedenken wie wichtig die deutsche Sprache ist in den weniger kulturellen Beziehungen wie Handel, Industrie und Wirtschaft. (Die Holländer waren und sind nebst idealistischen Predigern (sprich Besserwisser) immer auch Kaufleute.)
Für einen wie mich, der sich bemüht Ihr aller untergebener Bagatellenschreiber zu sein, ist die deutsche Sprache eine Sache des Ringens. Weil meine Muttersprache eine andere ist wie die Ihrige, sei es dass es schon einige Verwandtschaft gibt, ist jeder Satz in jeder Bagatelle ein Suchen nach dem Richtigen; sowohl syntaktisch als auch idiomatisch. Ist dieses Wort angebracht? Trifft dieser Ausdruck den Nagel auf dem Kopf? Sagt dieser Satz aus was der Verfasser meint sagen zu müssen? Schwierig das alles, denn so eine unschuldige Bagatelle soll nicht nur syntaktisch/grammatikalisch und idiomatisch einigermaßen in Ordnung sein, sie soll auch lesbar sein. Und wenn ’s geht: angenehm lesbar.
Meine ersten Deutschkenntnisse stammen aus den Begegnungen und Gesprächen mit Bekannten und Verwandten von drüben. Weil wir fast auf der Landesgrenze wohnten war ‘drüben’ niemals weit weg. Die systematischen Spracheigenschaften vermittelte mir die Schule. Von der Sekundarstufe an bis viele Jahre später war Deutsch (neben den anderen Fremdsprachen Französisch und Englisch) ein Pflichtfach. In den ersten Jahren der Realschule lernte ich zum erste Mal einiges schriftliches Deutsch. Meine ersten deutschen Buchfreunde waren (fast selbstverständlich) Kai aus der Kiste und der Emil mit seinen Detektiven. Die ersten deutschen Gedichte, welche ich bis auf den heutigen Tag auswendig kann, sind die Heinische Lorelei und der Goethische Erlkönig.
Was schert mich Weib, was schert mich Kind?
Mich treibt weit bessres Verlangen.
Lass sie betteln gehen, wenn sie hungrig sind,
Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen!
Zwischenfrage. An dieser Stelle ist die Frage erlaubt wer von meinen Bagatellleserinnen und –Lesern ein niederländisches Gedicht aufsagen kann. Am leichtesten wäre die Weihnachtshymne: Stille Nacht, heilige Nacht. Die heißt bei uns nämlich auch so.
Zurück zum eigentlichen Thema. Wo war ich geblieben? Noch mehr deutsches Sprachwissen erhielt ich bei richtigen Deutschstunden an der Universität in Nimwegen. In abendlichen Stunden – einmal die Woche, von 18 bis 22.30 Uhr plus viele Hausaufgaben und das alles drei Jahre lang - konnte man sich damals eine Lehrerlaubnis Deutsch erwerben. Mit einer Akte LO (so hieß das damals) konnte man Deutsch lehren an Haupt-, Berufs- und Realschulen. Eine Akte MO Deutsch gab die Befugnis an Gymnasien zu arbeiten. Natürlich unter der Voraussetzung dass man die mündliche und schriftliche staatliche Prüfungen in Den Haag bestand. Das war in vierzig Prozent der Fälle der Fall.
Gerade rechtzeitig kam bei mir dann die Einsicht dass ein Dasein als Deutschlehrer nicht dás war was ich eigentlich wollte. Mich interessierte vielmehr die Psychologie und vor allem die Art und Weise wie Lehrer etwas lehren und Schüler etwas lernen. Mein Fachgebiet wurde schließlich die Unterrichtspsychologie.
Heute also ist der Tag der deutschen Sprache. Gerne spreche und schreibe ich sie, sei es mit Fehlern behaftet, welche Sie mir hoffentlich verzeihen. Morgen ist ein anderer Tag.
Hier unten einige Zeichen meines Deutschstudiums: einmal von außen und einmal (Paragraph 44) von innen. Die hinzugeschriebene Anmerkungen sind von mir.
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