Mittwoch, 2. Dezember 2009
Bagatelle XXX - Kleine Ärgernisse
Die offenen europäischen Meisterschaften in Mensch Ärgere Dich Nicht, die vorvoriges Wochenende unter den Augen der gesamten Weltpresse in Österbrötzelen (DK) statt fanden, durften sich auch diesmal in ein großes Interesse von Sportlern, Publikum und Politiker freuen. (Politiker sind immer dabei, weil man sich an ihnen dauernd ärgern kann.) Auch ich selber war - als viertplazierter bei den hiesigen Landesmeisterschaften – vertreten und anwesend, voll des guten Mutes. Zum ersten Mal konnten wir auch Teilnehmer aus der Republik Kasachstan begrüßen. Die freundlichen Kasakken, zwar noch relativ ungeübt und noch nicht vollens vertraut mit den Feinheiten und Knifflichkeiten des Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Spiels, freuten sich sehr über jeden dritten Platz den sie sich in den Gruppenvorkämpfen zusammenärgerten.



Wie im Vorjahr hatte ich die Ehre mein Land vertreten zu dürfen in der sogenannten Zwischenliga. Das ist, wie Sie wissen, die Klasse zwischen den teuer bezahlten Großverdienern aus der Bundesliga (Suppenwerbung auf dem Kragen und sonst überall am Körper wo noch ein Platz frei ist) und den feinsinnigen Amateuren aus der Kreisklasse die selber für Kost und Verpflegung aufkommen müssen. Meiner Gruppe waren außer mir der Belgier Joel van der Waterkant, die Walisische Meisterin Susan Bright geborene Sunshine, und der Kambodjaner Foe Foe Foem Khmer zugelost. Bei der Wahl der Farben entschloss ich mich für das rasante Rot.

Die Spielregel brauche ich Ihnen wohl nicht mehr zu erklären. Gewonnen hat derjenige der zuerst seine vier gleichfarbigen Figuren (oft liebevoll Püppchen genannt) in die eigene Wohnung zurückgebracht hat nachdem jedes Püppchen nach einem Sechserwurf eine Runde auf dem Spielbrett vollbracht hat. Jeder versucht so viel feindliche Figuren wie nur möglich vom Spielfeld zu schupsen. Manche Ignoranten behaupten dass es unsportlich sei, das Entfernen der gegnerischen Puppen meine ich, aber das ist völliger Quatsch. Es gehört zu den taktischen und manierlichen Wesensmerkmale des Mensch-Ärgern. Eine offene Frage ist die nach Möglichkeiten die Umlaufgeschwindigkeit der Figuren zu vergrößern. Glauben Sie mir: die Geschwindigkeit mit der die Figuren ihre Reise auf das Spielbrett durchführen, wird nur von der Quälität des Würfelns bestimmt. Weder die Farbe der Figuren – viele behaupten dass man mit gelb niemals Weltmeister werden kann – noch das Alter des Spielers tut zur Sache. Die Art und Weise des Würfelns macht den Meister, sogar die Meisterin.



Bevor ich Ihnen den Spielverlauf schildere, möchte ich ein Vorurteil wegnehmen. Es wird gesagt: Mensch-Ärgere-Dich-Nicht ist ein Glücksspiel, nichts mehr und nichts weniger. Das nun ist völliger Blödsinn und tut dem sportlichen Aspekt des Ärgerns kein Recht. Wer dieses Märchen erfunden und verbreitet hat, sollte man vierzehn Tage ohne Würfel und Spielbrett auf Wasser und Brot hinter geschlossenen Türen einsperren. Das Würfeln ist eine lernbare und übbare Fertigkeit, eine Technik die man bis ins Ungewisse verbessern kann. Es ist eine Frage des flexibelen und geschmeidigen Pulsgelenkes. Jawohl, würfeln kann man lernen. Ich kenne gestandene Spieler die imstande sind auf schriftlicher Anfrage vier Mal hinter einander die Zahl DREI zu würfeln! Unglaublich, aber bewiesen wahr. Wenn man überhaupt in dieser Spielkategorie zu etwas kommen will, gibt es nur éine Parole: üben, üben, üben. So lange, bis man auf Verlangen frisch und fröhlich so oft SECHS würfeln kann wie es einem passt.

Über den Spielverlauf kann ich mich kurz fassen. Ich schied, ziemlich ruhmlos, in der Zwischenrunde aus. Als letzter in meiner Gruppe, so dass ich sogar auch noch die Urkunde (zum 3. Platz gehörend) verfehlte. Schade nur, kann ich nur sagen. Die geehrte Frau Bright-Sunshine, meine Gegnerin, die so viele meiner roten Püppchen das Leben schwer machte, siegte in unserer Gruppe, aber schied mit Trauerflor und schwarzen Figuren in der Runde der letzten zweiunddreißig aus. Hauptsieger wurde der junge Franzose Felix Pneumatique. Von ihm wird man in der Zukunft noch hören.

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