Dienstag, 27. April 2010
Bagatelle LIII - Tom-Tom in Habsburg
Wie gut daß es immer wieder Leute gibt die allerhand Sachen aufbewahren. Seien es Fotos, Kinderspielsachen, Briefe, Kleider oder Babylocken. Wenn nicht mein Schwiegeronkel Johan (geliebter Onkel meiner ebenso geliebten Gattin) nicht so klug gewesen wäre sein Geographieheft aus der fünften Grundschulklasse aufzubewahren, hätten wir niemals gewußt wie es kam, daß unsere Vorfahren so gut und mühelos den Weg in der Donaumonarchie fanden. Es liegt auf der Hand: man hat es früher in der Schule gelernt. Die Topographie war damals bei uns wichtigster Bestandteil der schulischen Geographie.



Dies hier ist Onkel Johans Topographieheft, das will heißen: eine Seite daraus. Oben eine wie wir nennen ‘blinde’ Landkarte, auf der der 11-Jährige Johan den Städten ihren Platz und Namen gibt. Ebenso die Flüsse und Meere. Sogar Höhenunterschiede hat er sichtbar gemacht. Die ungarische Tiefebene ist grün eingefärbt und die alpinischen Ausläufer in Tirol und anverwandten Gebieten sehen bräunlich aus. Galizien erscheint sogar zwei mal: im Nordosten, bei der Stadt Lemgo/Lemberg, und linksunten irgendwo dort wo wir Kroatien vermuten. Aber Onkel Johan hat sicherlich dafür seine Gründe gehabt.



Unter der Karte schreibt Johan die Namen der Städte und Landstriche, der Gebirge und Wassermengen. Auch einige Sehenswürdigkeiten nennt er: Pußta, Semmeringbahn, Erzgebirge, Brennerpass.

Sehr interessant, bis in die heutige Gegenwart, sind die aufgeführten Städtenamen. Weenen (Wien), Praag, Boeda, Pest, Triëst, Serajewo … Das Heft datiert aus dem Jahre 1913. Ein Jahr später, 1914, wird der habsburgische Erzherzog Franz Ferdinand hier in Serajewo sein Ende finden. Gefolgt von einem Weltkrieg der vier schreckliche Jahre dauert. Serajewo: Onkel Johan hätte es uns, die sich auf Gottes Wegen ohne Navigationsmittel fast nicht mehr zurecht finden, auf seiner Karte fehlerfrei zeigen können.

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