Freitag, 12. Dezember 2014
Bagatelle 246 - Künstlich kitschig
Es ist nicht so, dass die Suche nach der etymologischen Herkunft einiger Wörter mich aufregen oder mich zu nächtlicher Schlaflosigkeit zwingen, aber manchmal, beim Lesen irgendwas Interessantes, interessiert mich doch die ursprüngliche Bedeutung eines Wortes das mir schon bekannt ist und dessen heutiger Bedeutung ich vermutete zu kennen. (Tausend Entschuldigungen für diesen langen, mühsamen Öffnungssatz, aber als ich angefangen hatte ihn zu schreiben, konnte ich nicht mehr aufhören.)

Ein einfaches Beispiel mag einiges verdeutlichen. "Alles kits?" fragte mich neulich ein alter Freund in unserer (niederländischen) Muttersprache, als wir uns nach Jahren wieder trafen. Und das bedeutet, wie mein Freund, ich und Sie vielleicht auch wissen so etwas wie: "Alles in Ordnung? Alles oké?"
Wir verstehen uns; wir verstehen die Bedeutung, aber woher stammt das Wort ꞌkitsꞌ, was sind seine Wurzeln? Im Falle ꞌkitsꞌ weiß man es nicht genau. Einige behaupten das die Frage "Alles kits?" seinen Ursprung finde im jiddischen "Alles gietes?", und das wiederum stamme vom deutschen "Alles gut?"

Alles gut und schön, es besteht aber dennoch einen Unterschied zwischen ꞌkitsꞌ und ꞌkitschꞌ (Und auch zwischen ꞌkitsꞌ und ꞌkidsꞌ, nun ist dás wieder etwas anderes.)

Eigentlich wollte ich mich mit Ihnen unterhalten über die Frage nach dem Unterschied zwischen Kunst und Kitsch. Kunst und Kitsch sind quasi Gegenpole. Wie Leben und Tod, oder Himmel und Hölle. Wo liegt aber der Unterschied? Was wird als die feine Kunst betrachtet und was als sentimentale Unsitte?
Viele hierzulande sehen sich mittwochabends die Sendung ꞌZwischen Kunst und Kitschꞌ an, wie bei Ihnen die Serie ꞌKunst und Krempelꞌ oder die ꞌAntique Roadshowꞌ bei der BBC. Da erscheint eine üppig barocke französische Uhr aus dem 19. Jahrhundert, getragen von einer Dame die tausende Ängste verspürt dass sie ihr Kleinod fallen lässt. ꞌDas hier nähert sich doch die Grenzen zwischen Kunst und Kitschꞌ, sagt der Sachverständige Dr. Otto-Johann Rechthaber. Und desto mehr Kitsch, desto weniger Kunst, desto niedriger der Wert. Große Kunst lässt sich teuer bezahlen, großer Kitsch eben weniger. So hat alles seinen Preis.

Das niederländische Wort ꞌkitschꞌ stammt vom deutschen ꞌKitschꞌ, das zum ersten Male um 1870 in Münchener Künstlerkreisen gehört werden konnte. So hab‘ ich mir sagen lassen. Sagen wir’s offen und unverhüllt: Kitsch war Scheiße. Das abgeleitete Verbum ꞌkitschenꞌ bedeutete schlicht und einfach: die Scheiße zusammen fegen.
Auf die Kunst angewandt wurde der Begriff ꞌKitschꞌ zuerst auf die Malerei gelegt. Später dann folgten andere Kunstformen so wie auch die Poesie, die Filmkunst und sogar die Musik. In meiner Morgenzeitung lese ich, dass manche die tausendfach geliebten musikalischen Ausführungen des berühmten Geigers André Rieu, samt seines Orchesters, als Kitsch betrachten. (Unter uns: ich finde das Gefiedel auch ein wenig kitschig, aber ich gönne jedem gerne sein Plaizierchen. Und daneben: wer bin ich um darüber zu urteilen?) Eine neue Bedeutung findet der Kitschbegriff in dem Wort ꞌunecht'. Mein Morgenblatt könnte schreiben: "Millionen Zuschauer sahen, dass der junge Sänger Boffo beim Fernsehsongcontest The Voice of NRW total nicht verstand was und worüber er sang. Das war richtig Kitsch."

Wenig Kunst in meinem Haus und auch wenig Kitsch. Es ist nicht so, dass ich die Kunst liebe und dem Kitsch nur eine Bleibe lasse. Nein, die zwei ziemlich kitschigen Hündlein auf dem Kamin sind mir vielleicht noch lieber als die (übrigens sehr gut gelungene) künstlerische Winterlandschaft.





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Donnerstag, 16. Oktober 2014
Bagatelle 241 - Sütterlinarisches Poesiealbumrätsel
Unlängst, vor einigen Tagen, habe ich Ihnen etwas von meiner Nicht-Schwiegermutter Hanna erzählt (Bagatelle 240). Unter das wenige das sie uns hinterlassen hat, befindet sich auch ein geheimnisvolles Poesie-Album. (Früher hatte wohl jedes junge Mädchen solch ein Poesie-Album, in dem Verwandten und Freundinnen so gut und schön es nur ging, ihr zu Ehren, einen Vers schrieben.)
Die Poesie in dem Album mag schlicht und einfach sein, das Lesen und Verstehen ist für einen Aussenseiter und obendrein einen Ausländer eine Qual. Nicht wegen des Textes an sich, sondern wegen der Schreibweise. Die meisten Gedichte sind in der Sütterlin-Schrift (mit Sorgfalt und Mühe, das sieht man) geschrieben worden. Schön, aber völlig unverständlich. Da wird das schlichte Lesen, Verstehen und Geniessen ein Problem.

Auf der ersten Seite schreibt die Hanna selber. Nach einer halben Stunde ist mir halbwegs klar geworden, dass sie hofft dass alle die das Album in die Hand nehmen, mit Freuden in diesem Büchlein schreiben werden.



Und einige Seiten weiter schreibt eine gewisse Berta. Ich vermute (kann aber völlig daneben liegen) dass es die Schwester Berta ist, die der Johanna zuruft auch in Zeiten wo die Lebensstürme toben, stets den Blick nach oben gerichtet zu halten. (Gegen diese Art von Weisheiten hat selbst ein Philosoph wie Kant nichts einzubringen.)



Seit meiner Kindheit lasse ich mir wenig gefallen. Wenn einer zu dem jungen Terra sagte: klettere mal in den Gipfel dieses Kastanienbaumes, das kannst du nie und nimmer, da war der Terra sofort da um das Gegenteil zu beweisen. Was nicht immer ohne Unfälle geschah, aber das ist ein anderes Kapittel.
Spuren von dieser schlechten Charaktereigenschaft lassen sich noch immer finden. So wundert es nicht, dass ich, in dem Gefecht mit der Sütterlinschrift, dachte: was die können, kann ich auch.
Und siehe da: Sütterlin lesen ist sehr schwer, Sütterlin schreiben aber sehr einfach. Daher das folgende traditionnel- niederländische Poesie-Album-Gedicht das ich der lieben Johanna widme.



Für Sie alle die Gelegenheit zu beweisen, dass Sie sowohl Sütterlin als die niederländische Sprache einigermaßen beherrschen. Wer besorgt mir die beste deutsche Übersetzung?

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Donnerstag, 10. April 2014
Bagatelle 222 - Tag der deutschen Sprache
Es ist zwar April, aber es ist kein verspäteter Aprilscherz: der heutige 10. April ist der Tag der deutschen Sprache. Bei uns jedenfalls; bei Ihnen daheim fällt dieser Gedenktag irgendwann in September. An diesem Tag scheinen die Deutschen sich ihrer Sprache – wegen der Schönheit und als Grundlage der kulturellen Identität - extra bewusst sein zu müssen.
Bei uns in den Niederlanden ist dieser Tag der deutschen Sprache nicht nur eine Erinnerung daran wie schön die deutsche Sprache ist. Es ist auch ein Anlass zu bedenken wie wichtig die deutsche Sprache ist in den weniger kulturellen Beziehungen wie Handel, Industrie und Wirtschaft. (Die Holländer waren und sind nebst idealistischen Predigern (sprich Besserwisser) immer auch Kaufleute.)

Für einen wie mich, der sich bemüht Ihr aller untergebener Bagatellenschreiber zu sein, ist die deutsche Sprache eine Sache des Ringens. Weil meine Muttersprache eine andere ist wie die Ihrige, sei es dass es schon einige Verwandtschaft gibt, ist jeder Satz in jeder Bagatelle ein Suchen nach dem Richtigen; sowohl syntaktisch als auch idiomatisch. Ist dieses Wort angebracht? Trifft dieser Ausdruck den Nagel auf dem Kopf? Sagt dieser Satz aus was der Verfasser meint sagen zu müssen? Schwierig das alles, denn so eine unschuldige Bagatelle soll nicht nur syntaktisch/grammatikalisch und idiomatisch einigermaßen in Ordnung sein, sie soll auch lesbar sein. Und wenn ’s geht: angenehm lesbar.

Meine ersten Deutschkenntnisse stammen aus den Begegnungen und Gesprächen mit Bekannten und Verwandten von drüben. Weil wir fast auf der Landesgrenze wohnten war ‘drüben’ niemals weit weg. Die systematischen Spracheigenschaften vermittelte mir die Schule. Von der Sekundarstufe an bis viele Jahre später war Deutsch (neben den anderen Fremdsprachen Französisch und Englisch) ein Pflichtfach. In den ersten Jahren der Realschule lernte ich zum erste Mal einiges schriftliches Deutsch. Meine ersten deutschen Buchfreunde waren (fast selbstverständlich) Kai aus der Kiste und der Emil mit seinen Detektiven. Die ersten deutschen Gedichte, welche ich bis auf den heutigen Tag auswendig kann, sind die Heinische Lorelei und der Goethische Erlkönig.

Was schert mich Weib, was schert mich Kind?
Mich treibt weit bessres Verlangen.
Lass sie betteln gehen, wenn sie hungrig sind,
Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen!


Zwischenfrage. An dieser Stelle ist die Frage erlaubt wer von meinen Bagatellleserinnen und –Lesern ein niederländisches Gedicht aufsagen kann. Am leichtesten wäre die Weihnachtshymne: Stille Nacht, heilige Nacht. Die heißt bei uns nämlich auch so.

Zurück zum eigentlichen Thema. Wo war ich geblieben? Noch mehr deutsches Sprachwissen erhielt ich bei richtigen Deutschstunden an der Universität in Nimwegen. In abendlichen Stunden – einmal die Woche, von 18 bis 22.30 Uhr plus viele Hausaufgaben und das alles drei Jahre lang - konnte man sich damals eine Lehrerlaubnis Deutsch erwerben. Mit einer Akte LO (so hieß das damals) konnte man Deutsch lehren an Haupt-, Berufs- und Realschulen. Eine Akte MO Deutsch gab die Befugnis an Gymnasien zu arbeiten. Natürlich unter der Voraussetzung dass man die mündliche und schriftliche staatliche Prüfungen in Den Haag bestand. Das war in vierzig Prozent der Fälle der Fall.
Gerade rechtzeitig kam bei mir dann die Einsicht dass ein Dasein als Deutschlehrer nicht dás war was ich eigentlich wollte. Mich interessierte vielmehr die Psychologie und vor allem die Art und Weise wie Lehrer etwas lehren und Schüler etwas lernen. Mein Fachgebiet wurde schließlich die Unterrichtspsychologie.

Heute also ist der Tag der deutschen Sprache. Gerne spreche und schreibe ich sie, sei es mit Fehlern behaftet, welche Sie mir hoffentlich verzeihen. Morgen ist ein anderer Tag.


Hier unten einige Zeichen meines Deutschstudiums: einmal von außen und einmal (Paragraph 44) von innen. Die hinzugeschriebene Anmerkungen sind von mir.



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Montag, 24. März 2014
Bagatelle 220 - Plattschreiberei
Sprechen und schreiben wie einem der Schnabel gewachsen ist, so sagt man. Zu Hause sprechen wir unsere Muttersprache, das heisst in meinem Fall ein feines, schönes mundartiges Dialekt. In den Niederlanden gibt es außer zwei offizielle Sprachen, nämlich die Niederländische und das Friesische, zahllose regionale Dialektformen. Eigentlich hat fast jede Gegend und jedes Dorf ihre oder seine eigene Dialektsprache. Das örtliche Dialekt womit ich Ihnen, wenn Sie mal eingeladen oder ungeladen vorbeikommen, begrüße, hat etwas Niedersächsisches; daher können wir die Nachbarn aus dem Münster- und Emsland, oder die aus Osnabrück und Paderborn, sogar die Freunde aus Ostfriesland sehr wohl verstehen und uns mit denen mündlich oder schriftlich bestens unterhalten.

Ein Sprecher will gehört werden, ein Schreiber/Schriftsteller will gelesen werden. Beide wollen verstanden werden. Und das gerade ist für das Schreiben von Dialekttexten so eine Sache. Die korrekte Schreibweise der offiziellen Sprache ist schon schwierig genug. Die Orthographie mundartiger Wörter und Worte vergrößert die Schwierigkeit um einiges vieles. Denn die verschiedenen Dialekte enthalten so viele extra Klänge und Lauten welche – in geschriebener Form - alle von einem oder mehreren Schriftzeichen vertreten werden wollen.

Für den Teil der niederländischen Provinz Gelderland, wo ich die Ehre und das Vergnügen habe zu wohnen, die Gegende welche sich respective Achterhook und Liemers nennen, ist der WALD zuständig. WALD ist eine Abkürzung für: Wörterliste des Achterhooksen und Liemersen Dialektes. WALD enthält die Rechtschreibregel womit wir unsere Dialekttexte aufs Papier bringen. Die wichtigste (ungeschriebene) Regel lautet: liebe Dialektfreundinnen und –Freunde, lasst uns bitte unserere Mundart einheitlich aufschreiben, denn das vergrößert das Verstehen der Texte sehr. Wo kämen wir ja dahin, wenn jeder hingeht und eine eigene selbstfabrizierte Mundartrechtschreibregelung anwendet?



Jedes Jahr organisiert die WALD-Rechtschreibgruppe, der ich angehöre, ein Dialektrechtschreibwettbewerb. Aus allen Ecken in unserer Gegend kommen die Liebhaber der gesprochenen und geschriebenen Mundart an einem Abend in einem Saal zusammen um unter sich den diesjährigen Dialektrechtschreibmeister(in) auszumachen. Zwei Personen lesen – langsam, sorfältig und behutsam – das Diktat: einen Text in entweder das Achterhookse oder Liemerse Dialekt. Die Teilnehmer bemühen sich die gesprochenen Sätze, so fehlerfrei wie es nur geht, in Schriftzeichen umzuwandeln. Laut WALD-Rechtschreibregeln, das versteht sich.





An solch einem Dialektrechtschreibabend ist auch Platz für Geschichten und Lieder. Alles auf Platt. Es gibt sogar ein richtiges Dialektrechtschreiblied (Streektaaldicteelied) worin jeder aufgefordert wird das Dialekt zu sprechen und zu schreiben. Wenn möglich in der WALD-orthographie. Aber nicht auf biegen und brechen. Denn die Mundart soll bleiben was sie ist: eine Muttersprache die man gerne und liebevoll bewahrt ohne aufdringlich zu sein.

Am Ende wurden dem Publikum die Preiswinner vorgestellt. Sieger wurde diesmal ein junger Dialektliebhaber aus Grolle mit neun Fehlern. Eigentlich waren alle Teilnehmer Gewinner. Vor allem wo sie beim nach Hause gehen einen schönen Gedichtenband voller achterhookser/niedersächsischer Dialektpoesie geschenkt bekamen.


Nachschrift: Wenn Sie mögen, besuchen Sie die Internetadresse www.streektaaldictee.nl. Dort können Sie das Streektaaldicteelied hören und den diesjährigen Diktattext lesen.

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Freitag, 29. März 2013
Bagatelle 182 - Wortwechsel
Heute ist Karfreitag. Heute wird des Tages gedacht, wo laut christlichen Glaubens Jesus von Nazareth an der Schädelstätte Golgatha gekreuziget wurde. Lange ist's her, aber gerade noch in unserer Zeitrechnung. Etymologisch, wiederum laut meines/meinem treuen Duden(s), stammt das karge im Wortteil Kar(freitag) von einem verschwundenen mittelhochdeutsches Wort das etwa 'Sorge' bedeutete. So wie das englische care.

Vór dem Karfreitag steht zeitlich gesehen der Grüne Donnerstag. Und nach ihm kommt der Ostersamstag, obwohl Ostern zwar vor der Tür, aber noch keinen Eintritt gehalten hat. Diese ganze Leidenswoche schon wurden wir hier bei uns in den Niederlanden von Passionen überflutet. Seien es die Bachsche Matthäus oder Johannes, sei es die moderne Passion, wo tausende und Abertausende live sahen wie abends Freiwillige ein Kreuz durch die Innenstadt von Den Haag, die Parlementsgebäude entlang, trugen, dabei begleitet von Jungstars die Gospelsongs und Ähnliches tausendmal verstärkt in die Menge warfen. Geschätzte Zuschauerzahlen am Bildschirm: mehr als zwei Millionen (und das will in einem so kleinen Land etwas heißen.)

Mir geht es trotzdem nicht um das Leidensspektakel, sondern um die Wortwahl. Karfreitag heißt bei uns Guter Freitag (Goede Vrijdag). Ihr Ostersamstag ist bei uns ein 'stiller Zaterdag' (Für einen Moment vergessen wir die Massen in den großen Verkaufs- und Gartenzentren und den vorösterlichen Ansturm in die Freizeitparks.) Und der deutsche Grüne Donnerstag hat grenzüberschreitend seine Farbe gewechselt: bei uns heißt er trefflich der Weiße Donnerstag (Witte Donderdag).



Dieses Jahr war der Donnerstag tatsächlich weiß. Weiß wie Schnee. Sogar am Karfreitag morgens wurden wir alle von einer neuen Schneedecke erfreut. Wir machen uns schon Sorge ob und wann der Frühling kommt. Oder kommt er überhaupt nicht?
Wie auch immer: Zeit für gute Wünsche muß immer sein. Deshalb, in grün oder in weiß: frohe Ostern!

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Freitag, 21. Oktober 2011
Bagatelle 129 - Pluralitäten


Heute, sagte der freundliche Lehrer in einer meiner ersten Deutschstunden, heute lernen wir etwas über Einzahl und Mehrzahl. Heute lernen wir auch etwas über deutsche persönliche Fürwörter. Seht euch bitte die folgende Reihe an:

ich fliege
du fliegst
er fliegt
sie fliegt
es fliegt
---------
wir fliegen
ihr fliegt
sie fliegen

Was haben wir heute gelernt? fragte uns der noch immer freundliche Lehrer nach einer dreiviertel Stunde. Nun: es gibt Einzahl (über den Strich) und Mehrzahl (unter dem Strich) und sowohl über als unter dem Strich gibt es jeweils drei Personen: eine erste Person, eine zweite Person und eine dritte Person.
Und dann fingen wir an fröhlich und feste zu üben:
Verb: laufen - erste Person Einzahl: ich laufe
Verb: trinken - zweite Person Mehrzahl: ihr trinkt

Nachher hab' ich viel nachgedacht über die fremden ersten und letzten Sätze des Lehrers: heute lernen wir / heute haben wir gelernt. Wieso 'haben wir'? Der Lehrer hätte doch sagen sollen: heute lernt ihr, und: heute habt ihr etwas gelernt. Wieso denn 'wir'? Der Lehrer selber hat nichts gelernt. Er wußte alles ja schon.

Tatsache ist, daß es viele verschiedene Pluralformen gibt, viele Möglichkeiten um sprachlich zu betonen daß es nicht um Einzelfälle geht, sondern mehrere Personen betrifft, mindestens zwei. Obwohl ich kein Latein kann, kenne ich einige lateinischen Fachausdrücke. (Und wenn sie nicht existieren, erfinde ich sie eben.) Ob sie stimmen, ist eine andere Frage. Man möge mich korrigieren, falls nötig.

Der pluralis realis ist die meist einfache und verständliche Mehrzahlform. Wenn meine geehrte Nachbarin mit ihrer Tochter in die Aldi geht um Einkäufe zu machen, sagt sie: wir fahren heute morgen etwas früher als sonst. Wir verstehen vollkommen was sie meint. Es ist wahr obendrein. Sie geht und ihre Tochter geht auch. Grund genug für den wir-Gebrauch.

Nehmen wir an, daß meine Nachbarin, beruflich gesehen, eine geschätzte Arzthelferin ist. Oder eine Schwester im hiesigen Ortskrankenhaus. Manchmal sagt sie zu einem Patienten: Jetzt wollen wir uns mal auf die andere Seite legen. Und das, wo sie keinen Augenblick daran denkt sich an der Seite des Patienten auf das Krankenhausbett nieder zu lassen. Diese Form, in Krankenhauskreisen oft zu hören, nennen wir den pluralis charitatis. Wenn die Schwester von 'wir' redet, meint sie immer núr die anderen und schließt sich selber total aus.

Unsere Königin Beatrix verwendet in ihren Reden oft den pluralis majestatis. Heute, sagt sie, haben wir ein Gesetz unterzeichnet, daß es dem Landesfürsten verbietet mehr als zwei Mal im einem Gesetzestext das Wort 'wir' zu verwenden. Nur sie, und sie alleine, hat das gesetzliche Vorhaben unterzeichnet. Deshalb ist etwas unwahrhaftiges daran zu sagen daß 'wir' ein Gesetz von einer Signatur versehen haben. Sie hätte sagen können: ich habe soeben ein Gesetzt unterzeichnet. Und damit basta. Ehrlich, aufrichtig, deutlich und frei von etwaigen verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten.

Eine Modifizierung des pluralis majestatis ist der pluralis papam. Ausschließlich dem Heiligen Vater vorbehalten. Er darf sagen ohne mißverstanden zu werden: wir haben von der Missetaten erfahren, von denen die Bewohner dieser Gebirgsgegend so tief getroffen sind. Zwar liegt vieles dann noch im Unklaren, aber der Satz ist nicht unbedingt falsch.

Weltverbesserer und andere Freiluftfanatiker verwenden möglichst oft den pluralis pastoralis. Das ist eine Redensart wobei man wie ein Priester, ein Pfarrer oder ein sonstiger Geistlicher mit Nachdruck sich selbst samt allen Zuhörern einschließt. "Wir sind alle Sünder" und "Indem wir zu viel konsumieren vernichten wir die Umwelt." Jawohl, es geht uns alle an und jeder von uns (ich selber nicht ausgenommen; vielleicht ich noch am meisten, sagt der Pastor) sollte sich deswegen schämen. Diese Pluralform hat beides: etwas tröstendes und etwas belehrendes-vorwerfendes.

Manche benutzen mit Vorliebe und Absicht den pluralis modesticus, den Bescheidenheitsplural. Viele, ihr ergebener Bagatellenschreiber sicher nicht ausgeschlossen, hassen es immer wieder das Wort 'ich' in den Mund zu nehmen. Es riecht nach Eigendünk und Egoismus, immer dieses 'ich'. Darum ersetzen wir das 'ich' durch das sanftere 'wir'. Der am Ende schließlich geschriebene Satz lautete: 'Seit langem hatten wir uns vorgenommen die liebe Tante Agatha in Wolfenbüttel zu besuchen.' (Während jeder weiß, daß es besser und richtiger gewesen wäre zu schreiben: Es wurde allmählich wirklich Zeit daß ich die Tante Agatha in W. wieder mal aufsuchte.) Zu Recht oder Unrecht ziehen wir das 'wir' dem 'ich' vor.
Sie haben recht: das 'wir' ist sanfter. Es verbreitet einen angenehmen Hauch von Zusammengehörigkeit.

Schließlich gibt es auch noch den pluralis terracidus. Das ist eine Pluralform welche ohne Erklärung oder Beweisführung auskommen muß. Die Form ist von einem gewissen Terra entwickelt worden. Der versucht hiermit seine groben Unkenntnisse der deutschen und lateinischen Sprache zu verniedlichen. Das müßte eigentlich strengstens verboten werden. Aber wir möchten hier Gnade vor Recht gelten lassen.

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Sonntag, 22. Mai 2011
Bagatelle 106 - Pferdesprache
Das Pferd, der Rappen, der Gaul, der Fuchs, der Braune, der Scheck, der Falbe, das Roß, der Zelter, die Blesse, der Springer, der Klepper, die Stute, der Schimmel, der Hengst, der Wallach, die Kracke, …

Alles Bezeichnungen für den edlen Vierbeiner. Die Reihe ist längst nicht vollständig; ich nehme an daß Sie imstande sind noch einige andere Pferde-Namen zu nennen.

Wie komme ich zu Pferd? Das ging so. Vor vielen Jahren habe ich Versuche angestellt die deutsche Sprache einigermaßen zu beherrschen. Einmal die Woche, an Montagabenden im Winter, vier Stunden Deutschunterricht. Bei den Idiom-Übungen hatte unsere Klasse die Gewohnheit wöchentlich bei einem willkürlichen Wort ( z.B. Sitzmöbel, Insekten, Farben, Transportmittel) so viele deutsche Kennwörter und Synonyme wie möglich zu suchen. Irgendwo in meinen Notizen fand ich obere Reihe Pferd-Bezeichnungen. Sehen Sie selbst. Unten.



Meine Ahnen waren fast alle Pferdekenner und Pferdeliebhaber. Von Hause aus Bauern wußten sie wie man mit Pflug und zwei Pferden den Acker bestellt. Oder wie man den Wallach vor der Kutsche spannt um mit der geliebten Ehefrau dienstags zum Markte zu fahren. Mein Großvater väterlicherseits war in seiner Militärzeit (noch vór dem erste Weltkrieg) Kavallerist, er war also bei der Reiterei. Besser gesagt: er war Pferdebursche. Auf dem Bild – stammend aus der vorvorigen Jahrhundertwende - zeigt er sich reiterisch vornehm irgendwo in der Kaserne zu Wesel. Später als er in die Niederlande umgesiedelt war, fuhr er morgens mit zwei schwarzen Friesen vor dem Leichenwagen die Verstorbenen zum Friedhof. Nachmittags zogen die beiden Pferde die Roggenernte nach Hause. So ging das damals.



Sein Sohn, mein Vater, hatte gar nichts mit Pferden. Er las - ungewohn für einen Bauerssohn - viel lieber Bücher, als daß er sich Sorgen machte über ein unwilliges Pferd oder über eine kranke Kuh im Stall. Er wußte überhaupt nicht wie viele Kühe im Stall ihren Platz fanden. Und wie die Pferde auf dem Hof bei Namen hießen, wußte er auch nicht. Nein, er hatte nichts mit Pferden.

Wie bei vielen anderen Sachen bin ich auch hier ein Zweifler. Ich habe keine besondere Beziehungen mit Pferden. Ich hab’ auch nichts gégen die. Aber gerne denke ich an den Pferdegeruch auf meinem Großvaters Hof. Opa hatte eine große Pferdekammer, wo alles lederne Zaumzeug aufbewahrt wurde. Wie herrlich das duftete!
Nein, Pferde lassen mich ziemlich kalt. Auch der geschenkte Gaul.

* Frau Margot Pouw danke ich dafür, daß sie es erlaubt hat, daß ich Ihnen ihre hübsche Aufnahme des Pferdegesichtes zeigen kann.


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Dienstag, 17. Mai 2011
Bagatelle 105 - Hören und sehen
Heute lese ich beim Frühstück eine amüsante Kolumne. Der Autor ist Jan Mulder, Vater von Youri Mulder; beide sind einigen sportlichen unter ihnen vielleicht besser bekannt wegen ihren Fußballkünste aus vergangener Zeit. Jan Mulder spielte bei Ajax Amsterdam und bei Anderlecht in Brüssel. Sohn Youri u.a. bei Schalke 04. Vater Jan Mulder ist was Platini in Frankreich, George Best in Nord-Irland und Kaiser Franz Beckenbauer in Deutschland ist. Und der göttliche Johan Cruijff steht über ihnen. Der aber ist kein Schriftsteller. Der läßt seine Geschichten von einem angeheuerten Ghostwriter schreiben.

So nicht Jan Mulder. Der ist sein eigener Ghostwriter. Ich lese seine rührend-komische Geschichte und höre inzwischen synchron seine sonore Stimme irgendwo mitten in meinem Kopfe. Ein typisch-unverwechselbarer Strom von Tönen, Vokalen und Zischlauten mit hin und wieder einem unverkennbaren nordniederländischen Akzent.

Bei mir bilden das sehend Lesen und das Hören eine Zwei-Einheit. Wenn mir die Stimme des Autors unbekannt ist, (zu Zeiten Shakespeare oder Tolstoi war sogar der Plan noch nicht geboren daß ich einmal geboren sein würde,) wenn ich also die Stimme des Autors nicht kenne, höre ich mich selbst. Inner Speech nennt sich so was. Aber wenn ich die Stimme einmal gehört habe, und sie mir seitdem beigeblieben ist, höre ich die Stimme des Autors. (Oder der Autorin, aber das brauche ich Ihnen wohl nicht mehr zu sagen.)

Unlängst nahm ich die Probe aufs Exempel. In einem deutschen Buchladen bekam ich zufälligerweise ein Buch in die Hand von Hellmuth Karasek. Ihnen allen wohl bekannt. Auch ich kannte ihn: flüchtig, vom literarischen Kabarett. Nicht sosehr sein Gesicht, sondern vielmehr seine Stimme hatte ich im Gedächtnis. Und als ich anfing zu lesen, hörte ich séine Stimme. Und ich bin ziemlich sicher, daß das auch bei einem anderen Autor, den ich einmal hatte sprechen hören, der Fall gewesen wäre.

Ich sehe das Bild einer bestimmten Person auf dem Fernsehflachbildschirm. Ich denke nach über die Frage wer es sein mag, und erinnere mich sofort die Stimme. Und wenn ich im Rundfunk ein bekannter Politiker seine Weisheiten verkünden höre, weiß ich meistens sofort um wen es sich handelt. Aber wie er aussieht, kann ich Ihnen nicht genau und gleich sagen.

Stimme und Person sind unzertrennlich. Jedenfalls in meinen Augen. Darum bin ich ein Gegner der in Deutschland favorisierten Methode der Synchronsprachen. Haben Sie je Doris Day oder der General Charles de Gaulle in einer deutsch-synchronisierten Filmfassung sprechen hören? Und wissen Sie auch wie ihre Stimmen in Wirklichkeit klangen? Dann brauche ich Ihnen wohl nichts mehr zu erklären.



Dieser Tage wurde hier bei uns in den Niederlanden ein Dokumentarfilm über die (inzwischen sehr beliebte) Prinzessin Maxima ausgestrahlt. Anlaß ist ihr 40ster Geburtstag, heute, zu dem wir ihrer königlichen Hoheit selbstverständlich herzlich gratulieren. Demnächst erscheint eine alternative Filmassung im deutschen Fernsehen (ARD höchstwahrscheinlich). Und was geschieht mit Maximas Stimme? Sie haben es erraten: sie wird wegsynchronisiert. Das letztere hab ich vom Hörensagen, nicht vom Hörensehen.

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Montag, 2. August 2010
Bagatelle LXV - Sprachlicher Durchfall
Meiner Meinung nach war das Empören und sogar das Geschrei und Getöse völlig übertrieben und unnötig. Ich meine die allgemeine Unzufriedenheit mit den diesjährigen Prüfungsaufgaben, welche der angehende Bankkaufmann und die bald angereist kommende Bankkauffrau auf ihrem landeseigenen Staatsexamen offeriert wurden.
Was war der Fall? Nun, in NRW und Bayern-Süd forderte man von den Studenten, daß sie imstande seien einen simplen Kaufmannsbrief, im bankkaufmännischen internationalen Jargon eine Circulaire genannt, vom deutschen in eine andere europäische Sprache zu übersetzen. Ist das denn zu viel gefragt? frage ich laut und deutlich und mit mir Abertausende von aufgebrachten Konsumenten. Wir wenden uns dabei an die Kultusministerkonferenz, welche am kommenden Dienstag fürs erste Mal nach drei Jahren wieder zusammenkommt (in Raunen an der Ruhr selbstverständlich).

Dies hier ist der Brief den es zu übersetzen galt.


Amsterdam, den 15. November 1878.

Herrn Sibeth & Co, London

Ich habe die Ehre Ihnen anzuzeigen, daß ich auf hiesigem Platze ein Handlungshaus unter der Firma

Schlaraffenland GmbH

errichtet habe, welches insbesondere Wechsel-, Waren-, Kommissions- und Speditions-Geschäfte umfassen wird.
Ohne mich jedoch streng auf diese Geschäftszweige zu beschränken, werde ich mit Vergnügen jede günstige Gelegenheit wahrnehmen, welche sich mir im Handel darbietet.
Hinreichende Erfahrungen und ein meinem Unternehmen angemessenes Kapital setzen mich in den Stand, Diejenigen, welche mir ihr Zutrauen schenken, mit Sorgfalt zu bedienen.
Ich ersuche Sie, sich meine Handzeichnung gefälligst zu bemerken und mich mit Ihren Aufträgen bald zu erfreuen.

Hochachtungsvoll,

T. Acidus (Dipl. Kaufmann i. R.)


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Eindeutig ein klarer Text ohne etwaige Doppeldeutigkeiten und frei von unnötigen Ausweitungen. Hierunter können Sie die von mir produzierten und von der Prüfungskommission autorisierten Übersetzungen (die übrigens und dankenswert viel Lob ernteten) in vier Sprachen lesen.

Besser noch: versuchen Sie es selber: es wird Ihnen viel Freude machen. Wählen Sie eine Sprache nach ihrer Wahl (Französisch, English, Italienisch oder Holländisch) und dann ran an die Arbeit. Ich würde vorschlagen wollen, daß Sie zuerst übersetzen und erst danach nachsehen in wieweit Ihre Version die Zustimmung der Kommission hätte erwerben können. Würde Ihre Übersetzung dem Vergleich standhalten können? Wählen Sie eine oder mehrere Sprachen worin Sie sich zu Hause fühlen und die Ihnen schwer am Herzen liegen.

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Amsterdam, le 15 Novembre, 1878.

M.M. Sibeth & Cie, Londres

Jái l’honneur, mes chers Messieurs, de vous annoncer que je viens d’établir en cette ville amsterdammaise et sauce hollandaise avec mayonnaise une maison rouge de commerce sous la raison de

Schlaraffenland (Société Anonyme)

Une longue expérience et un petit peu capital, proportionné à mon enterprise me mettent en état de bien servir ceux qui voudront m’honorer de leur confiance.
En vous priant de prendre note de ma signature magnifique et de m’honorer bientôt de vos ordres, j’ai l’honneur d’être avec la plus parfaite estime,

T. Acidus (Propriétaire & Patron)

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Amsterdam, November 15th , 1878.

Messrs Sibeth & Co, London

Gentlemen, I have the great honour to inform you, that I have had the guts to establish in this place a red-light district house for the transaction of general, exchange, and commission-business trade affairs and transmission of goods and other stuff, under the firm of

Schlaraffenland (Rather Limited Company)

Long experience and a little bit of luck, as well as a small amount of pecunial papers and coins, suitable to my undertaking and enterprise, enable me to serve those snobs well who may favour me with their confidence and give me the benefit of the doubt.
Requesting you to take good notice of my beautiful handwriting downunder and to honour me soon with your stupid orders, I remain, GENTLEMEN in capitals,

yours truly very doubtfully

T. Acidus Esq. OBE

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Amsterdam, li 15 Novembre, 1878.

Signori Sibeth & Co, Londra

Ho l’onore di participarvi che ho eretto in questa città una casa rosso di commercio e altre trödellaria, che si occuperà particolarmente, ma non solo, una fortuna lagrima e un bel di vedremo, di affari, di banco, di vendite, di merci, di opera, di operetti e di altro sorto musicale. Ance di commissioni e spedizioni, maggi, spaghetti e macaroni, sotto la firma di

Schlaraffenland

Una lunga sperienza e una sufficienza condolencia ed un capitale grande, ma non troppo, proporzione alla mia intrapresa mi mettono di ben servire quei che la donna e mobile mio molto fiducia bene adagio.
Pregandovi di prender muchos nota dell mia signature bella, e attendre vostri ordini, sono con perfetta stima (alto, soprano e tosti)

T. Acidus (Mag.)

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Amsterdam, 15 November, 1878.

den Heeren C. Sibeth & Co. te Londen

Bij dezen heb ik de gotspe, u te berichten, dat ik hier ter plaatse onder de firma

Schlaraffenland N.V.

een handelshuis heb opgericht, voornamelijk tot het drijven van wissel-, goederen-, commissie-, hardware-, software- en overige expeditiezaken.
Langdurige ondervinding en een voor mijn onderneming toereikend kapitaal zullen mij in staat stellen u en allen die mij hun vertrouwen willen schenken, met de meeste nauwgezetheid, punctualiteit en een passend gevoel voor humor te bedienen.
U verzoekende, van mijn handtekening nota te nemen, teeken ik mij met de meeste achting
Uw dv. dr. T. Acidus

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Seht ihr! So schwer ist das doch nicht?

Nachlese: Dieses schöne Bild, wo der Chef dem angehenden Bürokaufmann wegen eines Fettfleckens die Leviten liest, ist von Terras Vater gezeichnet worden.

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Donnerstag, 1. Juli 2010
Bagatelle LXI - Morgenandacht
Seit Menschengedenken nehm’ ich morgens ein rituelles Frühstück zu mir. Rituell, denn immer dieselben Handlungen mit denselben Nahrungszutaten und identischen Frühstücksattributen. Ich eß ein leckeres Butterbrot – vollkorn – bedeckt mit selbstgemachter Dreifrüchte-Marmelade (Trias: Erdbeere, Frambose & Irgendeine andere Beerensorte). Dem lasse ich einen Zwieback folgen, das ich zuerst belege mit Honig und zwei dünnen Scheibchen jung-belegener Käse. (Sparsam, wie wir erzogen sind, benützen wir dazu immer den altehrwürdigen Käsehobel.) Das Brot kommt meist aus dem Toaster oder es wurde am vorigen Abend in gefrorenem Zustand der Tiefkühltruhe in der Scheune entfremdet. Frische Brötchen gibt es nicht. Erstens ist der nächste Brötchenladen acht Kilometer weit weg, und obendrein auch noch im Ausland, und zweitens ist mir die Vorliebe für frisches Brot – gerade aus dem Ofen – völlig entgangen. Dies im Gegensatz zu meiner Jugendzeit, wo ich frühmorgens das warme Brot das meine Mutter mir bat zu besorgen, schon halbwegs gegessen hatte bevor ich es ins Haus brachte.
Bitte, sehen Sie sich das Bild an. Dies ist mein Basisfrühstück.



Es gibt auch eine Basis-Plus-Version. Hinzugekommen sind die rituellen Getränke die selbstverständlich nicht fehlen dürfen. In meinem Fall immer ein Glas Tee von exzellenter Qualität und ein Saft. Die kleine Pille hat mir meine sehr geehrte Frau Cardiologe verordnet mit dem Beisatz: vielleicht hilft es, man weiß nie.



Frühstück: auch etymologisch interessant. Ohne nachzuschlagen behaupte ich mal, daß es sich ursprünglich um ein Stück (Roggen)Brot gehandelt haben muß, das man morgens in der früh zu essen pflegte. In meiner eigenen Muttersprache heißt es: ontbijt. Und das wiederum stammt von dem Verb ont-bijten: anfangen-zu-beißen. Genau wie ‘entflammen’ sagen möchte, daß es in Kürze ‘anfangen-zu-flammen’ wird. Bei uns steht die Handlung zentral, bei Ihnen das Objekt der Handlung. Interessant. Da haben es die anderen Sprachen leichter. Ein kleines ‘petit déjeuner’ ißt man wenn der Tag noch sehr jung ist. Und ein ‘breakfast’ verweist klar auf die Gewohnheit stehend am Fühstückstisch sich noch schnell ein Stückchen Brot von der Scheibe zu brechen bevor man den sieben Uhr Zug nach Wolfenbüttel nimmt.
Wolfenbüttel, auch solch ein wunderbares Wort. Wie kommt es daß ich am Ende einer Bagatelle oft dórt lande?

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